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Frugalismus schädlich für die Psyche?

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Hallo!

Geht es nur mir so oder macht einem die ewige Sparerei auch irgendwie wütend und frustriert?

Ich frage mal so, weil ich wissen will ob das nur vorübergehend ist und nur eine Anpassungserscheinung ist wo man auf Entzug vom Konsumleben ist oder hält das die ganze Zeit an bis man endlich FI erreicht hat?

Ich persönlich habe immer das Gefühl das man mit Sparen irgendwie nur sehr wenig bewegt und mein Kontostand nur sehr schleichend größer wird und mir die Entbehrungen dafür verhältnismäßig Groß vorkommen.

Um ehrlich zu sein es ist eine Qual und man fühlt sich vom Leben abgeschnitten.

Jaja ich weis schon, die meisten hier sind richtig reiche Säcke die im Monat zwischen 2500 und 5000€ abcashen und da geht eine Sparquote von 50% ja richtig leicht von der Hand.

Bei mir sind 30% schon grenzwertig und ich habe das Gefühl das ich mit Anfang 40 jetzt, es nicht mehr schaffen werde FI zu sein bzw. habe ich das Gefühl das ich die letzten guten Jahre bis zur Rente mir mit Sparen kaputt mache.

Wie ist das bei euch so?

 

Was soll man da sagen, für mich ist es kein Verzicht, mir macht es Spass. Man kann entweder versuchen die Einnahmeseite zu erhöhen, falls das nicht geht  versuchen die Ausgabenseite zu verringern. Wenn das beides keinen Sinn macht/man keine Spielräume hat (weil z.b. krank) und man eh auf Grundsicherung fällt o.ä. kann man das Thema fast knicken, da kann dann aber kein anderer was dafür, da kann man sich dann als Opfer fühlen oder andere verurteilen/beleidigen, aber das bringt am Ende auch nichts. "Vergleichen ist das Ende vom Glück" sagt ein Sprichwort. Man könnte z.b. je nach Situation mit Mindestbeiträgen  noch Riestern in der Hoffnung das ein Teil anrechnungsfrei bleibt und nicht mit der Grundsicherung verrechnet wird später.

Hallo Foxford,

besten Dank für den erfrischenden Beitrag, mich frustriert es hier ab und an auch etwas wenn ich eben lese dass anscheinend die meisten hier 2500 - 5000 € / Netto im Monat haben; ich sehe mich hier mit meinen 2200 € / Netto auch als ein "Schlusslicht".

Da fragt man sich dann schon wie solche Mediangehälter zustande kommen d.h. da sind noch etlich die unterdurchschnittlich wenig verdienen; und die findet man all zu oft in meinem Bereich (Handwerk).

Vom Leben abgeschnitten fühle ich mich nicht unbedingt, ich muss ja mit meinen Kumpels nicht jedes Wochenende in der Kneipe sitzen - man kann ja auch eine Radtour, Wanderung o.ä. machen; selbiges kostet i.d.R. außer Zeit nichts.

Als ich vor Monaten anfing waren für mich 30% auch recht grenzwertig; mittlerweile bin ich bei knapp 36% Sparrate und hätte ich nicht noch den BaFög Kredit laufen wären es gar knapp 40 - 45%.

Mir ging es anfangs aber dennoch wie Dir ,  die Sprünge auf dem Konto sind manchmal echt ernüchternd, und dann noch zu sehen was sich alle anderen um einen rum immer so regelmäßig leisten das kann schon frusten. Allerdings muss man sich auch klar machen, dass das was andere um uns rum sich so leisten Sie sich eigentlich garnicht leisten können --> Kredit machts möglich.

Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass ich das Glück habe kein Auto zu besitzen und die 6 km (eine Strecke) zur Arbeit täglich mit dem Fahrrad absolut locker sind. Klar, hätte ich noch ein Auto dann würde die Sparquote auch anders aussehen.

Obendrein weiß man bei vielen ja nicht wie Sie rechnen und was Sie sonst noch alles haben. Ich für meine Teil habe halt noch eine Riester-Rente und eine kapitalbildende Lebensversicherung; würde ich diese zur Sparquote dazuzählen wäre ich auch schon über 50%. Manche kündigen solche Versicherungen ja auch und legen alles an; ich selbst agiere hier aber gemäß einer alten Börsenregel "Nicht alle Eier in einen Korb".

