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Neues zur 4%-Regel

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In der aktuellen "Finanztest" (3/24) hat man untersucht, wie und ob die 4%-Regel seit 1970 funktioniert hätte/hat und dabei monatsweise 289 verschiedene 30 - Jahresverläufe bis heute verglichen.

Ergebnis: Mit einem 50/50-Portfolio (MSCI World/Anleihen) hätte man im schlechtesten Fall immer noch 4,3% entnehmen können (im Median sogar 6,2 % !).

Was mich persönlich überrascht hat: Mit einem 100% MSCI World-Portfolio  hätte man im schlechtesten Fall nur 3,3 % entnehmen können. Ich schätze jetzt mal, das ist der hohen Inflation der 70er Jahre geschuldet? Die Anleihenrenditen waren in diesem Zeitraum eben auch sehr hoch und boten so einen guten Schutz.

 

 

Was fast schon unglaublich ist: Mit 100% Tagesgeld konnte man im schlechtesten Fall (inflationsangepasst) 4 % entnehmen!

Da sieht man, wie sich die Zinslandschaft geändert hat... falls das wirklich stimmen sollte...

Zitat von Steffen am 15. Februar 2024, 9:52 Uhr

Was mich persönlich überrascht hat: Mit einem 100% MSCI World-Portfolio  hätte man im schlechtesten Fall nur 3,3 % entnehmen können. Ich schätze jetzt mal, das ist der hohen Inflation der 70er Jahre geschuldet? Die Anleihenrenditen waren in diesem Zeitraum eben auch sehr hoch und boten so einen guten Schutz.

Das ist hoher Einbrüche am Anfang der Entnahmephase geschuldet. Was nun der Grund dafür war, ist erst einmal irrelevant.
Sind bei den Anleihen nur Staats- oder auch Unternehmensanleihen mitberücksichtigt worden?

Grüsse

In jedem Fall interessant zu hören. Allerdings ist das natürlich nur eine Rückschau und es ist wie es immer ist: Niemals aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen.

Sortierst du in die Zeitreihe außerdem weitere historische Daten ein (z. B. die Weltwirtschaftskrise ab 1929), sieht die Welt schon wieder anders aus. Als grobe Faustregel bleibt die 4 % für mich trotzdem weiterhin sehr hilfreich 🙂

Der folgende Artikel von Georg ist zwar schon was älter (2019), untersucht die Thematik aber auch über einen längeren Zeitraum als "nur" 30 Jahre:

https://www.finanzen-erklaert.de/vorsicht-vor-der-4-regel/

Sind bei den Anleihen nur Staats- oder auch Unternehmensanleihen mitberücksichtigt worden?

Beim Tagesgeld/Anleihen-Teil wurde der 3-Monats-Euribor verwendet, das müsste in ungefähr kurzlaufenden europäischen Staatsanleihen entsprechen (oder Tagesgeld-Zinshopping).

In jedem Fall interessant zu hören. Allerdings ist das natürlich nur eine Rückschau und es ist wie es immer ist: Niemals aus der Vergangenheit auf die Zukunft schließen

Niemals würde ich nicht sagen. Man kann schon daraus lernen. Z.B., dass Anleihen oder Tagesgeld durchaus ihre Berechtigung haben können, vor allem in der Entnahmephase, wo Sicherheit wichtiger ist als bei der Vermögensaufbauphase. Wobei auch hier natürlich eine Rolle spielt, ob ich bereits Ansprüche auf anleiheähnliche Vermögenswerte wie Renten (GRV od. BAV) habe.

 

 

Sortierst du in die Zeitreihe außerdem weitere historische Daten ein (z. B. die Weltwirtschaftskrise ab 1929), sieht die Welt schon wieder anders aus. Als grobe Faustregel bleibt die 4 % für mich trotzdem weiterhin sehr hilfreich 🙂

Der folgende Artikel von Georg ist zwar schon was älter (2019), untersucht die Thematik aber auch über einen längeren Zeitraum als "nur" 30 Jahre

Der MSCI World wird erst seit 1970 berechnet, deshalb wird auch die Entwicklung seit 1970 betrachtet.

Georg in "Finanzen-Erklärt" hat in dem genannten Beispiel mit dem S&P500 gerechnet. Der extreme Crash 1929 war doch aber in erster Linie ein USA-Phänomen, oder nicht? Ob ein MSCI World - hätte es ihn gegeben - so extrem schlecht abgeschnitten hätte? Mit einbeziehen sollte man dieses Extrem-Ereignis aber in jedem Fall trotzdem. Finanztest schreibt auch, man sollte trotz der Ergebnisse lieber mit 3, oder 3,5 % sicherer Entnahme rechnen. Das geht dann auch wieder in die Richtung von Georg, der diese Größenordnung auch als sichere Entnahme ansieht.

