Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Anlagestrategie oder je mehr ich weiß, um so mehr weiß ich, dass ich nicht(s) weiß

VorherigeSeite 2 von 2

eine Buchempfehlung habe ich, wenn auch allgemeiner als Du es Dir wohl vorstellst. Die Bücher von Nassim Taleb kann ich sehr empfehlen. Vor allem „Der schwarze Schwan“ und „Antifragilität“. Dein Problem ist ja nicht wirklich den perfekten ETF zu finden oder eine optimale Aufteilung, sondern steckt viel tiefer: In der Grenzen des Wissens, der Auswirkungen von Zufall, Bereiche, in denen Vorhersagen und Modelle nicht funktionieren können und wie man in einer Welt der Ungewissheit Entscheidungen trifft. „Ich weiß, das ich nichts weiß“ ist eine weitaus bessere Handlungsbasis als die beste Portfoliotheorie. Was weder heißt, das man garnichts wissen kann, noch das man den Auswirkungen des Zufalls vollkommen ausgeliefert ist. Im Gegenteil, man kann den Zufall für sich nutzen (Antifragilität)

Gerd Gigerenzer geht auch in eine Ähnliche Richtung, wenn auch mehr aus der psychologischen und statistischen Ecke.

 

 

Zitat von Cepha am 24. August 2020, 12:07 Uhr

...

  • Barreserve von 3-4 Jahre leben.
  • Diese wird immer dann verbraucht, wenn die Kurse einbrechen und für mich eine Unterbewertung gegeben ist.

 

Ich sehe das ähnlich, finde aber, dass das viel einfacher klingt als es tatsächlich ist.

Im Rückblick sieht man alles, aber wie erkennt man eine Unterbewertung im jeweils aktuellen Moment?

Hast Du für Deine Entnahmestrategie klare mathematische Regeln?

Unter welchen Bedingungen entnimmt man sein Geld aus dem Cashvermögen und wann aus dem Depot?
Unter welchen Bedingungen füllt man den Cashbestand aus dem Depot wieder auf?

Hätten diese mathematischen Regeln in der Vergangenheit tatsächlich immer funktioniert?

MfG

Sorry Cepha, dass ich jetzt erst reagiere. Habe es einfach nicht wahrgenommen, dass Du noch konkrete Fragen hattest. Im einzelnen:

Die Unterbewertung zu erkennen, mache ich für mich an folgenden Parametern fest:

  • KGV vom S&P 500/DAX 30 von 10 oder darunter ist für mich Unterbewertung (insbesondere bei den derzeitigen Zinsniveau. Das wäre aber auch bei einem Zinsniveau von bis zu 7 % im langfristigen Bereich gegeben).
  • Shiller KGV vom S&P 500/DAX 30 von unter 10 oder darunter ist für mich Unterbewertung (insbesondere bei den derzeitigen Zinsniveau. Das wäre aber auch bei einem Zinsniveau von bis zu 7 % im langfristigen Bereich gegeben). Gerade in Zeiten von Wirtschaftskrisen kann das Shiller KGV bei 10 oder darunter liegen, während das normale KGV über 10 liegt, weil die Gewinne so stark gesunken sind.
  • massive Unterbewertung, der Werte in denen ich engagiert bin. Hier verweise ich auf mein Beitrag zu Auswahl von Einzelaktien, der im Thread "Einzelaktien, wie gehst Du vor?" zu finden ist.
  • massive Kursrückgänge meiner Werte im Depot, die ich habe.

Werde ich das hinbekommen? Kann ich abschließend nicht sagen, da nach meiner Erfahrung Praxis und Theorie für mich manchmal unterschiedlich sind.

Ich vermute schon, da ich jetzt eine Strategie fahre, dass ich zu Zeiten von Unterbewertungen, mein Kreditvolumen ausweite, um mehr Aktien zu kaufen. Wenn die Kurse gekommen sind, die ich als etwas oberhalb meiner fairen Bandbreite sehe, verkaufe ich wieder ein Teil der Werte, um die Kredite zurückzufahren. Diese Strategie verfolge ich seit kurzem und funktioniert von der Disziplin bislang ganz gut.

