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Wir brauchen ein Unternehmens-Beteiligungsgesetz mit staatlicher Förderung, der Weg zum "Bürger-Kapitalismus"

Knapp 60% aller Arbeitnehmer arbeiten in einem mittelständischen Betrieb. Nur selten gibt es hier eine Beteiligung der Mitarbeiter am Unternehmen. Während es bei großen Aktiengesellschaften den Mitarbeitern möglich ist, über Aktien am "eigenen" Betrieb beteiligt zu sein, ist die Beteiligung der Mitarbeiter an einer GmbH oder ähnlichen Rechtsform des Mittelstandes unüblich.

Hier sollte Abhilfe her. Denn es wäre viel besser, wenn mehr Mitarbeiter an Unternehmen beteiligt wären. Zum einen würde dann auch Unternehmensvermögen breiter gestreut werden und sich nicht in den Händen weniger konzentrieren.
Zum anderen würden die Mitarbeiter dann das Wirtschaften überhaupt viel besser verstehen. Es könnte eine Art "Bürger-Kapitalismus" entstehen. Die Mitarbeiter erkennen dann, dass die Investition von Geld wohl überlegt sein muss und dass Geld verloren gehen kann, dass dieses Risiko über einen attraktiven Zins (Dividende, Ausschüttung) zu vergüten ist.
Am besten wäre es, wenn die Mitarbeiter sich an dem Unternehmen beteiligen könnten, in dem sie auch tätig sind. Dann würden sie sich noch mehr für das eigene Unternehmen und seine Entwicklung interessieren. Sie erkennen dann auch, dass sie als Arbeitnehmer die Rendite des Kapitals zu erwirtschaften haben. Dass also ihr Lohn indirekt um einen Teil für die Kapitalrendite geschmälert wird. Und dass sie diesen Teil zurückgewinnen können, wenn sie über Kapital Miteigentümer am Unternehmen werden.

Wie könnte solch eine Beteiligung aussehen? Eine Blaupause könnte das Wohnungs-Eigentums-Gesetz sein. Es entstand erst im Jahr 1951. Bis dahin waren alle Bewohner von Mehrfamilienhäusern wie selbstverständlich Mieter. Sie zu Miteigentümern zu machen, wurde erst durch dieses Gesetz möglich.

Es könnte analog ein "Unternehmens-Eigentums-Gesetz" entwickelt werden ähnlich dem Wohnungs-Eigentums-Gesetz.
Es müsste darauf abheben, dass Mitarbeiter Miteigentum am "eigenen" Unternehmen erwerben können.
Es könnte z. B. die Rechtsform der Mitarbeiter-Aktiengesellschaft entwickelt werden.
Es sollte auch möglich sein, die Anteile zu finanzieren - ähnlich wie man Wohneigentum zunächst finanziert und per Tilgung "nachspart".
Beim Wechsel des Arbeitsplatzes würde der neue Mitarbeiter die Anteile erwerben.

Und eine staatliche Förderung könnte dadurch erfolgen, dass die Dividenden aus diesen Beteiligungen steuerfrei gestellt werden. Ähnlich wie auch die ersparte Miete aus der eigengenutzten Eigentumswohnung steuerfrei ist.

Bürger die Eigentümer ihrer schuldenfreien Wohnung sind und schuldenfreie Miteigentümer "ihres" Unternehmens wäre die Vision eines modernen, sozialen "Bürger-Kapitalismus".
Das wäre der Gegenentwurf zu einem Sozialismus mit Staatseigentum insbesondere an Produktionsmitteln aber auch an Wohnungen. Hier wird die Verantwortung "sozialisiert" statt sie so nahe wie möglich beim Bürger anzusiedeln. Beim Bürger-Kapitalismus werden dagegen Rechte und Verantwortung über Eigentum so nahe wie möglich beim betroffenen Bürger verortet.

, der den Nachteil hat, dass Eigentumsrechte und Verantwort noch oben delegiert werdenund deshalb die Bür  darstellen könnte.

 

Zitat von FredFinanzFuchs am 10. März 2021, 9:35 Uhr

Am besten wäre es, wenn die Mitarbeiter sich an dem Unternehmen beteiligen könnten, in dem sie auch tätig sind.

Nee, das wäre eigentlich das Schlechteste, da die Diversifikation verloren geht.
Entwickelt sich mein Unternehmen schlecht ist:

  1. Mein Arbeitsplatz in Gefahr
  2. Meine Unternehmensbeteiligung in Gefahr immer weniger wert zu werden, oder sogar nichts mehr wert zu sein.

Durch eine Arbeitnehmerbeteiligung am Unternehmen würden ja zudem keine Löhne steigen, es würde die Beteiligung zum Gehalt ja nicht kostenlos zusätzlich geben, sondern anstatt von Gehalt.
Damit wäre solch eine Beteiligung eine Verpflichtung und eine Minderung an Freiheit. Denn der Arbeitnehmer könnte nicht mehr mit seinem frei verfügbarem Kapital in das Unternehmen seiner Wahl investieren. Stattdessen wäre er mit Anteilen seiner Arbeitgeber bedient.

