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3 Kinder, 2 Beamte, 1 Haus.. wars das?

Hallo liebe Mitleser,

bin vor kurzem auf diese Seite gestoßen und finde auch das Forum noch recht überschaubar, weshalb ich mich auf einen freundlichen Austausch mit Gleichgesinnten freue 🙂 (das geht ja oft verloren, je größer und unübersichtlicher Foren werden).

Deshalb möchte ich mich euch auch kurz vorstellen: Ich bin Anni, Mama von 3 Kindern und verheiratet, mein Mann und ich sind beide im öffentlichen Dienst tätig und haben bis vor einer Weile trotz ansehnlicher Gehälter "von der Hand in den Mund" gelebt - die klassische Konsumdenkweise.

Unsere einzig "schlaue" (und selbst das mögen viele anders sehen) Finanzentscheidung war unser Hausbau mit einem Zins von aktuell 1,75. Das Haus wäre bei momentanem Abtrag in 17 Jahren abbezahlt (mit Sondertilgung früher). Wir sind übrigens beide Anfang/Mitte 30.

Anlagestrategien waren bis vor kurzem böhmische Dörfer für mich, mein Mann hat ein großes Misstrauen gegenüber der Börse. Gleichzeitig haben wir (sicherheitsliebende Beamte, s.o.) so manchen dämlichen Vertrag bei unserer ach-so-gut-meinenden Versicherung abgeschlossen in Sachen "Altersvorsorge" (darunter ein Riester-Rentenplan mit 3% Kosten *hust*)..

Nachdem ich auf das FI-Universum gestoßen bin, war ich zunächst sehr begeistert von der Idee, dann aber auch schnell desillusioniert ob unserer Verbindlichkeiten (und nein, Haus verkaufen ist keine Option für uns) - aber es muss ja für jeden einen individuellen und akzeptablen Mittelweg geben.

Meine Strategie sieht daher im Moment so aus (für Feedback, Anregungen, Kritik (bitte keine Flames) bin ich sehr dankbar):

1. Kredite zurückzahlen und zwar in der Reihenfolge der höchsten Zinssätze (Dispo/Auto/Haus) - bitte lyncht mich nicht, wir sind erst seit kurzem Erleuchtet und haben deshalb unser Konsumleben mit Dispo und allem drum und dran wie die Idioten gelebt.. aber der Dispo wird in ein paar Monaten weg sein.

2. Beim Haus wird's schon kniffelig, denn die Zinsen sind im Moment ja niedriger als jegliche Investmentstrategie verspricht. Ich denke deshalb darüber nach, den Hausabtrag einfach weiterhin zu zahlen und die Extrasumme nicht in Sondertilgungen zu stecken, sondern zu investieren - geht so lange gut, bis die Hauszinsen (bei uns auf 10 Jahre festgelegt) die Investmentstrategie übersteigen würden, aber wer weiß schon, wie der Immobilienmarkt dann aussehen wird.

3. Hardcore-Entscheidungen mit Blick auf Altersvorsorge - da wir zwei Beamtengehälter haben, also auch feste Pensionsansprüche, halten sich die Existenzängste in Grenzen. Ich überlege, ob wir die "gut gemeinten" Verträge in Sachen Altersvorsorge bei unserer Versicherung kündigen (darunter z. B. besagte Riesterrente) und das Geld dafür anlegen. (Edit: Alternativ ist natürlich "ruhend stellen" um bisher erhaltene Zulagen nicht zurückzahlen zu müssen, das müsste man vermutlich mit spitzem Bleistift hochrechnen...) 

4. Leider bin ich bei uns für Finanzen zuständig, muss also erst mal meinen Mann davon überzeugen, dass Anlegen kein Teufelswerk ist und auch nicht schlimmer als die Abzocke unserer Versicherung - die Strategie, die ich bisher für mich als am sinnvollsten und zu unserem Charakter passend gefunden habe, wäre: Regelmäßiges Ansparen/Kaufen von Indexfonds, ggf. sogar über einen Robo-Advisor. Hier scheiden sich sicher die Geister: Habe Quirion entdeckt (Preis im Basispaket 0,48%), die Angebotsstruktur scheint transparent und der Service für mich sehr gut (hätte Angst vor Anfängerfehlern und will das Depot nicht selbst managen). Habt ihr Erfahrungen damit? Denke, dass viele sich die Rendite nicht entgehen lassen wollen und lieber selbst Hand an ihr Depot legen, aber das traue ich mir (im Moment) nicht wirklich zu.

