Am Ende des Monats noch weit mehr als die Hälfte des Einkommens übrig zu haben, ist für viele Menschen schwer vorstellbar. Wie schaffe ich das?
Natürlich kann man behaupten, ich hätte es einfach. Ich muss keine Familie ernähren und obwohl ich gerade erst Berufseinsteiger bin, verdiene ich als Softwareentwickler doch gar nicht mal so schlecht.
Doch viele, die in einer ganz ähnlichen Lebenssituation stecken wie ich und genauso viel (oder sogar mehr) verdienen, sparen von ihrem Einkommen gerade mal 10%. Oder auch einfach gar nichts.
Es muss also noch einen anderen Grund geben.
Der typische Start ins Berufsleben
Mit dem Uni-Abschluss und dem ersten Job hast du plötzlich richtig Geld in der Tasche.
Damit verändert sich dein Leben: Du ziehst raus aus der WG in eine geräumigere Wohnung. Der neu gewonnene Platz möchte natürlich auch befüllt werden. Also schaffst du neue Möbel, Küchengeräte und einen schicken Flachbild-Fernseher an.
Weil deine Zeit durch die 40-Stunden-Woche jetzt knapp ist, kaufst du dir für den Arbeitsweg ein Auto. In den kurzen Mittagspausen holst du dir schnell was vom Bistro nebenan. Am Wochenende erholst du dich beim Einkaufsbummel oder einem guten Kinofilm von der anstrengenden Arbeitswoche. Und deine wenigen Urlaubstage verbringst du jetzt nicht mehr am Baggersee, sondern etwas stilvoller in Thailand oder auf Fuerteventura.
Ein gutes Gefühl, dass du bei diesen Aktivitäten endlich nicht mehr aufs Geld schauen musst. Und obwohl du jetzt drei- bis viermal soviel davon zur Verfügung hast, ist dein Konto am Ende des Monats trotzdem auf Null.
Das wäre ja alles gar kein Thema, wenn du dadurch nun auch ein drei bis vier Mal zufriedeneres und glücklicheres Leben führst.
Komischerweise habe ich als Student von den „arbeitenden Erwachsenen“ aber immer folgendes gehört:
Genieß‘ das Studentenleben! Diese Zeit ist die beste deines Lebens und kommt nicht wieder!
Moment, wie war das? Das würde ja bedeuten, dass sich mein Leben gar nicht großartig verbessert, sobald ich Geld verdiene…
Hedonistische Adaption – man gewöhnt sich an alles
Und tatsächlich: Die ersten paar Monate ist dein neues Leben mit mehr Geld noch toll und aufregend.
Aber weil wir Menschen so anpassbare Gewohnheitstiere sind, gewöhnst du dich nach kurzer Zeit an deinen neu gewonnen Luxus. Dann senkt sich der Zeiger deines Zufriedenheits-Barometers langsam wieder Richtung Ausgangszustand. Dieser Effekt nennt sich hedonistische Adaption und ist sogar wissenschaftlich nachgewiesen.
Damit stehst du bereits mit einem Bein in einem gefährlichen Teufelskreis – der Lifestyle-Inflation.
Die eigene Wohnung und der Gebrauchtwagen sind bald nichts Besonderes mehr. Als nächstes ziehst du in eine Wohnung in besserer Lage und mit Dachterasse. Und statt dem alten Polo gönnst du dir einen Jahreswagen mit Klimaanlage.
Aber auch daran hast du dich nach ein paar Monaten wieder gewöhnt. Dann möchtest du irgendwann vielleicht ein großes eigenes Haus haben und einen Audi Sport.
Aber du kannst deinen Lebensstandard so oft updaten wie du möchtest. Es liegt in unserer Natur als Homo Sapiens, uns immer wieder an die unterschiedlichsten Bedingungen anzupassen. Gerade deshalb konnten wir vom Urwald bis nach Grönland die ganze Erde mit ihren unterschiedlichen Lebensbedingungen besiedeln. Und darum wirst du dich auch einfach immer wieder an deinen höheren Lebensstandard gewöhnen – ohne dass sich dein Leben danach spürbar besser anfühlt als vorher.
Dein langfristiges Lebensglück bleibt von einer größeren Wohnung und teureren Hobbies also weitgehend unbeeinflusst.
Das gilt aber leider nicht für deine finanzielle Situation. Denn deine dauernden Lifestyle-Upgrades kosten dich nämlich richtig Geld. Und zwar nicht nur ein paar Hunderter oder Tausender, sondern schlichtweg alles Geld was du hast.
Wenn du deinen Lifestyle im Gleichtakt an dein steigendes Einkommen anpasst, kannst du verdienen soviel du möchtest. Du musst immer weiter jeden Tag arbeiten gehen und am Monatsende ist dein Konto leer. Selbst wenn du jahrelang ein üppiges Managergehalt verdienst, ist davon nichts mehr übrig, sondern alles für die Finanzierung deines inflationierten Lifestyles drauf gegangen.
Ich mache um diesen Teufelskreis darum einen großen Bogen.
Als Student habe ich von 650 € im Monat ein gutes Leben geführt. Ich hatte immer eine Menge Spaß und habe nie wirklich etwas vermisst. Jetzt verdiene ich mehr als dreimal soviel Geld. Gebe ich darum auch dreimal soviel aus? Nein.
Statt mit meinem Geld meinen Lebensstil ohne nachhaltigen Nutzen immer weiter aufzublähen, verwende ich es lieber für etwas, das mir langfristig wirklich etwas bringt:
Mehr Freiheit und Selbstbestimmung. Mehr Zeit für Dinge und Tätigkeiten, die mir am Herzen liegen. Deshalb spare ich mein überschüssiges Geld. So kann ich heute ohne Geldsorgen leben und muss in der Zukunft vielleicht überhaupt nicht mehr für Geld arbeiten gehen.
Dreh den Spieß um – und lebe besser als vorher
Wenn du dich so schnell an immer mehr und immer größer gewöhnst, ohne dass deine langfristige Zufriedenheit steigt, könntest du diesen Effekt nicht auch umkehren?
Wie wäre es, wenn du die hedonistische Adaption, die bei der Lifestyle-Inflation gegen dich arbeitet, nicht stattdessen für dich arbeiten lässt? Einfach, indem du versuchst, dich an ein bisschen weniger und kleiner zu gewöhnen?