Darüber hinaus würde es Unternehmen, welche einmal in eine Krise geraten dadurch zusätzlich erschwert werden gute Bewerber für ausgeschriebene Stellen zu finden. Denn es würde nicht mehr nur genügen finanzielle Anreize zu schaffen, auch die Zukunftsaussichten des Unternehmens würde eine viel grössere Rolle bei der Wahl des Arbeitsplatzes spielen, als sie es aktuell tut. -> Gefahr für das Unternehmen in eine Abwärtsspirale zu geraten.

Der Bürger hat auch jetzt schon die Verantwortung für sein Eigentum. Ich kann noch nicht erkennen, wieso dies durch Ihre Vorschläge gestärkt werden würde.

@sparschwein: Danke für die Gegenargumente, das hilft bei der Konzeptentwicklung

1. Zum Diversifizieren:

Beim Diversifizieren stellt sich die Frage, wie hoch denn der Unternehmenswert je Mitarbeiter ist. Um welche Beträge geht es eigentlich im Durchschnitt?
Ein einfaches Verfahren, um den Unternehmenswert zu berechnet ist EBIT (Gewinn vor Steuern und Zinsen) mal Branchenfaktor. Der beträgt im Durchschnitt 4,5.

Die Umsatzrendite im Mittelstand liegen im Schnitt bei 10%. Die Mehrheit der Unternehmen erzielten weniger als 1 Mio. Umsatz. Also rund 100.000 Umsatzrendite. Im Schnitt haben die Unternehmen 7 Beschäftigte. Wenn wir einen Unternehmenswert von 450.000€ annehmen, so sind das je Mitarbeiter 64.000

Das sind natürlich alles grobe Werte und Durchschnittszahlen. Aber es zeigt sich, dass man mit rund 64.000 in Unternehmensbeteiligungen denjenigen Ertrag erzielt, den die Eigentümer des Unternehmens erzielen, in dem man arbeitet je Arbeitsplatz. Nun sind die Arbeitsplätze natürlich auch noch unterschiedlich wichtig.

Aber wenn wir 2.000€ monatliches Einkommen nehmen und dann das 25-fache Jahreseinkommen rechnen, dann brauchen wir dafür ein Vermögen von 600.000.

Der eigene Arbeitsplatz wären also "nur 10% davon - also 90% würden wir an anderer Stelle investieren, also genügend diversifizieren. Anfänglich sollten die Beteiligungen auch finanziert werden und ähnlich wie bei Wohneigentum 20% Eigengeld sinnvoll sein. Das wären also zum Start im Schnitt rund 13.000€. Und danach tilgt man als den Dividenden (siehe 3.) und investiert so weiter. Für die Sicherung der Bankfinanzierung gibt es dann wie beim Wohnungsgrundbuch ein Unternehmensbuch mit eigenem Blatt je Arbeitsplatz.

2. Die Gefahr für den Arbeitsplatz und die Beteiligung

Das ist ja ein gewichtiger Grund für dieses Konzept: Die Arbeitnehmer interessieren sich als Mitunternehmer viel mehr für das Schicksal und die Gefahren für das eigene Unternehmen und den eigenen Arbeitsplatz, weil es sie persönlich nun auch noch mit eventuellem Kapitalverlust betrifft. Sie werden also sich ins Zeug legen, dass hier alles besser wird.

3. Lohnsteigerung bzw. Rendite der Beteiligung?

Nein, die Löhne würden nicht steigen. Aber der Mitarbeiter ist nun zusätzlich am Gewinn/Verlust beteiligt. Bei unseren Beispielszahlen mit 100.000 Gewinn und 64.000 für 1/7 des Unternehmens würden je Mitarbeiter 14.000€ Gewinnanteil entstehen. Also rund 22% Rendite. Und bei Finanzierung gehebelt prozentual noch höher!

Und nach meinen Empfehlungen für eine Förderung solcher Beteiligungen wären diese steuerfrei (Deckelung z, B. bei 1.000€ monatlich). Also mehr als 1.000€ netto monatlich zusätzlich steuer- und sozialversicherungsfrei- aber natürlich mit Risiken und Verantwortung verbunden. Für den Normalverdiener superattraktiv! Aber man trägt auch das Risiko des Kapitalverlustes.

4. Unternehmen in der Krise

Die wären besonders günstig zu kaufen. Hier wäre von den Bewerbern also nahezu kein Kaufpreis für den Unternehmensanteil aufzubringen. Die haben es also leichter, neue Mitarbeiter zu finden. Die guten und teuren Unternehmen haben durch den Kaufpreis des zu erwerbenden Unternehmensanteils eine Art Einstiegsbarriere. Aber die könnten den Bewerbern den Unternehmensanteil vorfinanzieren.

5. Schon jetzt viel Verantwortung

Richtig und gut. Aber wer Eigentum breiter streuen will, der streut automatisch auch Verantwortung breiter. Wenn ich meine Wohnung kaufe, dann übernehme ich für sie Verantwortung und interessiere mich für die Lage, den Preis, die Bausubstanz, die Finanzierung, das Vertragswerk.