 

Habe ich klare mathematische Regeln?

Nein eher eine Daumenregel. Die Entnahmen durch Verkäufe wären in der Größenordnung von 4 eher 5 % meines Depotvolumens in Zeiten der Kurssteigerungen. In Zeiten von Unterbewertungen also 0 % ggf. sogar Zukauf aus Cashreserven. Die Cashreserven würden wieder aufgefüllt werden, wenn die Kurse wieder gekommen sind.

 

Unter welchen Bedingungen entnimmt man sein Geld aus dem Cashvermögen und wann aus dem Depot?
Unter welchen Bedingungen füllt man den Cashbestand aus dem Depot wieder auf?
Siehe obige Ausführungen.

 

Hätten diese mathematischen Regeln in der Vergangenheit tatsächlich immer funktioniert?

Ja, allerdings hätte ich in der Krise 1929 bis 1933 tatsächlich zu schlechteren Kursen Werte zum Leben verkaufen müssen. Hierzu habe ich mittlerweile folgende Überlegungen:

  • Es gibt mehrere Artikel von jetzigen und ehemaligen Notenbankchefs (USA, EZB etc), die die Krise 1929-1933 analysiert haben. Im Ergebnis sagen die Notenbankchefs übereinstimmend, dass damals die Regierungen und Notenbanken falsch reagiert haben:
    • Sie haben in der Krise noch sparsamer gewirtschaftet, also die Investitionen zurückgefahren und
    • sie haben die Zinsen angehoben.
  • Im Ergebnis haben damit die Regierungen und die Notenbanken die große Depression in den 30er Jahren verstärkt und angefeuert. Das so die einhellige Schlußfolgerung würden sie heute auf jeden Fall anders machen.
  • Zumindest die Politik der Notenbanken der letzten Jahrzehnte, seit dem ich investiere, spiegelt obige Ideen wieder.
  • Im Ergebnis sehe ich die Eintrittswahrscheinlichkeit solcher langanhaltenden Krisen damit als sehr gering an.
  • Insgesamt haben meine Frau und ich einen Lebensstil, der es uns potentiell ermöglicht mit überschaubaren Mitteln glücklich zu leben, wenn man von den Reisen und die Ausgaben rund um unsere Kinder mal absieht. Diese Ansprüche sind locker durch die zu erwartenden Renten-, Pensions- und Versorgungswerkansprüche gedeckt. Die Erträge aus den Aktien sind zusätzlich.
  • Entwickeln sich die Aktien so weiter wie bislang, haben wir das doppelte oder vierfache an Aktienvermögen, um von den Aktienerträgen im oben beschriebenen Sinne sehr gut leben zu können neben den Renten- etc. -ansprüchen.
  • Mir macht mein Beruf soviel Freude und ich habe das Glück in einem Beruf tätig zu sein, wo die Verdienste überdurchschnittlich sind. Ich plane -zeitreduziert- lange weiter zu arbeiten. Die Verdienste hieraus bessern Lücken in schlechten Aktienjahren aus.
  • Das sind also unsere Sicherheitslinien.
Zitat von GeldanlegER am 23. August 2020, 8:31 Uhr

Liebe Frugalisten-Gemeinde,

 

Ist jemand von Euch in einer ähnlichen Situation. Wie würdet Ihr vorgehen. Oder hat jemand den heiligen Gral im Form eines Buches, welches auf meine Situation zugeschnitten ist?

 

 

Leider keine Buchempfehlung aber viele interessante Ideen und Anregungen auf der Webseite von Mr. Money Mustache hierzu.

Jeder Investor-Jeck ist anders. Hier mein Finanzstatus:

Rentner (vorgezogen) seit 8.2019, alle Abschläge inzwischen ausgeglichen, plus 10k vom Versorgungsausgleich nach Scheidung, bringt nochmal 40€/mo netto vor Steuern. Monatsrente 1542 nvS, ab 2021 ca. 1790 (Siemens-Betriebsrente kommt dazu).