Wie wäre es als also mit Lifestyle-Deflation?
Statt dir wieder nur das nächste Waschlappen-Bequemlichkeits-Upgrade zu kaufen, brichst du aus der Komfortzone aus und erlebst was.
Du schaffst dir nicht noch mehr Krempel an, sondern reduzierst und verkaufst ein paar deiner Besitztümer. Statt eine immer größere Wohnung zu mieten, ziehst du in eine etwas kleinere.
Du lässt dein Auto stehen (oder besser noch: verkaufst es gleich komplett) und trainierst stattdessen deine Kondition auf dem Fahrrad. Erst schaffst du zehn, dann fünfzig, dann hundert Kilometer.
Du lernst selbst etwas Neues zu kochen, statt dich dreimal die Woche in immer teureren Restaurants bedienen zu lassen. Dann lädst du am Wochenende deine Freunde zum Essen bei dir ein.
Statt dem neuen iPhone behältst du dein altes Handy. Die Zeit, die du vorher sinnlos versurft hast, verbringst du jetzt lieber mit deiner Familie oder liest ein tolles Buch.
Was am Anfang noch eine Herausforderung darstellt, fühlt sich nach kurzer Zeit völlig normal an – es wird zur Gewohnheit.
Deine Waschlappen-Freunde schütteln jetzt bestimmt den Kopf und beschwören, dass du ohne ständige Lifestyle-Upgrades bestimmt an Lebensqualität verlieren wirst.
Doch in Wahrheit ist genau das Gegenteil der Fall. Mit Lifestyle-Deflation machst du nämlich ganz automatisch die Sachen, die dir echte langfristige Zufriedenheit bringen. Du nimmst dein Leben selbst in die Hand, lernst neue Fähigkeiten und entwickelst deine Persönlichkeit weiter. Du wirst körperlich fitter, isst gesünder und verbringst mehr Zeit in der freien Natur. Du verabschiedest dich von den Sachen, die dich nicht weiter bringen und steckst die freigewordene Zeit und Energie in deine sozialen Kontakte.
Und einfach so ganz nebenbei – während du eigentlich nur damit beschäftigt bist, ein besseres Leben zu führen – sparst du viele hunderttausend Euro ein, die du ansonsten im Laufe deines Lebens in sinnlose Lifestyle-Upgrades versenkt hättest. Dieses Geld kannst du jetzt in deine Freiheit investieren, damit du noch mehr Zeit damit verbringen kannst, ein tolles Leben zu führen.
Fazit
Hast du auch schon Bekanntschaft mit der Lifestyle-Inflation gemacht? Hast du deinen Lebensstandard erhöht, einfach nur weil du plötzlich ein höheres Einkommen hattest?
Auch wenn die Fernsehwerbung und deine Arbeitskollegen so tun, als wäre das der Weg zu einem erfolgreichen und glücklichen Leben: Das genaue Gegenteil ist der Fall.
Wenn du in deinem Leben etwas erreichen und nicht für immer im hedonistischen Hamsterrad auf der Stelle treten möchtest, dann musst du diesen kleinen Teufel bekämpfen. Dein Einkommen und deine Ausgaben sollten zwei voneinander unabhängige Größen bleiben.
Ganz kann ich dir nicht zustimmen. Vielleicht kommt es mit dem Alter? Ich gönne mir schon etwas.
Ich wohne in einem Haus, ich fahre ein neues Auto, ich habe einen tollen Fernseher, ich habe einen sehr guten PC und meine Urlaube laufen unter Luxus.
Mein Haus hat eine normale Ausstattung, mein Auto ist ein 0815 Mittelklassewagen, mein Fernseher war im Sonderangebot, den PC hab ich selber zusammengeschraubt, meine Urlaube sind wirklich teuer.
Ich habe kein Luxus-Smartphone und wenig Krempel. Ich spare trotzdem ziemlich viel.
Bin ich zufrieden? Ja.
Strebe ich nach mehr? Nein.
Hallo Alexander,
du hast vermutlich Recht, das Alter spielt ganz bestimmt eine Rolle. Ich hatte mit meinem Artikel auch eher jüngere Leute und Berufsanfänger im Hinterkopf. Wenn man sich gleich mit Anfang/Mitte 20 und nach ein paar Wochen im ersten Job mit deinem jetzigen Lebensstandard eindeckt, ist es vielleicht nicht mehr so leicht mit 50 noch zu wissen, was es heißt genug zu haben und zufrieden zu sein. Und in der Zwischenzeit sind dann viele Chancen, sein Geld besser einzusetzen (z.B für die persönliche Freiheit einsetzen indem man ein Wertpapierdepot aufbaut) auf der Strecke geblieben.
Nur Geduld!
Bis Du wirklich von deinem arbeitsfreien Einkommen leben kannst dauert es halt ein wenig.
Das ging mir genauso, da gab es Monate wo ich richtig Pleiete war, etwas kaputte gegangen, Mieter ausgezogen, Versicherung bucht ab, etc. Aber irgendwann lichtet sich der Vorhang, die Bank hört auf Hypothekenkreditraten abzubuchen, dein Auto ist realtiv neu , es bleibt plötzlich Geld übrig. Nach einiger Zeit mehr als je zuvor, mit etwas Glück.
Dann ist das wie Alexander es beschreibt, größerer Fenseher , die Kinder wollen in den Urlaub ans Meer, das Handy ist auch nicht uralt.
Ich kaufe eigentlich immer bei Elektronikgeräten die letzte Generation, das neueste hab ich noch nie begehrt.
Und das ist der Punkt, GIER.
Der muss man erfolgreich wiederstehen. Was schwierig ist bei der dauerberieselung mit Werbung. Da braucht es einen gefestigten Charakter.
In einer Welt des ALLES! JETZT! SOFORT! rinnt einem das Geld so durch die Finger.
Klar hab ich auch oft moment wo ich sage : Das hätte ich jetzt gern.
Aber dem Impuls gebe ich fast nie nach. Ich überlege macht das Sinn, wie ist der Wertverlust, gibt es das gebraucht, kann ich das mal ausprobieren, wie sind die folgekoste. Oft erledigt sich das dann von allein.
Weil es vielleicht doch nicht so wichtig ist.
Das alte Lied die meisten Menschen kaufen Dinge die sie nicht brauchen von Geld das sie nicht haben umd Menschen zu beindrucken die sie nicht mögen.
