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Mit ETF-Sparplan starten trotz Hausfinanzierung bei sicherem Job? (Lebenszeitverbeamtung)

Hi zusammen,

falls ich einen relevanten Thread in der Suche übersehen habe, bitte einfach einen kurzen Hinweis geben, dann kann meine Anfrage ignoriert werden. Ansonsten bin ich etwas verwirrt und würde mich über eure fundierte Meinung freuen.

Es geht um die Frage, ob das Investieren in ETFs (mit Sparplan) sinnvoll ist, solange man noch ein Haus abbezahlt?

Habe gerade das erste Mal auf die Empfehlung im Blog hier den "Kommer" gelesen und der vertritt klar die Meinung - erst Schulden tilgen weil "garantierte Rendite", dann sparen. Ich würde aber tatsächlich gerne früher mit dem Investieren anfangen.

Unsere Situation:

Zwei Beamte (lebenszeitverbeamtet, wenn wir nichts klauen, werden wir de facto unsere Jobs nicht verlieren, ich denke mehr Sicherheit geht im Moment nicht), darüber hinaus haben wir beide eine BU-Versicherung, die Gehaltsausfälle ausreichend abdecken würde.

Unser Haus wäre bei unserer momentanen recht hohen Tilgungsrate in ca. 15 Jahren abgezahlt (ohne Sondertilgungen), dann sind wir 50 und 55 - ich finde etwas spät, um dann noch mit ETFs anzufangen, weil dann bereits so viel Zeit fehlt, die noch für den Vermögensaufbau vorhanden gewesen wäre. Der Zinssatz unseres Immobilienkredits beträgt 1,6%, die Zinsbindung läuft noch 7 Jahre. Keiner weiß, wie dann die Bauzinsen aussehen, aber ich gehe im Moment nicht davon aus, dass sie durch die Decke gehen. Die "erwartete Rendite" selbst bei konservativer Kalkulation mit einem passiven Investmentansatz scheint mir vermutlich deutlich über 1,6% zu liegen.

Das einzige Argument, was ich bisher immer für den Ansatz "erst Haus abzahlen" gefunden habe, war das Risiko-Faktum "Job verlieren", was auf uns de facto aber nicht zutrifft (es sei denn, es werden ganz grundlegende Dinge in dem Konstrukt des Berufsbeamtentums vorgenommen).

Was meint ihr?

 

Danke für eure Meinung!

Anni

Hallo Anni

Um eine fundierte Empfehlung zu geben fehlen ein paar Eckdaten wie:

* Wie hoch ist die derzeitige Tilgung?

* Wie hoch ist die Sparrate ex. Tilgung?

* Wie ist die Familienplanung-stand? Fällt künftig ein Teil- (Einkommen) weg?

* Wie ist eure heutige Planung/Wunschvorstellung eures weiteren Berufslebens/-ende?

Ich habe als weitestgehend Alleinverdiener neben Tilgung in ETFs gespart und was am Ende des Jahres übrig war sondergetilgt.

2 BUs für einen Beamtenhaushalt finde ich sehr ängstlich. Das Geld hätte ich lieber in ETFs gesteckt. Hatte noch nie eine BU

Hallo @anni,

ich hatte eine ähnliche Frage hier gestellt: https://frugalisten.de/forum/topic/wertpapierinvest-mit-immobilienkredit-hebeln-steuerliche-aspekte/

Wie du siehst, hatte ich die finanzielle Situation relativ detailliert dargestellt und entsprechend gute Antworten bekommen. Würde ich dir auch empfehlen. Wenn ihr langsamer tilgt, verschiebt sich die Abzahlung bis kurz vor euren Ruhestand (darüber hinaus plant ihr ja hoffentlich nicht?). An wieviel hattest du denn gedacht?

Die Tilgung eures Kredits entspricht rechnerisch risikolosem Festgeld mit 1,6% Zinsen und Restlaufzeit des Kredits. Also Konditionen, die aktuell keine Bank anbietet. Es kann mit etwas Pech passieren, dass ein Depot das auch über 10-15 Jahre lang nicht schafft. Mir persönlich wären 1,6% zuviel. Aber das ist meine subjektive Sicht, die Meinungen gehen hier auseinander. Mit eurem Beruf + BU habt ihr zumindest schonmal gute Voraussetzungen.

