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Umgang mit dem Risiko einer "Jahrhundertflut"?

Beim Deichbau oder ähnlichem bedenkt man ja üblicherweise ein Jahrhunderthochwasser ...

im historischem Rückblick sehen wir:

Wie geht Ihr mit Szenarien um, dass - beim passiven "marktbreiten" Querbeet-Investment - mal über 15 oder 20 Jahre zumindest keine Kursgewinne zu erzielen sind?

Und/oder gleichzeitig währenddessen der Geldwert dahinschmilzt?!
im worst case in einem Nullzinsszenario - kaum eine Zentralbank will "ihre(n)" Staat(en) in den Staatsbankrott treiben 😉

bei einer 30 Jahre oder länger laufenden "Entnahmephase" ist die Wahrscheinlichkeit, dass - nach knapp 40 Jahren "Schönwettersegeln"! - in diesen 30 + Jahren ein "Jahrhundertsturm" aufzieht ja locker bei 50 % ...

Zitat von exit-tbd am 18. Oktober 2020, 11:31 Uhr
  • Wie geht Ihr mit Szenarien um, dass - beim passiven "marktbreiten" Querbeet-Investment - mal über 15 oder 20 Jahre zumindest keine Kursgewinne zu erzielen sind?

Einfach akzeptieren und sich dann wieder den schönen und wichtigen Dingen des Lebens zuwenden. Was sollte man auch sonst tun? Die einzige Alternative, dieses Risiko zu umgehen ist es, gar nicht erst zu investieren.
Gäbe es beim Investieren solches (systematisches) Risiko nicht, gäbe es auch keine Rendite.

Der Dow Jones ist ein Kursindex, der keine Dividenden enthält. Als realer Investor erhält man aber natürlich auch die Dividenden, die man reinvestieren kann. Mit reinvestierten Dividenden wäre der Index schon Anfang der 40er Jahre wieder auf dem Niveau von vor dem Crash angekommen, also schon nach gut der Hälfte der Zeit.

Und: Dieses Szenario "13 Jahre keine Kursgewinne" wäre für einen realen Investor ja überhaupt nur so eingetreten, wenn dieser ausgerechnet zum Hochpunkt 1929 mit seinem gesamten Vermögen in den Markt eingestiegen wäre. In der Praxis wird das wohl kaum jemanden so passieren. Die meisten von uns investieren ja eher über viele Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg (z.B. mit einem monatlichen Sparplan). Dadurch sinkt auch die Wahrscheinlichkeit faktisch auf null, dass man im Mittel Kaufkurse genau zum Hochpunkt direkt vor einem Crash erwischt.

bei einer 30 Jahre oder länger laufenden "Entnahmephase" ist die Wahrscheinlichkeit, dass - nach knapp 40 Jahren "Schönwettersegeln"! - in diesen 30 + Jahren ein "Jahrhundertsturm" aufzieht ja locker bei 50 % ...

Hier unterliegst du der "Gamblers Fallacy". Nur weil es eine längere Zeit lang gut lief, folgt daraus nicht automatisch, dass die Wahrscheinlichkeit für ein negatives Ereignis oder eine schlechte Phase steigt. Die Warscheinlichkeit ist genauso hoch oder niedrig wie vorher auch.

https://de.wikipedia.org/wiki/Spielerfehlschluss

Solche Phasen sollte jeder in seiner Rechnung haben, wurde darum hier auch schon intensiv diskutiert. Die Gegenmittel des "klassischen Frugalisten" sind weitere Einkünfte innerhalb der FI, die bei Bedarf erhöht werden, und weitere Senkung der Ausgaben. Die Gegenmittel vieler Schreiber hier sind entsprechend hohe Sicherheiten, also Vermögen im 7stelligen Bereich + oft noch hohe Rentenansprüche, dazu ein ausreichend hoher Cashanteil vor allem in den ersten Jahren der Entsparphase. Und manche arbeiten auch trotz FI einfach weiter im bisherigen Beruf.

Zitat von TheWanderer am 18. Oktober 2020, 13:06 Uhr

Solche Phasen sollte jeder in seiner Rechnung haben, wurde darum hier auch schon intensiv diskutiert. Die Gegenmittel des "klassischen Frugalisten" sind weitere Einkünfte innerhalb der FI, die bei Bedarf erhöht werden, und weitere Senkung der Ausgaben. Die Gegenmittel vieler Schreiber hier sind entsprechend hohe Sicherheiten, also Vermögen im 7stelligen Bereich + oft noch hohe Rentenansprüche, dazu ein ausreichend hoher Cashanteil vor allem in den ersten Jahren der Entsparphase. Und manche arbeiten auch trotz FI einfach weiter im bisherigen Beruf.

