Forum-Breadcrumbs - Du bist hier:ForumOff TopicStaatshilfen und CORONA
Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Staatshilfen und CORONA

VorherigeSeite 2 von 2

sollte natürlich heißen: da ich ein Kind habe (7 Jahre)...

Pauschal gelten meine Beobachtungen natürlich auch nicht. Aber es ist schon auffällig. Als ich Anfang 20 war, kannte ich jedenfalls niemand, der Beamter werden wollte. Ganz bestimmt nicht. Das war damals die Höchststrafe.

Zitat von Michael321 am 18. Mai 2020, 12:57 Uhr

Ich sehe das ein wenig mehr aus der Gesamtperspektive - die Wirtschaft wandelt sich, und ein Teil der aktuell extrem hohen Zahl an Kurzarbeitern ist ein "Festhalten" an alten Verhältnissen, die nicht zurückkommen werden - das kann am Ende auch schaden.

Hängt wieder von der Branche und spezieller Situation ab. Wer grundsätzlich in einem Bereich unterwegs ist, wo Fachkräftemangel herrscht, aber mit einer Erholung zu rechnen ist, der wird mit allen Mitteln versuchen, die Leute zu halten, weil man die im Aufschwung sonst nicht wiedersieht. Wer obendrein das Kapital hat, in der jetzigen Situation Leute einzustellen und zu schulen, die man aktuell vielleicht gar nicht braucht, ist dann im Aufschwung doppelt im Vorteil. Das sind aber absolute Ausnahmen.

Zitat von Michael321 am 18. Mai 2020, 12:57 Uhr

lieber jetzt entlassen, als ein halbes Jahr (o.ä.) in Kurzarbeit mitziehen, wenn unabhängig von Dauer der Krise alte Umsatzerwartungen sowieso hinfällig sind. Da würde ich einem Unternehmer eher zum Handeln als Abwarten raten,

Ja, ich höre da raus, dass Du noch nie Unternehmer mit Personalverantwortung warst.

a) Woher weiß man denn heute schon sicher, dass unabhängig von der Dauer der Krise das Personal nicht mehr gebraucht wird? Da hast Du eine bessere Glaskugel als die Unternehmer.

b) Wenn Du Dir drüber klar wärst, dass so ein neuer Mitarbeiter locker ein Jahresgehalt erstmal kostet (Stellenanzeigen, Auswahlverfahren, Einlernen, evtl. doch nicht den richtigen gefunden, alles nochmal von vorne), bis er so eingearbeitet ist wie ein altgedienter, dann hättest Du vielleicht mehr Verständnis für die abwartende Haltung der Unternehmer. Jetzt entlassen und dann in fünf Monaten feststellen, dass das zu voreilig war - keine gute Idee für Unternehmer, Mitarbeiter UND Staat. Der Staat hat das auch verstanden und genau deshalb das Modell Kurzarbeit eingeführt.

c) Schön, dass Du nicht an Deinen virtuellen Mitarbeitern hängst und es Dir keine Schlaflosigkeit bereitet, sie in einer Krise (von noch nicht bekannter Dauer) erstmal rauszuschmeißen, um Kurzarbeitergeld einzusparen. Als Abschiedswort gibst Du ihnen dann noch mit, dass sie es "aus der Gesamtperspektive" sehen sollen. Es sind Menschen, von denen wir reden. Hinter jedem steckt ein einzelnes Schicksal und meist auch noch eine Familie.

Staatshilfen sind OK, für Unternehmer und Sebständige, die sie wirklich brauchen. Denn diese Krise war unmöglich vorhersehbar und konnte demnach auch von den Unternehmen nicht einkalkuliert werden. Für so etwas kann man keine Rücklagen schaffen. Allerdings ist es absolut inakzeptabel, wenn Unternehmen Staatshilfen kassieren und gleichzeitig Boni und Dividenden zahlen. Ein solches Verhalten ist asozial. Staatshilfen sollten an entsprechende Bedingungen geknüpft werden. Ebenfalls fragwürdig ist es, wenn große Konzerne Jahr für Jahr Rekordgewinne einfahren, gleichzeitig Briefkastenfirmen in Steueroasen unterhalten und nun beim Staat um Hilfe betteln (ich nenne jetzt keinen Namen). Steuergelder kassieren und Steuern über Jahre vermeiden, ist dreist und asozial. Die sollten erst einmal ein tragfähiges Konzept vorlegen, ehe der Staat hilft. Wenn jemand Hartz IV beantragt muss er ja auch die Hosen runter lassen und kann nicht erwarten Geld vom Staat zu kassieren, während er Millionen Euro irgendwo bunkert. Warum sollte das für Unternehmen anders sein? Das Totschlagargument "Arbeitsplätze" zählt nicht, die werden immer wegrationalisiert, wenn sich dadurch die Effizient (resp. Gewinn) steigern lässt.

