Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Strategisch nachdenken

Ich habe eine dumme Frage: Wie geht ihr vor, wenn ihr strategisch über langfristige Entscheidungen (Jobwechsel, große Investition, Vorhaben mit massiven Auswirkungen auf das eigene Leben) nachdenkt? Macht ihr das nebenbei, schreibt ihr das auf, diskutiert ihr das mit einem Sparringspartner, ...?

Beispiel: Ich habe mal meinen Beruf gewechselt. Im Nachhinein betrachtet war es eine Fehlentscheidung, die ich mit ein wenig mehr Nachdenken hätte erkennen können. Bin gut aus der Sache herausgekommen und habe viel Neues gelernt, aber rückwirkend kann ich nur lachen, so einen naiven Fehler gemacht zu haben.

Jetzt stehe ich wieder vor einer Entscheidung. Ich hatte eine Autofahrt von 2 Stunden auf der Autobahn dazu genutzt, darüber nachzudenken. In der rechten Spur eingereiht und im Fluss mitfahrend, hatte ich den Kopf praktisch frei - und stellte fest, dass ich nicht weiß, wie man strategisch langfristig nachdenkt.

Wie macht ihr das?

@horst Diese Fragestellung hat schon fast etwas philosophisches. Das Problem ist: absolut niemand ist vor Fehlentscheidungen sicher. Ich habe in meinem Leben schon unzählige solcher "lächerlichen" Fehlentscheidungen hinter mir. Auch ich (und glaube fast jeder) hat Fehlentscheidungen getroffen, wo ich rückblickend gedacht habe: 'Wie blöd bin ich nur gewesen? Mit ein bisschen Nachdenken hätte ich das besser wissen können.' Schlechte Nachricht: Es gibt keine Methode mit der man so etwas vermeiden kann. Das nennt sich Lebenserfahrung. Die Fehler, die ich vor 10 Jahren gemacht habe, würden mir heute nie mehr passieren, aber damals habe ich es einfach nicht besser gewusst.

Du kannst jetzt versuchen alle positiven und alle negativen Auswirkungen deiner Entscheidung gegenüber zu stellen und diese zu gewichten. Die Seite, die unterm Strich das meiste Gewicht hat, ist dann deine Entscheidung. Aber egal was da am Ende heraus kommt, wenn dein Bauch nicht mitspielt, wirst du mit der Entscheidung nicht glücklich. Du kannst natürlich auch komplett aus dem Bauchgefühl heraus entscheiden. Das muss nicht unbedingt schlechter sein. Im Endeffekt kann aber beides schief gehen, ohne dass du unbedingt etwas dafür kannst.
Ein Beispiel: Vor etwa 10 Jahren habe ich in ein "Projekt" investiert, das sehr erfolgversprechend aussah. Ich habe recherchiert alle Vor- und Nachteile säuberlich analysiert und gegeneinander abgewägt. Das Ergebnis war, dass ich anhand dieser logisch nachvollziehbaren Ergebnisse das Investment eingegangen bin. Allerdings hatte ich von Anfang an ein komisches Bauchgefühl. Da ich jedoch ein sehr rational denkender Mensch bin und keine hinreichenden Argumente finden konnte, die dagegen sprachen, habe ich es trotzdem gemacht. Das Ergebnis war, dass ich nach 6 Jahren feststellen musste, dass es ein großer Fehler war. Die ganze Sache ist in die Hose gegangen. Ich hätte mich natürlich selbst treten können. Hätte ich auf mein Bauchgefühl gehört, wäre das nicht passiert. Der Fehler verfolgt mich bis heute. Allerdings ist er nicht so schwerwiegend, dass ich daran zugrunde gegangen wäre. Obwohl ich damals fast die Hälfte meines Vermögens investiert hatte, habe ich meine Ziele heute trotzdem erreicht. Im Nachhinein war es eine wertvollen, wenn auch schmerzliche Erfahrung.

Meine Strategie: Sammle so viele Informationen wie möglich. Überlege dir was die beste und die schlimmste Entwicklung (bzw.Ergebnis) sein könnte und überlege genau wie wahrscheinlich es ist, dass es so eintritt. Wenn du dich für eine Sache entscheidest, dann tue es nur, wenn du ein gutes oder wenigstens neutrales Gefühl dabei hast. Entscheide nicht gegen deinen Bauch, denn dann wirst du mit deiner Entscheidung hadern und schlaflose Nächte haben. Egal was du tust, es kann leider immer schief gehen, denn es kann nun mal niemand in die Zukunft blicken. Bedenke auch, dass keine Entscheidung zu treffen, ebenfalls eine Entscheidung ist. Wenn du z.B. überlegst deinen Job zu wechseln, weil dir dein jetziger auf die Nerven geht und du entscheidest dich zu bleiben, weil du gerade so gut verdienst oder der neue dir zu unsicher ist, dann wirst du damit leben müssen. (Love it, change it or leave it.) Ganz wichtig bei Investitionen: Setze NIEMALS alles auf eine Karte! Fragen, die mir oft weiter helfen sind : Was habe ich zu verlieren? Was kann ich dabei gewinnen? Was kostet es mich "etwas" bzw. "nichts" zu tun?