Ihr könntet im ersten Schritt ja ein Depot mit ETF eröffnen und einen niedrigen Sparplan anlegen, ohne die Tilgung gleich zu senken. Dann habt ihr nach ein paar Monaten ein besseres Gefühl, wie sich das "anfühlt". Wollt ihr denn im Ruhestand direkt vom ETF zehren? Falls ihr ihn gar nicht braucht (sondern z.B. den Kindern für ihr Haus schenken oder vererben wollt), dann kann ein ETF-Depot auch mit > 60 noch Sinn machen. Als Faustregel dann, wenn man das Geld mehr als 10 Jahre lang nicht benötigt.

Hi,

@theWanderer

Ich habe mich vermutlich missverständlich ausgedrückt - wir würden die Tilgung für den aktuellen Hauskredit nicht senken, der wird weiterhin ganz normal bedient und ist in 15 Jahren abbezahlt. Die Frage war mehr, ob man das übrige Geld für Sonderzahlungen investieren sollte oder in einen Sparplan. Da die Tilgungsrate recht hoch ist (ca. 7%), ist unsere Sparquote allerdings relativ niedrig. Ohne viele Zusatzausgaben ca. 10-20%, allerdings haben wir 4 Kinder sodass hier und da immer mal wieder Sonderkosten anfallen können. Ein Sparplan mit nicht zu hoher Einzahlungsrate schien daher eher zu stemmen, als Sonderzahlungen, die vielleicht nicht großartig ins Gewicht fallen.

@MuslimeFrugi

Warum sollen zwei BU bei Beamten keinen Sinn machen? Du bekommst doch trotzdem nur eine Ruhestandspension mit erheblichen Abschlägen, wenn du gesundheitsbedingt früher gehen musst, der Ausfall des Humankapitals wäre dann erheblich. Und da du nie weißt, wen es treffen könnte (und wir 4 Kinder haben), haben wir es vorgezogen, die BUs nicht zu kündigen (abgeschlossen hatten wir sie unabhängig voneinander zu einem früheren Zeitpunkt).

 

Ich werde mir den anderen Artikel mal in Ruhe durchlesen, vielen Dank dafür.

Hi Anni

mit Versicherungen ist es so eine Philosophie.

Ich habe schnell (in 8 Jahren) das Haus getilgt mit täglich urbi et orbi. Die Wette habe ich gewonnen.

Das ist mir Absicherung genug.

Habe allerdings auch nur eine Privat HP, KFZ HP und Elementargebäude. Thats it!

Ein Versicherungsvertreter wollte mir mal eine verkaufen mit dem Argument das jeder 4. BU wird. Ich erwiderte ihm dann dass ich mehr als 4 Menschen kenne, aber nur 2 die BU sind.

Übrigens 2 Beamte. Beide in unteren Besoldungsstufen (mittlerer Dienst). Der eine vor über 25 Jahren bei der Post vom Postpsychologen mit 30 für arbeitsunfähig erklärt, der andere hat in der JVA als Vollzugsbeamter von einem Gefangenen eine aufs Maul geschlagen bekommen. Er ist mit 44 auch aufgrund der "psychischen Folgen" berufsunfähig. Nach seinen Aussagen nach bekommt er knapp 2k. Er arbeitet nun noch in einem Nebenjob.

Zitat von Anni am 26. August 2020, 13:55 Uhr

Warum sollen zwei BU bei Beamten keinen Sinn machen? Du bekommst doch trotzdem nur eine Ruhestandspension mit erheblichen Abschlägen, wenn du gesundheitsbedingt früher gehen musst, der Ausfall des Humankapitals wäre dann erheblich. Und da du nie weißt, wen es treffen könnte (und wir 4 Kinder haben), haben wir es vorgezogen, die BUs nicht zu kündigen (abgeschlossen hatten wir sie unabhängig voneinander zu einem früheren Zeitpunkt).

Lasst Euch nicht von Leuten verunsichern, die sich ohne Sicherheitsnetz wohlfühlen. Viele Beamte haben nach meiner persönlichen Erfahrung ein höheres Sicherheitsbedürfnis. Das ist in Ordnung. Wenn Ihr irgendwann soweit seid, dass Ihr auf die BU-Rente nicht mehr angewiesen wärt, könnt Ihr immer noch überlegen, ob Ihr einen oder beide Verträge kündigt. Man kann übrigens auch schlicht die Höhe der BU-Rente kürzen.

Ich würde die Sondertilgungen erstmal nicht mehr wahrnehmen und dieses Geld stattdessen in anlegen. Wieviel davon als Sicherheitspolster (Instandhaltung, Kinder, ...) und wieviel davon in Aktien-ETF, das müsst Ihr für Euch selbst festlegen.