Wir werden sicher nicht mit 40 in den Ruhestand gehen, und vermutlich auch nicht mit 50. Aber ich denke, dass es nie zu spät ist, seine Finanzen in den Griff zu kriegen und neu zu überdenken, was man jahrelang als "gesellschaftlich richtig" vorgelebt bekommen hat. Wenn es dann dafür reicht, ein paar Jahre früher aufzuhören, eine Teilzeit anzufangen (ja, im Moment arbeiten wir beide tatsächlich Vollzeit mit 3 Kindern) oder ähnliches, ist das auch ein Gewinn, der das Leben lebenswerter macht.

Ich hab über individuelles Glück gelernt - Geld ist nur das Fahrzeug, wohin man will, muss man schon selbst entscheiden.

Liebe Grüße und auf einen freundlichen Austausch hier im Forum 🙂

Anni

Der Riester ist vermutlich bei 3 Kindenr nicht verkehrt, ich denke die Rendite wird da wahrscheinlich höher sein als mit ETFs, kommt natürlich auch auf den Vertrag an, auch wenn Riesterbashing gerade in ist....

Ich habe einen Riester Vertrag bei FairRiester, die Kosten liegen bei 1%. Die legen das Geld in ETFs an. Lohnt sich aber nur wegen der Kinder. Werde das angesparte Guthaben zur Sondertilgung verwenden.

Hallo, Anni,

willkommen bei uns. Das Forum ist etwas herrenlastig, weshalb wir Damenzugang besonders gut brauchen können.

Riester kann man machen mit 3 Kids, Zulage endet aber mit Kindergeldberechtigung. Kosten sind leider trotzdem oft höher als die Zulagen. Verwaltungsintensiv, da jährlich der Mindesteigenbeitrag neu berechnet werden muss.

Insg. eher unattraktiv.

Danke für das herzliche Willkommen und euer Feedback. Das mit der endenden Zulage bei Kindergeldberechtigung stimmt natürlich, ich schätze dann können wir uns immer noch überlegen, ob wir die Beiträge ruhend stellen, wenn es ohne Zulagen zu teuer wird (aktuell sind die Kinder 2, 7 und 9).

Verwaltungsintensiv ist bisher nicht das Problem gewesen, einmal im Jahr im Internet kurz Veränderungen eingegeben (Anzahl der Kinder ändert sich eher erst mal nicht mehr, Höhe des Bruttojahreseinkommens laut Lohnsteuerjahresbescheid eingegeben) - das wars. Am ehesten stören mich tatsächlich die hohen Kosten.

Wir haben jetzt mal einen Termin mit unserem Versicherungsmenschen vereinbart und er soll uns mal ein paar neu entstandene Fragen zu unseren bestehenden Verträgen erklären. Bin gespannt wie er sich verhält. Ich erwarte zwar nichts (frei nach dem Motto "wer den Sumpf austrocknen will, sollte die Frösche nicht fragen...") aber bin gespannt auf seine Aussagen und werde euch gern berichten (dazu fällt mir der Blog-Beitrag ein "wie ich fast von meiner Versicherung über den Tisch gezogen wurde...")..

werde in Zukunft hier sicher häufiger lesen und auch ab und an mal berichten, wie es so läuft.

Liebe Grüße

Hallo Anni,

 

zum Start ins Investieren kann ich dir den ARERO – Der Weltfonds empfehlen. Es ist zwar kein ETF, aber ein nach wissenschaftlichen Kriterien aufgebauter Fonds. Mehr Infos unter https://www.arero.de/. Ziel ist es, über passive Investments in diverse Anlageklassen, ein optimales Verhältnis zwischen Risiko und Rendite (hängen immer zusammen) herzustellen. Gerade der wissenschaftliche Ansatz ist vll für deinen Mann interessant. Ich bespare den Fonds jetzt seit einer Weile und fühle mich gut damit. Sicher gibt es andere ETFs, die in der Vergangenheit besser gelaufen sind. Ein typischer Anfängerfehler ist aber auch, sich zu viele ETFs zuzulegen und sich da zu verzetteln. Das jährliche Rebalancing wird dann zum Stresstest. Der Arero nimmt dir da viele Entscheidungen ab und ist gerade am Anfang überschaubar.

