Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

(viel) früher längere Zeit scheinselbstständig... jetzt noch feststellen lassen?

Hi, mal ein (gar nicht mal so) kleiner Ausschnitt aus meinem beruflichen Werdegang:

Gegen Ende 1996 geriet ich mit meiner damaligen Tätigkeit als selbstständiger EDV-Techniker und -Händler an einen "faulen" Kunden, und in der Folge in eine ziemliche wirtschaftliche Schieflage (bzw. machte diese Sache eigentlich nur die schon vorher bestehende Schieflage dann ziemlich deutlich sichtbar).

Zum Glück gab es da aber auch einen "Schutzengel" in Form eines befreundeten Handwerksmeisters und Mitinhabers eines Elektrobetriebes.

Die hatten einige Zeit vorher einen Riesenauftrag an Land gezogen, aber keinen Mitarbeiter, der die erforderlichen Kenntnisse gehabt hätte UND nicht schon anderweitig ausgelastet wäre, bzw. der, der diese Arbeiten (es ging um Betriebssichereitsprüfungen an Elektrogeräten) bisher machte, hatte grad gekündigt.
Und so wurde ich dann nach der entsprechenden fachlichen Unterweisung (umfangreiche Grundkenntnisse waren ja eh schon vorhanden, u. a. ein abgebrochenes E-Technik-Studium) der Ausführende für diesen und weitere derartige Folgeaufträge verschiedener Kunden des Elektrobetriebes.

So quasi nebenbei wurde ich damit auch der "EDV-Machdudas" des Elektrobetriebs selbst, also wann immer da Sachen mit mehr oder weniger IT-Bezug anfielen, ob nun intern oder bei Kunden, war ich da involviert. Abgerechnet wurde alles über meinen weiterbestehenden Gewerbebetrieb "EDV-Einzelhandel und -Service".

Eigentlich damals schon eine waschechte Scheinselbstständigkeit, aber damit hatte ich kein Problem, zumal die Bezahlung durchaus gut war und ich zwischen den Außenterminen bei diesen Kunden und in den durchaus auch mal längeren Zeiten zwischen diesen Aufträgen mit dem EDV-Service "weiterwursteln" konnte, was auch außerberuflich zu einigen durchaus interessanten Begegnungen führte, u.a. mit der Frau, die schließlich zur langjährigen Königin meines Herzens wurde und die ich demnächst heiraten werde...

Um die Scheinselbstständigkeit, als da mal eine Prüfung "in Reichweite" war,  zu verschleiern, wurde z.B. auch mal die Firma eines Kumpels von meiner früheren Schule quasi "zwischengeschaltet", also statt direkt mit dem E-Betrieb abzurechnen, war ich zwischendurch pro forma auch mal Subunternehmer von dessen Firma, die wiederum  mit dem Elektrobetrieb abrechnete...

Das ging dann so bis ca. Mitte 2004, als der bewußte Elektrobetrieb krachend pleite ging.
Diese Pleite hatte viele "Väter", nicht zuletzt ziemlich offensichtliche Mißstände in der Organisation des ganzen Betriebs.
Aber wann immer ich da was sagte, wurde das von den Chefs, es waren damals deren drei (Brüder), mit Sprüchen ala "hat schon der Oppa hier so gemacht" abgebügelt. OK, wer nicht will, der hat schon, oder auch nicht. Ich gesagt, du nix wolle, nix mehr meines Baustell...

Diese Insolvenz meines Hauptkunden war aber nicht etwa das Ende, sondern wurde erst der richtige Anfang  meiner dortigen "Karriere".
Denn der Insolvenzverwalter sah den Laden als durchaus sanierungsfähig an, erkannte aber auch sofort die Mißstände, u.a. das quasi nicht, bzw. nur in Form einer geradezu kafkaesk-bürokratischen Zettelwirtschaft bestehende Warenwirtschaftssystem dort.
Und nun ratet mal, wer den Auftrag bekam, selbiges umzukrempeln bzw. komplett neu aufzuziehen... Alleine das gab satt ein Jahr Vollbeschäftigung für mich.

Als die Inso dann durch war und der (personell deutlich geschrumpfte) Laden unter leicht verändertem neuem Namen wieder komplett unter der Regie seiner vormaligen drei Chefs stand, sprach mich einer davon an, ob ich, da meine häufige Anwesenheit da eh auch weiterhin erforderlich war, nicht eine der im Zuge der Insolvenz eigentlich "geschlossenen", zumindest aber eben personell verwaisten Abteilungen quasi übernehmen sollte, es ging um die für TV/Hifi. Später kam dann noch die Haushaltskleingeräte-Abteilung dazu.

Abgerechnet wurde das alles weiterhin wie die ganzen Jahre zuvor auch, also auf Rechnung über meinen weiterhin bestehenden Gewerbebetrieb.

