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SpiritOfDaGhost - Vorstellung

Liebe Leute,

ich freue mich, mich in diesem Forum endlich einmal mit Gleichgesinntem zu dem doch recht nischigen Thema Frugalismus austauschen zu können. Meine Vorstellung könnte also recht ausführlich geraten, aber dafür versuche ich, sie gut zu strukturieren.

Wer ich bin

Ich bin 36 Jahre alt, mit Frau und Kind. Ich bin über mein Interesse an einem minimalistischen Lebensstil über den Frugalismus gestolpert. Es war für mich eine Offenbarung, dass nicht nur andere Menschen einen ähnlichen Lebensstil wie ich pflegen, sondern es da eine ganze Bewegung mit einem richtigen Namen dafür gibt 🙂 Seither habe ich etliche Bücher dazu verschlungen und bin reger Mitleser im Forum.

Ich bin eigentlich seit ich denken kann ein recht sparsamer Mensch. Was bei meinen Eltern schon fast in ein Dogma ausartet, ist bei mir eher ein Lebensstil, der sich von selbst ergeben hat und der zu mir passt. Ich hatte noch nie Spaß an ausuferndem Konsum und mache mir nichts aus Statussymbolen wie einem teuren Auto oder dem neuesten Smartphone. Die Meinung anderer Leute in meinem Alter war mir schon als Teenager egal. In den letzten zehn Jahren habe ich mir, denke ich, zwei Mal Kleidung gekauft, weil ich sonst nackt durch die Gegend hätte laufen müssen, was meine Mitmenschen wohl eher belastet hätte. Ich mag den Reiz, Dinge zu verwenden, bis es nicht mehr anders geht, sie wirklich "aufzubrauchen", bis sie förmlich auseinanderfallen. Es gibt mir das gute Gefühl, mein Geld sinnvoll ausgegeben zu haben.

Lebensphase I: Teenagerzeit und junges Erwachsenenalter - von 16 bis ca. 20

Meine Frau und ich sind zusammen seit der Jugend und verheiratet seit ich 20 bin. Wir haben also buchstäblich unser halbes Leben zusammen verbracht. Wir hatten beide von Anfang an nichts. Laut meinem ersten Kontoauszug (ich habe sie alle lückenlos archiviert) hatte ich im Alter von zarten 16 Jahren exakt 2,58 Euro; meine Frau, damals Freundin, kam nach mehrjähriger Fernbeziehung mit leeren Taschen aus dem Ausland zu mir nach Deutschland, wo wir uns unser gemeinsames Leben aufgebaut haben. Während der Schulzeit habe ich Zeitungen ausgetragen, für die Lokalzeitung geschrieben, Ferienarbeit in der örtlichen Fabrik gemacht und an sieben Tagen die Woche Nachhilfe gegeben und habe dieses Geld lieber in Reisen zu meiner damaligen Freundin investiert anstatt in ein Moped, Drinks und Ausgehen oder sonstigen Konsum. Das wir mir auch ein Anliegen und ich hätte nichts Anderes gewollt. Die ein oder andere BRAVO Hits-CD war trotzdem drin 😉

