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Wie weiter investieren?

Hallo,

letztes Jahre habe ich so angefangen in thesaurierende ETFs zu investieren:

66,7% in MSCI World

13,3% in Europa

20% in Emerging Markets

Den USA Anteil empfand ich zu groß, daher noch etwas Europa beigemischt. Genau weiß ich nicht mehr, wie ich drauf kam, ich glaube ich hatte bei justetf.com ein paar Musterportfolios angesehen.

Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass ich einen Fehler gemacht, weil ich nicht den Sparerpauschbetrag ausnutze.

Also habe ich angefangen, ausschüttende "high dividend" ETFs zu besparen, um damit den Sparerpauschbetrag möglichst schnell zu erreichen.

Nachdem das Ziel nun bald erreicht ist, frage ich mich wie es weiter gehen sollte?

Als Option habe ich mir überlegt:

  1. Die Thesaurierer wie oben weiter besparen
  2. Nur noch ausschüttende ETFs besparen (ähnliche Strategie wie oben: 67%, 20%, 13%), denn Arbeit mit Reinvestieren habe ich sowieso durch die Dividenden ETFs. Steuerlich macht das wohl auch nur eine sehr geringen Nachteil aus, wenn ich richtig informiert bin (Ausschüttungen werden u.U. erst am Ende des Jahres reinvestiert anstatt vielleicht schon ein paar Monate früher).
  3. Einen neuen ETF besparen (Multi Factor, z.B. Small Caps, Value, Momentum usw.)
  4. Anleihen, REITs, Rohstoffe oder sonstige Assetklassen besparen

Ich brauche die Ausschüttungen im Moment eigentlich nicht, gleichzeitig finde ich sie aber später für vorteilhaft, wenn man den Zeitpunkt erreicht hat, um davon leben zu wollen. Bei Thesaurierern fände ich es mental nicht so einfach Anteile zu verkaufen, weil nicht sicher bin, ob sich das Depot davon wieder erholt (also ob die 4% Regel wirklich funktioniert).

Oder kann man relativ einfach einen thesaurierenden ETF verkaufen und sich davon einen ausschüttenden kaufen, wenn man das Geld plötzlich braucht? Also im großen Stil, wenn 6-stellige Summen im ETF stecken. Oder macht das eigentlich keinen Sinn, da man eben doch einfach kleine Anteile vom Thesaurierer verkaufen sollte, um davon zu leben?

Und was haltet ihr von Option 3 und 4?

Zitat von csh am 25. August 2020, 14:31 Uhr

Ich brauche die Ausschüttungen im Moment eigentlich nicht, gleichzeitig finde ich sie aber später für vorteilhaft, wenn man den Zeitpunkt erreicht hat, um davon leben zu wollen. Bei Thesaurierern fände ich es mental nicht so einfach Anteile zu verkaufen, weil nicht sicher bin, ob sich das Depot davon wieder erholt (also ob die 4% Regel wirklich funktioniert).

Irgendwo hast Du, glaube ich, einen Denkfehler.

Thesaurier funktionieren genauso gut wie Ausschütter, was die 4-%-Regel angeht.
Ich versuche es Dir vereinfacht zu erklären:
Du kannst einen ETF in der Variante A oder Variante T kaufen. Genau dieselben Papiere drin, die bei einem marktweiten Crash zu Beginn Deiner Entnahmephase nach unten rauschen könnten. Hier liegt die Gefahr bei der 4-%-Regel - ein Kurseinbruch zu Beginn der Entnahme. Für beide Varianten genau gleich.

Beim Fonds A hast Du die Ausschüttungen selbst manuell wieder reinvestiert (mit Zeitverzögerung, Zeitaufwand und Kosten für den Kauf). Du hast bei ausreichendem Freibetrag (der auch gestrichen/gekürzt/durch Gewinnrealisierungen bei Fondsfusionen/-wechseln schon ausgereizt sein kann) ganz grob gleich viel Gesamtwert in Euro, aber weniger Stückzahl an Anteilen wie im anderen Fonds.
Beim Fonds T besitzt Du weniger Anteile, weil die Ausschüttungen im Fonds blieben, dafür sind die Anteile aber mehr wert. Die Ausschüttungen wurden noch nicht versteuert (Vorabpauschale mal außen vor, die ist zur Zeit sehr niedrig). Du läufst hier aber nicht Gefahr, dass doch in der Ansparphase Steuern anfallen, weil der Freibetrag nicht reichte.

Und jetzt willst Du anfangen, Geld zu entnehmen. Du kannst Anteilsbruchteile handeln, also sagst Du Deiner Bank, sie soll bitte für 2000 € Fondsanteile verkaufen. Sie muss vom Fonds A mehr Anteile verkaufen als vom Fonds T, um denselben Betrag in Euro zu erhalten. Wenn Du als Frugalist in der Entsparphase alle Register der Sparsamkeit gezogen hast, hast Du eine Nichtveranlagungsbescheinigung bei Deiner Depotbank eingereicht und musst keine Steuern zahlen, sondern kriegst die 2.000 € netto raus. Dann macht es keinen Unterschied.

Hast Du allerdings noch eine fette gesetzliche Rente und/oder noch Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, dann ist die Freibetragsausnutzung via Ausschüttern über die Gesamtdauer gesehen die bessere Variante, weil Du pro Jahr 800 € Ertrag steuerfrei erhalten und wieder investiert hast.

Aber hey, 800 € im Jahr sind wirklich nicht die Welt (und wer weiß, wie lange noch).

Soweit so klar. Bei Ausschüttern zahle ich die Steuern während der Ansparphase, bei Thesaurierern in der Entnahmephase, abgesehen von der Vorabpauschale.