 

Viel Erfolg auf eurem Weg!

Hallo Anni,  erstmal herzlich willkommen!

ich denke, Riester ist nicht das größte Thema.  Die Wohnkosten sind bei den meisten der größte Brocken. Deshalb würde ich nicht grundsätzlich das Haus ausklammern. Größe, Lage, Höhe des Kredits durchaus durchrechnen. Ist das alles sinnvoll? Eine Option ist immer sich zu verkleinern, wenn die Kinder aus dem Haus sind.

Sondertilgung hängt von der Risikobereitschaft ab. Ich persönlich würde lieber erst die Schulden tilgen.  Auch aus steuerlicher Sicht. Zinserträge/ Dividenden sind zu versteuern, während Schuldzinsen für selbstgenutzes Wohneigentum nicht absetzbar sind.

Beim Auto ist es aber klar.  Lieber ein altes gebrauchtes oder gar keins, wenn möglich, als eines mit Finanzierung.

Über den Dispo müssen wir nicht reden - Dispo ist nur gut für den Banker und sonst niemanden. So schnell wie möglich tilgen. Anregungen hier im Forum (z.B. Nichts kaufen, was man nicht essen kann, etc.)

Ohne Schulden schläft es sich einfach besser.

Mit dem Haus: Persönlich würde ich auch zusehen, zuerst die Schulden auf eine handhabbare Summe zu reduzieren, bevor groß in was anderes investiert wird. Manche reden derzeit zwar von Jahrzehnten ohne Zinsen, die uns bevorstehen könnten, aber wer weiß. Wir haben 2010 zu 4% finanziert, damals sagte uns niemand vorher, dass das recht schnell deutlich runtergehen würde, eher im Gegenteil.

Mit dem Verkleinern, wenn die Kinder ausziehen: Nicht alle ziehen mit 18 oder 20 gleich aus, und wenn, dann wohnen sie nicht unbedingt am Ort, man freut sich dann sicher gelegentlich über Besuch... wenn Enkelkinder da sind, die dann auch mal bei der Oma schlafen wollen, kann man ein Kinderzimmer auch gut brauchen. Mit Familie ändert sich der Platzbedarf nicht unbedingt schlagartig, nur weil einer ausgezogen ist.

@n Ja, das ist Wahnsinn, wie stark das schwankt. Meine Eltern haben damals mit 8% oder so gebaut und als sie im Alter noch mal gebaut haben mit 1,8%... ich war übrigens immer sehr froh, dass unsere Kinderzimmer noch da waren, wenn wir sie mit unseren Kindern (damals zu viert) besucht haben und wir immer noch den Platz hatten.

Das Wohnen ist zwar meist der größte Finanzposten, aber sicher auch eine Grundsatzentscheidung. Wenn wir konsequent das Haus abzahlen, dann würden sich die Nebenkosten für GEZ, Telefon/Internet (rechne ich mal als notwendig), Wasser/Abwasser und Müll/Grundsteuer auf unter 300€ belaufen (und der größte Posten ist die Steuer aufgrund der Grundstücks- und Hausgröße). Strom kommt aus ner PV-Anlage mit Akku. Auch wohnen wir auf dem Dorf, was einerseits niedrigere Lebenskosten als beispielsweise ne Großstadt verspricht, gleichzeitig aber auch heißt, dass man für ein Haus meist nur einen guten Preis bekommt, wenn grad jemand sucht, i. d. R. wird man Häuser hier eher nicht gut los.