Ehrlich, das ist doch sowas von egal, ob du mit 3,5% 3,8% 4% oder 4,2% rechnest...Das gilt nur in einem einigermaßen sicheren, halbwegs krisenfesten Umfeld. Nicht zu knapp rechnen und das Umfeld / Weltgeschehen beobachten.

Ehrlich, das ist doch sowas von egal, ob du mit 3,5% 3,8% 4% oder 4,2% rechnest...Das gilt nur in einem einigermaßen sicheren, halbwegs krisenfesten Umfeld. Nicht zu knapp rechnen und das Umfeld / Weltgeschehen beobachten.

Sehe ich auch so. Eine flexible Entnahme passt eh besser zum Leben als eine starre Entnahme. Aber einen ungefähren Richtwert zu haben, finde ich schon gut.  Für mich sind die 4 % eher so etwas wie ein Höchstwert. Darüber würde ich mich nicht mehr wohl fühlen, zumindest die ersten Jahre der Entnahme.

Ja, ok. Darauf können wir uns einigen. Irgendeinen groben Wert um sich zu orientieren, benötigt man. Und mit der flexiblen Entnahme ist auch ok.

In den letzten Jahrzehnten haben golden butterfly und Pinwheel sehr gut funktioniert:

https://portfoliocharts.com/portfolios/golden-butterfly-portfolio/

https://portfoliocharts.com/portfolios/pinwheel-portfolio/

Leider sind diese Portfolios im Rückspiegel optimiert. Langlaufende Staatsanleihen und US small cap waren die letzten 40 Jahre eine super Idee (die Zinsen sind bis 2022 ja 40 Jahre lang gefallen) und auch Gold hat in diesem Zeitraum nun mal extrem gut als Gegenpol in den beiden großen Aktienkrisen funktioniert.

Ich für mich weiß nur, dass ich ein eher knapp kalkuliertes 100% Aktiendepot bei der Entnahme schlichtweg psychisch nicht aushalten würde, wenn das in den ersten Jahren um meinetwegen 60% crasht.

Also kann das für mich schon aus diesem Grund so keine Option sein

Zitat von Steffen am 15. Februar 2024, 10:59 Uhr

Was fast schon unglaublich ist: Mit 100% Tagesgeld konnte man im schlechtesten Fall (inflationsangepasst) 4 % entnehmen!

Da sieht man, wie sich die Zinslandschaft geändert hat... falls das wirklich stimmen sollte...

Erstaunt mich auch.

Falls es stimmt liegt es vor allem am betrachteten 30-Jahres-Zeitraum. Über 30 Jahre kann man 3,3%/a (ohne Inflation) alleine schon von der Substanz entnehmen.

Das Problem mit dieser Strategie ist, dass man dann nach 30-40 Jahren ziemlich sicher pleite ist. Man sollte also noch eine Pistole oder eine Zyankalikapsel mit einplanen.

Zitat von Steffen am 16. Februar 2024, 10:22 Uhr

Georg in "Finanzen-Erklärt" hat in dem genannten Beispiel mit dem S&P500 gerechnet. Der extreme Crash 1929 war doch aber in erster Linie ein USA-Phänomen, oder nicht?

Dann würden wir wohl heute von einer US-  aber nicht Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre sprechen … das Ding ging schon einigermaßen weltweit viral.

Ob ein MSCI World - hätte es ihn gegeben - so extrem schlecht abgeschnitten hätte?

Most likely. Wenn’s im US-Markt so stark rappelt, gehen erst mal alle in die Knie, siehe Subprime-Krise. Manche mehr, manche weniger, aber rauf geht‘s da nur für die, die nicht involviert sind oder auf fallende Kurse gewettet haben.

Dann würden wir wohl heute von einer US- aber nicht Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre sprechen … das Ding ging schon einigermaßen weltweit viral.

Stimmt, trotzdem hat es die weltweite Wirtschaft nicht so stark getroffen wie die USA.

Gerd  Kommer hat einen Artikel über die Weltwirtschaftskrise geschrieben, Zitat daraus:

"...Während der US-Aktienmarkt den Vor-Crash-Stand von Ende 1928 auf der Basis von Jahresdaten erst wieder Ende 1936 erreichte, tat der globale Aktienmarkt das bereits ein Jahr früher, Ende 1935. Ab 1936 bewegte sich der globale Markt renditemäßig bis 1944 über dem US-Markt.