Bei Thesaurierern kann ich zwar mehr anhäufen, zahle beim Entnehmen aber auch mehr Steuern. Netto sollte das doch sehr ähnlich sein, oder?

Bei Ausschüttern hat man die Arbeit in der Ansparphase (reinvestieren), bei Thesaurierern in der Entnahmephase (ausrechnen, wie viel man verkaufen darf, ohne das der Kapitalstock zurück geht), richtig?

Das Reinvestieren finde ich hier deutlich einfacher, aber man bezahlt es mit leicht geringerer Rendite, richtig?

 

Edit: hier wird einiges erklärt:

https://www.gerd-kommer-invest.de/depotentnahmen-mythen-und-missverstandnisse

Es scheint also völlig egal zu sein, ob Ausschütter oder Thesaurierer.

Sobald du den jährlichen Freibetrag ausnutzt, müssten Thessaurierer steuerlich einen leichten Vorteil bieten, weil die nach Abzug der Vorabpauschale verbleibende Rendite einen "Zinseszins" vor Abzug der Steuer generiert, während bei Wiederanlage nur die verbleibenden Ausschüttungen nach Steuer weitere Rendite produzieren. Dann gibts noch Leute, die zum Umgehen des FIFO-Prinzips bei der Versteuerung der Auszahlungen alle paar Jahre den besparten ETF wechseln. Theoretisch erhöht das nochmal den steuerlichen Vorteil von Thessaurieren. Ich weiß aber nicht, ob und bei welchen Beträgen sich das seit 2018 noch rechnet.

Warum Kommer den Punkt nicht als Vorteil erwähnt, wird im Artikel leider nicht ausgeführt, vielleicht ist der Effekt einfach zu klein. Der Vorteil erledigt sich auch schnell, wenn die Versteuerung des Thessaurierer durch irgendein Ereignis vorgezogen wird: Weil du umschichtest, weil der Fonds aufgelöst wird, weil du die Depotbank wechselst (sollte dort nocht passieren, tut es aber nach Berichten im WPF z.B. durch Fehler des Broker), oder weil sich die Steuergesetzgebung alle paar Jahre ändert. In letzterem Fall könnte es sogar zur Verschlechterung kommen, z.B. für Gutverdiener, wenn die fixen 25% mal durch den persönlichen Einkommenssteuersatz ersetzt werden.

Für mich bieten Ausshüttende Fonds einen psychologischen Vorteil.

 

Es triggert einfach immer wieder mein Belohnungszentrum in meinem Kopf wenn die ETF ausschütten.  Ich habe auch nicht aktiv nicht nach Dividenden gewählt sondern All World Fonds mit etwa 2% jährliche Ausschüttung. Der ETF den ich aktuell bespare:

Vanguard FTSE Developed World UCITS ETF Distributing

 

Den Freiberg von 1600 € auszuschöpfen ist das erste Ziel auf das ich hin arbeite.

Ich denke bis ich das geschafft habe ist es zur Gewohnheit geworden das Geld beiseite zu legen.

 

Zitat von Cricetus am 26. August 2020, 7:09 Uhr

Für mich bieten Ausshüttende Fonds einen psychologischen Vorteil.

 

Es triggert einfach immer wieder mein Belohnungszentrum in meinem Kopf wenn die ETF ausschütten.  Ich habe auch nicht aktiv nicht nach Dividenden gewählt sondern All World Fonds mit etwa 2% jährliche Ausschüttung. Der ETF den ich aktuell bespare:

Vanguard FTSE Developed World UCITS ETF Distributing

Diesen psychologischen Effekt halte ich auch für viel wichtiger als die ganze Steueroptimiererei. Das Depot muss sich gut anfühlen, nur dann ist das Kurs halten einfach.

Den Freiberg von 1600 € auszuschöpfen ist das erste Ziel auf das ich hin arbeite.

Ich denke bis ich das geschafft habe ist es zur Gewohnheit geworden das Geld beiseite zu legen.

Bei 1600€ eher das Ziel, auf das "ihr" hinarbeitet. 🙂

Ich arbeite daraufhin meine Frau zu überzeugen.

Aktien sind böse, pervers und man verliert nur Geld damit.

Inzwischen zeige ich ihr monatlich mein Depot und sie stellt Fragen.

Also es ist ein guter Weg. Aber es ist eben noch mein Depot und nicht unseres.

 

Zitat von csh am 26. August 2020, 0:14 Uhr

bei Thesaurierern in der Entnahmephase (ausrechnen, wie viel man verkaufen darf, ohne das der Kapitalstock zurück geht), richtig?

Ah, jetzt ist mir klar, woher der Denkansatz kommt.

Natürlich soll man auch den Kapitalstock verwenden (also das ehemals schon versteuerte "Grundkapital"). Sonst sind 2.000 € monatliche Entnahme auch nicht steuerfrei. Sie sind es aber, wenn bspw. die Hälfte des Depots (und der Entnahme) ursprünglich eingezahltes Kapital und nur die andere Hälfte Gewinne/noch zu versteuernde Dividenden sind.

Die 4-%-Regel rechnet definitiv mit Kapitalverzehr, das heißt, dass nach 30 Jahren (oder später, je nach Kursverlauf) das Depot leer ist.

Du sprichst hier indirekt die FIFO Entnahme Strategie an, die Oliver hier in seinem Blog beschrieben hat, oder?

Also nicht die alten Anteile verkaufen wo Höhe Steuern anfallen, sondern junge?

Klingt allerdings auch etwas aufwändiger.