Mein Gedanke dabei: Die stärker schwankenden Aktienanteile jetzt erwerben, wenn noch genügend Zeit zum Aussitzen von Baissen da ist. Zudem Diversifizierung weg vom Eurem Klumpenrisiko Haus. In 15 Jahren abbezahlt ist ein überschaubarer Zeitpunkt. Da Ihr nicht den Fehler gemacht habt, eine niedrige anfängliche Tilgung bei gleichzeitig niedrigem Zinssatz zu wählen, wird auch am Ende der Zinsbindung nicht mehr so viel Restdarlehen übrig sein. Je nach Alter Eurer Kinder braucht Ihr das Haus dann in einigen Jahren womöglich nicht mehr, sondern könntet es verkaufen und Euch eine kleinere Wohnung suchen. So wird dann auch wieder Kapital frei. Aber das kann niemand von uns beurteilen, das ist Eure Lebensplanung.

 

@muslime_frugi

danke für deine Antwort. Ich denke tatsächlich jeder muss sein Sicherheitsbedürfnis selbst einschätzen. ich gebe Christine recht, dass Beamte möglicherweise hier ein höheres Grundbedürfnis nach Sicherheit haben (oder diese zumindest nach einigen Berufsjahren immer mehr zu schätzen wissen..) allerdings spielen meine vier Kinder (aktuell zwischen 0 und 10 Jahren) eine wesentlichere Rolle in der Frage, wie viel Risiko ich bereit bin einzugehen.  Wäre ich allein, wäre das sicherlich eine andere Betrachtung, aber solange mind. 4 Personen von dir wirtschaftlich abhängig sind, möchte ich lieber nicht mit der Methode "Augen zu und durch und ganz doll Daumen drücken" fahren.

@christine

Mein Gedanke war auch eine ganz klassische und konservative "Buy and Hold" Strategie für einen Zeitraum von etwa 20 Jahren (plus minus), dann wäre tatsächlich genug Zeit da, zunächst den risikobehafteten Anteil des Portfolios etwas höher zu lassen und später dann durch Umschichtung in risikoärmere größere Anteile abzusichern. In 15 Jahren wenn das Haus abbezahlt ist, hätten wir eine deutlich höhere Sparrate als jetzt, allerdings würde ich die 15 Jahre nicht ungenutzt lassen - selbst wenn man nur 200-300€ im Monat zurücklegt, sammelt sich da ja ganz schön was an.

Das Haus ist übrigens ein reines und absolutes Luxusobjekt. Wir haben nicht eingeplant, es später zu verkaufen und da es mit großer Familie auch immer wieder als Anlaufpunkt genutzt werden kann, würden wir später in einer 2-Zimmer-Wohnung nicht glücklich werden, in der für niemanden Platz ist, wenn uns unsere Kinder (und ggf. Enkel) besuchen wollen. Das war uns von Anfang an klar und wir haben uns auch nicht eingebildet, hiermit eine besonders tolle "Investition" zu machen. Es geht lediglich um die Sicherung eines gewissen Wohnstandards, für den man nicht lebenslang Mietkosten einkalkulieren muss. Dass das mit einem "Klumpenrisiko" einhergeht ist leider wahr, aber das haben wir in diesem Fall in Kauf genommen.

Zum Thema "Kündigen von Verträgen" haben wir tatsächlich geplant das Durchzurechnen, wenn das Haus abbezahlt ist, die Belastung der Beiträge ist für uns vertretbar, das Ausfallrisiko aktuell aber noch zu hoch (Beispiel: Sollte eine Person komplett ausfallen, wird sie vmtl. auch keine 4 Kinder betreuen können, sodass der andere Partner vermutlich Schwierigkeiten haben wird, als Alleinernährer (=Vollzeitjob) gleichzeitig 4 Kinder zu versorgen). Das Risiko sinkt natürlich mit den Jahren und ist für uns nicht mehr relevant, sobald das Haus abbezahlt ist.

Zitat von Anni am 26. August 2020, 16:26 Uhr

Es geht lediglich um die Sicherung eines gewissen Wohnstandards, für den man nicht lebenslang Mietkosten einkalkulieren muss. Dass das mit einem "Klumpenrisiko" einhergeht ist leider wahr, aber das haben wir in diesem Fall in Kauf genommen.