Lebensphase II: Studienzeit bis Berufseinstieg - von ca. 20 bis Ende 20

Während des Studiums habe ich mich extrem darauf fokussiert, es zügig und zielgerichtet durchzuziehen, ebenso wie meine Frau, die trotz ihres im Ausland abgeschlossenen Sprachenstudiums hier nochmals studierte, dieses Mal klassisch BWL. Ich entschied mich im zweiten Semester dafür, ein zweites Studium zusätzlich dazuzunehmen, um später berufliche Optionen zu haben, falls ich mich umorientieren wollte. Drei Jahre - sechs Semester lang - war ich täglich von 8 bis 20 Uhr an der Uni bzw. verdiente in den Lücken zwischen Vorlesungen und Seminaren in Nebenjobs in der Erwachsenenbildung, bei der Lokalzeitung und weiterhin als Nachhilfelehrer so viel Geld wie ich konnte. Dazu bekam ich (etwas) BaFöG. Meine Frau ergatterte ein gut dotiertes Stipendium und hatte ebenso einen Nebenjob. Wir hatten damals schätzungsweise eine Sparquote von um die 70-80%. Das einzige, was wir uns gönnten, war der Umzug aus dem Studentenwohnheim in eine 2-Zimmer-Wohnung. Die Miete von 420 €, fast doppelt so teuer wie im Wohnheim, kam uns hammermäßig viel vor. Unsere 20er haben wir beide hauptsächlich mit Studium und Jobs verbracht - wir gönnten uns wenig. Heute würde ich sagen, zu wenig, denn wir hätten uns als Paar fast verloren. Zeitweise lebten wir mehr wie in einer leistungsorientierten WG als in einer Ehe. Das hätte uns fast das Genick gebrochen - das würde ich heute anders machen. Aber: Wir legten in unseren 20ern die Grundlage für alles, was danach kam.

Lebensphase III: Berufseinstieg bis heute - Ende 20 bis Mitte 30

Nach Studienende gingen wir beide gemeinsam in eine Millionenstadt. In der Kombination aus unseren beiden Jobs (ihrer nischig und stark spezialisiert, aber gut bezahlt und meiner ohne örtliche Flexibilität, aber dafür ziemlich sicher und ebenfalls gut bezahlt) gab es da keine Alternative. Also zahlten wir in den ersten Berufsjahren mit Ende 20/Anfang 30 für eine 20 qm größere Wohnung als zuvor mehr als das Dreifache an Miete. Dennoch lag auf Grund unserer neuen Einkommenssituation die Sparquote geschätzt bei ca. 60-70%. Wir gönnten uns außer der Wohnung relativ wenig, hatten nach wie vor kein Auto, machten maximal ein Mal im Jahr Pauschalurlaub. Unsere Freizeit verbrachten wir meist miteinander oder mit Freunden, aber weiterhin nicht in Pubs oder Restaurants. Wir wollten das aber so und genossen unseren monatlich immer weiter ansteigenden Kontostand.

Irgendwann mussten wir Entscheidungen treffen, da wir nicht jünger wurden. Nach einer existenziellen Beziehungskrise rafften wir uns zusammen und stellten viele entscheidende Weichen. Innerhalb von wenigen Monaten rauften wir uns als Paar wieder zusammen, kauften uns in einer Nacht-und-Nebel-Aktion nach insgesamt drei Jahren aktiver Suche mit On- und Off-Phasen bei der Wohnungssuche auf einem völlig überhitzten Markt, aber ohne Makler ein schickes Reihenhaus, bekamen ein Kind - und ich stieß auf den Frugalismus.

Finanzielle Ausgangslage für Frugalismus

Bis dato hatten wir ein fettes Girokonto angehäuft, auf das auch der bis dahin zuteilungsreife Bausparvertrag (vermögenswirksame Leistung aus meiner ersten Nebenbeschäftigung Jahre zuvor, der sich nur wegen der mittlerweile in den Keller gerauschten Spar-Zinssätze überhaupt gelohnt hatte) einging. Neben einigen Mitarbeiter-Vorzugsaktien meiner Frau mit einer kleinen jährlichen Dividende hatten wir außer einer (allerdings recht ordentlichen) Summe auf dem Sparkonto nichts. Der Verkäufer des Reihenhauses staunte nicht schlecht, als wir ihm unsere Sicherheiten präsentierten (auch wenn diese das Ergebnis aus zehn Jahren gemeinsamer Aufopferung und Disziplin waren). Ich bin froh, dass wir uns seit dem Beginn des Erwachsenenalters konsequent auf eine (sehr) hohe Sparquote konzentriert haben. Später erfuhr ich dann, dass das die Grundlage für ein zufriedenes frugalistisches Leben ist.