Ich hab noch mal ne Grundsatzfrage - die Idee der finanziellen Unabhängigkeit heißt im Prinzip nur, dass mir monatlich netto mehr Geld zur Verfügung steht, als ich ausgebe. Es ist aber egal, woher es kommt, ja? Ob es nun ein vermietetes Haus, Fondserträge oder in meinem Fall (bin ja Beamtin) ein (Früh)rundestandsgehalt wäre ist egal? An meiner Pension tut sich natürlich nicht viel (im Fonds wächst das Geld, meine Pension kriege ich immer nur gleich ausgezahlt bzw. sie wird mit Glück alle paar Jahre mal an die Inflation angepasst). Da für meinen Mann das gleiche gilt, haben wir hier zumindest einen guten Grundstock an "passivem" Einkommen fürs Alter.

Zum Thema Riester versuche ich übrigens grad mal spitz zu rechnen und wäre noch für Tipps dankbar, ich schreib das allerdings in einen anderen Thread, weil es da glaube ich besser reinpasst. Danke euch 🙂

Hallo Anni bzw. alle zusammen,

das ist mein zweiter Beitrag hier (von hoffentlich noch vielen).
Mein erster war hier und zeigt ein bisschen, wie ich das Thema Frugalismus sehe:
https://frugalisten.de/forum/topic/frugalismus-schaedlich-fuer-die-psyche/#postid-3307

Ich musste mich speziell in diesem Thread auch gleich mal einklinken, da meine Frau und ich ebenfalls zwei Beamte sind (allerdings nur mit zwei Kindern).
Alterstechnisch sind wir euch, Anni, allerdings minimal voraus (Ich bin 40).

Vielleicht kann ich dir aus meiner Sicht noch ein paar Tipps geben:
Ich investiere selbst schon seit ca. 20 Jahren an der Börse und musste besonders anfangs viel Lehrgeld zahlen (Einzelaktien etc). Mittlerweile bin ich auch der Meinung, dass man den Markt nicht schlagen kann und Passives Investieren in ETFs oder ähnliche Fonds mit günstigen Gebühren die beste Methode sind und auch die Nerven am wenigsten belasten (das ist ja auch nicht unwichtig).
Der hier schon genannte Arero Fond ist neben ETFs wirklich zu empfehlen. Ich hab den selbst im Depot und zusätzlich noch den "Siemens Balanced" (defensiver Mischfond mit nur 0,34% Kostenquote...ähnlicher Fond wie der Arero).

Trotz der niedrigen Darlehenszinsen bin ich aber der Meinung, dass das Abbezahlen von Schulden an erster Stelle stehen sollte. Warum? - Weil das rein Psychische auch eine sehr große Rolle spielt wie eigentlich bei jeder Sache im Leben. Das Gefühl, komplett schuldenfrei zu sein (nachdem man etliche Jahre davor nen fetten Batzen Darlehen hatte), ist einfach unglaublich. Diese Sicherheit ist elementar wichtig. Bei mir war es glücklicherweise schon mit 37 Jahren der Fall - da hatten wir unser kleines Häuschen abbezahlt gehabt. Seither arbeiten wir auch beide nur noch Teilzeit.
Ausnahme:
Sollte die Börse komplett einbrechen (was ja immer sein kann), dann könnte man sich überlegen, etwas umzuschwenken und in den Markt reinzugehen, weil die Chance, hier noch besser wegzukommen, dann natürlich größer ist.

Von Riester bin ich absolut kein Fan.
Warum? - weil ich von allen Anlagen, an die man erst später rankommt, nix halte.
Zudem holt sich der Staat die Zulagen später zurück, da man die Riester-Rente ja versteuern muss (und das ist bei unserer Beamten-Pension nicht gerade wenig!).
Zu Wohn-Rieste kann ich allerdings nix sagen muss ich zugeben - da kenn ich mich zu wenig aus.

"Finanziell unabhängig" - der Begriff kann ziemlich individuell ausgelegt werden.
Ich würde ihn so interpretieren (für mich), dass ich soviel Geld habe, um nicht mehr extrem von anderen abhängig zu sein (Arbeitgeber, andere Leute usw).
Gar nicht mehr arbeiten muss nicht mal sein.
Würde ich als Beamter 20% arbeiten und hätte in der Hinterhand eine halbe Millionen Euro plus Haus (=kostenlos wohnen), dann würde ich das schon als "finanziell unabhängig" sehen.

