Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Sklaverei im römischen Reich

https://de.wikipedia.org/wiki/Sklaverei_im_R%C3%B6mischen_Reich

Die Sklaverei im Römischen Reich bestand zunächst vor allem aus Schuldsklaverei

Bei der Schuldsklaverei mussten Schuldner ihren Körper, ihre Arbeitskraft und ihre Freiheit verkaufen, um ihre Schulden zu begleichen

Kinder von Sklaven bekamen automatisch den Status ihrer Eltern. Diese geborenen Sklaven nannte man vernae

Allein diese drei Zeilen sind schon Motivation genug, um keine Schulden zu machen.

Jeder Kauf- und jeder Arbeitsvertrag fällt unter das Schuldrecht. Wenn Du keine Schulden machen willst, musst Du sofort zum selbstversorgenden Jäger und Sammler werden, denn Du darfst nie wieder für irgendjemanden arbeiten - weder als Arbeitnehmer noch als Selbstständiger für Kunden - und auch nichts gegen Geld tauschen, allenfalls direkter Tauschhandel mit Waren wäre Dir erlaubt, wobei selbst das strenggenommen ausgeschlossen wäre.

Anders ausgedrückt: ohne Schulden und ohne Schuldrecht keine Arbeitsteilung. Das gilt selbst im Jakobgut, was hier von einem Bewohner beschrieben wurde.

Vor allem aber muss man sich in D mal von dem Begriff lösen, dass Schulden immer eine moralische "Schuld" beinhalten würden. Im englischen Sprachgebrauch gibt's dafür unterscheidliche Begriffe, nämlich "fault/guilt" im Sinne eines (moralischen) Fehlers und "debt" in finanzieller Bedeutung. Im deutschen wird das häufig synonym verwendet, wer sich finanziell "verschuldet", erfährt häufig auch eine sprachliche moralische Abwertung, gerade so als ob das ein persönlicher Makel wäre.

Ich habe Schulden, habe 2019 neue Schulden aufgenommen, werde 2020 erneut neue aufnehmen - und das ist völlig iO. Sowohl finanziell als auch moralisch.

Davon abgesehen ist es geradezu absurd, als Frugalist Schulden abzulehnen, denn ihr steht nur auf der anderen Seite. Die Aktien- und Fondsgesellschaften, in die die meisten hier investieren, schulden Euch in der Auszahlungsphase Geld in Form von Verfügbarkeit der Werte und/oder Auszahlung von Dividenden.

Das System würde ohne Schuldverhältnis gar nicht funktionieren, weil Ihr sonst gar kein Recht auf Auszahlung der Werte hättet. Siehe mein Hinweis zur Arbeitsteilung.

Insofern ... be careful what you wish, you might get it.

 

Ein Kaufvertrag hat nichts mit Schulden zu tun, solange er nicht auf Basis von Krediten (resp. Ratenzahlungen) geschlossen wird. Das ist im Grunde genommen ein Tauschhandel mit Geld als Tauschgut.

Ein Arbeitsvertrag ist ebenso ein Tauschgeschäft. Du bietest Arbeitsleistung an und erhältst dafür Geld.

Der große Unterschied zu den Schulden oder der Schuldsklaverei besteht darin, dass du sowohl von einem Kaufvertrag, als auch von einem Arbeitsvertrag zurück treten kannst, weil diese auf Werten beruhen, die bereits da sind. Bei Schulden geht das nicht, weil du da etwas in Anspruch nimmst, das noch gar nicht existiert. Bsp: Wenn du ein Haus auf Kredit baust, dann arbeitest du für die Bank, denn die hat dir einen Vorschuss gegeben, den du erst noch erarbeiten musst. Du kannst zwar deinen Job jederzeit kündigen, aber deine Schulden bleiben bestehen, davon kannst du nicht so einfach zurücktreten.

Schulden basieren immer auf Zwang, weil du eine Leistung in Anspruch nimmst, deren Gegenwert erst in der Zukunft erbracht wird. Alle anderen Geschäfte basieren auf Werten die bereits da sind. Bei einem Kaufvertrag wird bspw. ein Auto (existiert bereits) gegen Geld (in deinem Geldbeutel) getauscht.