Beruflicher Status Quo: Eine bewusste Entscheidung ist gefragt

Stand jetzt ist also, dass wir beide in den nächsten Jahren fleißig das gemeinsame Reihenhaus abbezahlen. All unser bis dahin angespartes Vermögen floss als Eigenkapital in das Haus, was den Kredit ordentlich verbilligte - wir erreichten über 20% Eigenkapital. Wir sind nun allmählich in der Lebensphase angekommen, in der sich unsere bisherigen Bemühungen allmählich auszahlen sollen. Wir haben uns beruflich jeweils in eine Position hochgestrampelt, in der wir eine gute Work-Life-Balance (zu Gunsten unseres Kindes und unserer Gesundheit) bei einem ordentlichen Einkommen haben. Ich würde sagen, wir bewegen uns in der oberen Mittelschicht, wie immer man diese definieren mag. Der nächste Karriereschritt wäre bei beiden auf eine Führungsposition in der mittleren Führungsebene - man müsste sich also bewusst für ein noch höheres Einkommen entscheiden, für das man aber mit noch viel mehr Einsatz und zig Überstunden in der Arbeit, also der eigenen Gesundheit, bezahlen müsste. Das wollten wir nie und sind beruflich somit da angekommen, wo wir immer hinwollten.

Unser Haus als Bedingung für das Frugalismus-Modell

Meine Frau und ich haben unterschiedliche Ziele in den kommenden Jahren - da müsste man noch einen Kompromiss finden. Ich würde mich als Frugalist bezeichnen, meine Frau auf keinen Fall. Einig sind wir uns darin, dass wir das Haus mit hoher Prioriät abbezahlen wollen. Ich habe einen ausführlichen Schlachtplan entworfen, der verschiedene Szenarien vorsieht. Ich mag Pläne und motiviere mich, indem ich kleinere Zwischenziele definiere. Ich kann drei Phasen ausmachen, die auch bestimmen, wie frugalistisch ich leben kann. Immer wenn einer dieser Meilensteine erreicht ist, haben wir psychologisch eine ganz andere Lage, da mehr Sicherheit. Dazu ist wichtig zu wissen: Meine Eltern wohnen auf dem tiefsten Land; meine Schwiegereltern im Ausland.

Eins vorneweg: Es ist eine krasse Erkenntnis, wie schmal der Grat zwischen Existenznot und Wohlstand verläuft. Wenige Jahre bei guter Gesundheit können den Unterschied machen und das ganze restliche Leben entscheidend prägen. Das hatte ich so vorher nicht auf dem Schirm.

  • Phase 1 (aktuell): Es ist nötig, dass beide Partner in Vollzeit arbeiten gehen; passiert etwas Schlimmes, muss das Haus anderweitig vermietet werden, um den Kredit weiter bedienen zu können, auch wenn man die Tilgung anpasst. Man muss in eine günstigere Wohnung umziehen - auch wenn es nur um wenige hundert Euro geht. Alternativ - worst case: Haus verkaufen (alles finanziell Erreichte ist hinüber) oder weiter abbezahlen, aber bis zur Rente und ohne selbst darin zu wohnen; aufs Land zu meinen Eltern ziehen und dort wieder auf die Beine kommen
  • Phase 2: Restschuldsumme auf 0 gesenkt; ein wichtiger Meilenstein, denn ab dann kann man sagen: Ich weiß taggenau, wann das Haus abbezahlt ist. Und: Wenn mit einem der Partner etwas passieren würde (Gesundheit, Job, Schicksalsschlag), könnte einer von uns den Kredit alleine bedienen. Würde man die Tilgung anpassen, würde sich das zwar ewig hinziehen und sicher bis zur Rente dauern und außerdem ein sparsames Leben mit starken Einschränkungen und ohne jeglichen Luxus bedeuten, aber es würde gehen. Es wäre aber hart.
  • Phase 3: Haus abbezahlt - jedes frugalistische Lebensmodell denkbar; es ist geschafft

Frugalist vs. Non-Frugalist

Meine Frau und ich haben (noch) unterschiedliche Vorstellungen von unserem weiteren Leben. So richtig relevant wird das, sobald das Haus abbezahlt ist.