Was Du dir als Frugalist auf jedenfall angewöhnen musst:

  • Schaue weniger auf andere Leute; besonders hier im Internet. Habe schon in anderen Foren die Erfahrung gemacht, dass jene die im Forum die "Größten" sein wollten sich dann bei den Treffen sich als die totalen Looser herausgestellt haben.
  • überlege dir vor Konsum jeglicher Art "wie lange hält das Glücksgefühl an"; oftmals sieht man was, was man unbedingt haben will und hinterher liegt es nach 2 Stunden Nutzung nur noch rum
  • Rechne den Preis eines Produktes in Arbeitsstunden um und frage dich ob sich das lohnt.

Und irgendwann fängt es dann an Spaß zu machen zu sehen wie das Vergmögen langsam aber stetig wächst.

 

Zitat von Waermflasche am 5. Mai 2019, 12:09 Uhr

Man kann entweder versuchen die Einnahmeseite zu erhöhen, falls das nicht geht  versuchen die Ausgabenseite zu verringern.

...tja, aus der Ferne ist sowas immer einfach zu sagen. Ob das dann auch funktioniert ist die Frage; die meisten hier gehen ja von einer 35 Stunden/Woche aus -- wäre das bei mir so, hätte ich schon lange einen 450€ / Job nebenbei.

Bei mir sind es Ø 50 Stunden/Woche so bliebe nur Samstag übrig; dann finde mal einen 450€ Job bei dem man nur Samstags da sein muss. Das ist, zumindest in unserer Gegend echt schwierig.

Ich hab gar nicht das Gefühl zu sparen. Wenn ich durch die Stadt gehe denke ich mir, wer denn das alles kaufen soll und warum. Ich hab eigentlich alles und würde gerne lieber Zeugs loswerden statt mehr anzuschaffen. Für mich ein tolles Gefühl, ich könnte das ALLES kaufen, will aber gar nicht. Für meine Psyche ist das extrem entspannt.

Es sind die Anderen, die das nervt. Wenn ich das 3. Gadget das alle haben NICHT hab und cool behaupte: „brauche ich nicht“, oder es gar als zukünftigen Sondermüll bezeichne, werde ich regelrecht angefeindet.  Meist halte ich mich zurück und freue mich im Stillen.

Nunja, da scheinen mir mehrere Dinge entscheidend zu sein.

  1. Die Bedingungen der Möglichkeit von hohen Sparraten
  2. Mit 1. verbunden: Die Voraussetzung, auch erweiterte Grundbedürfnisse, wie mal in eine Kneipe gehen oder sich leisten zu können, sich ausgewogen zu ernähren
  3. Die eigene Einstellung zu materiellen Konsumgütern

Hohe Sparraten setzen voraus, dass man bereits eine abgeschlossene Ausbildung oder Studium hat, und/oder in einem Bereich unterwegs ist, der gut vergütet ist. Das ist aber für gar nicht so wenige illusorisch: wenn man in seiner Jugend eine Alkohol- oder Drogenabhängigkeit entwickelt hat, und ein Kind in die Welt gesetzt hat mit einer Person, mit der man nicht zusammenleben will, trotzdem den Anspruch hat das Kind finanziell zu unterstützen, kann man sich auf einmal nicht mehr leisten, eine Ausbildung oder Studium zu machen, weil man dafür kein Geld kriegt.

Folglich ist man dann gezwungen, Fabrikarbeiterin zu werden, damit man wenigstens ein bisschen was hat. Die psychologischen Belastungen sind dann auch wegen chronischem Geldmangel und der Aussicht darauf, dass sich das die nächsten 20 Jahre nicht ändern wird, und mit Sicherheit auch einigen anderen Faktoren, enorm, was dann auch dazu führen kann, dass man eben keine 40 Stunden arbeitet und parallel noch 20 Stunden pro Woche Fortbildungen macht, bis man sein Einkommenspotential erhöht hat.