Nichts davon widerspricht meiner Aussage. Deine eng gefasste Definition scheitert bereits bei einem simplen Mietvertrag, weil Du entweder Eigentum erwerben kannst oder Dich dazu entscheidest, lebenslänglich zur Miete zu wohnen und damit permanent neue monatliche Mietschulden erzeugst, zu deren Tilgung Du Dich vertraglich verpflichtest. Mindestens für 3 Monate im Voraus, übliche Praxis in D. Für Gewerbe gelten idR längere Laufzeiten und auch Fristen.

Dabei ist keine der Varianten per se moralisch schlecht. Es ist nur ... anders.

Wer Schulden kategorisch ablehnt, darf also keinen Mietvertrag unterschreiben. Simple as that.

 

Ein Mietvertrag ist aber kein Kreditgeschäft, sondern ein ganz normales Vertragsverhältnis. Es werden keine Zinsen fällig und ich kann einen Mietvertrag auch jederzeit auflösen. Du kannst nicht jedes Geschäft mit Schulden konnotieren. Das ist eine pauschale Verzerrung. Von Mietschulden ist umgangssprachlich auch nur die Rede, wenn jemand in Verzug gerät. Die Zahlungsschuld, die bei jedem Geschäft entsteht hat nichts mit den (Kredit-)Schulden zu tun, die auf langfristige Zahlung und Zinsen beruhen. Auch die Schuldsklaverei beruht auf die Inanspruchnahme von Waren und Dienstleistungen für die (noch) keine Gegenleistung oder Gegenwert gezahlt wurde und nicht auf ganz normale (Tausch)Geschäfte.

@Fritz, möchte Ihnen den Hinweis geben, dass MFZ73 formal natürlich recht hat. Nur weil Sie einen Vertrag kündigen können oder ggf. keine Zinspflicht für  einen (z.B. Priivat-)Kredit besteht ändert sich nicht der Sachverhalt. 

Ich habe in meiner Firma jetzt am Jahreswechsel sowohl Rückstellungen zu bilden für Resturlaube oder eine erwartete Rechnung für eine Reparatur, für einen Schaden der aktuell noch im alten Jahr entstanden ist. Dies sind nix anders als bilanziell zu erfasssende Zahlungen die ein Schuldverhältnis darstelllen. Das lässt sich auch ganz einfach im Falle einer Insolvenz verstehen: Firma hat keine Geld mehr und kann all das nicht bezahlen, weder Gehälter noch offene Rechnungen noch Bankkkredite bedienen. All das sind Schulden die der eingesetzte Insolvenzverwalter dem Vermögen der Firma gegenüber stellen muss. Gesetzlich gibts zwar Prioritäten wer zuerst bedient werden muss (Gehälter und Sozialversicheurungsabgaben vorrangig) aber grundsätzlich sind jegliche Verbindlichkeiten letztlich Schulden, durchaus auch sehr kurzfristig fällig; dennoch bleiben das Schulden.

Bevor ihr hier klug scheißt, lest lieber nochmal genau, was der Themenersteller genau geschrieben hat. Ihr brecht hier undifferenziert alles übers Knie. Mit derartigen Totschlag-Argumenten, kann man natürlich jede Diskussion sofort im Keim ersticken. Es ist nicht richtig zu behaupten, dass jeder der einen Mietvertrag eingeht, automatisch Mietschulden hat, denn die Miete wird meistens im voraus, am Monatsanfang, als Vorschuss gezahlt. Da habe ich keine Schulden.

Du brauchst mir auch nicht zu erklären, wie das in deiner Firma funktioniert. Hier war die Rede von Privatschulden, bzw. was man landläufig unter Schulden versteht. Wer seine Waren und Dienstleistungen sofort bezahlt, hat keine Schulden. Die entstehen erst, wenn man mit Zahlungszielen oder auf Kredit kauft.

Zu behaupten, man müsse als Jäger und Sammler leben, um keine Schulden mehr zu machen, ist einfach unsachliche Kritik und pauschale Abwertung.

Zitat von Fritz am 25. Dezember 2019, 16:27 Uhr

Bevor ihr hier klug scheißt,

s.u.

lest lieber nochmal genau, was der Themenersteller genau geschrieben hat. Ihr brecht hier undifferenziert alles übers Knie. Mit derartigen Totschlag-Argumenten, kann man natürlich jede Diskussion sofort im Keim ersticken.

Der ET ist nichts weiter als ein dreizeiliges Totschlagargument ohne jegliche Differenzierung.