  • Meine Frau stellt sich vor, dass wir beide lebenslang in Vollzeit arbeiten gehen. Sie findet, wir sollten auf keinerlei Geld verzichten und uns davon lieber ein schönes Leben machen. Sie sagt, wir sollten lieber mit wenig Einsatz arbeiten und uns über die $$$ freuen, an den Wochenenden, in der Freizeit und im Urlaub das Leben genießen, das uns unsere Jobs ermöglichen. Resilient gegenüber dem Stress im Job werden und das alles nicht so ernst nehmen, mit Negativem leben lernen. Sie ist gerne bereit, das Haus kräftig mit abzubezahlen, sagt aber, dass sie nie das Gefühl haben möchte, sich finanziell einschränken zu müssen. Unsere 20er waren ihr Opfer genug. Sie pulvert jetzt nicht gerade Geld zum Fenster raus, geht nie wirklich shoppen oder so. Aber: Sie möchte nie auf das Geld schauen müssen und sich leisten, was sie sich vorstellt. Auch wenn das jetzt immer noch nicht besonders viel ist, aber das sind halt mal ein paar hundert Euro hier und da.
  • Ich habe einen anderen Ansatz. Ich würde mich durchaus bewusst einschränken, wenn ich dadurch noch schneller an das Ziel komme, den Kredit schneller zu tilgen und die oben erwähnten Phasen zu durchschreiten. Ich will schnell das Ziel erreichen und dann in ein zweites, frugalistisches Leben starten, das ganz anders ist als das erste.

Mein zweites Leben beginnt - mein Leben ab dem nächsten Jahrzehnt

Bei den Berechnungen rund um die Immobilie und meine frugalistischen Gedanken ist mir etwas Interessantes aufgefallen: Alles scheint sich auf das Jahr 2034 zu konzentrieren. Im Jahr 2034...

  • ... wird unsere Tochter 18.
  • ... dürfte das Haus, wenn alles gutgeht, abbezahlt sein.
  • ... werde ich 50.
  • ... könnte es für mich, wenn ich es nicht jetzt sofort in 2021 anstrebe, das nächste Mal realistisch möglich sein, einen großen Karriereschritt zu gehen. Ziemlich genau bis dahin dürfte die dafür relevante Stelle, die aktuell besetzt wird, das nächste Mal frei werden und ich nach den üblichen Kriterien der einzige in Frage kommende Kandidat sein. Die Stelle dürfte mir regelrecht zufallen.

Mit etwas mehr Anstrengung, Einschränkung und dem Nutzen von Chancen oder einer Erbschaft dürfte auch 2030-2032 als Datum der Abbezahlung möglich sein.

Daraus leite ich für mich ab: Spätestens mit 50, gerne aber auch schon mit Mitte 40 möchte ich bewusst und frugalistisch leben.

Das abbezahlte Haus ermöglicht es uns, dass wir beide ab dann maximal zu 50% arbeiten gehen, ohne unseren Lebensstandard zu senken. Auf Grund zu erwartender Gehaltssteigerungen bis dahin, einer relativ geringeren Steuerbelastung, etc. könnte es sogar so sein, dass wir bis zu 70%-80% unseres jetzigen Einkommens verdienen.

Mein konkretes Ziel: Ich möchte mit 45 bis 50 maximal noch 50% arbeiten und wünsche mir, dass das auch meine Frau tut. Wir reden also von einer 2- bis 3-Tage-Woche. Ganz plakativ: Ich möchte jede Woche mehr frei haben als arbeiten - die Arbeit soll zur Nebensache werden. Ich möchte nicht mehr arbeiten müssen, es aber können - wenn ich möchte. Den Großteil der Woche würde ich gerne im Garten, auf dem Land, mit Reisen, mit meinen Hobbies verbringen. Mit LEBEN.

Falls ich in dem Alter weiterhin 100% arbeiten würde, dann nur, um das freigewordene Kapital entweder in Immobilien oder an der Börse unterzubringen und mir ein passives Einkommen durch Mieten und Dividenden aufzubauen, das das aktive Arbeitseinkommen ersetzt, wenn ich dann doch auf 50% gehen würde.

Was haltet ihr von alldem? 😉

Hallo SpritOfDaGhost,

bin ebenfalls relativ neu hier - begrüße dich aber gerne recht herzlich.