Zwischenfazit: Legt man den globalen Aktienmarkt zugrunde, war der MDD 1931/1932 weniger tief und die Erholung schneller als im US-Aktienmarkt..."

 

aus Wikipedia zur Weltwirtschaftskrise:

Rückgang der Industrieproduktion auf dem Höhepunkt der Krise[35]
Land Rückgang
Vereinigte Staaten − 46,8 %
Polen − 46,6 %
Kanada − 42,4 %
Deutsches Reich − 41,8 %
Tschechoslowakei − 40,4 %
Niederlande − 37,4 %
Italien − 33,0 %
Frankreich − 31,3 %
Belgien − 30,6 %
Argentinien − 17,0 %
Dänemark − 16,5 %
Großbritannien − 16,2 %
Schweden − 10,3 %
Japan − 8,5 %
Brasilien − 7,0 %

Fazit von mir: Die USA hat es schon am stärksten getroffen. Ein MSCI World - hätte es ihn gegeben - hätte besser abgeschnitten.

Und noch ein Aspekt von Kommer zur Weltwirtschaftskrise (diesmal zu Anleihen):

"...À propos „nur in Aktien anlegen“. Natürlich galt auch schon 1929 die banale Einsicht, dass ein Aktienportfolio für die meisten Privatanleger mit einer risikosenkenden Komponente High Quality-Anleihen zu „temperieren“ ist – vor allem, wenn es um die Altersvorsorge von Familien geht. Wer diese triviale Diversifikationseinsicht während oder vor der Great Depression beherzigt hätte, wäre damit exzellent gefahren. Kurz-, mittel- und langfristige US-Staatsanleihen (oder Staatsanleihen anderer bonitätsstarker Länder) waren in der Weltwirtschaftskrise wegen der Deflation und wegen der „Flucht in Qualitätswerte“ sehr rentable Investments und damit vorzügliche Diversifizierer für ein aktienlastiges Portfolio. Beispielsweise lieferten mittelfristige US-Staatsanleihen von September 1929 bis Juni 1932 (die Downturn-Phase des Aktienmarktes) in USD eine reale kumulative Rendite von +43% und von September 1929 bis November 1936 eine von +79%.

 

 

Klingt ja wie ne irre Erfolgsstory. (Ironie off)

Die hier oben angeführten Argumente sind zu statisch. Niemand hat 100% seines Vermögens einen Tag vor dem crash investiert, sondern nach und nach, jahrelang davor. Wenn also in diesem viel realistischerem Fall der S+P500 in den vielen Jahren davor viel stärker gestiegen ist als ein Vergleichsindex kann trotz langer Abwärtsphase das Invest besser gewesen sein. Auch bei der Aussage Staatsanleihen 50% in 5 Jahren o.ä., waren das Renditen inkl. Kursgewinnen? Dann auch hier die Frage, am Tiefpunkt gekauft? Oder zu Crashbeginn?

Extrembeispiele also reine Zeitpunktvergleiche statt Zeitspannenvergleiche sind nett, helfen in der Ansparphase oder Anlageentscheidung nicht. Das verunsichert eher als es nützt. Gute Aktien kaufen, Jahre Zeit mitbringen, fertig.

 

Die statische Annahme ist schon ok. Wie das Vermögen entstanden ist irrelevant. Es geht um den Start der Entnahme bei entsprechendem Portfolio Mix. Und das alles im Rücksiegel.
Wenige Tage Abweichung zu den schlechten Zeitpunkten bringen eklatant bessere Ergebnisse.

Ja ist sehr akademisch und wird so strikt wohl selten umgesetzt. Als wissenschaftliche Betrachtung und Orientierung dennoch interessant.

Zitat von Steffen am 18. Februar 2024, 11:13 Uhr

Und noch ein Aspekt von Kommer zur Weltwirtschaftskrise (diesmal zu Anleihen):

"...À propos „nur in Aktien anlegen“. Natürlich galt auch schon 1929 die banale Einsicht, dass ein Aktienportfolio für die meisten Privatanleger mit einer risikosenkenden Komponente High Quality-Anleihen zu „temperieren“ ist – vor allem, wenn es um die Altersvorsorge von Familien geht. Wer diese triviale Diversifikationseinsicht während oder vor der Great Depression beherzigt hätte, wäre damit exzellent gefahren. Kurz-, mittel- und langfristige US-Staatsanleihen (oder Staatsanleihen anderer bonitätsstarker Länder) waren in der Weltwirtschaftskrise wegen der Deflation und wegen der „Flucht in Qualitätswerte“ sehr rentable Investments und damit vorzügliche Diversifizierer für ein aktienlastiges Portfolio. Beispielsweise lieferten mittelfristige US-Staatsanleihen von September 1929 bis Juni 1932 (die Downturn-Phase des Aktienmarktes) in USD eine reale kumulative Rendite von +43% und von September 1929 bis November 1936 eine von +79%.