Es ist nicht richtig zu behaupten, dass jeder der einen Mietvertrag eingeht, automatisch Mietschulden hat, denn die Miete wird meistens im voraus, am Monatsanfang, als Vorschuss gezahlt. Da habe ich keine Schulden.

Du hast Mietschulden im Sinne des ET.

Erstens weil der Mietvertrag nur binnen 3 Monaten kündbar ist, d.h., jedes mal wenn Du nicht zum Monatsende kündigst, ernuert sich die Verpflichtung, die Wohnung weitere drei Monate zu mieten. Und diese Summe bleibst Du auch dann schuldig, wenn Du die Wohnung urplötzlich nicht mehr benötigen würdest.

Zweitens gibt es keine Möglichkeit, aus diesem lebenslänglichen Dauermietvertrag auszuscheiden, es sei denn, man kommt zB durch Erbe oder anderweitigen Zugewinn in den Genuss einer eigenen Immobilie.

Der Mieter ist in der benutzten Analogie des TE also viel näher am römischen Schuldsklaven als der defensive Eigenheimbesitzer/Darlehensschuldner.

Du brauchst mir auch nicht zu erklären, wie das in deiner Firma funktioniert.

Warum nicht? An dem Beispiel konnte man doch gut erkennen, dass Schulden nicht zwangsläufig und unmittelbar in die Sklaverei führen.

Hier war die Rede von Privatschulden, bzw. was man landläufig unter Schulden versteht. Wer seine Waren und Dienstleistungen sofort bezahlt, hat keine Schulden. Die entstehen erst, wenn man mit Zahlungszielen oder auf Kredit kauft.

Im Sinne des TE wird eine private heutige Überschuldung mit der zwanghaften Verschuldung eines römischen Schuldsklaven verglichen, ohne das auch nur mit einem Satz zu differenzieren oder zu erläutern; vielmehr wird daraus auf eine generelle Vermeidung von Schulden geschlossen und dies zur Maxime erhoben. Das ist nichts weiter als plakativer Unsinn.

Zu behaupten, man müsse als Jäger und Sammler leben, um keine Schulden mehr zu machen, ist einfach unsachliche Kritik und pauschale Abwertung.

Es war weder unsachlich, noch pauschal, noch abwertend, sondern schlicht ein Beispiel dafür, wo die Grundüberlegung des TE/ET hinführt, wenn man sie logisch weiterführt. Nämlich zu einem Widerspruch oder einer absurden Lebenssituation, die weitab des üblichen wirtschaftlichen Handelns angesiedelt wäre, kurz:

Ich habe Schulden, dennoch bin ich kein Lohn-/ oder Schuldsklave.

Wenn der TE recht hätte, müsste ich ja ein Lohn-/Schuldsklave sein. Was aber ausschließen würde, dass ich Vermögenszuwachs hätte, sondern mit der Tilgung meiner (Immobilien)Schulden nur eins erreichen würde: meine Freiheit. Das ist nicht der Fall, denn die Immobilie gehört mir dann ja auch. Im Gegensatz zum Schuldsklaven.

Darüber hinaus wird hier suggeriert, dass Schulden dem Vermögensaufbau mit Aktien oder auch ganz generell entgegenstehen.

Auch das darf bestritten werden, denn ich habe

a) Privatschulden (Immofinanzierung)

b) betriebliche Schulden

c) fast keine Aktien (!Jehova!)

d) einen schnelleren Vermögenaufbau als Oli, sowohl absolut als auch prozentual. (Allerdings auch extrem volatil, in Summe aber in etwa vergleichbar wie Aktien)

 

Es steht Dir natürlich frei, mich darob weiter als Klugscheißer oder römischen Schuldsklaven zu bezeichnen.

Sinn ergibt das allerdings nicht.

Dann sollten wir erst einmal genau differenzieren wovon wir hier reden:
1. Zahlungsschuld
2. Schulden
3. Kredite und Darlehen

1. Zahlungsschuld entsteht bei jedem Vertragsverhältnis. Das ist absolut unvermeidbar und hat nichts mit Abhängigkeit oder Sklaverei zu tun.
2. Schulden, also was man landläufig darunter versteht, ist nicht identisch mit der unter 1. genannten Zahlungsschuld. Schulden sind nicht beglichene Außenstände (z.B. unbeglichene Rechnungen). Bsp.: wenn du vor Gericht gefragt wirst, ob du Schulden hast, ist damit sicherlich nicht deine allmonatliche Miete gemeint, sondern ob du größere Summen an Außenständen hast, die du nicht begleichen kannst oder willst.
3. Kredite und Darlehen, sind alle Beträge, die mit Zinszahlungen und einer definierten Laufzeit verbunden sind. Sie sind also eine Sonderform der Schulden.