Zitat von Christine am 18. Mai 2020, 16:59 Uhr
Zitat von Michael321 am 18. Mai 2020, 12:57 Uhr

lieber jetzt entlassen, als ein halbes Jahr (o.ä.) in Kurzarbeit mitziehen, wenn unabhängig von Dauer der Krise alte Umsatzerwartungen sowieso hinfällig sind. Da würde ich einem Unternehmer eher zum Handeln als Abwarten raten,

Ja, ich höre da raus, dass Du noch nie Unternehmer mit Personalverantwortung warst.

a) Woher weiß man denn heute schon sicher, dass unabhängig von der Dauer der Krise das Personal nicht mehr gebraucht wird? Da hast Du eine bessere Glaskugel als die Unternehmer.

b) Wenn Du Dir drüber klar wärst, dass so ein neuer Mitarbeiter locker ein Jahresgehalt erstmal kostet (Stellenanzeigen, Auswahlverfahren, Einlernen, evtl. doch nicht den richtigen gefunden, alles nochmal von vorne), bis er so eingearbeitet ist wie ein altgedienter, dann hättest Du vielleicht mehr Verständnis für die abwartende Haltung der Unternehmer. Jetzt entlassen und dann in fünf Monaten feststellen, dass das zu voreilig war - keine gute Idee für Unternehmer, Mitarbeiter UND Staat. Der Staat hat das auch verstanden und genau deshalb das Modell Kurzarbeit eingeführt.

c) Schön, dass Du nicht an Deinen virtuellen Mitarbeitern hängst und es Dir keine Schlaflosigkeit bereitet, sie in einer Krise (von noch nicht bekannter Dauer) erstmal rauszuschmeißen, um Kurzarbeitergeld einzusparen. Als Abschiedswort gibst Du ihnen dann noch mit, dass sie es "aus der Gesamtperspektive" sehen sollen. Es sind Menschen, von denen wir reden. Hinter jedem steckt ein einzelnes Schicksal und meist auch noch eine Familie.

Deine erste Feststellung ist korrekt.

zu a)

Ich möchte klarstellen, dass niemand sicher die Zukunft voraussagen kann. Falls mein vorheriges Posting diesen Eindruck erweckt hat, habe ich ihn ggf. nicht gut genug formuliert. Unternehmer wissen aber, dass es keine "sicheren" Aussagen für die Zukunft gibt, egal in welcher Art und Weise. Ein Unternehmer entscheidet/wägt immer nach Wahrscheinlichkeiten/Risikoeinschätzungen ab.

zu b)

Das trifft nicht grundsätzlich auf jeden Angestellten zu, es gibt eine ganze Menge Angestellter, die lassen sich auch schneller und einfacher "ersetzen" (so böse dies jetzt auch klingen mag). Letztendlich gehört das aber eigentlich zu a) (Wahrscheinlichkeit/Risikoeinschätzung des Unternehmers).

Ich habe im übrigen durchaus Verständnis für die abwartende Haltung der Unternehmer und kann diese auch grösstenteils nachvollziehen, meine Kritik galt gar nicht den Unternehmern, sondern dem Staat ? Denn der beeinflusst das Unternehmerverhalten mit den vielen Hilfspaketen & Kurzarbeitergeld enorm, dies ist an vielen Stellen auch durchaus sinnvoll, aber an einigen eben meines Erachtens nach auch nicht, da sehe ich nur zeitverschobene Entlassungen.

c)

Da hast du vollkommen recht. Wir könnten jetzt darüber diskutieren, ob es für jeden betroffenene Angestellten Sinn macht, ihn grundsätzlich erstmal zu halten und ihm damit Hoffnung für die Zukunft zu vermitteln, auch denjenigen, die zu >90% eine Kündigung erhalten sobald der Staat seine Hilfen stoppt/zurückfährt ? Oder ob es nun gerecht ist, dass der Staat mit seinen Hilfen auch Arbeitsplätze erstmal erhält, die wahrscheinlich in naher Zukunft eh gestrichen werden, und Staat heisst alle bezahlen dafür?

Dein Abschlussatz ist sehr sozial, es ehrt dich so zu denken, und ich sage dir ehrlich: würden alle so denken und handeln, wäre vieles besser und einfacher. Doch die Realität in der Wirtschaft ist meines Erachtens nach eher das Gegenteil, und zwar teilweise extrem/krass im Gegenteil, was man auch jede Woche wieder in den Nachrichten lesen oder in irgendeiner TV-Reportage "xyz deckt zum 100. Mal die schlimmen Zustände in abc auf" sehen kann.

Unternehmer, die sich auch sozialen und moralischen Standards verpflichtet fühlen und entsprechend handeln, haben meinen höchsten Respekt. Ich finde es auch nicht grundsätzlich falsch, so zu handeln, ganz im Gegenteil. Aus wirtschaftlicher Sicht hat man damit in der Regel einen Wettbewerbsnachteil, weil sich viele andere nicht an sowas gebunden fühlen. Dennoch darf auch in der Krise nicht gelten, dass der Staat den Status quo mit erheblichen Mitteln von allen weiterfinanziert.

Jede Krise hat ihre Verlierer und Gewinner, schon jede politische Entscheidung hat welche, viele unternehmerischen Entscheidungen ebenfalls, und Corona wird langfristig gesehen da nunmal keine Ausnahme bilden.