OK,  wirklich reich wurde ich alleine davon nicht, und angesichts der  teils sehr langen Arbeitszeiten da (zum Schluß war ich quasi täglich über die gesamte Ladenöffnungszeit da zumindest physikalisch anwesend) war der reale Stundensatz eigentlich sogar ausgesprochen besch...eiden, aber es war halt quasi eine "feste Bank", und ich konnte parallel dazu auch noch für andere Kunden was machen.

In den letzten 2-3 Jahren vor meinem "Ausstieg" da wurde das Klima in dem Laden aber zunehmend ungemütlich... das lag nicht nur an dem Führungsstil des letzten verbliebenen Chefs dort, auch ich hatte von einigen Dingen, die da reichlich "verstaubt"  waren und trotz des "Umkrempelns" durch die Inso nicht geändert (bzw. erfolgte Änderungen nach Rückkehr zur "Eigenregie" sogar wieder zurückgenommen) wurden so langsam die Nase voll und ließ meinen Frust über die Gesamtsitutation auch immer deutlicher sichtbar werden...

Das alles dann kulminierte schließlich im Jahr 2015.

Auslöser war Cheffe's Gemecker wegen einer Staubschicht im Verkaufsregal, und da war für mich das das Maß endgültig voll.
Vor versammelter (bzw. im Laufe des Ganzen sich dort versammelnder) trug ich cheffe in einem mindestens halbstündigen Rant in aller Deutlichkeit, detailliert und ziemlich laut vor, was in seiner Bude so alles (mein O-Ton) "seit Anno Adenauer, wenn nicht schon vorher REICHLICH Staub angesetzt" hatte.

Und damals war ich selbst kurz in Versuchung, die "Wasserstoffbombe"  einer Scheinselbstständigkeits-Anzeige zu zünden...
...denn auf den Laden hätte ein Auffliegenlassen dieser langjährigen Scheinselbstständigkeit alleine infolge der dann fällig gewordenen Nachforderungen der Arbeitgeberanteile von Renten- und Krankenversicherungsbeiträgen durchaus vergleichbare Auswirkungen gehabt. Zumal ich ja nicht der einzige da in einem derartigen (nicht)Angestelltenverhältnis war.

Habe davon dann aber doch abgesehen, zumal sich das o.g. "Dampfablassen" letztendlich sogar ausgesprochen positiv auf das Verhältnis zu Cheffe ausgewirkt hatte.
Und so ganz bin ich da dann auch nicht raus, habe nach wie vor bis letztes Jahr dort den "IT-Hausmeister" gemacht, wenn auch "auf sehr kleiner Flamme", und mich wieder mehr um meine eigenen Kunden, sowie um jahrelang tlw. "liegengebliebene" Privatangelegenheiten gekümmert.

Wie gesagt, der "Ausstieg" meinerseits da war Anfang/Mitte 2015.
Inzwischen hat sich sowohl hier als auch bei dieser Firma einiges verändert: ich habe seit ein paar Jahren nach Verkauf eines nicht gerade kleinen geerbten Grundstücks ausreichend "Reserven", um, verantwortungsvollen Umgang mit den Vermögenswerten vorausgesetzt, nur noch die Aufträge anzunehmen, die mir wirklich Spaß machen, oder eben auch mal einige Zeit, bis auf  gelegentliche Support- und Instandhaltungsarbeiten etc. bei langjährigen Kunden, eine sehr ruhige Kugel schieben zu können.

Grad das letzte knappe halbe Jahr war ich bei einem dieser Kunden (ein Architekt) auch mal auf Gehaltsbasis (also Festanstellung) tätig, als es bei diesem einen personellen Engpass gab.
War früher direkter Nachbar, jetzt aber infolge meines Umzugs  'ne Autostunde weit weg, kein Problem bei gelegentlichen Einsätzen, aber nicht für mehrmals die Woche ganztags, und die Tätigkeit da (jede Menge teils redundanter Papierkram, sehr akkurat auszuführende Schreibarbeiten, Telefondienst usw.) ist auch nicht wirklich das, was mir pausenlos Freudenschreie entlocken könnte...
Und so haben wir das inzwischen einvernehmlich wieder beendet; ich mache da nur noch, wie vor meiner Anstellung auch schon, die IT-Betreuung.

Und auch bei dem Elektrobetrieb hat sich einiges getan.
Dessen Kundschaft, Räumlichkeiten, Warenbestände und Personal sind nämlich erst, was schon vor meinem "Ausstieg" 2015 dort losging, "scheibchenweise" von der Firma  eines ehemals dort Angestellten übernommen worden, und letztes Jahr dann der verbliebene Rest via erneuter Insolvenz abgewickelt.