Wenn du Schulden nach obiger Definition hast, besteht eine Anhängigkeit zum Gläubiger. Das hat natürlich erst einmal nichts mit Sklaverei zu tun. Aber ich glaube, das war auch etwas Überspitzt gemeint. Das Problem ist, dass, selbst wenn du keine Zahlungsschwierigkeiten hast, vor allem eine psychische Belastung besteht. Auch wenn man die oftmals verdrängt, schwebt da ein Damokles-Schwert über einem. Die Probleme treten nämlich dann auf, wenn deine normalen Einkünfte einbrechen oder ganz ausfallen. Dann bleiben diese Schulden trotzdem bestehen und es ist in der Regel nicht so einfach möglich diese zu stunden. Dann geht es schnell an deine Substanz, wenn du nicht schnellst möglich neue Einkünfte generierst.

Ein Unternehmen ist etwas anderes, als eine Privatperson oder ein Selbständiger. Ein Unternehmen kann im schlimmsten Falle pleite gehen. Das war es aber dann auch schon. Pech für die Anteilseigner und Gläubiger. Eine Privatperson haftet mit seinem gesamten Privatbesitz, der meistens auch sein Existenzgrundlage ist. Ich kenne einige, die mit einer oder sogar mehreren GmbHs in die Insolvenz gerutscht sind. Für den persönlichen Lebenskomfort, ist denen kaum ein Schaden entstanden. Bei einer Privatinsolvenz sieht das anderes aus. Da ist dein Besitzstand weg.

Schulden waren schon immer die Grundlage für Macht. Du bist nicht mehr frei, wenn du dein Haus mit einem Kredit gebaut oder belstet hast. Dann arbeitest du für die Bank. Du kannst deinen Job kündigen, aber die Schulden bleiben grundsätzlich bestehen, bis sie abgezahlt sind. Die sind unkündbar.

Dass hier suggeriert wird, dass Schulden dem Vermögensaufbau entgegenstehen, kann ich da nicht herauslesen. Klar kannst du auch mit 100% Fremdkapital ein Vermögen aufbauen. Aber das Risiko ist einfach enorm hoch. Wenn du des Weiteren Schulden in diesem Sinne hast, dann besitzt du kein Vermögen, du hast nur einen Saldo. Ein Millionär, der eine Million Eigenkapital und eine Million Fremdkapital hat, besitzt keinen Cent, sondern hat nur einen Saldo. Das Geld ist nämlich weg, wenn er es nicht zurück zahlen kann. Das schließt nicht aus, dass er damit keine größere Geldmenge erwirtschaften kann.

Im Sinne von Bernard Baruch

"Es gibt tausend Möglichkeiten sein Geld auszugeben, aber nur zwei Geld zu verdienen: Entweder wir arbeiten für Geld oder das Geld arbeitet für uns"

Wenn du nur für die Schulden arbeitest, dann bist du wirklich in einem sehr unfreien Zustand der dir wenig Raum lässt, dies kann man mit dem Zustand eines Bezahlssklave durchaus vergleichen. Unterschiede gibt es natürlich dennoch. Zumindest heute gibt es eine Privatinsolvenz und ein Sozialsystem. Heute sind es eher Konsumsklaven.

Wenn du jedoch Schulden hast mit denen du investierst, also die Schulden über deinen Invest für dich arbeiten, dann kann man dies nicht mit dem unfreien Zustand der Sklaven vergleichen. Die Herren der Sklaven waren damals auch schon teilweise Schuldner, doch sie arbeiteten nicht für die Tilgung sondern liesen für die Tilgung arbeiten.

Meiner Meinung nach wird die Anzahl der modernen Konsum oder Bezahlsklaven in der Zukunft wieder zunehmen und ich finde dies höchst bedenklich auch wenn ich selbst nicht direkt davon betroffen bin. Ich stelle mir eben die Frage welche Gesellschaft wird das dann?