Danke für deine sehr ausführliche Darstellung.

Dein rot markierter Satz "Spätestens mit 50, gerne aber auch schon mit Mitte 40 möchte ich bewusst und frugalistisch leben."macht mich etwas nachdenklich, da ich denke, du lebst seit jeher immer schon ausserewöhnlich sehr frugalistisch.

Ich hoffe für dich, dein Plan - egal welcher - geht auf und deine Partnerin geht mit dir gemeinsam auf deinem Weg mit!

Sei mir nicht böse, aber ich finde generell deinen Weg schon ok - sofern du dich damit wohlfühlst - aber vergiss nicht kritisch zu hinterfragen, ob deine Familie es auch so möchte. Familie bedeutet gemeinsam an einem Strang zu ziehen, da können schon mal die eigenen Bedürfnisse und Wünsche etwas hinterfragt werden.

Ich höre aus deinen Zeilen andere Bedürfnisse deiner Partnerin und das solltet ihr gemeinsam besprechen und Kompromisse finden, sonst geht dein Plan - in welcher Richtung du dich auch bewegen solltest, nicht auf!

In diesem Sinne noch viel Freude und viele Diskussionen hier im Forum und danke für deinen Beitrag

Zitat von frugal_bayer am 24. Mai 2021, 10:53 Uhr

Dein rot markierter Satz "Spätestens mit 50, gerne aber auch schon mit Mitte 40 möchte ich bewusst und frugalistisch leben."macht mich etwas nachdenklich, da ich denke, du lebst seit jeher immer schon ausserewöhnlich sehr frugalistisch.

Also wahrscheinlich ist der Punkt, den ich damit meine, der, dass ich mich ab dann wirklich finanziell frei fühle. Es geht mir wohl wirklich am meisten darum, von niemandem abzuhängen und mein Leben ohne die üblichen Ketten selbstbestimmt leben zu können. Das ist mir wohl wichtiger als Anderen. Also nicht in die Arbeit trotten zu müssen, wenn mir nicht danach ist und mich nicht mit den Launen und Vorstellungen von Chefs und Kollegen auseinandersetzen zu müssen, die mir eigentlich egal sind. Ich hasse nichts so sehr wie das Gefühl, meine Lebenszeit zu verschwenden. Das beschleicht mich seit Jahren immer wieder und das mag ich nicht - das Leben ist kurz.

Zitat von frugal_bayer am 24. Mai 2021, 10:53 Uhr

Sei mir nicht böse, aber ich finde generell deinen Weg schon ok - sofern du dich damit wohlfühlst - aber vergiss nicht kritisch zu hinterfragen, ob deine Familie es auch so möchte. Familie bedeutet gemeinsam an einem Strang zu ziehen, da können schon mal die eigenen Bedürfnisse und Wünsche etwas hinterfragt werden.

Ich höre aus deinen Zeilen andere Bedürfnisse deiner Partnerin und das solltet ihr gemeinsam besprechen und Kompromisse finden, sonst geht dein Plan - in welcher Richtung du dich auch bewegen solltest, nicht auf!

Danke für diese wirklich sehr wichtige Anmerkung - das ist ein wahrer Punkt. Ich denke, die Schnittmenge zwischen uns beiden ist - nach vielen Gesprächen - die, dass wir uns durchaus beide vorstellen können, ab einem gewissen Alter viel Zeit in einem klassischen und noch zu kaufenden Ferienhäuschen im Süden zu verbringen - den Großteil der Woche. Allein die Tatsache, es ab dann (Haus abbezahlt, Ferienhaus gekauft, gutes Polster in Aktien und anderen Immobilien) niemandem mehr recht machen zu müssen, könnte so entlastend wirken, dass ich dann vielleicht auch nicht nennenswert weniger arbeiten muss. Aber zu wissen, dass mir alles egal sein kann, weil ich jederzeit alle Zelte abbrechen kann, der Gedanke hat was.

Vielleicht habe ich dann auch Freude daran, aus den finanziellen Möglichkeiten, die das Erwerbseinkommen bietet, das meiste zu machen und daraus etwas zu entwickeln. Wer weiß.