Wertpapierdepot: 236k eingezahlt, Erträge reinvestiert, Buchwert aktuell 222k, also aktuell seit Corona deutlicher Buchverlust. (Hoping for better..) Geschäftsmodell Sondervermögen ("family office"), ich hebe nix ab, sondern überlasse das meinen Erbinnen+Enkel.

Strategie: Sparpläne auf Dividenden-ETFs (global und Asia-Pacific), 1000/mo.

Kurz: bei frugalem Lebensstil (den ich seit vielen Jahren lebe) kann ich von der Rente mehr als gut leben, bzw. Ersparnisse rückstellen. Die gehen dann auch in das "Sondervermögen" Depot... 🙂

Hallo Suchweni

Wenn du jetzt schon von den 1.540€ wie im anderen Beitrag geschrieben 300 sparen kannst und ab 21 1.790€ bAV dazukommen solltest du künstig-so finde ich- dir selbst gerne mehr gönnen.

Dein Lebensstil ist wirklich frugal (selbst falls du in bezahlter Immo leben solltest!), steigt im zunehmenden Alter doch eher das Komfortbedürfniss.

 

1790? Netto vor Steuern wird die Siemens-Betriebsrente voraussichtlich 250/mo beitragen, macht also in Summe 1790. Vor Steuern, da bin ich auch gespannt, wieviel die wollen...

Mein Erfahrungswert für Betriebsrente als Akademiker: rund 10€/mo pro Arbeitsjahr. 6.5 Jahre im öD -> 62€ VBL. 25 Jahre bei Siemens -> 250€. Ist ja auch in Ordnung, Zubrot halt.

Ich lebe in einer Mietwohnung, bin also vor Mieterhöhungen nicht sicher. Aber Komfort habe ich soviel ich will, auch bei frugalem Konsumverhalten... neues Goodie ist "Zarskaya", russischer Kaviarersatz aus Algen, sehr fein gemacht 😀

Und in diesen Corona-Zeiten bleibe ich 165h/Woche zuhaus, und gehe nur an 3 Tagen je 1h einkaufen, sicher ist sicher...

Ah, dann hab ich das falsch verstanden. Warst du nur wenige Jahre bei Siemens. Hätte gedacht da sollte mehr rauskommen. Wenn die Miete noch mit drin ist brauchst du wirklich sehr wenig.

Aber wenn du zufrieden bist passt das ja.

Die Besteuerung kannst du dir ja im Nettolohnrechner im WWW anschauen

Ich war (übernommener Betrieb AEG-Electrocom eingeschlossen) gut 25 Jahre bei Siemens. Habe deshalb kurz vor Rente ja auch 40 Jubiläumsaktien bekommen 😀

Leider habe ich viel zu spät mit Belegschaftsaktien angefangen, erst die letzten 3 Jahre. (Vorher kamen die jährlichen Angebote per e-Mail, habe ich als Spam gelöscht). In Altersteilzeit bekam ich die als Briefpost, habe es gründlich gelesen und überlegt: soll ich jetzt noch mit Aktien zocken? (Von denen ich 50% = 360€ zahlen konnte, vom Arbeitgeber verdoppelt?)

Nach Hin- und Herüberlegen: Ja. Bilanz:

3x Belegschaftsaktien mit 50% Discount = 20 Stk.

1x "Siemens Profit Sharing" 2019, Aktien für umsonst = knapp 4 Stk.

25-jähriges Betriebsjubiläum 2019: 40 Aktien umsonst, aber steuer/SV-pflichtig.

Macht 64 Stk. (wovon ich 10 selbst bezahlt habe), die dann unlängst im September noch mal 32 Stk. Siemens Energy "gekalbt" haben (spin-off). Siemens ist ein sehr spendabler Konzern, was Belegschaftsaktien angeht. Gefällt mir...

Interessant beim Siemens Energy-Spin-off: da 1/3 des Konzerns abgespalten wurde, hätte der Kurs der Siemens AG um 1/3 einbrechen sollen. Ist er aber nicht, sondern etwa gleich geblieben und seitdem meist gestiegen...

Alles nicht einfach mit der Investorenphilosophie. Mir soll's recht sein.

VorherigeSeite 2 von 2