Vielleicht mag ich etwas kaltherzig rüberkommen mit solchen Aussagen, das bin ich nicht, nur muss jedem Angestellten nunmal auch klar sein, dass ein Arbeitsvertrag kein Ehevertrag ist und es kein Recht auf Jahrzehnte im gleichen Job in der gleichen Firma gibt. Wer in Deutschland arbeitslos wird, ist nicht automatisch notleidend, es gibt mehrere soziale Sicherungssysteme. Ein Unternehmer hat natürlich eine Verantwortung für seine Mitarbeiter, aber die liegt nicht darin, ein dauerhaft sorgenfreies Leben zu gewähren. Das ist weder Sinn noch Zweck eines Arbeitsvertrags. Faire Unternehmer, die sich ihrer Verantwortung bewusst sind, behandeln und bezahlen ihre Mitarbeiter fair. Aber wenn eine fortwährende zukünftige Zusammenarbeit nunmal höchst unwahrscheinlich ist, darf ein Unternehmer auch ohne schlechtes Gewissen kündigen - das gehört zum Risiko eines jeden Lebens, auch wenn das Angestellte sehr gerne ausblenden. Das halte ich für fairer für beide Seiten, als das auf Staatskosten mit Coronahilfen in die Zukunft zu verschieben.

Und wie gesagt, das ganze betrifft ja nur einen Teil. Bitte meine Aussagen nicht auf alle Kurzarbeiter generell verallgemeinern. Das kaum noch unterschieden wird und seitens Staat auch nicht soviel vernünftig gelenkt wird,  kritisiere ich hauptsächlich.

Zitat von Michael321 am 19. Mai 2020, 0:02 Uhr

Ich habe im übrigen durchaus Verständnis für die abwartende Haltung der Unternehmer und kann diese auch grösstenteils nachvollziehen, meine Kritik galt gar nicht den Unternehmern, sondern dem Staat ? Denn der beeinflusst das Unternehmerverhalten mit den vielen Hilfspaketen & Kurzarbeitergeld enorm, dies ist an vielen Stellen auch durchaus sinnvoll, aber an einigen eben meines Erachtens nach auch nicht, da sehe ich nur zeitverschobene Entlassungen.

Okay, dann hatten wir uns missverstanden. Das kann ich so unterschreiben.

Dein Abschlussatz ist sehr sozial, es ehrt dich so zu denken, und ich sage dir ehrlich: würden alle so denken und handeln, wäre vieles besser und einfacher. Doch die Realität in der Wirtschaft ist meines Erachtens nach eher das Gegenteil, und zwar teilweise extrem/krass im Gegenteil, was man auch jede Woche wieder in den Nachrichten lesen oder in irgendeiner TV-Reportage "xyz deckt zum 100. Mal die schlimmen Zustände in abc auf" sehen kann.

Unternehmer, die sich auch sozialen und moralischen Standards verpflichtet fühlen und entsprechend handeln, haben meinen höchsten Respekt. Ich finde es auch nicht grundsätzlich falsch, so zu handeln, ganz im Gegenteil. Aus wirtschaftlicher Sicht hat man damit in der Regel einen Wettbewerbsnachteil, weil sich viele andere nicht an sowas gebunden fühlen. Dennoch darf auch in der Krise nicht gelten, dass der Staat den Status quo mit erheblichen Mitteln von allen weiterfinanziert.

Ja, das liegt vermutlich daran, dass ich bei meiner Argumentation die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Sinn hatte, wo der Unternehmer seine Mitarbeiter einzeln kennt und die Verantwortung für sie übernimmt.

Die schlimmen Meldungen und die asozial hohen Manager-Abfindungen/-Boni kommen meist aus den börsennotierten (sic!) Großunternehmen. Insofern ist es wirklich schade, dass wir via Aktien nur in eine Teilmenge an Unternehmen investieren können. Der große Rest der nicht-börsennotierten Firmen, der durchaus interessant für mich als Investment wäre, bleibt da außen vor.

 

Zum Thema:

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/staatshilfe-milliarden-fuer-die-falschen

Zitat von Privatier am 20. Mai 2020, 9:26 Uhr

Zum Thema:

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/staatshilfe-milliarden-fuer-die-falschen

Sehr guter Artikel! Wir hatten bereits vor der Corona-Krise das Problem der "Zombifizierung" durch die dauerhafte Nullzins-Politik. Jetzt wird das ganze wohl nochmal verschärft.

"Geldregen für Zombie-Firmen?

Der Grund für die zweifelhaften Geldgeschenke liegt auf der Hand. Das oberste Ziel in der Krise lautet, Jobs zu schützen. Aber um welchen Preis? Die Regeln der Marktwirtschaft außer Kraft zu setzen, ist auf Dauer keine gute Idee. Wenn der Staat zu viele Firmen über Wasser hält, die eigentlich kaum noch Überlebenschancen haben, droht langfristig die Zombifizierung der Wirtschaft: scheintote Firmen am Tropf des Steuerzahlers nehmen gesunden Unternehmen Umsatz, Mitarbeiter und Kredite weg, verzerren den Wettbewerb und schwächen so die Wirtschaft insgesamt."

VorherigeSeite 2 von 2