Hi Spirit

Frugalismus sollte kein Selbstzweck sein.

so wie ich deine ausführliche und authentische Vorstellung lese, ist deine Frau nicht Weit entfernt deine Vorstellungen und Ziele mit dir zu teilen. Du solltest aufpassen dass du es nicht übertreibst und dich dadurch zu sehr von ihr entfernst. Ich möchte dir nicht zu nah treten, aber lese aus deiner Vorstellung heraus, dass es schon den einen oder anderen Konflikt oder die ein oder andere Beziehungskrise deswegen gab. In dem Sinne alles Gute und nicht allzu ehrgeizig sein und das Leben nicht vergessen.

Oh, da muss ich wohl etwas richtigstellen. Ich denke, da war meine Vorstellung etwas missverständlich. Ich würde das so beschreiben: Meine Frau und ich rennen zu 80% in dieselbe Richtung. Die fehlenden 20% sind nur Detailfragen und kleine Kurskorrekturen. Das war aber noch nie ein Problem, auch Konflikte oder Krisen gab es deswegen noch nie, immer wegen ganz anderer Sachen. Überhaupt haben wir über Geldthemen noch nie gestritten. Das kam vielleicht etwas missverständlich rüber.

Man kann sich das so vorstellen: Ich würde vielleicht gerne 5k mehr jährlich sondertilgen als sie, also treffen wir uns in der Mitte. Ich würde in zehn Jahren vielleicht gerne jährlich 5 Immos erwerben, sie eher 1 oder 2. Ein so richtig radikaler Frugalist bin also auch ich nicht, auch wenn das wegen der verkürzten Beschreibung vielleicht so gewirkt haben mag.

Insgesamt finde ich es aber super, dass ihr hier so mahnende Worte an mich richtet, besonders auch für die anderen Mitleser. Ich glaube schon auch, dass man sich im Frugalismus auch verlieren und zu sehr reinsteigern kann. Insofern ist es gut, da vorsichtshalber zu bremsen. Also vielen Dank.

Hallo Spirit,

willkommen im Forum!

Ihr habt klassisch alle Eier in einem Korb (eurem Reihenhaus), wenn ich das richtig überblicke.

Verstehe ich richtig, dass ihr beide keinerlei Erfahrung an den Börsen habt? Wieso nicht?

Wieso ist für dich "jedes frugalistische Leben vorstellbar", sobald das Haus abbezahlt ist? Ich verstehe zwar, dass ihr dann weniger Fixkosten habt, das Haus muss aber unterhalten werden, du hast weiterhin Kosten für Lebensmittel, Krankenkasse usw, usf.

Aus welchem Strömen willst du denn das dafür nötige Einkommen beziehen, wenn du aufhörst in deinem aktuellen Job zu arbeiten? Und wenn dein Kind dann erst 18 ist, möchtest du dann die finanzielle Unterstützung einstellen, oder wie hast du dir das vorgestellt?

Ohne Zahlen, Daten und Fakten, ist es fast unmöglich hier Ratschläge zu erteilen.
Du sprichst von einem "fetten Girokonto", dass ihr "über 20% Eigenkapital" beim Hauskauf ersparen konntet, dass ihr euch einkommensseitig auf der "oberen Mittelschicht" einordnen würdet, usw. - ohne aber mal konkrete Zahlen zu nennen.
Was ist euer "Reihenhaus in Millionenstadt" denn heute wert? Was habt ihr dafür bezahlt?
Was ist denn euer Nettoeinkommen?
Was gebt ihr denn aus pro Monat/pro Jahr?

Es grüsst das Sparschwein

 

Zitat von SpiritOfDaGhost am 23. Mai 2021, 17:55 Uhr

...

Mein zweites Leben beginnt - mein Leben ab dem nächsten Jahrzehnt

Bei den Berechnungen rund um die Immobilie und meine frugalistischen Gedanken ist mir etwas Interessantes aufgefallen: Alles scheint sich auf das Jahr 2034 zu konzentrieren. Im Jahr 2034...