Da muss man ja nicht zugehören.
So lange Du nicht wirklich etwas vermisst in deinem Leben ist doch alles gut.
Der Lifstyle Krempel kann Freunde ja eh nicht erstzten und die kann man nicht kaufen.
LG
Kai
Auch ich schlage (wie Alexander) etwas moderatere Wege ein (vermutlich auch eine Folge des Alters – auch wenn Alexander da noch etwas Vorsprung hat). Statt dem 12qm-Studenten-WG-Zimmer gönne ich mir eine (zu) große Wohnung. Das ist mein größter Luxus, den ich monatlich finanziell merke. Bis zum Alter von 33 brauchte ich kein Auto und bin nur mit Öffis und Fahrrad unterwegs gewesen. Danach brauchten wir für den Job ein Auto – also haben wir eins gekauft. Allerdings klein, bescheiden und relativ sparsam. Das aktuelle ist fast schon 10 Jahre alt. Trotzdem sieht man mich ab und zu mit dem Rucksack zum Supermarkt laufen. Großeinkäufe werden mit dem Auto getätigt – alles was nicht mehr in den Rucksack passt, packe ich heute auch nicht mehr irgendwie auf mein Fahrrad. Ja, es ginge, ich will mir das aber nicht mehr antun.
Alles andere wird gekauft, wenn das alte kaputt geht. Lustgewinn oder Glück leite ich aus den Käufen nicht ab. Ich würde aber weder den Fernseher verkaufen noch auf meine seltenen Restaurantbesuche verzichten wollen. Auch die 5-10 Kinobesuche im Jahr gönne ich mir. Wenn ich so richtig in Spendierlaune bin, hole ich mir sogar eine kleine Portion Popcorn – richtig dekadent, gell ;-)!
Und auch ich spare trotzdem. Vermutlich prozentual nicht so viel, aber doch so viel, dass ich beim Blick auf das Depot manchmal selbst erstaunt bin, wie das alles zusammenkommen konnte.
Einen Daumen hoch für den Schlusssatz: „Dein Einkommen und deine Ausgaben sollten zwei voneinander unabhängige Größen bleiben.“
So habe ich das immer gehandhabt. Gehaltssteigerungen sind größtenteils in erhöhte Sparraten umgewandelt worden. Aber das Leben hier und jetzt mache ich mir trotzdem so schön es geht. Der Vorteil bei bescheidenen Menschen ist halt: Es braucht nicht viel dazu.
Ich bin auch ein Fan von „mit verhältnismäßig wenig klarkommen“ – zum Arbeiten benötige ich oft nur einen Browser und Notepad, als IT Ausstattung verwende ich eine 10 Jahre alte Tastatur und ein Business Notebook mit Windows XP – und es läuft immer noch alles – gerade von Käufen von Produkten mit kurzem Lebenszyklus sollte man Abstand nehmen.
Guter Ansatz, Einkommen und Ausgaben als getrennte Posten zu betrachten. An sich bin ich kein Fan von Lifestyle-Inflation. Gleichzeitig aber auch kein Anhänger der Lifestyle-Kastration. Ich habe z.B. eine große Wohnung, in der ich auch mal Besuch empfangen kann. Im Beruf stehe ich nun viel im Kundenkontakt, weswegen ich nun mehr auf meine Kleidung achte. Ich lade meinen Freund öfter zum Essen ein und gebe mehr Trinkgeld. Solche Erhöhungen des Lebensstandards sollten aber nicht ausarten. Deswegen gehen wir nur selten Essen, haben kein Auto, ein günstiges Fahrrad und keinen tollen neuen Fernseher. Wichtig ist es, dass man zwischen „Luxus“ und „Das brauche ich wirklich“ unterscheiden kann. D.h. Dinge zu schätzen weiß und diese nicht als selbstverständlich sieht und dadurch unzufrieden wird.
Ich glaube halt, dass „Das brauche ich wirklich“ kein fixer und klar definierter Zustand ist. Und selbst wenn es so wäre, wäre es schwer bis unmöglich zu wissen, was man wirklich braucht, wenn man seinen Lebensstil immer nur „nach oben“ schraubt. Mit Lifestyle-Deflation kann man sich auch mal „nach unten“ tasten. Wie weit man dabei nach unten gehen will, ist natürlich jedem selbst überlassen: Ob man einfach nur auf das nächste iPhone-Upgrade verzichtet, vom Auto aufs Fahrrad umsteigt oder auch komplett aus der Zivilisation aussteigt.
Ich habe zudem die Erfahrung gemacht, dass sich durch Lifestyle-Deflation selbst auch die Grenzen dessen verschieben, was man zuvor für „Das brauche ich“ oder „Auf das kann ich nicht verzichten“ gehalten hat, eben weil man sich schnell anpasst und mit der Zeit Übung bekommt. Und dann kann man sich die früheren „Notwendigkeiten“ plötzlich wieder ab und an als Luxus gönnen 🙂 Hmm, das Thema könnte wohl nochmal ein ganz eigener Artikel werden…
Ohja, bitte mach daraus mal einen eigenen Artikel! Fänd ich super!
Ja.. Ich überlege auch gerade, wie ich es genau definieren würde. Hat definitiv Artikel-Potential. Ich schreibe grade von meinem neuen Laptop, weswegen auch ich mich seit ein paar Stunden des Testens frage: Brauche ich das wirklich?
Ich lebe auch in vielen Dingen einen gewissen „Luxus“ aus. Aber ich weiß dann, wofür und vor allem wovon. Und wie lange ich dafür arbeiten musste, wenn ich mich mal wieder von meinem Lieblingsitaliener verwöhnen lasse. Und dann kann ich entscheiden, ob es mir das wert ist.
Zitat: „während viele meiner Zeitgenossen ihren Lifestyle bis an ihre Einkommensgrenze aufblasen.“
Mir fehlt die Ergänzung „und (weit) darüber hinaus“. Viele wissen doch gar nicht, was sie sich leisten können. Natürlich kann ich alles ausgeben, was auf meinem Konto liegt. Und dann will irgendeine Versicherung „plötzlich“ den Jahresbeitrag abbuchen. Naja, ich hab ja noch den Dispo…
Egal wie viel ich ausgebe: Dein letzter Satz ist gut und wenn ich dazu dann noch den Überblick habe, was ich ausgeben darf und das dann bewusst tue, bin ich auf dem richtigen Weg.
gmwd
Ich muss dir Recht geben, an der Stelle habe ich wohl untertrieben. Neulich erst kam hier ein ganzer Werbeprospekt ins Haus geflattert, der für wöchentliche Ratenzahlung für Möbel und Kühlschränke im vierstelligen Preisbereich warb: http://on.fb.me/1Jz0Rlu. Es scheint also wohl tatsächlich Leute zu geben, die solche Angebote in Anspruch nehmen.