Immer diese Altersvorsorge! Ganz offensichtlich gibt es für Deutsche keinen anderen Grund für langfristiges Sparen. Und dann auch noch "Altersvorsorge von Familien"! Wie geht denn das? Braucht denn eine Familie eine Altersvorsorge? Wann geht die Familie denn in Rente?

Mal angenommen, keine Familie, sondern eine Einzelperson legt Geld für ihr Alter zurück (oder ein Paar tut das), so ist dann - anders als zur Zeit der großen Depression und auch anders als in den USA heutiger Tage - in Deutschland eine gesetzliche Rente zu erwarten, die man zwar nicht als Einmalzahlung auszahlen lassen kann, die wohl aber die Grundbedürfnisse abdecken können sollte, dazuhin so etwas wie eine Inflationssicherung hat. Mag sein, daß ein guter Deutscher die damit erreichte Sicherheit mit einem weiteren Sicherheitselement flankieren möchte; das halbe freie Vermögen muß das nach meinem Dafürhalten aber nicht sein, es muß auch nicht Bargeld für 5 Jahre sein, sondern allenfalls der Ergänzungsbedarf für einige Jahre.

Rechnerisch ist die Pleitewahrscheinlichkeit eines 50:50-Depots geringer als eines reinen Aktiendepots. Eben darum wird es ja gemeinhin als vermeintlich bessere Alternative zu einem reinen Aktiendepot angepriesen. Die Pleitewahrscheinlichkeit ist aber nur ein Aspekt; Rendite ist ein anderer. Und da hat das reine Aktienportfolio dem 50:50-Portfolio gegenüber die Nase vorn. Je länger es liegt, desto größer ist der Renditevorsprung des Aktienportfolios gegenüber dem gemischten Portfolio - und es sollte eine ganze Weile gelegen haben, bevor man daraus entnimmt.

Jeder legt sein Geld selber an. Ich bleibe bei meinem Aktiendepot (bzw. ETF-Depot), und selbst dann, wenn es mal einknicken sollte, bleibt mir in Erinnerung, daß dieses Einknicken auf sehr viel höherem Niveau erfolgt als ein Rentendepot in der gleichen Zeit erreicht hätte.

Und wenn ich partout Geld bräuchte zu einer Zeit, in der mein Depot um 25% tiefer steht als erwartet, werde ich mir trotzdem das nötige Geld davon holen. Die jeweiligen Ausgaben sind dann rechnerisch 25% teurer (bzw. 33%, ja, ja). Ich werde mir dann eher kein Haus kaufen und wäre mit großen Anschaffungen auch zurückhaltend, aber wenn es sein muß, müßte es dann halt auch trotzdem sein. Mein Depot wird es schon aushalten.

Um das mal klarzustellen:

Ich hatte hier lediglich einen neuen Artikel von Finanztest vorgestellt. In den untersuchten Zeiträumen stellte sich heraus, dass Anleihen einen gewissen Schutz darstellten. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch  Prof. Martin Weber oder Gerd Kommer (auch für andere Zeiträume) und andere, die sich mit Entnahmestrategien und Vermögensallokation beschäftigen.

Das war keine Anlageberatung, weder von Finanztest noch von mir. Und es ging hier nicht um Vermögensaufbau, sondern um die Entnahmephase!

Mein persönliches Gesamtportfolio besteht vor allem aus Immobilien, Aktien und Rentenansprüchen, Anleihen machen zur Zeit weniger als 1 % aus. Ich denke aber, dass ich diesen Anteil etwas ausbauen möchte. Ganz sicher nicht auf 50 %, da bereits meine Rentenansprüche anleiheähnlichen Charakter haben.

@steffen das ist doch gut und i.O., es kommen dann Argumente und über die wird gesprochen.

Und eins ist doch klar: Bei einem Aktiencrash ist alles, wirklich alles, besser als Aktien. Bei einem Währungscrash ist alles besser als Bargeld und Anleihen in dieser Währung. Bei einem Immocrash, also konkret, Immoblien im Kriegsgebiet.... usw. Da braucht man glaube ich nicht zwingend einen Professorentitel. Viel wichtiger: Wann kommt der, und ob, but, nobody knows! Diversifizieren ist die Königsdisziplin. Angepasst ans jeweils aktuelle Lebensmodell und ggf. Alter. Kann auch in der Entnahmephase passieren.

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