  • ... wird unsere Tochter 18.
  • ... dürfte das Haus, wenn alles gutgeht, abbezahlt sein.
  • ... werde ich 50.
  • ... könnte es für mich, wenn ich es nicht jetzt sofort in 2021 anstrebe, das nächste Mal realistisch möglich sein, einen großen Karriereschritt zu gehen. Ziemlich genau bis dahin dürfte die dafür relevante Stelle, die aktuell besetzt wird, das nächste Mal frei werden und ich nach den üblichen Kriterien der einzige in Frage kommende Kandidat sein. Die Stelle dürfte mir regelrecht zufallen.

Mit etwas mehr Anstrengung, Einschränkung und dem Nutzen von Chancen oder einer Erbschaft dürfte auch 2030-2032 als Datum der Abbezahlung möglich sein.

Daraus leite ich für mich ab: Spätestens mit 50, gerne aber auch schon mit Mitte 40 möchte ich bewusst und frugalistisch leben.

Das abbezahlte Haus ermöglicht es uns, dass wir beide ab dann maximal zu 50% arbeiten gehen, ohne unseren Lebensstandard zu senken. Auf Grund zu erwartender Gehaltssteigerungen bis dahin, einer relativ geringeren Steuerbelastung, etc. könnte es sogar so sein, dass wir bis zu 70%-80% unseres jetzigen Einkommens verdienen.

Mein konkretes Ziel: Ich möchte mit 45 bis 50 maximal noch 50% arbeiten und wünsche mir, dass das auch meine Frau tut. Wir reden also von einer 2- bis 3-Tage-Woche. Ganz plakativ: Ich möchte jede Woche mehr frei haben als arbeiten - die Arbeit soll zur Nebensache werden. Ich möchte nicht mehr arbeiten müssen, es aber können - wenn ich möchte. Den Großteil der Woche würde ich gerne im Garten, auf dem Land, mit Reisen, mit meinen Hobbies verbringen. Mit LEBEN.

Falls ich in dem Alter weiterhin 100% arbeiten würde, dann nur, um das freigewordene Kapital entweder in Immobilien oder an der Börse unterzubringen und mir ein passives Einkommen durch Mieten und Dividenden aufzubauen, das das aktive Arbeitseinkommen ersetzt, wenn ich dann doch auf 50% gehen würde.

Was haltet ihr von alldem? 😉

Moin moin!

Mir geht es ähnlich wie Sparschwein. Trotz langem Text (der ja nicht uninteressant ist) hinterlassen die Vorstellung und auch die zwischenzeitlichen Posts mehr Fragen als Antworten. Ein selbstgenutztes Einfamilien- oder Reihenhaus ist ja eine feine Sache, hat aber mit dem Thema Frugalismus eigentlich quasi nichts zu tun. Aber vielleicht erhellen uns ja Deine Antworten auf Sparschweins Fragen ein wenig. 😉

Nun zum Jahr 2034:

Ziemlich sicher erscheint, dass Du dann 50 wirst und Deine Tochter 18. Vielleicht auch, dass Ihr dann mit dem Kredit durch seid. Deine (gedanklichen) Schlussfolgerungen daraus kollidieren jedoch aus meiner Sicht komplett mit der Lebenswirklichkeit. Mit 18 werden Kinder für ein paar Jahr (zwischen 4-6) unter Umständen erst mal so richtig teuer, weil sie dann ein Studium beginnen und das Einkommen der Eltern die Chance auf BaföG komplett verhagelt. Keine Ahnung, wie hoch bis dahin die Inflation ist, aber plane sicherheitshalber jetzt schon mal 1.000 bis 1.500 Euro monatlich dafür ein.

Das (offenbar gebraucht gekaufte) und 2034 abbezahlte Reihenhaus ist dann vermutlich um die 30 (vielleicht auch 25, vielleicht aber auch 35) Jahre alt und ein nicht unerheblicher Teil der Ausstattung des Hauses ruft dann (auch bei noch so pfleglicher Behandlung) nach grundlegender Überholung oder gar Ersatz. Den finanziellen Aufwand sollte man nicht unterschätzen.