Geldmangel geht mit psychologischen Belastungen einher, die jede Person kennt, die mal studiert hat oder eine schlecht bezahlte Ausbildung gemacht hat. Das scheint mir dann das eigentliche Problem zu sein, und nicht die frugale Lebensweise, zu der man verurteilt ist, weil man sich nicht mehr leisten kann. Meine Meinung: bis 1000 Euro/Monat Nettoeinkommen ist die Sparrate völlig egal, weil man genug Probleme in anderen Bereichen hat, z. B. gesundheitlich oder psychisch oder familiäre Verpflichtungen oder was auch immer, die es zu priorisieren gilt. Gesundheit first, Sparrate second.

Ab 1000 Euro netto (für 1 Person) sieht die Sache allerdings dann anders aus. Mit jedem 100 Euro mehr pro Monat, den man hat, kann man ohne Probleme die Sparrate um 100 Euro mehr erhöhen. Bei 1200 Euro ist das durchaus noch frustrierend, weil man mit einer Sparrate von 200 Euro nicht reich wird. Mit 1400 Euro (dem deutschen Medianeinkommen für Ledige von 2016), ist eine Sparrate von 400 Euro drin, vielleicht auch 500 oder 600. Da ist der Vermögenszuwachs schon ansehnlich, auch wenn die Sparrate vielleicht "nur" 30% ist. Hier spielt dann der dritte Punkt mit rein, nämlich die persönliche Einstellung zu Materiellem. Wenn man da seine Philosophen wie Epikur oder Diogenes von Sinope gelesen hat, oder irgendwie anders zum Minimalismus gefunden hat, ist das nicht psychisch belastend sondern befreiend. Allerdings nur wenn man konfliktfähig ist dahingehend, dass man sein eigenes Ding macht auch wenn die anderen das nicht mögen, wie bereits TakeTwo dargestellt hat.

Zitat von TakeTwo am 5. Mai 2019, 13:51 Uhr

Es sind die Anderen, die das nervt. Wenn ich das 3. Gadget das alle haben NICHT hab und cool behaupte: „brauche ich nicht“, oder es gar als zukünftigen Sondermüll bezeichne, werde ich regelrecht angefeindet.  Meist halte ich mich zurück und freue mich im Stillen.

...hihi, die Situationen finde ich tatsächlich auch sehr toll und koste diese auch gerne aus. Die Blicke sind unbezahlbar; hatte ich neulich auch als der Schwager vom Kumpel ankam mit seinem neuen 3er BMW und ich nur lässig:

"Naja, mehr als dich von A nach B zu bringen macht der jetzt auch nicht; von dem her hättest den alten behalten können"

...wow, da war dann 5 vor 12 vor allem da Er eh ein Typ ist der immer mit seinen Sachen gut ankommen muss (ich behaupte Ego-Probleme) ....

...irgendwie ist es schon lässig wenn alle irgendwas bewundern (neues Handy, Tablett oder sonstwas) und man nur unbeeindruckt daneben steht und meint: "Schön, aber mehr als mit dem Vorgängermodell machst damit ja auch nicht"

 

Ja, es braucht seine Zeit - aber irgendwann machts Klick und man löst sich von dem ganzen "haben wollen".

Hallo Badner! Vermutlich könntest Du Dir auch so eine Kiste holen, oder zwei, machst Du aber nicht, weil wozu?  Ist toll der ersten paar mal, wenn man mit dem Ding unterwegs ist,  dann merkt man es gar nicht mehr. Man gewöhnt sich da ganz schnell dran.

Ein Kollege kam kürzlich mit einem 2er Cabrio an, in Silber mit Roten Ledersitzen. Zweitfahrzeug versteht sich, nur für den Sommer, dann ist die Versicherung billiger (??)  und jammert über die drückenden Schulden von der Immobilie. Ich sag da besser nix.

 

 

 

Zitat von TakeTwo am 5. Mai 2019, 22:10 Uhr

Hallo Badner! Vermutlich könntest Du Dir auch so eine Kiste holen, oder zwei, machst Du aber nicht, weil wozu?  Ist toll der ersten paar mal, wenn man mit dem Ding unterwegs ist,  dann merkt man es gar nicht mehr. Man gewöhnt sich da ganz schnell dran.

Genau so schaut es aus; und auf den Punkt muss man erstmal kommen. Der Punkt, dass einem der ganze Konsum nur kurzzeitig glücklicher macht und es nach kurzer Zeit nichts mehr besonderes ist.