Wer auch Unternehmenseigentum breiter streuen will, der muss auch hier die Risiko- und Verantwortungsbereitschaft fördern: Das Interesse für die Branche, für das Alleinstellungsmerkmal, für das Marketingkonzept, für die aktuelle Gewinnsituation, für Kosteneinsparmöglichkeiten... Und das kann ich besser bei einem Unternehmen beurteilen, bei dem ich arbeite als bei irgendeiner Aktiengesellschaft.

Alles natürlich nicht als Zwang sondern als Modell für Menschen, die mehr Verantwortung übernehmen wollen. Als Vision für einen langfristigen, nachhaltigen Wandel. Als Gegenmodell für eine Vergesellschaftung. Privatisierung statt Vergesellschaftung ist hierbei die Devise. Und Privatisierung heißt eigentlich nichts anderes als breitere Streuung des Eigentums und der Verantwortung. Die Rechte und Pflichten sollten möglichst bei den am meisten Betroffenen liegen.

 

 

 

Das Bild des vom Kapital ausgebeuteten Arbeiters scheint tief zu sitzen - das Bild hat sich in Deutschland in den vergangenen 150 Jahren glücklicherweise etwas geändert.

Zum WEG: Das sagt ja nichts darüber, wer eine Wohnung kauft. Als Eigentümer kann ich meine Wohnung verkaufen, muss es aber nicht. Und wenn, dann muss ich sie auch nicht an meinen Mieter verkaufen... den es dann auch nicht mehr gäbe...

Mit Wirtschaftsbetrieben ist es doch eigentlich ziemlich ähnlich. Ein Betrieb kann im Eigentum von mehreren Eigentümern/Gesellschaftern sein, jeder Gesellschafter ist frei, seine Anteile zu verkaufen, das kann auch ein Mitarbeiter sein, ind der kann auch zur Bank gehen, und sich das nötige Geld dafür leihen. Nur kann er auch einfach arbeiten gehen, ohne sich verschulden zu müssen.

Wenn man will, kann man auch jetzt so einen Betrieb gründen, in dem jeder, der dort arbeitet, auch Eigentümer ist. Hege durchaus Sympathien für das Konzept. Nur als generelles Konzept...

Eine starre Verknüpfung von Arbeit in und Eigentum an einem Betrieb hätte sicher die Konsequenz, dass es eine engere Bindung an den Betrieb gibt, möglicherweise hätte das positive Effekte auf die Produktivität - ich würde jedoch erwarten, dass die negativen Konsequenzen, wenn sowas von oben aufgezwungen wird, - v.a. auf der volkswirtschaftlichen Ebene, mehr als nur weit überwiegen. Das Ding wäre ein Bürokratiemonster mit planwirtschaftlichen Zügen. Die Anreize für Unternehmensgründungen würden dezimiert, die Hürden dafür, Personal einzustellen, würden massiv erhöht, die Hürden, eine Arbeit anzunehmen, ebenso. Das mit den volkseigenen Betriebe scheint mir als Idee insgesamt ausgegorener - nur führte das in der Vergangenheit nicht dazu, dass man Mauern bauen musste, um die Massen ausgebeuteter Arbeitnehmer des Kapitalismus draussen zu halten...

@namir Auch ich bin gegen eine starre Verknüpfung und gegen ein Bürokratiemonster. Am besten wäre es, wenn es eine steuerliche Motivation gäbe, sich zu beteiligen am eigenen Unternehmen.

Das könnte genauso geschehen wie bei der eigengenutzten Wohnung: Dort ist der Ertrag aus der Wohnung (die ersparte Miete) steuerfrei. Genauso könnte auch der Ertrag aus der Beteiligung am Unternehmen, in dem man selbst arbeitet, steuerfrei gestellt werden. Das können durchaus 1.000€ monatlich sein, wie oben von mir vorgerechnet.

So wäre man besonders motiviert, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen und nicht an einem anderen Unternehmen, bei dem man Erträge zu versteuern hat. Ähnlich wie beim Investment in eine vermietete Wohnung. Dort sind die Erträge steuerpflichtig.

Es geht mir nicht um die Verteufelung von angeblichen Ausbeutern. Es geht mir um mehr Selbst- und Mitbestimmung der Bürger. Und genauso wie bei der Wohnung sollte das auch bezüglich des Arbeitsplatzes in größerem Umfang möglich werden.

Und am besten geht das über Eigentum und Miteigentum. Man kann mehr bestimmen, trägt aber auch mehr Verantwortung und Risiken (Verlust des Geldes). Ist deshalb aber auch besonders interessiert. Wer eine breitere Streuung des Eigentums will, der muss auch erkennen, dass das auch mehr Verantwortung beim einzelnen Bürger bedeutet. Aber dafür auch mehr Selbst- und Mitbestimmung.

Hier ein paar Ideen, wie die Arbeitsplatzsuche aussehen könnte, wenn man auch eine Beteiligung am Unternehmen erwerben könnte. Man würde sich viel mehr für Details über das Unternehmen interessieren.