Wow, was für ein toller Beitrag!
Meine Devise lautet: Möglichst viel verdienen ohne mehr als45 stundendieWoche zu arbeiten. Aktuell habe ich ca 7500 Euro pro Monat für 45Stunden pro woche. Dass ich davon einiges zurücklege ist klar. dass ich 1 x pro jahr 3 Wochen nach Übersee fliege und dort dann 5000 Euro lasse ist aber auch klar GEnau wie der neue BMW, der mir einfach spaß macht. ICh lege im Jahr ca 25.000 Euro zurück, das reicht denke ich.
Hallo Mang,
Erstmal Glückwunsch zu deinem hohen Gehalt, das ist schon deutlich überdurchschnittlich und erlaubt (zumindest in der Theorie) deutlich freiere finanzielle Entscheidungen als sie dem Durchschnittsbürger so möglich sind. Ich finde es aber interessant, was bei dir darum alles so „klar“ ist. Mir wäre selbst bei deinem Gehalt überhaupt nicht klar, dass ich 5000 € „in Übersee lasse“ (Was heißt das denn eigentlich genau? Ein Casino-Besuch in Las Vegas?). Ich selbst könnte mir das zwar auch leisten, würde da aber eher mein 45-Stunden-Erwerbsleben auf 4-5 Jahre zu verkürzen, bis ich finanziell einigermaßen frei bin und dann lieber entspannt nur noch 10-20 Stunden die Woche arbeiten. Aber das ist natürlich eine Entscheidung, die jeder für sich selbst trifft.
Aber warum sparst du überhaupt etwas von deinem Gehalt? Was hast du mit dem Geld vor?
Einen BMW würde ich persönlich auch nicht haben wollen. Die Teile schlucken so viel Sprit und fahren auch nur geradeaus, da würde ich mir in so einem Ding vorkommen wie ein Clown. Ich mag’s lieber effizient.
Wow, Glückwunsch zu dem tollen Gehalt. Darf ich fragen als was du arbeitest? Mit 25k Sparleistung legst du so viel zurück, wie andere netto im Jahr verdienen. Da kann man auch mal teuren Urlaub und ein schickes Auto fahren. Ich hoffe, dass du in dem Beruf lange arbeiten kannst. Falls du da Gehaltseinbußen auf Dauer zu befürchten hättest, wäre ein hoher Lebensstandard gewagter.
…Mit 25k Sparleistung legst du so viel zurück, wie andere netto im Jahr verdienen…
🙂 das habe ich nicht mal brutto
Wow, hier gibt es schnelles Feedback. ICh bin Arzt, zur Hälfte angestellt, zur anderen Hälfte Freiberuflich. Die Situation, welche ich gezielt gesucht habe, ist aktuell echt sehr komfortabel.
Dass nicht jeder einen BMW möchte ist klar, mirmacht es Spaß, es ist „nur“ ein kleiner mit 116 PS (kleinste Motor), aber es macht mir Spaß.
Übersee bedeutete letztes JAhr 3 Wochen USA Rundreise im Mietwage mit meiner Frau. Erinnerungen für die Ewigkeit, es war die beste Zeit. Dieses JAhr wird dieZeit in Kaliforien hoffentlichnoh besser 🙂
ICh spare zum einen, weil ich offen gestanden von klein auf diffuse Existenzängste habe (sehr moderat) und es sich gut anfühlt „gewappnet“ zu sein. Konkrete Ziele habe ich keine, evtl. ein HAus, das wars aber.
MEine Eltern haben beide „nur“ die Realschule abgeschlossen und dann ganz normaleBErufe ergriffen, wir hatten früher nicht viel. Daher vielleicht auf der einen SEite derSpar-Drang und auf der anderen Seite der BMW und die Reisen (die früher nie drin waren).
Interessantes Blog mit interessanten Diskussionen hier! 🙂
Hallo Mang,
das hört sich doch schon anders an. Konsum und Geld ausgeben einfach nur um des Konsums willen finde ich immer etwas fragwürdig, das klang in deinem ersten Kommentar ein bisschen danach. Aber bei so einer USA-Rundreise glaube ich gerne, dass die dann auch ihr Geld wert gewesen ist.
Vielleicht findest du ja hier und bei den anderen Bloggern aus der FI-Community im Laufe der Zeit noch Anregungen für finanzielle Ziele, die über die reine Risikoabsicherung hinausgehen. Finanzielle Freiheit und ehrenamtliche Tätigkeit, Spenden, das Gründen einer Stiftung: Es gibt vieles, was man mit „überschüssigem Geld“ machen kann, abseits von Konsum und Lifestyle-Inflation.
Ich denke, die meisten, die hier lesen bzw. schreiben, können durchaus Ihre Ausgaben im Griff halten und schaffen die Balance zwischen Sparen und Luxus. Ich habe heute meinen Jahresurlaub gebucht (Luxus 🙂 ), meine Sparrate dürfte trotzdem 15.000 bis 20.000 € erreichen.
Vielleicht wird man auch etwas nachdenklicher, wenn man erlebt, wie der eine oder andere im Bekanntenkreis erkrankt oder stirbt. Die Wünsche „mach ich später“ konnten so nie erfüllt werden. Und die einem selbst verbleibende Zeit wird messbar weniger, die Ansichten ändern sich einfach.
Ich sehe das wie Alexander.
Man kann sich auch kaputt sparen und ich lebe letztendlich in der Gegenwart. Die will ich so gut wie moeglich geniessen. Genauso wie ich mit 65+ Dinge nicht machen kann, wofuer ich jetzt noch Kraft fuer habe. Zum Beispiele tolle, aber anstrengende Rundreisen auf eigene Faust.
Am Ende zaehlt eigentlich nur der Grundsatz – geniesse jeden verdammten Euro den Du ausgibst.