Heute nachmittag habe ich zum Beispiel einen Kumpel getroffen, den ich schon knapp 1/2 Jahr nicht mehr gesehen habe ---> sowas ist für mich mittlerweile mehr Wert als irgendeine Dicke Karre oder das nächste neue Handymodell...

Zitat von TakeTwo am 5. Mai 2019, 22:10 Uhr

Ein Kollege kam kürzlich mit einem 2er Cabrio an, in Silber mit Roten Ledersitzen. Zweitfahrzeug versteht sich, nur für den Sommer, dann ist die Versicherung billiger (??)  und jammert über die drückenden Schulden von der Immobilie. Ich sag da besser nix.

 

Hihi, die Leute kenne ich auch - zum Neubau gibts dann gleich noch ein neues Auto und sich dann den Kopf machen wie man das alles nun abbezahlt...

...ganz zu schweigen was die Damen und Herren machen wenn die ersten 10 Jahre rum sind und die Zinsen wieder angepasst werden XD

Ich finde mich nicht vom Leben abgeschlossen, wenn ich selber koche und nicht mittelmäßiges Essen im Restaurant konsumiere... Da ich gut koche, wie auch meine Frau meint. Auch feiern zuhause mit Freunden klappt einwandfrei, und eine Kiste Bier ist um 15€ zu haben.

🙂

LG (-: —---------------------------— Willst du dich am Ganzen erquicken, so musst du das Ganze im Kleinsten erblicken. Johann Wolfgang von Goethe

Es gilt der alte Spruch: Wenn wir uns einschränken müssen machen wir es besser nicht.

Was Einschränkung bedeutet ist individuell und muss jeder selbst entscheiden.

Ich kann nur sagen: Was ich hier teilweise so lese, das wäre für mich eine Einschränkung. Also mach ich das nicht ... zumindest nicht so.

Zitat von Absprung_2020 am 10. Mai 2019, 15:15 Uhr

Ich kann nur sagen: Was ich hier teilweise so lese, das wäre für mich eine Einschränkung. Also mach ich das nicht ... zumindest nicht so.

Meinst Du hier im Forum allgemein, oder speziell in diesem Thread. Bei ersterem bin ich voll bei Dir; noch anfangen den Kühlschrank auszustecken, aufs Steak im Gasthaus zu verzichten oder in Tüten zu kacken tu ich definitiv nicht...

Für meine Psyche ist der Frugalismus nicht schädlich, eher im Gegenteil. Wenn ich mir anschau, wieviel Geld andere Leute aus dem Fenster werden und mir sogar weniger zufrieden vorkommen wie ich ... Vom Leben abgeschnitten fühle ich mich überhaupt nicht, ich hab fast schon den Eindruck, dass ich spendabler bin beim Ausgehen, weil ich sonst nicht soviel ausgeb. Ich arbeite da aber auh viel mit Gutscheinen, die Mühe wollen sich andere nicht so recht machen.

Wenn Dich der "Konsumentzug" so stresst, ist es vielleicht eine Möglichkeit, Dich davon langsamer zu entwöhnen. Kleine Veränderungen nehmen wir nicht so einschneidend war wie eine 180-Grad-Kehrtwende. Nach einer Zeit hat man sich dran gewöhnt und kann ins nächste Level "aufsteigen". Irgendwann nimmst Du es nicht mehr als Verzicht war und freust Dich nur noch über Dein anwachsendes Vermögen, das Dir sehr viel Spieraum gibt.

Im Übrigen sollte auch der Geringverdiener mit Aussicht auf spätere Grundsicherung zumindest 20-30 € mtl sparen, um sich im Jahr vor Rentenbeginn nochmal einzurichten (uU auch inkl Küche) und einzukleiden. Nochmal ein schöner Urlaub, Zähne richten lassen, schön Geburtstag feiern, ... Denn danach kommt ja nix mehr.

 

Ich kann mich zum Glück zu den, wie Du sie nennst «reichen Säcken» zählen. Was ich mich aber allgemein Frage, ob es nicht tatsächlich ein gewisses Einkommen braucht, wenn man nicht besondere Möglichkeiten hat, um seine Ausgaben ungewöhnlich niedrig zu halten (geerbte Immobilie etc.), damit FI realisierbar bzw. der Weg dahin durchzuhalten ist. Ich sehe so Aussagen wie: «FI kann jeder erreichen, wenn er denn nur will. » für ziemlich weit hergeholt.