Okay, aber dann müsst Ihr Euch drüber klar sein, dass Ihr einen stattlichen Betrag "nebenher" für Instandhaltung und Renovierung vorhalten müsst.

Was noch nicht ganz rauskam: Was wollt Ihr mit den Ersparnissen aus dem ETF dann finanzieren? Eure Pension reicht für Euch, das Haus ist dann abbezahlt, vorzeitig wollt Ihr auch nicht aufhören, wie es scheint. Falls Ihr die weitere Anlage eigentlich nur für die Kinder tätigen wollt, braucht es eigentlich gar kein Sicherheitsdenken, denn ihr selbst müsst ja nie ans Depot dran (also infinites buy and hold, sozusagen).

Ich habe mich das auch schon oft gefragt. Bevor ich mich mit Aktienfonds/ETFs beschäftigt habe, wollte ich jedes Jahr maximal sondertilgen, um schnellstmöglich schuldenfrei zu sein. Inzwischen sehe ich das anders und bespare lieber die ETFs, mache das aber auch erst seit einem Jahr.

Die Empfehlung von Kommer ist vielleicht von einer Zeit als die Zinsen noch höher waren?

Meine Eckdaten:

Kreditrate: 800 EUR

Zinsbindung: 10 Jahre, Haus abbezahlt ohne Sondertilgungen in ca. 15-16 Jahren, Restschuld aktuell ca. 150.000 EUR.

Zinssatz: 1,1%

Sparrate in ETFs: 1500 EUR

Keine BUs, 1 Beamter, 1 Angestellter, 2 Kinder.

 

Meine Grundüberlegung war einfach nur, dass ich bei ETFs doch eine viel höhere Rendite bekomme als ich durch die Tilgung spare. Dennoch werde ich sicherlich auch mal sondertilgen, wenn was übrig ist.

Hallo Christine,

Ein Frage „warum“ ist vermutlich nicht ganz unberechtigt. Ich glaube dahinter verbirgt sich einfach die Überlegung, etwas „sinnvolles“ mit dem Geld machen zu wollen. Früher mit dem Arbeiten aufhören war tatsächlich kein realistisches Ziel, zumal die Pensionsabschläge erheblich wären und wir aufgrund unserer besonderen Verwendung im Einsatzdienst ohnehin „nur“ bis 60 (mein Mann) bzw 62 (ich) arbeiten müssen - aber wer weiß, wie die Altersgrenzen vielleicht in 30 Jahren angehoben wurden. Durch einen Wechsel in die Lehre habe ich aktuell eine 3-Tage an der Hochschule Woche, den Rest kann ich von zuhause aus machen, also mega komfortabel mit den Kindern (wir arbeiten beide Vollzeit und haben das auch den Großteil unseres Lebens gemacht).

Die Pension wäre verglichen mit der gesetzlichen Rente ziemlich komfortabel, richtet sich ja nach den Ruhegehaltsfähigen letzten Besoldungsstufen (bei uns im Moment A14 und A11, wobei die Erfahrungsstufen noch kontinuierlich steigen werden). Da sollten wir eigentlich ohne zusätzliche Absicherung komfortabel mit auskommen, insbesondere wenn dann über die Hälfte unserer Fixkosten für Hausabtrag und Kinderbetreuung wegfallen.

es ist mehr das Gefühl, etwas sinnvolles mit dem Geld machen zu wollen als jeden Monat einfach ZB 2000€ für „irgendwas“ auszugeben. Wir gehen eigentlich weder ins Restaurant, Kino, kein Friseur etc. Was das angeht leben wir sehr bescheiden, unser einziger riesiger Luxus ist das große Haus, an dem wir aber gerne handwerklich arbeiten und auch im Garten viel tun. Der Gedanke dass Kosten für das Haus anfallen könnten schreckt uns da nicht so sehr.

Das einzige Problem bei dieser sonst vielleicht komfortablen Situation ist einfach, dass man sich ausschließlich auf die Pension verlässt und meint, dass es in 30 Jahren für Beamte immer noch so rosig aussieht wie jetzt - kann sein, kann aber auch anders sein. Der Sparplan wäre da eine Option, sich etwas eigenverantwortlicher aufzustellen und nicht von anderen abhängig zu machen. das Ziel wäre also vermutlich auch nicht, ein angespartes Vermögen wieder komplett zu verzehren, sondern es arbeiten zu lassen und etwas für unsere Kinder als Startkapital zu hinterlassen, was nicht mit unserem Tod wegfällt (wie Pensionszahlungen oä)...