Wie es aussieht wird sich da wohl so eine Art Geldadel heraus bilden. Die Entwicklung sehen wir ja bereits seit Jahren, immer weniger besitzen immer mehr. Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter auseinander. Diese kleine Gruppe von Vermögenden, wird aber dann auch maßgeblich die Politik bestimmen, so wie es bereits in den USA der Fall ist (Plutokratie). Oder man fällt zurück in autokratische Regierungssysteme, indem z.B. die Gewaltenteilung aufgeweicht wird. Auch das sehen wir bereits in vielen Ländern, wo Populisten in der Regierungsverantwortung sind.

Ich denke, das spannende an diesem Thread ist nicht die Theorie von unterschiedlichen Arten von Schulden, und ob diese eine moralische Komponente haben oder nicht, und wenn ja wie, sondern der Zusammenhang von Sklaverei und Geldmangel. Sklaverei verstößt gegen Menschenrechte, und ist weltweit illegal (?). Das ist auch gut so, denn Geldmangel haben trotzdem viele. Die Frage hier ist meines Erachtens nicht, wie hier Individuen den Zustand des Geldmangels beenden können, sondern wie die Weltgesellschaft als ganzes trotz des Geldmangels vieler sicherstellen kann, dass Sklavenhalterei sanktioniert wird und idealerweise gar nicht erst entsteht. Mehr Staat oder weniger? Ich weiß es nicht. Was ich weiß, ist, dass es, wenn einem Menschenrechte wichtig sind, es die Aufgabe eines jeden einzelnen ist, die Sklaverei anderer nicht zu akzepieren, unabhängig davon ob das jetzt aufgrund von Geldmangel entstanden ist oder nicht.

@brickas Interessante Theorie. Das ist aber im Endeffekt wie mit der Massentierhaltung. Wenn du das nicht willst, musst du Veganer werden. Wenn du Sklaverei nicht willst, darfst du nichts mehr kaufen, was in China, Indien oder Bangladesch hergestellt oder verarbeitet wurde, und auch keine Elektronik, deren Rohstoffe aus Afrika kommen. Für jeden Deutschen arbeiten durchschnittlich 60 Lohnsklaven in der 3. Welt! Wie willst du das als Einzelner verhindern oder meiden? Das ist ein Missstand, der nur von Regierungen geändert werden könnte.

@fritz nun, zufällig bin ich Veganer. Allerdings ist meine Perspektive da moderierender. Wenn Leute, die sonst nicht ohne Bratenfett von Steak intravenös aus dem Bett kommen, bei nur einer von drei Mahlzeiten auf Fleisch verzichten, bringt das in der Regel mehr, als wenn Flexitarier vegetarisch werden. Obwohl das natürlich auch gut sein kann. Am besten wäre es, wenn sich arme Leute aufgrund von guten Gesetzen für Tiere kein Fleisch und keine Milchprodukte mehr leisten können – während gleichzeitig aufgrund gesamtgesellschaftlicher Einsicht sowieso weder das eine noch das andere mehr nachgefragt wird=) Genauso ist es mit der Sklaverei. Ein Statement gegen Fremdenhass in Form der Wahl von einer von mehreren demokratischen Parteien zählt da genauso wie die Beteiligung an Unterschriftenaktionen von Amnesty International oder Spenden an entsprechende Organisationen oder die Teilnahme an Demonstrationen. Bei einem Punkt gebe ich Dir allerdings recht: ja, das sind strukturelle Probleme, und als Einzelner sind da die Handlungsmöglichkeiten, die man hat, tatsächlich klein und werden der Größe des Problems nicht gerecht. Umso wichtiger ist es, dass sich jeder Einzelne im Rahmen seiner Möglichkeiten für die Rechte der anderen stark macht, also auch explizit die strukturellen Probleme adressiert, denn ansonsten haben Regierungen keinen Anreiz, daran etwas zu ändern. Wobei ich auch denke, dass Regierungen da nicht die einzigen sind, die da in der Aufgabe sind. Es ist vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, also auch eine für Unternehmen, NGOs, Journalismus, Gewerkschaften, Kirchen, etc.

Falsch finde ich lediglich, die Unfähigkeit, den eigenen Konsum in diesem Bereich völlig einzustellen als Rechtfertigung dafür zu nutzen, untätig zu sein, obwohl man anders könnte.

@brickas

Um wirklich aktiv vorzugehen, müsste aber erstmal eine Verständigung darüber stattfinden, wie genau heute denn der "Sklave" definiert wird, wer zählt dazu, wer nicht?