Als Beamter würde ich übrigens nie einfach so komplett kündigen und aufhören. Ihr wärt dumm, wenn ihr beide später einfach mal eure beiden Lebenszeitstati aufgeben würdet - einer sollte zumindest "im Boot" bleiben und sei es nur mit der Mindestarbeitszeit von 8 Std.

Man weiß eben nie, was im Leben noch kommt oder auch welche Gesetze sich ändern. Wie ich schon im anderen Post drüben geschrieben hatte: Dem Staat traue ich (vielleicht gerade als Beamter) nicht. Wenns blöd läuft, sind in 30 Jahren die, die gespart haben wie verrückt, dann die Idioten (und sei es nur aufgrund von irgendeiner neuen Besteuerung auf Eigentum, Fondgewinne etc). Daher lebe ich schon "im Jetzt" sinnvoll und genieße das Leben, aber eben nicht mit hirnlosem Konsum (wie es die meisten Gutverdiener heute tun), sondern durch sinnvolles Nutzen der Zeit mit meiner Familie. Viel Geld sehe ich eher als das, was mir hilft, mein Leben aktuell angenehmer zu gestalten (weniger arbeiten, das tun zu können, was mich glücklich macht etc).

Hallo Anni,

Hallo Siebert,

Hallo Alle 🙂

 

Auch einer meiner ersten - der dritte - Beitrag, ebenfalls als Beamter mit Kindern und der Frage, wie macht man es optimal im Sinne einer Work-Life-Balance.

Deine Ausführungen Siebert fand ich schon sehr gut, davon würde ich vieles auch als für mich passend unterschreiben. Ich versuche auch mehr im Jetzt zu frugalisieren (kann man das so sagen?), wer weiß schon, was später noch kommt! Andererseits sollte man ja nicht außer acht lassen, dass wir potenziell die 100 Jahre knacken können und in meinem Fall z. B. auch langfristig eine Untersützung der Kinder wahrscheinlich erforderlich ist.

Es ist teilweise echt schwierig, abzuwägen, ob der momentane Zugewinn sinnvoller/wichtiger ist oder der zukünftige, bzw. welche Investitionen jetzt zwar erstmal hoch erscheinen mögen sich aber langfristig auszahlen - und ich sehe auch Zeit,, also Freizeit im Sinne von nicht mit Arbeit verbrachter Zeit als Investition an, die sich vor allem was die Familie und auch die eigene physische wie psychische Gesundheit anbelangt später hoffentlich auszahlt!

Hallo Anni,

die Überschrift hat mein Interesse geweckt und mich aus der passiven Leser-Ecke gedrängt. Da unsere Voraussetzungen relativ ähnlich sind, kann ich Deine/Eure Situation gut nachempfinden und möchte einige Gedanken runterschreiben:

Frugalismus und finanzielle Unabhängigkeit sind für Beamte mit Kindern und Haus (-Kredit) vermutlich unerreichbare Ziele. Das finde ich aber nicht schlimm und empfinde es als inspirierend und hilfreich, weniger Geld auszugeben und Ressourcen zu verbrauchen und damit jetzt und/oder später mehr Zeit für Spaß, Familie und Freiheit zu haben.

Verglichen mit einer Immobilie ist ein ETF-Investment oder ARERO etc. mMn ein sehr niedriges Risiko: Die Immobilie steht in dem Land, in dem ihr arbeitet, irgendwann Pension bekommt usw. Alles hängt von Deutschland ab. Breit gestreute Aktien-ETFs reduzieren das Gesamt-Risiko deutlich, da diese zusätzlich diversifizieren und langfristig eine sichere Rendite generieren. Daher würde ich auch eher zu einem oder mehreren ETFs wie zum Beispiel dem MSCI-World oder ACWI raten.