So gesehen hätte es auf den Laden, weil die damalige Firma ja sowieso nicht mehr existiert und es keinen Rechtsnachfolger gibt, wohl keinerlei Auswirkungen, wenn JETZT die damalige Scheinselbstständigkeit festgestellt werden würde...

Auch eventuelle Nachforderungen von KV, RV und Finanzamt an mich, also hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile und ggf. steuerliche Neubeurteilung des Ganzen, wären selbst im worst case recht überschau- und angesichts meiner neuen Vermögenslage auch leistbar, ohne daß die Kontobewegungen dazu dem Banker meines geringsten Mißtrauens auch nur ein Lidzucken entlocken könnten...

Auf der "Habenseite" hingegen würden daraus für mich etliche Versicherungsjahre herauskommen, und damit vor allem in späteren Jahren ggf. eine ganz andere Situation seitens z.B. der Krankenversicherung der Rentner...

 

 

Ich habe es jetzt nur mal überflogen - aber ist das nicht eine ähnliche Fragestellung von Dir wie im Januar? https://frugalisten.de/forum/topic/bei-einstigem-kunden-midijobben/

Ich würde mal einfach bei der Krankenkasse und dem Finanzamt anrufen, den Sachverhalt schildern und fragen, ob es ein Problem ist, wenn Du dich jetzt wegen Seinselbstständigkeit anzeigst und ob sie dir mal ausrechnen können, ob sich das für dich lohnt... :mrgreen: 😎

Verjährt das nicht irgendwann?  Bei Steuern ist man doch nach 10 Jahre raus.

Zitat von Lostoi am 26. April 2023, 14:41 Uhr

Ich habe es jetzt nur mal überflogen - aber ist das nicht eine ähnliche Fragestellung von Dir wie im Januar? https://frugalisten.de/forum/topic/bei-einstigem-kunden-midijobben/

ist eher die genau umgekehrte Konstellation.

In dem von Dir verlinkten Beitrag ging es darum, daß eine vorher klar selbstständige Tätigkeit als Angestelltenverhältnis weitergeführt wird, um sich den ganzen Bürokratieaufwand eines eigenen Gewerbebetriebes nicht mehr antun zu müssen.

In meinem Fall hingegen war das von Anfang an klar eine Angestelltentätigkeit (weisungsgebunden, kein unternehmerisches Auftreten beim "End"kunden usw.), die halt auf Rechung ablief, und noch dazu zumindest zeitweise 90% und mehr meiner Gesamteinkünfte ausmachte,  also glasklar scheinselbstständig.

Was die monetäre Seite angeht, falls die ScheiSe-Anzeige durchgeht und so bestätigt wird, da habe ich schon einiges recherchiert, das sähe so aus:

Das Finanzamt kann da nur die letzten 10 Jahre rückwirkend neuveranlagen, und da die Sache Mitte 2015 zuende war, beträfe das allenfalls zweieinhalb Jahre, die sie Einkommensteuer aus einem Angestelltenverhältnis nachberechnen und mir den Vorsteuerabzug streichen könnten.
Meine für den Zeitraum ja sowieso gezahlte EkSt würde da anteilig angerechnet werden, ebenso fiele ein Großteil der letztendlich gezahlten USt. weg.
Der dann noch anfallende Nachzahlungsbetrag wäre also ausgesprochen überschaubar.

Bei KV und RV sieht es noch deutlich besser für mich aus, da sieht die Regelung vor, daß dem "Angestellten" im Regelfall nur eine Nachzahlung des AN-Anteils der  KV/RV etc. Beiträge für das letzte Halbjahr ab Meldung und ggf. Feststellung der ScheiSe droht...
...und da das alles ja deutlich länger zurückliegt, fiele da für mich NIX an... und selbst wenn sie sich auf "damals" beziehen würden, wäre auch dieser Nachforderungsbeitrag nicht der Rede wert.

Die Versicherungsjahre würden dem Arbeitnehmer (also mir) hingegen voll als solche angerechnet, jedenfalls von den VersicherungsZEITEN her.

Für den Ex-ArbeitGEBER sähe das schon anders aus, der wäre genau wie bei der Steuer für alles was in den letzten 10 Jahren vor der ScheiSe-Meldung/Feststellung an Beiträgen und Steuern anfällt VOLL haftbar, sowohl gegenüber dem Finanzamt als auch gegenüber RV, KV und AV.
Wäre an sich schon übel genug für den AG, doch wenn in einer Firma EIN solcher Fall angetroffen wird, dann schauen die Revision und das FA auch gleich bei allen anderem dort mal "etwas" genauer hin...
...und da kann man einen drauf lassen, daß in DEM Laden etliche teils noch um einiges dickere  "Leichen im Keller" nur darauf warteten, entdeckt zu werden!