So ist es. Angenommen, es kommt jetzt nicht zur völligen Kernschmelze des Finanzsystems, aber die Weltwirtschaft benötigt die nächsten 20 Jahre, um sich vom Corona-Schock wieder zu erholen und die Indizies erreichen erst wieder in 30 Jahren - kurz bevor ich in die Kiste steige - die aktuellen Werte, so komme mit diesem Szenario ohne Einschränkungen meines Lebensstandards klar.

Zitat von exit-tbd am 18. Oktober 2020, 11:31 Uhr

bei einer 30 Jahre oder länger laufenden "Entnahmephase" ist die Wahrscheinlichkeit, dass - nach knapp 40 Jahren "Schönwettersegeln"! - in diesen 30 + Jahren ein "Jahrhundertsturm" aufzieht ja locker bei 50 % ...

Ich weiß ja nicht, ob du die letzten 20 Jahre als Schönwettersegeln bezeichnest?

  • 2000/2001 waren schon sehr heftige Kurseinbrüche. Es ging ewig und endlos nach unten
  • 2007/2008 fehlte nicht mehr viel, und das ganze Finanzsystem wäre endgültig in die Luft geflogen
  • der DAX Performance Index stand erst 2013/14 wieder da, wo er schon ca. 14 Jahre vorher gestanden hatte
  • und der Corona Einbruch im Frühjahr war auch ziemlich heftig, der schnellste Einbruch aller Zeiten Auch wenn es evtl. gut ausgegangen ist

Also die letzten 20 Jahre waren schon recht heftig, was Turbulenzen und Krisen anging. Da gab es für einen Investor genug Gelegenheiten, sein Geld zu versenken.

Zitat von Privatier am 18. Oktober 2020, 15:43 Uhr

Ich weiß ja nicht, ob du die letzten 20 Jahre als Schönwettersegeln bezeichnest?

  • 2000/2001 waren schon sehr heftige Kurseinbrüche. Es ging ewig und endlos nach unten
  • 2007/2008 fehlte nicht mehr viel, und das ganze Finanzsystem wäre endgültig in die Luft geflogen
  • der DAX Performance Index stand erst 2013/14 wieder da, wo er schon ca. 14 Jahre vorher gestanden hatte
  • und der Corona Einbruch im Frühjahr war auch ziemlich heftig, der schnellste Einbruch aller Zeiten Auch wenn es evtl. gut ausgegangen ist

...

effektiv bzw. retrospektiv: ja

2000 ist im Grunde "nur" die new economy-Blase geplatzt - andere Märkte haben sich schneller wieder erholt
(siehe z.B. Langfristchart des MDAX, der 2004/´05 schon wieder neue Höchststände erreicht hat)

2008 hatte ich auch schon ein ungutes Gefühl ...

allerdings hat +/- 2000 und 2008 - wie auch schon nach dem schwarzen Oktober 1987 --> "Dow Jones fiel innerhalb eines Tages um 22,6 % (508 Punkte); dies ist bis heute der größte prozentuale Rückgang innerhalb eines Tages in dessen Geschichte. Bis Ende Oktober fielen die Börsenkurse in Australien um 41,8 %, in Kanada um 22,5 %, in Hongkong um 45,8 % und in Großbritannien um 26,4 %." (vergleichbar diesem Frühling, nur aus heiterem Himmel ohne Corona) - die Liquiditätspolitik der Zentralbanken gegriffen

die entscheidende Frage ist also:
wann haben EZB und FED - mit ihren immer mehr und mehr aufgedunsenen Bilanzen - ihr Pulver soweit verschossen, dass diese einen erneuten Crash nicht mehr in den Griff bekommen?!

"Schönwettersegeln" beinhaltet für mich schon mal eine etwas heftigere Welle/Turbulenz, die man aber mit einer "vernünftigen" Diversifikation und ein wenig Liquidität einfach aussitzen kann

richtig ungemütlich wird es aber dann, wenn es weder hilft, auf 3 oder 5 verschiedene Pferde (Märkte) gesetzt zu haben noch die Erholung rechtzeitig kommt, um eine Tiefkursphase aus der für 3 oder 4 Jahre vorgehaltenen Cashreserve zu überbrücken 😕
also z.B. ein 1930er Jahre-Szenario ...
(oder ein 1870er bis '90er Jahre UK-Szenario - die Rolle, die damals D und den USA zufiel könnte ja dieses mal von China übernommen werden)

Ich halte immer ein paar Cash Reserven dass ich bei einem 90% Crash den es ja durchaus geben kann nachkaufen kann, dazu noch ein bisschen Gold um dann nicht komplett Pleite zu sein ansonsten kann man nichts machen ausser hoffen dass sowas nicht passiert.