Und ich denke, dass der Blogposter das auch schlussendlich meint. Viele geben ohne Nachdenken fuer Sachen Geld aus, die Sie aber kein Stueck oder nur total kurzfristig gluecklich macht.
Ich habe erst vor kurzem einen 4stelligen Betrag fuer einen TV ausgegeben. Absoluter Konsum, aber ich liebe Filme! Und das ist es mir wert.
Dasselbe Geld auf dem Konto macht mich nicht gluecklich. Das sind nur Zahlen.
Natuerlich muss das alles im Rahmen der finanziellen Moeglichkeiten passieren (Budget fuer alles muss abgestimmt sein). Der Mittelweg machts.
Ich finde, nur das einige Blogs die Philosophie Altersvorsorge/Sparen zu sehr stark feiern.
Wohl dem der Alt wird, aber dank Sparzwang kaum die Welt gesehen hat.
Hallo Capri,
du hast recht, im Grundsatz ging es mir vor allem darum, dass man sein Geld eben nicht nur für den kurzfristigen Kick raushaut, sondern für die Sachen, die einem wichtig sind. Ansonsten steht das Sparen aber bei mir auch eigentlich weniger im Vordergrund, sondern ist mehr das Nebenprodukt meines Lebensstils. Mir ist vor allem meine Zeit, meine persönliche Freiheit und ein effizienter Lebensstil ohne viel Konsum wichtig. Das passt eigentlich ganz gut zusammen und das Sparen passiert dann fast nebenbei. Was das Rundreisen angeht, gibt es auch unterschiedliche Herangehensweisen. Hast du das Interview mit Sabine und Burkhard Koch gesehen? (Das war auch beim vorletzten Wochenbericht des Finanzwesirs in den Kommentaren verlinkt) Die beiden haben ja auch lieber in jungen Jahren gespart, um sich mit 40 nur noch aufs Reisen zu fokussieren, anstatt sich bis 67 nur Wochenend- und Ferientripps leisten zu können. So geht’s auch.
Bei einer Sache möchte ich dir übrigens vehement widersprechen:
„Dasselbe Geld auf dem Konto macht mich nicht gluecklich. Das sind nur Zahlen.“
1000 € auf dem Konto bedeuten nach der 4%-Regel immerhin 40 € passives Einkommen im Jahr, solange sie auf dem Konto (bzw. Depot) liegen bleiben. Da du ja Filme liebst, könntest du für dieses Geld beispielsweise vier bis fünf Mal pro Jahr ins Kino gehen. Und alles nur von den „Zahlen auf dem Konto“. Würde dich das nicht glücklich machen?
Hi Oliver,
danke fur deinen Antwort. Ich denke, wir sind absolut auf einer Linie. Auch ich rechne Ausgaben mit Opportunitaetskosten aus (was wird aus dem selben Geld in X Jahren, respektive passives Einkommen). Wenn der eigene Lebensstil „frugal“ ausfaellt oder besser gesagt „bewusst“, spar ich von alleine. Ich war ueberrascht wie hoch eigentlich meine Sparquote monatlich ausfaellt. Ohne Muehe!
Bei meinem wirklich hohen Filmkonsum wuerde mich eben die Kinobesuche langfristig arm machen 🙂 + teure Getraenke etc. (wobei ich damals alles reingeschmuggelt habe) + nervige Publikum.
Wenn ich mir teure Anschaffung leiste (meist das Vorgaengermodell), rechne ich mir das ganze meist eher als „Mietbeitrag“ aus, da ich besonders Technik wieder verkaufe. Als technikaffiner User nutze ich jedoch auch solche Sachen sehr sehr lange. Da muessten grosse Innovationen passieren, bis ich update. Der neue TV muss mind. 6 Jahre+ halten, besser 10.
Mein letzter Fernseher (gut der war nicht so teuer, wie der jetzige) hat mich einen monatlichen Beitrag von 13 Euro gekostet. Da ich gut und gerne gefuehlt 3 mal ins Kino pro Monat gehe…rechne selbst. Der neue faellt da extrem aus dem Rahmen, aber tut mir nicht weh und der Zugewinn an „Luxus“ ist es einfach wert.
Ich kenne einige Paare die mit 40+ dann anfangen zu reisen. Interessantes Konzept, nur 1. haette ich mich dafuer frueher entscheiden muessen (bin 30 + Kind kommt erst evtl. 😉 ). 2. sehe ich trotzdem einen Unterschied, ob ich mit 40+ oder 25 Jahre reise. Ob ich alleine oder als Paar die Welt entdecke.
Davon abgesehen, man mag es kaum glauben, mag ich meinen Job und die Herausforderung darin. Klar es gibt nicht immer gute Zeiten, wie auch im Privatleben, aber grundsaetzlich arbeite ich gerne. Kaempfen muss ich ueberall von Zeit zu Zeit. Und Unternehmer will ich gar nicht werden, entspricht nicht meiner Natur.
Fazit: Es gibt schlichtweg viele Lebenskonzepte. Solange ich mir darueber bewusst bin und mich nicht getrieben fuehle, ist das fuer mich Freiheit. Der Konsenz hinweg von allen „Freiheitsansaetzen“ bleibt in jedem Fall KEINE SCHULDEN & ein sehr gutes finanzielles Polster, dass einem im Worst Case erlaubt zu sagen: NOE mach ich nicht!
HI Oli,
Ich finde auch, es gibt durchaus einen Mittelweg zwischen der Lifestyle-Inflation und die, wie von Ex-Studentin so schön benannte „Lifestyle-Kastration“. Lifestyle-Inflation ist aus den vonr Dir im Beitrag genannten Gründen kacke, aber in jüngeren Jahren übertrieben viel zu sparen damit man sich später alles gönnen kann kann auch evtl. bei früherem Tod in die Hose gehen. Ich denke, es geht um bewusstes Überlegen, ob mir eine Ausgabe wirklich wert ist und mich tatsächlich glücklicher macht. Wenn ich eine teuere Anschaffung für mein Hobby mache, das ich dann sehr häufig nutze und mich jeden Tag glücklich macht, ist das durchaus gerechtfertigt. Eine teuere Anschaffung nur deswegen zu kaufen, weil man andere Leute imponieren will, die man eigentlich nicht lieden kann, ist wiederum keine gute Idee.
Hi Mrs W,
wenn du eine teure Anschaffung für dein Hobby machst, ist es dann die Anschaffung, die dich glücklich macht, oder das Hobby?