Wir/ich habe es so gemacht, dass wir anfangs priorisiert unseren Haus-Kredit abbezahlt und erst langsam mit dem Investieren begonnen haben. Das war gut, um Sicherheit herzustellen und Börsen-Erfahrungen zu sammeln. Mittlerweile ist der Kredit auf einem Niveau, dass uns Änderungen des Zinses etc. nicht beängstigen. Als Beamter mit sicherem Einkommen und im Verhältnis viel Immobilienvermögen investiere ich zunehmend mehr in ETFs. Ich erlaube mir auch, antizyklisch zu handeln: ETFs werden gekauft, um sie zu behalten. Wenn die Aktienmärkte hoch stehen, investiere ich aber weniger und baue einen Puffer auf, tätige eine Sondertilgung fürs Haus etc. Wenn die Aktienmärkte niedrig sind, erlaube ich mir als Beamter, meine Reserven auf ein Minimum zu reduzieren und möglichst viel günstig einzukaufen. Antizyklisches Handeln finde ich gut und wichtig, da es erlaubt, sich über fallende Kurse zu freuen. Da sehe ich Vorteile als Beamter, da man sicher weiß, dass das Gehalt/Sold (pünktlich) kommt.

Liebe Grüße

RoMario

 

 

Zitat von RoMario am 27. April 2021, 19:23 Uhr

Frugalismus und finanzielle Unabhängigkeit sind für Beamte mit Kindern und Haus (-Kredit) vermutlich unerreichbare Ziele. Das finde ich aber nicht schlimm und empfinde es als inspirierend und hilfreich, weniger Geld auszugeben und Ressourcen zu verbrauchen und damit jetzt und/oder später mehr Zeit für Spaß, Familie und Freiheit zu haben.

Hey RoMario, darf ich fragen warum dich dein Beamtentum daran hindert, finanziell unabhängig zu werden? Ich arbeite auch im öffentlichen Dienst (nicht verbeamtet) und habe verbeamtete Kollegen auf genau meiner Position mit deutlich höherem Netto - das sind locker 200-300 € (ergo: höhere mögliche Sparrate).

Der Einwand, man sei ja an seine Pension gebunden ist schlichtweg zu kurz gedacht - was kümmert dich deine Pension, wenn du genügend finanziellen Freiraum hast und mit einem Leben als Frugalist zufrieden bist? Wenn es dir nur wichtig ist, nicht auf die hohen Pensionen zu verzichten, dann gebe ich dir Recht: Da wirst du niemals finanziell unabhängig (bzw. erst mit Eintritt ins Pensionsalter).

Auch eine Hausfinanzierung hindert dich nicht am vorzeitigen Ruhestand - wer zwingt dich denn, dieses Haus für den Rest deines Lebens selbst zu bewohnen (oder zu verkaufen)? Dort wo andere dann 500.000 € invesitert haben, bekommt der Hausbesitzer dann Miete für sein abbezahltes Haus. Die könnte dann in ein frugales Leben auf dem Land oder eine kleinere Wohnung in deiner Wunsch-Stadt investiert werden. Das sind natürlich nur ein paar Beispiele. .

 

Hallo Arnim,

vielen Dank für deinen Kommentar und die Anregungen. Das mit dem Haus verkaufen etc. hatte ich nicht aufm Schirm, da das in meinem Umfeld nicht üblich ist 😉  Auch gefällt mir unser Leben so wie es ist eigentlich ganz gut. Von der Seite her gibt es keine gravierenden Gründe, etwas radikal zu ändern…

Zur Frage, warum ich FI in meiner Situation (bzw. für Beamten mit Haus und Kindern) für unerreichbar halte: wir haben mit Haus und Kindern in den 30ern angefangen. Mit Elternzeit und Arbeitszeitreduzierung auf der einen Seite und dem Immobilien-Kredit auf der anderen Seite, sind unsere Möglichkeiten ein Vermögen aufzubauen eher begrenzt.

Jetzt ist das mit Gehalt und Vermögen natürlich immer relativ. Wir haben genug Geld, um das zu machen und kaufen, was wir wollen und noch etwas zu investieren. Das Beamtentum schließt mMn finanzielle Risiken genauso aus wie finanziellen Reichtum. Aber das ist wie gesagt ja immer relativ.