Einen in 13 Jahren geplanten möglichen nächsten Karriereschritt halte ich nur unter zwei Umständen überhaupt nur für ansatzweise kalkulierbar:

  1. Du bist Beamter in einer sehr kleinen, eher unbeliebten Behörde mit einem sehr klaren Stufenaufstieg.
  2. Du bist derzeit (Minderheits-)Gesellschafter eine GmbH, deren (Mehrheits-)Gesellschafter derzeit Geschäftsführer ist und der zugrundeliegende Gesellschaftsvertrag legt schon heute fest, dass dieser mit dem Alter x (welches 2034 eintritt) als solcher ausscheidet und Du dann geschäftsführender (Mehrheits-)Gesellschafter wirst.

Zumindest letzteres erscheint vor dem Hintergrund, die AZ dann auf 50% verkürzen zu wollen, eher sehr unwahrscheinlich. Unter allen anderen Konstellationen halte ich den Plan von einem Karrieresprung in 12 Jahren für eine komplett unsichere Prognose. Hinzu kommt, dass mehr Zeit für Reisen, Hobbies etc. in der Regel mit einem höheren Mittelbedarf als bisher verbunden ist. Auch planst Du mit einem Anstieg Deines/Eures Einkommens, scheinst aber die andere Seite der Medaille (üblicherweise steigende Lebenshaltungskosten) irgendwie gar nicht zu berücksichtigen.

Lange Rede, kurzer Sinn:

Du planst offenbar "Deinen Frugalismus" eher über scheinbar geringere Ausgaben als über einen Zufluss von passivem Einkommen aus irgendeiner Quelle. Mir scheint, dass dieser Wunsch oder diese Hoffnung der Vater des Gedankens ist. Das wird aber aus meiner Sicht so nicht funktionieren. Nicht zuletzt ist auch mein Eindruck, dass Ihr, Deine Frau und Du, doch grundlegend unterschiedliche Vorstellungen von der Zeit "nach 2034" habt. Ich würde eher daran arbeiten, dies zu harmonisieren, als irgendeinen Cut mit 50 hinzubekommen.

Trotz alledem: Alles Gute für Dich bzw. Euch.

Zitat von SpiritOfDaGhost am 25. Mai 2021, 7:06 Uhr

...Ich würde in zehn Jahren vielleicht gerne jährlich 5 Immos erwerben, sie eher 1 oder 2. Ein so richtig radikaler Frugalist bin also auch ich nicht, auch wenn das wegen der verkürzten Beschreibung vielleicht so gewirkt haben mag.

...

Noch ein Nachtrag:

Vom Ziel, (weitere) Immobilien zu erwerben, war in der Vorstellung nur dahingehend die Rede, dass Du bei weiterer Vollzeittätigkeit "nach 2034" Dir vorstellen könntest, überschüssiges Kapital dann an der Börse oder in Immobilien zu investieren. Warum erst dann? Wären solche Investments nicht sinnvollerweise heute in der derzeitigen Niedrigzinsphase zu tätigen, statt die eigene Immobilie über hohe Tilgungen und Sonderzahlungen möglichst schnell abzuzahlen? Ich habe meine (Rendite)Immobilien erworben, als ich in den 30ern war. Jetzt bin ich Anfang 50 und das damalige Investment erweist sich als richtig und wird mir in ein paar Jahren ein relativ hohes passives Einkommen erwirtschaften. Über einen Teilverkauf (Aufteilung eines Hauses in ETW und Verkauf von ein oder zwei WE) könnte ich den Zeitpunkt nach vorn verlegen (natürlich reduziert sich damit das passive Einkommen ein wenig, aber ich könnte schon eher davon profitieren) oder für ein anderes Investment (oder auch ein kostspieliges Hobby) schon heute Liquidität gewinnen. Aber wie geschrieben, zwischen Investment und endlich ankommender Rendite liegen bei Immobilien im Regelfall etliche Jahre. Wer mit 50+ erst anfängt in Immobilien zu investieren, wird am Ende des Tages feststellen, dies vor allem für seine Kinder getan haben.