Ich stelle mir dann die Frage: Brauche ich die Anschaffung, um das Hobby auszuüben? Reicht vielleicht eine günstigere Anschaffung, damit ich an dem Hobby genauso viel Spaß haben kann? Und nicht zuletzt: Bringt mir die Anschaffung langfristig mehr Spaß mit meinem Hobby?
Bei der Lifestyle-Inflation steckt immer irgendwie mit drin, dass der Spaß nie langfristig erhalten bleibt, weswegen ich Lifestyle-Inflation grundsätzlich ablehne.
Ich will das mal an einem Beispiel erklären: Wenn ich etwa gerne Rennrad fahre, ist es sicher total in Ordnung, mir ein halbwegs ordentliches Rennrad zuzulegen (was „halbwegs ordentlich“ heißt, sei jetzt erstmal dahingestellt :)). Wenn mir dieses Rennrad langfristig Freude am Radfahren ermöglicht, ist das meiner Meinung nach völlig gerechtfertigt. Problematisch wäre aber meiner Meinung nach, wenn ich die Freude am Rennrad fahren mit der Freude am Rennrad selbst verwechsle. Dann könnte es sein, dass ich mir ein neues Rennrad kaufe und nach einem Jahr denke „Ich brauche ein neues, besseres, teureres Rennrad, damit ich weiter Freude am Rennrad (fahren) habe“. Nach einem weiteren Jahr ist aber das neue, teurere Rennrad wieder langweilig (durch die hedonistische Adaption) und ich kaufe wieder ein besseres, und so weiter. Dann steckt man schon mitten im „Upgrade-Teufelskreis“ der Lifestyle-Inflation, an dessen Ende man furchtbar viel Geld in Rennräder gesteckt hat, ohne dass man beim Radfahren nun mehr Spaß hätte als mit seinem allerersten Rad. Die Freude am Radfahren kommt eben nicht vom Rad selbst, sondern von der Bewegung, der körperlichen und geistigen Herausforderung und der Zeit, die man an der frischen Luft verbringt.
Zu den Waschlappen-Freunden fällt mir ein Spruch ein: „Erst werden sie lachen, dann werden sie fragen, wie Du es geschafft hast!“
Vor zwei Jahren hatte ich meinen Berufseinstieg geschafft und versuche seitdem die Ausgaben niedrig zu halten, auch wenn ich keine 70% Sparquote habe. Ich fand es erstaunlich wie die Ausgaben nach dem Berufseinstieg automatisch nach oben gingen, ohne dass man seinen Lebensstandard spürbar erhöht hatte: höhere Miete, GEZ, Versicherungen, Auto.
Ich hoffe mein Einkommen wächst schneller als der Lifestyle. Denn so wie ich es aus den Kommentaren herauslesen kann wird man mit dem Alter vielleicht nicht für immer so sparsam bleiben. Deswegen finde ich es umso wichtiger, in den ersten Berufsjahren viel zu sparen, um den Effekt im Alter wieder aufzufangen.
Der Ansatz funktioniert besonders dann gut, wenn man in in einem „lifestyle-toleranten“ Umfeld arbeitet.
Einer meiner frühen Jobs war in einer Firma, in der erwartet wurde, dass man gewissermaßen „der Karriere vorauseilend“ mit sehr aufwendiger Garderobe herumlief und auch sonst einen Lebensstil zeigte, der das Nettogehalt weitgehend auffraß. Mein Auto aus Studentenzeiten zog blöde Sprüche an – umgekehrt sah ich auch nicht ein, es zu verstecken.
Materielle Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Gehalt und der nächsten Erhöhung ist ja für den Arbeitgeber ein schöner Weg, sich sein Personal gefügig zu halten.
Ich hielt eine Sparquote von ca. 35% durch, was in dem Umfeld am oberen Rand lag – hatte aber den Eindruck, das auf anderer Ebene teuer zu bezahlen.
Hallo,
die Aussage: „Genieß dein Studentenleben, es ist die geilste Zeit deines Lebens“ finde ich interessant, ich habe es eher andersrum empfunden. Im Grunde hatte ich als Student zwar gefühlt mehr Zeit, aber es gab irgendwie immer noch was zu lernen oder zu erledigen. Gefühlt nie Feierabend. Dazu kam: ich hatte vielleicht mit Bafög und Unterstzützung von den Eltern vielleicht 600€, davon gingen 200€ für die Wohnung (ein armseliges 14 qm Zimmer in einer vierer WG) ab, dann etwa 100€ fürs Studium, blieben noch 300€ für Lebensmittel, Freizeit, Sparen usw.
Selbst wenn ich es könnte, dass würde ich heute nicht mehr haben wollen, alleine das Gefühl in der eigenen Wohnung relativ frei walten und schalten zu können und sich maximal mit der Ehefrau/Freundin auszutauschen ist unbezahlbar. Was nützt mir die finanzielle Freiheit, wenn ich bei einem anderen wichtigen Aspekt unfrei bin? Ich bestimme wann und wie oft und wie lange Gäste kommen können, ich bestimme die Einrichtung usw.
Dieses Jahr hatte ich einen wunderschönen langen Urlaub an der Algarve und hab trotzdem im Schnitt fast 2.000€ pro Monat zurück gelegt Nächstes Jahr mache ich vielleicht zwei schöne lange Urlaube jeweils in der Ferne und im Winter. Auf die Art erspare ich mir lzwei Monate von diesem grässlichen deutschen Winter.
Trotzdem versuche ich eher eine Lifestyle Deflation anzustreben, also die Kosten pro Jahr sollen sich nach den ersten Sparrunden jetzt pro Jahr um 2% verringern, oder zumindest gleich bleiben. Neulich habe ich den Amazon Prime Account gekündigt. Ich teile mir jetzt dafür einen Netflix Account mit meinen Eltern.
Uns war aufgefallen, dass immer mehr kostenpflichtige Inhalte die Auswahl dominieren und wir immer öfter Filme ausgeliehen haben. 5-15€ im Monat, dazu kommt, dass wir immer noch gut 60€ Ausgaben pro Monat bei Amazon für Krams hatten. Mit einer Maßnahme also gut 70€ gespart pro Monat, abzüglich der Mehrkosten für einen Netflix Account., aber die teile ich ja jetzt wie gesagt mit meinen Eltern.