Das wäre ja die im Ursprungsbeitrag genannte "Wasserstoffbombe" gewesen, die damals, als er noch existierte und die ScheiSe noch bestand bzw. nicht lange zurücklag, den Laden unmittelbar ins Nirwana befördert hätte, und wie schon geschrieben, war ich damals kurzzeitig nicht mehr allzuweit davon entfernt, den Red Button auch zu drücken.
Habe es damals dann doch nicht getan, weil es letztendlich eben auch "Unschuldige" getroffen hätte
Nur gibt es ebendiesen Arbeitgeber ja sowieso nicht mehr, und auch keinen Rechtsnachfolger, so daß dort auch niemand mehr zu Schaden  kommen könnte...

 

Zitat von TakeTwo am 26. April 2023, 16:06 Uhr

Verjährt das nicht irgendwann?  Bei Steuern ist man doch nach 10 Jahre raus.

yep, steuer- und beitragstechnisch verjährt das, und wie schon beschrieben ist auf AG-seite eh keiner mehr da, von dem was zu holen wäre.

Aber an den darüber festgestellten Pflichtversicherungsjahren ändert das nichts...

Zitat von Romulus am 26. April 2023, 16:18 Uhr

...

Für den Ex-ArbeitGEBER sähe das schon anders aus, der wäre genau wie bei der Steuer für alles was in den letzten 10 Jahren vor der ScheiSe-Meldung/Feststellung an Beiträgen und Steuern anfällt VOLL haftbar, sowohl gegenüber dem Finanzamt als auch gegenüber RV, KV und AV ...

Nur gibt es ebendiesen Arbeitgeber ja sowieso nicht mehr, und auch keinen Rechtsnachfolger, so daß dort auch niemand mehr zu Schaden  kommen könnte...

 

*kurz gegoogelt*

--> kann es sein, dass Du heute etwas Pech beim Denken hast?

(oder ist nicht nur die Firma insolvent, sondern auch jeder der Geschäftsführer bereits verstorben?)

Bei Beitragsrückstand nimmt die Einzugsstelle den Geschäftsführer in zivilrechtliche Haftung, wenn die von ihm vertretene juristische Person - entgegen ihrer Verpflichtung - die Beiträge nicht zahlt. Von dieser Haftung sind insbesondere Geschäftsführer einer GmbH betroffen.

&

Sollte die Scheinselbständigkeit vorsätzlich und somit auch die Sozialversicherungsbeiträge vorsätzlich nicht abgeführt sein, verjährt der Anspruch des Sozialversicherungsträgers gem. § 25 Abs.1 S.2 SGB IV erst nach 30 Jahren. Somit könnte der Auftraggeber rückwirkend bis zu 30 Jahre in Haftung genommen werden.

Naja, zwei der ehemals drei GF sind in den 80ern oder kurz davor, der dritte ist jünger aber schon seit >10 Jahren aus dem Laden raus, ebenso wie der Älteste.

Nur der "Mittlere" hat den Laden bis zum Schluß mit- und  später alleine geführt.

Abgesehen davon, die GmbH selber gibt es ja auch nicht mehr, die Inso ist komplett durch.

Zitat von Romulus am 26. April 2023, 10:07 Uhr

Vor versammelter (bzw. im Laufe des Ganzen sich dort versammelnder) trug ich cheffe in einem mindestens halbstündigen Rant in aller Deutlichkeit, detailliert und ziemlich laut vor, was in seiner Bude so alles (mein O-Ton) "seit Anno Adenauer, wenn nicht schon vorher REICHLICH Staub angesetzt" hatte.

Das ist sehr unangenehm zu lesen - aber nicht die Form von unangenehm à la "Ein Glück steckte ich nicht in der unangenehmen Haut von 'Cheffe'" - sondern unangenehm im Sinne einer überhöten Selbstdarstellung, die nur schwer zu ertragen ist.

Das zeigt mir nicht, dass du ein Macher bist, sondern dass du dich selber nicht unter Kontrolle hast. Der Stundenlohn war schlecht, man hat deine Arbeit nicht wertgeschätzt und du hast schon lange abgesehen, dass das alles den Bach heruntergeht und gehen muss - ja warum hast du denn nichts an deiner Arbeitssituation geändert und den Stecker gezogen (in mehrfacher Bedeutung)?

Zeig dich halt selber an, wenn es nur positive Folgen für dich haben kann. Was genau willst du vom Forum?

Hast Du eine Ahnung wie es in dem Laden zuging, nicht erst aber vor allem seitdem der "Mittlere" da alleine Chef war.

Stell Dir mal eine Realfilm-Version der Meister-Röhrich-Szenen aus den "Werner"-Filmen vor, und das wäre noch reichlich UNTERtrieben...