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Schon fast durch

Hallo zusammen

Erstmal herzlichen Dank an Oliver für diese wunderbare Webseite! Die Beiträge sind wirklich lesenswert. Eine wichtige Erkenntnis: Finanzielle Unabhängigkeit ist nicht ausschliesslich ein Rendite/Risiko-Thema, sondern vor allem eine Lebenseinstellung. Was nützt einem eine tolle Rendite auf dem Aktienportfolio, wenn man dies verwendet, um einen noch fetteren Wagen (oder Rolex oder grössere Wohnung, etc.) kauft?

Da ich selbst in der Finanzbranche arbeite und vorher BWL studiert habe, sind mir natürlich die Wirkungen des Zinseszinses bekannt. Die Berechnungsbeispiele konnte ich nachvollziehen und sind aus meiner Sicht plausibel. Die Grundlagen des Frugalismus (z.B. die Trinity-Studie oder diejenige von Jorda et al [Risk-Rate return on everything 1870 - 2015] sind wissenschaftlich fundiert. Auch haben wir damals im Studium gelernt, dass man nicht mit Umsatz reich wird, sondern mit Gewinn bzw. Cash-Flow. Kostenführerschaft ist matchentscheidend, das gilt gerade auch im Bereich der privaten Finanzen. Spannend ist auch, wie "meine" reichen Kunden mit dem Geld umgehen: Viele sind Unternehmer, die oftmals sparsam leben und statt herumzuprotzen jeden Gewinn sofort wieder in ihr Unternehmen investieren. Andere haben ihr Vermögen geerbt, leben aber ansonsten ziemlich "normal". Sie haben ein vernünftiges, diszipliniertes Ausgabeverhalten kombiniert mit ausgewogenen Anlagen in Liegenschaften, Aktien, etc. sozusagen mit ihrer DNA mitvererbt erhalten.

Ich selbst bin Mitte 30 und kann sagen, ich bin schon fast "durch". Die finanzielle Unabhängigkeit - d.h. die Vermögenserträge reichen zum Leben - ist in Reichweite, gemäss dem auf dieser Seite zur Verfügung gestellten Rechner noch ca. ein halbes bis ein ganzes Jahr. Anders als meine Arbeitskollegen und viele meiner Freunde lege ich Wert auf ein (kapital-) effizientes Leben. Mein Arbeitsweg absolviere ich zu Fuss, mit Autos konnte ich noch nie etwas anfangen und habe mir schon früh mit dem Autoverzicht gesparten Geld eine Wohnung gekauft. Dennoch geniesse ich das Leben, habe im Sinn, alle paar Jahre mal eine mehrmonatige Auszeit zu nehmen, gehe gerne aus, gehe gerne in den Urlaub, fahre viel Fahrrad oder mache Wanderungen in den Bergen, mag es, nette Mädels zu einem romantischen Essen einzuladen, und vieles mehr. Da ich aber dort spare, wo es sinnvoll ist (nämlich bei den Fixkosten wie Auto, Hypothek, Versicherungen, Steuern etc.) habe ich dennoch eine ziemlich hohe Sparquote.

Was mache ich, wenn ich "durch" bin? Schwierig zu sagen... im Moment läufts ziemlich gut im Job, auch wenn es hart ist, jeden verd*****tem, f***ing, manic Monday früh aufzustehen. Aber geht wohl jedem so. Ohne Fleiss kein Preis! ;-). Vermutlich werde ich aber noch einige Zeit länger arbeiten, als ich müsste. Dies erlaubt mir, meine Hypothek noch etwas zu reduzieren. Heute sind die Zinsen sehr tief und wer weiss, ob diese in ein paar Jahren nicht wieder steigen? Dann wäre mein schöner Finanzplan im Eimer. Weiter geht ein schöner Teil meines Gehalts in Rentenfonds, welche zwar steuergünstig sind, mir aber auch erst wieder im Alter 65 Zugriff auf dieses Geld ermöglicht. Die Rendite auf diesem Kapital ist sicher schön, aber für den Lebensunterhalt bis 65 nicht verwendbar. Würde ich zu früh mich vom Arbeitsleben verabschieden, würde ich das frei verfügbare Vermögen vermutlich überstrapazieren. Daher gehe ich dann lieber auf Nummer sicher und spare etwas mehr als nötig.

Andererseits... finanzielle Freiheit, finanzielle Unabhängigkeit heisst ja nicht, dass man zwingend nie mehr arbeitet. Es heisst lediglich, dass man nicht mehr müsste. Alleine der Gedanke, dass man es sich leisten könnte, dem Chef oder der Chefin vor versammelter Belegschaft so ordentlich die Meinung zu geigen und anschliessend die Türe krachend hinter sich zuschlagen zu können, ist schon befreiend und trägt wesentlich zu meiner Lebensqualität bei. Auch der umgekehrte Fall, eine unerwartete Entlassung z.B. als Folge einer Umstrukturierung könnte ich ziemlich gelassen hinnehmen. Ich kann mir aber durchaus vorstellen, auf Teilzeit zu wechseln. Bei meiner jetzigen Sparquote würde rechnerisch 2 Tage Arbeit pro Woche (= 40 %) bereits ausreichen. Oder vielleicht kommt mir sonst noch eine spannende Idee? Wer weiss, vielleicht möchte jemand in meinem Bekanntenkreis ein Startup-Unternehmen gründen? Das wäre ja mal spannend. Wenn dann finanziell nichts herausschauen sollte, wäre das zwar schade, aber nicht weiter tragisch. Finanzielle Freiheit bedeutet Handlungsfreiheit zu haben! Man muss nur den Mut haben, diese auch zu nutzen 😉

Gratulation an diejenigen, welche ihr Ziel schon erreicht haben und viel Erfolg denjenigen, welche noch daran arbeiten. Es braucht Disziplin und einen langen Atem, aber die Erfolgschancen sind tatsächlich hoch, wenn mans durchzieht. Jedenfalls erachte ich diesen Weg sicherer und erfolgsversprechender als Lottospielen.

Liebe Grüsse - ElDorado

Welche Summe reicht Dir zum Ausstieg?

Tja gute Frage...es hängt etwas davon ab, was ich nach Erreichen meines Freiheitsziels machen werde. Es ist grundsätzlich möglich, sich in einem Land in Südamerika, Afrika oder Südostasien niederzulassen. Aber auch in gewissen Ländern Europas, z.B. Bulgarien, Rumänien, die Länder des Balkans oder auch Portugal oder Spanien, sind die Lebenshaltungskosten relativ tief. Dort würde 1'000 bis 1'500 pro Monat bzw. 12'000 bis 18'000 pro Jahr reichen. Mit 4 % kapitalisiert bräuchte es 300'000 bis 450'000. Jeder 1'000er mehr pro Monat braucht 300'000 zusätzliches Kapital. Eine konkrete Summe zu nennen, ist daher nicht ganz einfach.

Würde ich heute meine Eigentumswohnung vermieten und stattdessen mich mit einem WG-Zimmer begnügen, würde es wie gesagt ungefähr reichen. Ich möchte aber noch eine gewisse Reserve haben; "ungefähr reichen" ist mir persönlich noch etwas zu wenig.