Wichtig ist/wäre natürlich, die Begrifflichkeiten und Ziele zu definieren. FI wäre für mich (und ausm Bauch), in „jungen Jahren“ so viel Geld zur Seite zu legen, dass man irgendwann, ohne aufs Geld zu schauen, das machen kann, was man will. Das „Irgendwann“ müsste für mein Empfinden möglichst früh (vielleicht in den 40ern?) erreicht werden, damit es sich noch lohnt – mit 60 Jahren das Beamtenverhältnis zu kündigen, empfinde ich aus finanziellen Gesichtspunkten als weniger lohnend.

Für uns und mich denke ich, dass ein Finanzpolster im Jetzt viel Sicherheit schafft und in der Zukunft vielleicht zusätzliche Optionen ermöglicht (wie z. B. eine Arbeitszeitreduzierung), die ohne Rücklagen nicht machbar wären. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Arnim, wie ist dein Plan? Gibt es entsprechende Gegenentwürfe?

Hey RoMario,

als Gegenentwurf würde ich das nicht bezeichnen, aber ich habe dir mal meine Vorstellung unten angefügt.

https://frugalisten.de/forum/topic/kleine-vorstellung/

Man braucht kein abstruses Gehalt für die FI, gerade wenn sich die Partner einig sind, wie mit den gemeinsamen Finanzen umgegangen wird.

Man braucht nur viel Zeit : )

Wenn ihr kleine Änderungen vornehmt, wie sie hier oft und toll von Oliver beschrieben werden, könnt ihr eure Sparquote garantiert deutlich erhöhen und auch mit Kindern irgendwann FI werden. Das schöne an Kindern ist ja auch, dass sie irgendwann ausziehen und auf eigenen Beinen stehen ; ). Und ich denke es macht einen enormen Unterschied, ob ich mit Anfang/Mitte 50 in den Ruhestand gehe oder mit (derzeit noch) 67.

 

Hey Arnim,

deine Kommentare und Vorstellung (en) lesen sich für mich sehr vernünftig und nachvollziehbar. Die 300er-Regel hat mich übrigens auch nachhaltig beeinflusst!

Ich wünsche dir in jedem Fall alles Gute auf dem Weg zu FI. Ob oder wann ich FI erreiche, wird die Zeit zeigen. Das Leben hält sicherlich viele Überraschungen für uns bereit - hoffentlich meist positive. Und falls nicht, schadet ein Finanzpolster nie.

Für unsere aktuelle Situation (Kinder, Haus, Arbeitszeitreduzierung) sparen/investieren wir mMn recht viel, gönnen uns aber auch die Sachen, die uns wichtig sind (z. B. Familienurlaub auf dem Bauernhof). Mir ist wichtig, dass ich nicht auf eine glückliche Zukunft hin spare, sondern auch heute schon glücklich bin - dann kann man bestenfalls  finanziell positiv überrascht werden, ärgert sich aber auch nicht, wenn etwas nicht geklappt hat (z. B. Sparsumme X erreichen oder eine zu optimistische Rendite-Erwartung).

LG RM

Hallo RoMario,

jetzt ist der alte Post ja doch noch mal aus der Versenkung gekommen 🙂 Da will ich dir wenigstens antworten.

Ich glaube der wichtigste Punkt ist wirklich die Zeit - hätte ich mit Anfang 20 schon mehr Ahnung von Finanzen gehabt und nicht erst mit Anfang/Mitte 30 (und damit meine ich einen normalen Umgang mit Geld, nicht bühnenreifes Investieren), dann hätte ich sicherlich viele Entscheidungen anders getroffen.

Aber so ist das ja im Leben, und nun haben wir zwei Beamtenjobs und ein Haus in einem auflebenden Ballungsgebiet. Klar hätte man auch zur Miete wohnen können und 3000€ monatlich Investieren, aber für uns ist es eine gute Entscheidung. Wir haben keine 90-Wochenstunden-Jobs mit irrwitzigem Jahresgehalt, sondern das ganz "normale" Beamtenleben - wie du sagtest, man wird nicht reich, aber gerade in Coronazeiten wissen wir diese Sicherheit zu schätzen mehr denn je.