Wenn ich Deine Sparquote von 30% betrachte, dann brauchst Du je nach Rechnung ca. 20 bis 30 Jahre, um FI zu erreichen. Wenn Du jetzt sagst, dass Du weder auf der Einnahmen- noch auf der Ausgabenseite Möglichkeiten zur Optimierung siehst, dann brauchst Du tatsächlich einen ziemlich langen Atem.

Mit dieser Ausgangslage hätte ich wahrscheinlich auch Probleme motiviert das Erreichen von FI zu verfolgen. Die Frage ist ja, muss es gleich FI sein oder ist es nicht vielleicht auch schon erstrebenswert in einem Alter von 50 Jahren, die Arbeitszeit auf 50% reduzieren zu können o.ä.? Vielleicht ist das Ziel FI auch einfach etwas hochgesteckt, wenn es Dich frustriert, statt zu motivieren und genau dafür sind Ziele doch da?! Vielleicht hilft es ja auch Dich nicht so sehr auf das grosse Ziel FI zu konzentrieren, sondern kleine Etappen zu definieren (monatlich, jährlich), und Dich beim Erreichen ordentlich zu feiern.

Außerdem finde ich es für mich wichtig, mir nicht einfach nur Sachen zu verkneifen, sondern gleichzeitig auch Wege zu finden meine Bedürfnisse auf andere, günstigere Weise zu befriedigen. Dann läuft das mit dem Sparen bei mir fast wie von alleine…

@Geldhamster:

Genau den von Dir genannten Ansatz verfolge ich zum Beispiel. Mein Ziel ist es nicht mit 40 oder 50 garnicht mehr zu arbeiten sondern entweder die Arbeitszeit auf vllt. ~ 80% zu kürzen so, dass dann halt 3 Tage Wochenende und 4 Tage Arbeit sind oder ich die Möglichkeit habe mir die Freiheit rauszunehmen meinen Urlaub gelegentlich um ein paar unbezahlte Tage zu verlängern. Und das ganze ohne irgendwelche Abstriche machen zu müssen und mir weiterhin nebenbei was leisten zu können.

Für mich persönlich halte ich dieses Ziel für erstebenswerter als das Typische "Frugalisten" Ziel demzufolge man heute recht spartanisch lebt um dann, wenn man die Freiheit erreicht hat, weiterhin spartanisch zu leben.

Hallo Foxford,

also ich denke schon, dass sparen sich schädlich auf die Psyche auswirken kann, wenn man so sehr das Gefühl hat, sich einzuschränken. Es geht ja bei der FI um Freiheit und nicht um eine Einengung und was du beschreibst, klingt schon nach psychischem Druck. Wie lange bist du denn schon dabei? Vielleicht ändert sich dein Gefühl tatsächlich nach einer Art „Entzug". Ich habe z.B. 2015 einen Neujahrsvorsatz gefasst, den ich wirklich umgesetzt habe, und der meine Denke sehr geändert hat: Ich wollte mir ein ganzes Jahr lang keine Klamotten kaufen, es sei denn, ich habe wirklich keine Hose/Schuhe/T-Shirts mehr. Das hat funktioniert, es war zeitlich begrenzt und seitdem war ich wesentlich weniger in der Stadt, um „nur mal zu gucken, was es so Neues gibt". Dadurch habe ich insgesamt leichter akzeptieren gelernt, dass es immer ganz viele tolle und wunderschöne Dinge auf dem Markt gibt, aber dass ich sie nicht alle haben kann und dass sich mein Leben dadurch auch nicht verbessert hätte. Es ist schon eine Erkenntnis, dass es diese schönen Dinge auch dann noch gibt, wenn ich sie nicht kaufe. Nur kann ich sie dann nicht täglich sehen oder sie besitzen.Vielleicht hilft es dir also, das harte Sparen als eine Art zeitlich begrenztes Experiment zu sehen und nach einem festgelegten Zeitraum zu entscheiden, ob sich die Einbußen im persönlichen Lebensstil für die gesparte Summe gelohnt haben und man weitermachen will (erfahrungsgemäß wird man geiziger, je mehr auf dem Konto ist).