Die Näherin in Bangladesh, die 12h/Tag für 1,20€/h ohne Arbeitsschutz in der Fabrik arbeitet?

Der Chinese der auf dem Fabrikgelände wohnt und arbeitet und nur jedes 2. Wochenende zu seiner Familie aufs Land fahren kann?

Der Südamerikaner, der bei 40 Grad den ganzen Tag Soja, Kaffee usw. erntet für halben Mindestlohn und nur bezahlt wird, wenn er wirklich arbeitet?

Der Amerikaner, der 3 Standardjobs macht, um seine Familie durchzubringen?

Der Südeuropäer, der tlw. nach 1-2 Jahren ALG keine Unterstützung mehr erhält und daher dann jeden Job annehmen muss und sich bei Verwandten einquartiert?

Der Deutsche, der mit H4 aufstockt und seinen Job vom Amt vermittelt nur macht, weil ihm das Amt sonst H4 komplett gestrichen/sanktioniert hätte?

Wer ist alles ein Sklave, wie gross und auf welchem Niveau muss die Ungerechtigkeit sein, um aktiv zu werden und jemanden zu bestrafen, und im letzteren Fall, wer soll bestraft werden? Der Arbeitende, dafür, dass er das mit sich machen lässt um sich und seine Familie zu ernähren? Den Arbeitgeber, der dir dann sagt er kann den Laden sonst zumachen weil Wettbewerb? Die Politiker für ihre nicht vorhandene oder falsche Gesetzgebung? Den Staat und damit die Gesellschaft, dafür, dass dies geduldet wird?

Wenn du obige Beispiele nicht als Sklaven definierst, haben wir auf der Welt auch kaum ein nennenswertes Problem mit Sklaverei. Sind dagegen alle in deiner Definition Sklaven, haben wir ein riesiges Problem, dass sich über den Erdball weit verzweigt und vielfältigste Ursachen hat, die ein einzelner mit Konsumentscheidungen nicht beeinflussen kann. Ist nur ein Teil als Sklaven anzusehen würde es mich ja sehr interessieren, wo/wie/warum du die Grenzen bei der Definition setzt.

 

Sklaverei im juristischen Sinne, also dass ein Mensch tatsächlich Eigentum eines anderen ist und damit Gegenständen gleichgestellt ist, haben wir tatsächlich nicht mehr. Und wenn es doch gemacht wird, wie z.B. Fälle, die aus Libyen bekannt geworden sind, dann ist es zumindest illegal. Das Problem ist aber, dass heutzutage trotzdem Millionen von Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen leben und arbeiten müssen. Wenn Arbeitgeber ihren Arbeitern den Pass abnehmen und sie auf Baustellen in der 3. Welt quasi gefangen halten, wenn Menschen 14h am Tag schwer arbeiten müssen, wenn Menschen für socherlei Arbeiten nur einen Hungerlohn bekommen, wenn ihnen elementare Grundbedürfnisse wie Pausen, Essen und Trinken verweigert werden oder wenn aufgrund fehlenden Arbeitsschutzes, der Tod von Arbeitern billigend in Kauf genommen wird, dann sind das faktisch sklavenähnliche Zustände, also Sklaverei.

Und ja, natürlich müssen wir auch als Konsumenten und Verbraucher alle Anstrengungen unternehmen, um solche Missstände zu bekämpfen. Doch mitunter geht das nicht immer. Das liegt an systemübergreifenden Misständen. Bsp.: Alle elektronischen Geräte benötigen seltene Erden und Rohstoffe wie Gold und Kupfer. Diese werden aber größten Teils unter solch menschenunwürdigen/sklavenähnlichen Bedingungen gefördert. Die Herstellung unsere Smartphones, Fernseher und Computer erfolgt fast ausschließlich in China, wo ebenfalls ausbeuterische Arbeitsbedingungen herrschen. Hier kann man nicht einfach durch das Konsumverhalten einen Protest, geschweige denn eine Änderung herbeiführen, denn es gibt ja keine Alternative. Es gibt kein elektronisches Gerät auf der Welt zu kaufen, in dem nicht an irgendeiner Stelle im Herstellungsprozess Sklavenarbeit steckt. Das heißt hier wäre nur ein Komplettverzicht möglich, was allerdings unrealistisch ist, denn wer möchte schon ein Einsiedlerdasein führen?