Auch unser Haus ist für uns eine gute "Investition" (ist natürlich keine, solange wir nicht verkaufen, aber das ist auch nur im übertragenen Sinne gemeint), denn wir haben nicht vor wegzuziehen und haben mittlerweile 4 Kinder - ich habe gerade letztens eine Reportage auf NDR gesehen über die explodierenden Hauspreise der letzten 10 Jahre und mittlerweile würde ich mich nicht mehr drauf verlassen, überall problemlos auf dem Land Miethäuser/-wohnungen für 6 Personen zu finden, die erschwinglich sind. Außerdem erfüllt uns unsere Gartenarbeit sehr.

Wir haben jetzt sehr zaghaft mit den ersten 500€ angefangen - ich weiß, ein Witz, aber es geht einfach um das Gefühl und den Einstieg.. darum, die Angst zu verlieren vor dem Aktienmarkt. Ich beobachte die täglichen Kursschwankungen und bekomme ein Gefühl dafür, wie "normal" das ist. Es stört mich auch nicht. So wollte ich dich noch fragen - woran liest du ab, wann die Zeit für dich reif ist, wieder zu Kaufen (azyklisch) - wartest du bis zu einem bestimmten gefallenen Wert oder wie muss ich mir das vorstellen?

Unsere Priorität liegt im Moment noch auf der Schuldentilgung, hatten ja zu unserer Schande einen Dispo und auch ein finanziertes Auto - das ist aber bald passé und dann legen wir unser Geld erst mal in den Indexfonds, Sondertilgen macht im Moment für uns weniger Sinn, weil wir diese extreme Sicherheit nicht brauchen. Wir tilgen sehr gut aktuell mit über 8% und selbst wenn der Zins in 6 Jahren steigen sollte, können wir dann immer noch schauen, ob wir das Geld für eine Nachfinanzierung heranholen.

Ein extrem wichtiger Punkt, den wir auch für uns in den letzten Jahren entdeckt haben - wir wollen unser Leben jetzt genießen und auch etwas von den Kindern haben und nicht erst mit 60 oder 65. Wenn das Haus in 15 Jahren abbezahlt ist, könnten wir theoretisch auch mit einem Gehalt auskommen, wobei dann sicher die Kids mit dem Studium anfangen oder sich neue Kosten auftun, bei 4 Stück wird's sicher immer was geben - deshalb wollte ich auch mit dem Investieren beginnen. Mein Mann und ich kommen super mit unseren Gehältern klar und haben auch eine mehr als auskömmliche Pension. Aber unseren Kindern 1. mehr über Finanzen beizubringen, als wir es selbst von unseren Eltern mitbekommen haben und 2. nicht bei Null starten zu lassen, ist ein sehr schönes Gefühl. Dann ist es auch egal, ob es erst in 30 Jahren soweit ist - für uns ein bisschen spät, aber für unsere Kinder ideal.

Ich freue mich über den neuen Input hier und bekomme immer wieder neue Denkanstöße.

Liebe Grüße

Hey Anni,

herzlichen Glückwunsch zu vier Kindern - sehr schön! Das mit Haus und Tilgung machen wir ähnlich.

Du fragtest nach dem antizyklischen Investieren. Ich mache/versuche es in etwa so, dass ich den Großteil meines zu investierenden Geldes (ca. 80 %) direkt und ohne nachdenken investiere und auch nicht verkaufe (Market-Timing klappt nachweislich nicht). Ich will aber etwas Reserve (maximal 20%) haben, um in Crash-Zeiten nachzukaufen - z. B. 10% investieren wenn der ETF 20% unter Höchststand ist, die letzten 10% investieren, falls der ETF über 40% fällt. Ich empfinde es in Krisenzeiten als sehr motivierend und psychologisch unterstützend, billig nachkaufen zu können und sich damit auch über fallende Kurse freuen zu können 😀

Um unseren Kindern die Finanzen etwas näher zu bringen und für die Zukunft vorzusorgen, investieren wir in separate Kinder-Depots. Das ist aber nicht so viel, da momentan nicht mehr drin ist und wir aber auch nicht wollen, dass unsere Kinder mit 18 Jahren "zu vermögend" sind...

LGRM