Um für deine Problematik eine Lösung zu finden würde ich an deiner Stelle mal verschiedene Fragen mit dir selbst klären:

- Hilft dir eine zeitliche Begrenzung des Spar-Experiments dabei, den psychischen Druck abzubauen? So könnten auch Freunde den neuen Kurs vielleicht leichter akzeptieren bzw. du selbst es einfacher erklären.

- Welches sind denn die größten „Geldverschwendungen", die du vor deiner Sparsamkeit betrieben hast? Vielleicht kannst du kleinere Posten erstmal wieder ausgeben, solange die richtig dicken Ausgaben dafür wegfallen? Wenn es sich nur um einen kleinen Betrag handelt, könntest du die Ausgabe ja einfach tätigen und dafür leichter auf andere Ausgaben verzichten - dich also insgesamt besser fühlen. Ist die Ausgabe größer, kann man vielleicht ein kleineres Budget dafür aufstellen und dann bewusst z.B. statt einmal in der Woche mit den Kumpels um die Häuser zu ziehen, dies nur einmal im Monat machen.

- Hast du zeitlich noch Reserven für eine Nebentätigkeit? Einige hier im Forum machen z.B. Umfragen online. Dabei ist die Zeiteinteilung ganz flexibel, aber man gibt halt seine Daten her. Wenn du nebenher mit einer anderen Sache Geld verdienen könntest, erhöht sich die Sparquote ja von allein ein wenig und das zusätzliche Geld kannst du direkt und stolz investieren, statt es auszugeben. Ich schreibe ganz gerne und verdiene mir dadurch über eine Plattform für Texter Geld hinzu.

Nicht zuletzt hängt es entscheidend von der persönlichen Einstellung ab, ob man sich durch das Sparen eingeschränkt fühlt und diese Einstellung ändert sich mit der Zeit. Im Moment gibst du gedanklich beispielsweise das gesparte Geld verloren (das entnehme ich deinem letzten Satz oben). Warum? Du hast das gesparte Geld ja noch! Es ist für dich da. Nur hast du dich nun entschieden, es nicht mehr für kurzfristige Glücksgefühle auszugeben, sondern für langfristige.

Hoffentlich kommst du zu einem zufriedenstellenden Ergebnis bzw. Leben!

Alles Gute!

Bin etwas abtrünnig (man lebt nur ein Mal) - wenn ich irgendwas wirklich will, und das Geld da ist, kaufe ich es. Habe mich bei manchen Sachen im Nachhinein geärgert, sie nicht früher gekauft zu haben - solche Sachen kaufe ich im Zweifelsfall. Habe auch festgestellt, dass das bei mir kein unendliches Spiel ist - ich informiere mich vorher, sehe zu, was (zumindest einigermaßen) ordentliches anzuschaffen, und bin dann meistens auch zufrieden - und die Liste an Dingen, die ich erstmal gerne hätte, wird kürzer. Habe mir da ein Budget von 100€ im Monat (+ein paar € zu Geburtstag, Weihnachten) zugestanden, das ich für solche Sachen (z.B. Werkzeug, teurer Schnaps, Fotozeugs oder Sportausrüstung) einsetzen kann - ohne es (vor mir) wirklich rechtfertigen zu müssen. Das könnte mehr sein, oder auch weniger,  ohne ein solches Taschengeld wäre die Lebensqualität (gefühlt) schon eingeschränkt - auch nicht unbedingt nur gut für die Psyche...

@Badner

Eine Beschränkung des Konsums darf keine (nat. individuelle unterschiedlich empfundene) Einschränkung oder (ungewollten) Verzicht bedeuten, sondern setzt Einsicht und Überzeugung voraus. Das Element vermisse ich hier bei einigen Beiträgen, denn dann werde ich mir selbst weh tun. Man kann sich kein anderes Leben verordnen, sondern man muss das einsehen und sich wohl fühlen dabei. Wohl dem, der das sowieso so empfindet oder immer schon so gesehen hat.