@michael321
Vielen Dank für diese Frage! Gestatte mir eine kleine Vorbemerkung: ich bin da kein Experte und ich bin mir sicher, dass es tausende gibt, die diese Frage besser beantworten können als ich, aber ich versuchs mal:

Bei der Frage nach der Definition von Sklaverei folge ich jetzt mal stumpf dem Wikipedia-Artikel zu Sklaverei im 21. Jahrhundert, in dem sie als "Akt der Rekrutierung, Beherbergung, des Transports, der Beschaffung von Personen zum Zweck von Zwangsarbeit oder Prostitution unter der Anwendung von Gewalt, Betrug oder Zwang" [meine Übersetzung]. Als Beispiele listet Wikipedia Besitzsklaverei, die sich in öffentlichen Sklavenmärkten in Libyen widerspiegeln oder, dass 2% der mauretanischen Bevölkerung Sklaven sind. Zwangsarbeit durch Regierungen ist etwas, dass sich überwiegend in China und Nordkorea findet, aber auch in Eritrea; das geht dann so in Richtung Konzentrations- und/oder Arbeitslager. Zwangsarbeit gibt es auch in Strafkolonien in China und in den USA: dort werden Gefangene zu Arbeit unter 1$/h unter der Androhung von Isolationshaft gezwungen. Schuldknechtschaft ist ein weiteres Beispiel: arme Leute werden hier dazu gezwungen, Schulden aufzunehmen, die so hohe Zinsen haben, dass man sie gar nicht realistisch zurückzahlen kann, während man gleichzeitig seine Arbeitskraft als Sicherheit hinterlegen muss, weil man nichts anderes hat. Diese Form der Sklaverei findet sich überwiegend in Indien, Pakistan, Nepal und das von Dir genannte Bangladesch. Ich erspare mir jetzt mal die blumige Beschreibung von Kinder-Zwangsprostitution, deren Ursache ist, dass reiche Arschlöcher armen Eltern einen Deal anbieten, zu dem sie nicht nein sagen können. Die australische NGO Walk Free geht davon aus, dass derzeit 40 Millionen Menschen von Sklaverei direkt betroffen sind.

So viel zu dem, was Wikipedia sagt. Daraus folgt, dass Geflüchtete, die zu Zwangsarbeit auf Obst- und Gemüseplantagen in Spanien und Italien gezwungen werden, nicht in der Definition von oben enthalten sind, weil dort genau genommen weder Gewalt noch Betrug und Zwang angewendet werden. Zwangslagen ausgenutzt jedoch schon. Insofern ist das dann sklavenänlich, aber nicht Sklaverei. Persönlich denke ich politisch, dass selbst die Hartz-4-Gesetzgebung in D staatlich institutionalisierte Gewalt zum Zweck der Zwangsarbeit durch Regierungen ist, aber ich erkenne auch an, dass das im Vergleich zu Konzentrationslagern in Nordkorea Luxusprobleme sind, und da zumindest nicht mit Isolationshaft gearbeitet wird, und man kann anders als anderswo immer sagen: „oh, ich habe Rückenschmerzen. Lieber Arzt, kannst Du mich deswegen bitte krankschreiben?” und es funktioniert, d. h. mit Tricks kann man Sanktionen abblocken. 40 Millionen Menschen ist von 7 Milliarden Menschen zugegebenermaßen nur 0,57...%, aber ich denke, ja, das ist

ein riesiges Problem, dass sich über den Erdball weit verzweigt und vielfältigste Ursachen hat, die ein einzelner mit Konsumentscheidungen nicht beeinflussen kann.

Wie gesagt, Konsumentscheidungen sind auch nicht die einzigen Dinge, die man als Individuum tun kann. Man kann auch Unterschriften sammeln, spenden, sich politisch engagieren, etc. Wer da wie auf welcher Ebene bestraft werden soll, kann ich Dir jedoch nicht sagen. In Ländern wie Spanien, Italien oder USA habe ich da nach wie vor die Hoffnung, dass es da bereits vernünftige Gesetze gibt, die lediglich auch angewendet werden müssen, die da unter Umständen als Beispiel dienen können. Dass wir dadurch die Konzentrationslager in Nordkorea nicht beseitigen, ist mir schon auch bewusst. Beantwortet das Deine Frage?