Lieber Oliver,
zunächst einmal möchte ich dich für deine Website loben! Klar strukturiert und gut um als „Neuling“ schnell das Wichtigste zu verstehen. Ich habe so ziemlich alles auf deiner Seite gelesen und habe mich in meiner Gefühlslage bestätigt gefühlt! Ich erkläre dir auch warum:
Ich mache derzeit eine Krise durch. Ich bin 29 Jahre alt, habe einen Bachelor in BWL mit sehr gutem Abschluss, 3 Jahre Bankenerfahrung, dann Master in Management mit sehr gutem Abschluss, Firma gegründet, und parallel bin ich noch in einer Partnerfirma als Bereichsleiter am werkeln. Läuft bei mir, oder? … Nein! Immer wieder in meinem Leben habe ich versucht das Maximum aus mir herauszuholen, ohne jemals das Gefühl von Zufriedenheit zu erreichen – viel schlimmer noch: Ich wurde immer selbstkritischer und habe versucht mich durch meinen Perfektionismus weiter voranzutreiben, obwohl ich in der Schulzeit eher unterdurchschnittlich vorbereitet und sorgenfrei unterwegs war. Komisch, wo kam das auf einmal her?
Seit dem Studium war ich wie beschrieben ein Überflieger, auch wenn ich mir meine Leistung immer erkämpfen musste und mir die Dinge nicht einfach zuflogen. Da mein Vater sehr erfolgreich war, hat er immer hart und lange gearbeitet und wirklich eine Menge Geld verdient. Ich habe immer das Gefühl gehabt, da mithalten zu müssen, um mein gewohntes Leben, meinen finianziellen Standard, weiterhin erhalten zu können. Wir waren keine „Geisen-Familie“ und ich habe immer etwas leisten und zu Hause mithelfen müssen, wenn ich etwas wollte. Dennoch waren 10-15 k für den jährlichen Sommerulrlaub zu viert keine Seltenheit, wenn wir mal wieder 3 Wochen durch die Welt gereist sind. Meine Eltern kamen aus einfachen Familien und wollten sich diesen Lusuxs „gönnen“, den sie sich „durch Fleiß erkämpft hatten“ und für den sie sonst 80 % ihres Lebens aufopfern mussten. Ich habe diese Reisen sehr genossen und dachte dann immer, dass ich mir das niemals erlauben könnte, wenn ich nicht auch so erfolgreich werde. Aber nun mache ich einen Zeitspung nach vorne:
Letztes Jahr im Dezember war es dann schlussendlich soweit – nichts ging mehr. Auch meine bisherige Taktik, mich durch Urlaube oder neue Möbel aufzumuntern, funktionierte immer weniger. Alles fühlte sich an wie en Teufelskreis und da war es: Das Hamsterrad! Arbeiten, erschöpft einschlafen und der Gedanke, dass das doch jetzt nicht alles sein kann, was ich die nächsten 40 Jahre tun kann, oder? Wie soll ich Energie für meine Familie, Freunde, Hobbies oder Kinder aufbringen? Lange Rede, kurzer Sinn: Diagnose „Despression / Burnout“ – volles Programm. Ich habe alle Gedanken sotiert und war bereit mit allem von vorne anzufangen: Habe ich das falche studiert? Bin ich nicht stark genug? All diese Fragen. Letztendlich hat es vor ein paar Wochen in einer Sitzung beim Psychiologen „klick“ gemacht: Ich liebe das echte Leben, ich liebe es in der Natur zu sein und Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Ich habe meine Jobs für 3 Wochen mehr oder weniger „ausgesetzt“ und bin in den Wald spazieren gegangen. Ich habe die frische Luft geatmet und festgestellt: Dazu habe ich keine Zeit mehr! Ich habe für all die schönen und einfachen Dinge des Lebens keine Zeit mehr – kann sie nicht mehr genießen. Es lag nicht an meiner Arbeit an sich – nur daran dass ich ihr ca. 10 Stunden am Tag nachgehe. Ich habe mein Bedürfnis nach Freizeit und Natur gespürt plötzlich wieder einen Sinn gesehen.
Mittlerweilse habe ich, unabhängig von dieser Erkenntnis, deine Seite entdeckt und bin bereits in Vorbereitung mein Leben umzukrempeln. Ich werde ich auf meinen Job als Bereichsleiter beschränken, der mir Spaß macht und der mir finanziell eine gute Versorgung bietet. Die eigene Firma frisst zu viel Zeit und bietet zu wenig Ausgleich dafür. Meine Verlobte verdient ebenfalls ordentlich. Ich fahre ab und zu und immer öfter mit dem Fahrrad zur Arbeit und das tut verdammt gut! Ich werde fitter. Das Auto meiner Verlobten bleibt, da sie über die Autobahn zur Arbeit muss. Mein Auto kommt demnächst weg. Weitere Kosten habe ich schon in der längst fälligen Optimierung der Versicherungen und vor allem durch das Beenden des sinnlosen Konsums von vermeintlichen „must-haves“ reduziert. Ernährung ist bei uns kein Problem. Wir essen frisch und kochen gerne zusammen und haben generell eher weniger Kosten für Essen, da wir seit 3 Jahren Vegetarier sind. Die Sparquote ist mittlerweise von 37 % auf Satte 49 % geklettert – immer noch ausbaufähig aber viel besser. Mein Depot nehme ich mir als nächstes vor. Ich bin noch ganz am Anfang meiner „Frugalisten-Laufbahn“, aber ich spüre die Veränderung und die neue Energie. Vielleicht schaffe ich es, mit Mitte 40 auf 30 Stunden / Woche zu reduzieren. Das wäre schon ein Riesengewinn für meine Freizeit und da ich wie gesagt gerne arbeite, will ich da noch gar nicht ganz in Rente. Diese Enstellung krempelt gerade mein gesamtes Leben um. Ich denke wir Menschen haben den Sinn des Lebens komplett aus den Augen verloren!
Danke Oliver, goodbye Hamsterrad 😉
Hallo Mr. Robot,
interessante Schilderung und sehr viele Ähnlichkeiten zu meinem Leben.