Lösung gibts keine. Quälen bringt nix, da nicht dauerhaft durchhaltbar. Lösung: Einsichten gewinnen. Wieviel T-shirts brauche ich? 20? Erst wenn ich eins aussortiere, dann gibts ein neues... usw. Marie Kondo kann ggf. helfen? Wer sie nicht kennt, kann ja mal googeln... oder z.B.:

https://www.schoener-wohnen.de/einrichten/wohntrends/41841-bstr-die-konmari-methode-aufraeumen-nach-marie-kondo/205520-img-bestimmter-reihenfolge-entruempeln

Ich klinke mich hier auch mal ein mit meinem ersten Beitrag überhaupt.

Ich finde das Thema "Frugalismus" extrem interessant. Aufmerksam wurde ich erst durch die Medien vor einigen Monaten.

Erst dann fiel mir auf, dass ich selbst vielleicht ein bisschen eine "Mini-Frugalist" sein könnte. Aber vielleicht ist meine Art, das Leben zu leben, doch nicht so mit dem Frugalismus gleichzustellen.

Rein für die Psyche muss ich sagen, dass ich den "typischen Frugalismus" (anfangs extrem sparsam leben, um dann mit 40 oder 50 ausgesorgt zu haben) nicht so ganz umsetzen könnte. Das hat sicherlich auch mit meinen persönlichen Erfahrungen in der Famile zu tun (gibt da einige, die 30 oder 40 Jahre hart gearbeitet haben mit Hoffnung, es dann im Ruhestand gut zu haben, dann aber durch eine schwere Erkrankung komplett aus der Bahn geworfen worden sind bzw. eben für das alles gar nicht belohnt wurden). Es wäre mir also zuviel Risiko, diese Variante zu machen, denn oft spielt das Leben nicht exakt so, wie man es plant (sei es durch Krankheit oder Gesetzesänderungen....dem Staat traue ich z.B. fast gar nicht mehr - wer weiß, was noch alles kommt....und das sage ich als Beamter).

Was eher geht und ich teils auch umsetze, ist die zweite Variante "Teilzeitjob", siehe hier: https://frugalisten.de/teilzeitjob-early-retirement-was-darfs-fuer-dich-sein/

Recht früh auf Teilzeit gehen und so das Leben schon in frühen Jahren sinnvoller leben und genießen. Ich mache dies seit einigen Jahren und es klappt recht gut. Meine Frau und ich arbeiten beide Teilzeit und kommen zusammen auf ca. 100% Arbeitszeit. Damit bleibt uns viel Zeit für unsere beiden Kinder. Nebenbei bemerkt bin ich 40 Jahre alt.

Klar ist, dass der Schwerpunkt natürlich dann nicht auf Job-Karriere liegt, sondern "im Jetzt" das Leben möglichst effektiv und sinnvoll zu genießen. Dieses "auf später schieben" - wie gesagt....das wäre für mich rein psychisch sehr sehr schwer. Zudem gebe ich zu, dass wir zwar auch sehr viel sparen aktuell, uns aber auf der anderen Seite auch teils wirklich auch was gönnen (Essen-Gehen, schöner Urlaub usw).

Es muss so gesehen jeder für sich selbst im Herzen entscheiden und "spüren", welche Variante oder Lebensweise für ihn auch rein psychisch am erträglichsten und glücklichsten ist.

Das war ja mein erster Beitrag hier. Sicherlich kann ich die nächste Zeit gerne noch mehr auf meine individuelle Situation eingehen in dem ein oder anderen Thread. Ist jedenfalls sehr interessant hier und eine absolut willkommene Abwechslung zu der aktuell völlig verrückten Welt/Gesellschaft, in der wir aktuell leben (jeder will Karriere machen, haut sein Geld zum Fenster raus, steckt seine Kinder den ganzen Tag in Kitas etc).

Zitat von Badner am 13. Mai 2019, 14:04 Uhr

Für mich persönlich halte ich dieses Ziel für erstebenswerter als das Typische "Frugalisten" Ziel demzufolge man heute recht spartanisch lebt um dann, wenn man die Freiheit erreicht hat, weiterhin spartanisch zu leben.

Ich empfinde Frugalismus eher als Bewußtseinsveränderung: wenn man schmerzlos spartanisch zu leben gelernt hat, kann man das bis zum Lebensende, und auch noch manchen Leuten weitererzählen...

Für die Umwelt ist es ja auch günstiger: weniger Material wird verbraucht, weniger Verpackungsmüll...

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