Die Sache mit Freunden oder Familie zu besprechen kann hilfreich sein, allerdings können die auch nicht immer wissen, was in dir vorgeht und was dich glücklich macht. Mit verrückten oder ungewöhnlichen Ideen muss man oft gegen den Strom schwimmen. Da hilft nur die innere Überzeugung.

Im Nachhinein sind falsche Entscheidungen oft nicht so schlimm wie man denkt, sondern bereichern den eigenen Erfahrungsschatz. Das schlimmste ist oftmals keine Entscheidung zu treffen, denn das ist das einzige, was Menschen auf dem Sterbebett wirklich bereuen. Hier noch ein paar Anregungen, die vielleicht weiter helfen:

https://www.youtube.com/watch?v=67mMVbJbhAU

https://www.youtube.com/watch?v=z05LhoxKqcM

Ich arbeite mit Zielen, schreibe mir ab und zu die 5 wichtigsten Dinge auf, die gerade anstehen. Das können kurzfristige aber auch langfristige Ziele sein, materielle oder immaterielle, spielt keine Rolle. Manche Ziele fallen auch irgendwann mal weg, passiert. Zudem habe ich als Unternehmer jeden Monat meine betriebliche Auswertung, wo ich - abgesehen vom Kontenstand - detailliert sehe, wo ich vor 6 Wochen war. 😉

 

Ich kann dir sagen, welche Fragen ich mir stelle, wenn ich wichtige Entscheidungen treffen muss. Für mich kommt es da vor allem darauf an, mögliche Risiken vernünftig einzuschätzen:

  1. Was ist der Worst Case, der eintreten kann? Bin ich bereit, diesen Worst Case zu akzeptieren, wenn er tatsächlich eintritt? Habe ich dann immer noch ausreichend Optionen zu handeln oder habe ich mir dann Optionen verbaut?
  2. Was ist der wahrscheinlichste Fall, der eintreten kann? Bringt er mich meinem Ziel näher?
  3. Was ist der "Jackpot"? Wie wahrscheinlich ist es, dass er eintritt? Ist er das Risiko des Eintretens des "Worst Case" wert?

 

Diese Fragen kann man auf alles mögliche anwenden. Sie sorgen z.B. dafür, dass ich beim Autofahren unnötiges Überholen vermeide, kein Lotto spiele und Aktien kaufe.

 

Ich geh das weniger nach Fakten an (klar, wo notwendig und gut möglich recherchiere ich auch)

Für mich ist das Sparring mit einem Gegenüber dem ich hier auch einen Blick auf das Thema zutraue ganz wichtig für eine Entscheidung.

Zusätzlich versetze ich mich gedanklich in die Situation die diese Entscheidung hervorruft (z.B. wie würde es mir im neuen Job gehen, wie stelle ich mir dort so eine Arbeitswoche vor) und reflektiere wie es mir mit dieser Perspektive geht.

Wenn ich nicht sofort entscheiden muss entscheide ich auch nur wenn ich mit mir klar bin, so lang ich zögere lass ich es. Muss aber dazusagen, dass ich sehr schnell, sehr klar bin weil mir Entscheidungen nicht viel abverlangen, für jemanden der ohnehin eher zögerlich ist vielleicht nicht die beste Empfehlung :-).

Meine unmaßgebliche Meinung: häufig ist es gar nicht so wichtig. Wie ist das zu verstehen? Strategische Entscheidungen treffen zu müssen, ist an Bedingungen geknüpft, die man auch erst mal hinterfragen kann. Wer ist es denn, der häufig strategische Entscheidungen treffen muss? Offizier*innen und Generäl*innen, Entscheider*innen in der Politik, Unternehmenslenker*innen. D. h., strategische Entscheidungen haben entweder was mit Macht, oder Gewalt und Herrschaft (man könnte auch Raub sagen), oder Geldakkumulation zu tun. Der Minimalismus und die antike Philosophie lehrt uns aber, dass uns weder Geld, noch Macht, Gewalt und Herrschaft glücklich machen, sondern genug zu Essen und zu Trinken, ein Dach überm Kopf (selbst das ist schon umstritten!), und Freund*innen, mit denen man sich über Gott und die Welt austauschen kann (alternativ z. B. auch ein Forum;) ). Generell scheint mir zu gelten, dass man nichts tun sollte, dass man an seinem Sterbebett bereuen würde. Und manchmal hat man auch einfach nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, und dann ist es auch egal, weil beides sehr schlecht ist=)

Unwissenheit, Angst, Ignoranz und Überheblichkeit sind m.M. nach die größten Feinde einer guten Entscheidungsfindung.

Ich versuche mich mindestens über anstehende Themen kundig zu machen. Das Mehr an Wissen verringert oder verhindert das Aufkommen von Angst. Ehrliche Selbstreflekton und -kritik erden einen immer wieder.

Meine bewiesenen und gefühlten Fehlentscheidungen sind seitdem geringer geworden. Risikoentscheidungen wird es immer wieder geben in allen Bereichen des Lebens. Es liegt in der Natur von Entscheidungen auch mal daneben zu liegen. Es gibt aber auch viele Grauzonen. Vielfach entscheidet man nie nur gut oder nur schlecht. Niederlagen können/sollten einen aber auch stärker werden lassen.