Zitat von Oliver am 18. Oktober 2020, 13:03 Uhr

Hier unterliegst du der "Gamblers Fallacy". Nur weil es eine längere Zeit lang gut lief, folgt daraus nicht automatisch, dass die Wahrscheinlichkeit für ein negatives Ereignis oder eine schlechte Phase steigt. Die Warscheinlichkeit ist genauso hoch oder niedrig wie vorher auch.

https://de.wikipedia.org/wiki/Spielerfehlschluss

Der TE betrachtet lange Zeiträume, die GF bzw die fehlerhafte Betrachtung daraus bezieht sich aber auf eine (zu) geringe Anzahl von rein zufälligen Ereignissen.

Das ist auf Aktienmärkte in mehrfacher Hinsicht nicht anwendbar.

Zitat von Oliver am 18. Oktober 2020, 13:03 Uhr

Und: Dieses Szenario "13 Jahre keine Kursgewinne" wäre für einen realen Investor ja überhaupt nur so eingetreten, wenn dieser ausgerechnet zum Hochpunkt 1929 mit seinem gesamten Vermögen in den Markt eingestiegen wäre. In der Praxis wird das wohl kaum jemanden so passieren. ...

dem steht das hier
https://frugalisten.de/das-sequence-of-returns-risiko-entnahmestrategien-teil-2/
dargelegte "Sequence-of-Returns-Risiko" entgegen:

"Die ersten Jahre nach Beginn der Entnahmephase sind extrem entscheidend. ...: Über 50 % des Portfolio-Erfolgs hängen allein von den ersten fünf Jahren nach Renteneintritt ab."

 

Zitat von Oliver am 18. Oktober 2020, 13:03 Uhr

Hier unterliegst du der "Gamblers Fallacy". Nur weil es eine längere Zeit lang gut lief, folgt daraus nicht automatisch, dass die Wahrscheinlichkeit für ein negatives Ereignis oder eine schlechte Phase steigt. Die Warscheinlichkeit ist genauso hoch oder niedrig wie vorher auch.

https://de.wikipedia.org/wiki/Spielerfehlschluss

wenn an der Börse immer nur Münzen geworfen würden: ja

dem steht die Idee/Theorie der Langen Wellen entgegen - und dass die "long depression" (der 1870er bis ´90er Jahre) und die Great Depression/Weltwirtschaftskrise (nach dem 1929er Börsencrash) jeweils wohl von einem solchen langfristigen Abschwung getrieben wurden

Durch diese Brille betrachtet, ist die 2007 ausgebrochene Wirtschaftskrise nichts anderes als ein typischer Abschwung nach dem Ende einer langen Innovationswelle, die durch Computer und Internet getrieben wurde.

Durch massive Zentralbank-Interventionen (vulgo: Gelddrucken, etwas eleganter: "quantitative easing") wurde der Abschwung 2009 ff. zunächst mal abgewendet ... gewisse grundlegende Verwerfungen (z.B. in Relation zur Wirtschaftsleistung ausufernde Gesamtverschuldungen) wurden aber nicht gelöst ...

"Die globale Gesamtverschuldung ... entspricht 322 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung – ... das ist ein Höchstwert."

--> das Risiko eines Rückschlags ist doch um so größer, je weiter sich das Finanzsystem von der "Gleichgewichtslage" bzw. den Relationen in "normalen" Zeiten entfernt!

 

klar ... ob Covid einen solchen Reset JETZT auslöst ... oder ob das Spiel noch eine Runde weitergeht und der große Crash (mit nachfolgender Insolvenzenwelle und 15-jähriger Baisse) erst 2029 kommt ... das traue ich mir nicht zu vorauszusagen ...

 

PS:
und riesige Wellen in schwerer See können für ein kleines (passiv dahintreibendes) Boot tödlich sein, für einen geübten Surfer hingegen der Höhepunkt des Jahres und ein (im positiven Sinn) unvergessliches Erlebnis werden!

Interessanter Thread!

Auf Youtube hat gerade Erichson das "sicherste Depot aller Zeiten" vorgestellt:

  • 25% AAA Staatsaneihen
  • 25% Aktien weltweit diversifiziert
  • 25% Gold
  • 25% Liquidität

Preis für diese Sicherheit ist natürlich eine magere Rendite oder gar eine reale Negativrendite.