Ebenfalls BWL-Student, 2018 mit Master abgeschlossen. Aktuell in der Wirtschaftsprüfung tätig, ergo lange Arbeitstage. Starres Miteinander der Kollegen, viel Ellenbogen, wenig Menschlichkeit oder gar Spaß. Aber, wie man es sich als Student auch so toll ausgemalt hat, perspektiv viele Aufstiegschancen und aktuell ganz gutes Gehalt. Hilft alles nichts, wenn man sich unter dem Strich fragt, was bleibt.
Ich stelle mir bereits nach zwei Jahren im Berufsleben und im Alter von 28 die Frage, wie lange das noch so gehen soll. Ich merke es körperlich und vor allem seelisch, es geht mir nicht gut. Diese Unzufriedenheit schleppe ich natürlich mit zum Arbeitgeber, der mich bereits darauf angesprochen hat, ob das alles für mich wohl das Richtige ist.
Ich weiß, dass es das nicht ist und werde mich daher in nächster Zeit beruflich verändern.
Als Ausgleich fungiert dann oft, dass ich es mir zumindest außerhalb der Arbeitszeit schön machen will. Insofern ist die von Oliver thematisierte Lifestyle-Inflation bereits eingetreten. Teils freiwillig, teils den Umständen geschuldet. Das bedeutet aber keineswegs sinnloses Rausfeuern der hartverdienten Moneten. Ich habe mir aufgrund des Jobs (aber tatsächlich eher der Bequemlichkeit und des Gefallens halber) vor zwei Monaten ein Auto gekauft und wohne aktuell in der größten Wohnung, die ich bisher hatte, mit dem Wissen, dass sie im Grunde genommen zu groß ist. Hätte ich diese Belastungen monatlich nicht (oder günstiger), wären es 700€ mehr im Portemonnaie.
Der Unterschied ist, dass ich mich jeden Tag abends freue in meine Wohnung zu kommen und mein Auto exakt das ist, was ich mir immer vorgestellt habe. Aus reinen, ich-bezogenen Gründen und nicht um jemandem zu gefallen o.Ä. Insofern hat sich bei der Hedonismus keineswegs eingestellt und ich hoffe, er wird es auch nicht. Das ist einfach der Luxus, der zu meinem Leben passt und für den ich diese 700€ gerne ausgebe.
Darüberhinaus kann ich jeden eingenommenen und vor allem ausgegebenen Euro im Monat zurückverfolgen, lebe äußerst bescheiden (manche würden sagen ich bin krampfhaft geizig, aber die können sich monatlich auch nie was zurücklegen ;)) und halte Umsichtigkeit für äußerst wichtig. Sobald ich meine eiserne Reserve bespart habe, geht dann der Aufbau des ETF-Fonds los.
Dafür muss ich Oliver danken, ich bin irgendwann auf diesen Blog gestoßen und es könnte mein ganzes Leben verändert haben.
LG
Ich bin 56 Jahre alt und vor kurzem durch einen Zufall auf Deine Seite gestoßen. Der Begriff Frugalismus war für mich neu, ich hatte noch nie davon gehört. Nachdem ich einige Berichte gelesen habe, muss ich feststellen, dass ich schon lange nach einem ähnlichen Prinzip lebe. Ein wichtiger Punkt um früh glücklich zu sein, ist es wenn man sein Konto nie überziehen muss. Ich habe lange Zeit mit meiner alleinerziehenden Mutter damals noch von dem Sozialamt gelebt und habe Armut kennengelernt. Aus diesem Grunde wurde mir schnell klar, dass mein Konto niemals ins Minus geraten darf. Konsumgüter auf Pump kamen für mich ebenfalls nicht in Frage.
Dadurch, dass ich Reichtum nie kennengelernt hatte, waren meine Bedürfnisse an Luxusartikeln einfach schlicht weg nicht vorhanden. Langsam habe ich (damals noch DM) ein kleines Vermögen angespart. Dieser Umstand führte dann dazu, dass ich mir 3-mal überlegt habe Geld für Konsumartikel auszugeben, da ich ja wusste wie lange es gedauert hat Geld anzusparen.
Ich bin Hauptschüler und hatte Schwierigkeiten eine Ausbildung zu finden, aber ich war nicht faul. Ich habe Autos gewaschen, an der Tankstelle nebenbei gearbeitet. Nachts habe ich Zeitungen ausgefahren und etwas später habe ich am Wochenende noch als DJ gearbeitet. Meine Ausbildung zum KFZ Mechaniker habe ich erst mit 20 Jahren begonnen und dann auch erfolgreich abgeschlossen.
In dieser Zeit habe ich so viel Geld verdient und gespart, dass ich mir mit 26 Jahren eine Eigentumswohnung gekauft habe und keine Miete und auch keine Raten an die Bank zahlen musste. Dies war der erste Schritt in Richtung Unabhängigkeit. Mein Leben hat sich im Grunde nie verändert, d.h. ich habe nie auf etwas verzichten müssen. Ich habe ein Auto, ein Motorrad mittlerweile ein Haus. Wichtig bei allen Anschaffungen war es immer zu überlegen was brauche ich um ein finanziell sorgenfreies Leben führen zu können. Ich habe immer erst etwas Neues gekauft, wenn das alte unreparierbar kaputt gegangen ist. Das mache ich noch heute so, mein Auto und mein Motorrad sind beispielweise über 20 Jahre alt, aber funktionieren noch einwandfrei.
Ich arbeite noch, bin aber finanziell unabhängig, ich plane mit 60 aus dem Berufsleben auszusteigen um noch einige Jahre mit meiner Frau und unserem Wohnmobil die Welt zu erkunden. Da ich aus armen Verhältnissen komme bin ich immer bodenständig geblieben und nie abgehoben. Euch jungen Leuten kann ich nur empfehlen früh Geld zu sparen und den Verlockungen der Konsumartikel standhaft zu bleiben. Gebt euer Geld erst dann aus, wenn Ihr es gespart habt. Umso früher ihr ein finanzielles Polster aufgebaut habt, kann euch so schnell nichts mehr aus der Bahn werfen. Ich finde es toll wie sehr Ihr euch mit dem Thema finanzielle Unabhängigkeit befasst. Manchmal geht es rauf und wieder runter im Leben, aber wenn Ihr euch frühzeitig angewöhnt auf Konsum zu verzichten, dann bleibt noch eine Menge Geld übrig mit denen Ihr eure Träume verwirklichen könnt ob mit 40, 50 oder 60. Gewonnen hat der, der sorgenfrei Leben kann.
LG