Wo Erichsen Recht hat: Wer das Risiko nicht will, muss es reduzieren. Das geht indem man den volatilen Anteil wie z.B. Aktien reduziert. Man muss dann aber auch damit leben können wenn man die nächsten 10 oder 20 Jahre auf einen Systemcrash wartet, der nicht kommt und die anderen Anleger gute Renditen machen.

Es gibt nicht das sicherste Depot aller Zeiten. Die Leute im Internet wollen immer einfache Lösungen präsentieren, die es so aber nicht gibt.

Es hängt immer von den aktuellen Umständen ab und wo man lebt.

2008/2009 hatte ich zB meine Liquidität praktisch auf null gefahren. Ob man aktuell 25% in Staatsanleihen als Privatinvestor halten sollte, ist auch fraglich.

Die Volatilität bei die Aktien ist ja auch kein Risiko. Dann schwanken die eben. Na und? Bei Cash habe ich eine sichere Linie und die geht nach unten. Das Risiko ist praktisch schlagend geworden.

Zitat von Andreas900 am 19. Oktober 2020, 15:47 Uhr

... das "sicherste Depot aller Zeiten" ...:

  • 25% AAA Staatsaneihen
  • ...
  • 25% Liquidität

...

das sind wohl 50 % in ein oder zwei Großwährungen (EUR, und evtl. USD)?

wenn ich mir die Entwicklung der EZB- und FED-Bilanzen anschaue ein ziemliches Klumpenrisiko - das (egal ob Cash oder Triple-A) derzeit mit Null Zinsen "versüsst" wird!

Zitat von exit-tbd am 19. Oktober 2020, 13:36 Uhr

und riesige Wellen in schwerer See können für ein kleines (passiv dahintreibendes) Boot tödlich sein, für einen geübten Surfer hingegen der Höhepunkt des Jahres und ein (im positiven Sinn) unvergessliches Erlebnis werden!

Die riesigen Wellen eines Tsunamis irgendwo vor der US-Küste verursachen an meiner weltweit schwimmenden Flotte keinen tödlichen Schaden.

 

Zitat von exit-tbd am 19. Oktober 2020, 16:41 Uhr
Zitat von Andreas900 am 19. Oktober 2020, 15:47 Uhr

... das "sicherste Depot aller Zeiten" ...:

  • 25% AAA Staatsaneihen
  • ...
  • 25% Liquidität

...

das sind wohl 50 % in ein oder zwei Großwährungen (EUR, und evtl. USD)?

wenn ich mir die Entwicklung der EZB- und FED-Bilanzen anschaue ein ziemliches Klumpenrisiko - das (egal ob Cash oder Triple-A) derzeit mit Null Zinsen "versüsst" wird!

Kommt drauf an, was für dich Sicherheit bedeutet. Nominell ist Bargeld sicher. Die Frage ist eben nur wie viel es morgen real wert ist.

Übrigens ein sehr interessanter Fakt: Die Jahrhundertfluten der Vergangenheit waren i.d.R. geprägt von privaten Schulden und einer vorausgegangenen Ralley an den Märkten. Die Schulden liegen heute bei den Staaten und eine Begeisterung für Aktienmärkte gab es auch nicht.

Ich warte bis mir meine Mutter oder die Verkäuferin im Supermarkt Aktien empfiehlt. DANN steige ich vielleicht aus 😉

Zitat von Andreas900 am 21. Oktober 2020, 12:21 Uhr

 

Übrigens ein sehr interessanter Fakt: Die Jahrhundertfluten der Vergangenheit waren i.d.R. geprägt von privaten Schulden und ... Die Schulden liegen heute bei den Staaten und ...

nicht unbedingt:
der (deutschen) Inflation/Geldflut in den frühen 1920er Jahren - mit einem Volk von Billiardären in 1923 - war die staatliche Verschuldung zur Finanzierung des 1. WK vorangegangen ...

außerdem sind Staaten viel unangenehmere Schuldner:
wie sollen die Gläubiger - am Ende der Nahrungskette also die Lebensversicherungs-/Pensionsfondskunden, die als Babyboomer alle auf einmal ihre Guthaben ausgezahlt bekommen wollen - die Staaten zwingen, NETTO etwas zurückzubezahlen?
(ohne dass die zurückgezahlten Beträge inflationstreibend frisch aus der virtuellen Druckerpresse kommen!)

private Schuldner wollen den Makel eines Bankrott zumeist vermeiden ... und können die Spielregeln nicht nach Lust und Laune selber ändern ...

PS:
"Sicherheit" bedeutet für mich den Erhalt der realen Kaufkraft (bei "Geld"/Forderungen jeglicher Art), bzw. bei einer Unternehmensbeteiligung Ertragskraft (also dass die cash cow/Dividendenkuh weiterhin Milch gibt)