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Nachdenkliches eines langjährigen Frugalisten

Hallo zusammen,

ich bin 45 Jahre alt und mein Leben lang ein "Frugalist", obwohl ich den Begriff erst seit 24 Stunden kenne 🙂

Habe schon als kleines Kind auf eine Dose Cola am Strand verzichtet, weil die 1,50 DM kostete und ich wusste, dass die im Laden für 0,29 DM verkauft wird. Dabei hatte ich da noch nicht einmal Taschengeld und meine Eltern hätten das bezahlt und mich ja auch danach gefragt - ich hielt das einfach für eine unnütze Geldverschwendung.

Habe immer einen Teil meines Geldes gespart (schon als Zeitungsjunge) und deutlich unter dem mir möglichen Lebensstandard gelebt. Heute bin ich selbständig und kaufe mir mein Arbeitsnotebook gebraucht. Das ist dann eine ältere Generation und der Carbon-Deckel hat Gebrauchsspuren, aber ich erfreue mich jeden Tag am günstigen Kaufpreis und belächel den Kollegen, der die ersten Monate noch die Schutzfolie über die Tastatur legte, weil das Neugerät so teuer war.

Als Minderjähriger habe ich bei der Sparkasse meinen ersten Optionsschein gekauft. Einen. Hochspekulativ. Der für Kapitalanlagen zuständige Filialmensch hat nur einmal meine Mutter befragt, ob sie mein Treiben billigen würde. Heute völlig undenkbar. Von den Kosten her natürlich unsinnig, aber der Lerneffekt war unbezahlbar. BWL studiert und immer fleißig gearbeitet, in 2007 meine Geldanlage komplett nach Kommer auf ein passives Weltdepot umgestellt und jetzt mit 600K auf der Guthabenseite.

Mir hat der Verzicht niemals etwas ausgemacht. Was ich mir leisten wollte (C64! Amiga!), dann habe ich darauf gespart und diese Geräte über Mitarbeitertarif oder gebraucht gekauft. Wenn ich heute in einen Saturn gehe muss, weil ich dringend ein Kleinteil benötige, dann ist so ein riesiger Konsumtempel für mich Stress pur. Ich liebe meinen kleinen Aldi, weil er übersichtlich ist - große Supermärkte kosten mich zuviel Zeit und Geld für die tollen Markenprodukte.

Jetzt zu meinen Gedanken, die mich sehr beschäftigen und m.E. direkt mit dem Frugalistendasein zusammen hängen:

Aufgeweckt durch das aktuelle Video von Oliver (straighter Typ, gut gemacht!) ist mir klar geworden, dass ich eigentlich schon zu lange im Hamsterrad ausharre. Ich könnte heute Schluß machen, nur noch stundenweise für die Finanzierung der GKV arbeiten und das Leben genießen. Aber das aktuelle Projekt muss doch fertig werden, das nächste wartet schon und es wird gut bezahlt. -> Das ist Habgier. Ich laufe dem Geld nach, ohne es wirklich zu benötigen. Und ich verliere dabei wertvolle Lebenszeit. Oder habe ich mich derartig an die Arbeit gewöhnt, dass das mittlerweile mein Leben ist? Mir läuft es gerade kalt den Rücken herunter...

Mein Hobby ist das Verstehen ökonomischer Zusammenhänge, dazu lese ich viele Bücher und Webseiten. Weil nämlich nichts mehr von dem Gültigkeit hat, was ich mal in Ausbildung und Studium gelernt habe. Und das raubt mir ein lebenslang empfundenes Sicherheitsgefühl. Es gibt mit der Migrations- und Währungspolitik zwei Bedrohungsfaktoren, die ALLE langfristigen Planungsansätze vernichten können. Und wie Dr. Krall es so schön ausgeführt hat: Es gibt keine Möglichkeit, dem zu entkommen. Das befeuert wieder meine "Gier" - lieber noch ein wenig mehr Geld verdienen, wer weiß, ob es mein Depot nicht doch übermorgen zerreißt...

Verlustrisiko an sich: Ich habe immer spekuliert und natürlich auch mehrfach Federn gelassen. Immer weiter gemacht, Augen zu und durch. Ich habe mittlerweile ein wenig mehr Sicherheit in mein Depot gebracht, aber es scheint ein Altersding zu sein: Ich spüre, dass ich Verluste jetzt psychisch nicht mehr gut wegstecken würde. Keine Ahnung, warum das so ist.

Ich habe mal gelesen, dass bei Langfrist-Investoren der Verkauf von Papieren ein großes Problem darstellt. Bingo, das geht mir jetzt auch so, ich kann nicht loslassen. Aber wie dämlich ist das bitte schön, wann wenn nicht jetzt sollte ich mich mehr um mich und mein Leben kümmern, die Großstadt aufgeben und in die Welt hinausgehen?

Ist jetzt ein wenig viel Text geworden - ich wollte einfach nur darauf hinweisen, dass das Sparen auf ein Ziel nur ein kleiner Teil des Frugalisten-Daseins ist. 🙂

Horst

 

Hallo Horst,

erstmal großes Kompliment an Dich und Deine konsequente Lebenseinstellung, und das schon so lange.

Ich bin komplett anders aufgewachsen, nicht in Armut, aber meine Eltern waren immer sparsam und was an Rücklagen gebildet wurde ging dann für größere Reparaturen am Haus oder Urlaub drauf. Wie die Eltern so die Kinder, habe ich das also genau so übernommen. Seit ca 5 Jahren (ich bin jetzt 55) bin ich über Minimalismus und ähnliches dabei mein ganzes Leben zu hinterfragen und ändere so vieles und sehe dass ich so viel falsch gemacht habe.

Echt Hut ab vor Dir, wie viel Du schon gespart hast! Ich glaube Du hast in erster Linie das typische Problem von Selbstständigen. Man fühlt sich schlecht, wenn man nicht so viel arbeitet wie man eigentlich könnte. Was ist wenn nächsten Monat oder in zwei die Aufträge mal wegbleiben... usw... und so nimmt man alles mit was kommt. Und über die Jahre kennt man es nicht anders. Würde man mal einen Tag in der Woche frei machen oder jeden Tag 2 Stunden früher Feierabend würde man sich schlecht oder gar schuldig fühlen, von aufhören will ich garnicht reden... 🙂

Ich glaube Du musst Dich zwingen schrittweise etwas runter zu fahren und dann step by step über einen längeren Zeitraum zu einem Teilzeitmodell zu finden. Aber das ist dann auch eine Frage was Du mit Deiner freien Zeit anfängst.

Ich wünsche Dir viel Glück bei Deinem weiteren Weg! 🙂

Hallo Horst,

ja das Verkaufen ist schwerer als das Kaufen, aber schau dir Warren Buffett an, der verkauft auch ungerne und kauft am liebsten ganze Firmen 😉

Da ich das erkannt habe, bin ich zu Wachstumsaktien mit Dividende übergegangen, dann hat man einen schönen jährlichen Geldstrom.

Über die Jahre hab ich dann festgestellt, das diese Firmen ihre Dividende langfristig über Inflation steigern.

Wenn ich also Aktien finden kann, die über dem Durchschnitt wachsen ( Umsatz & Gewinn ) und einen schönen Anteil davon ausschütten, dann muß man diese Aktien erst verkaufen wenn der Preis jenseits von Gut und Böse ist oder der Goldesel krank wird.

Und wenn diese bei einstieg über 4% ausschütten, dann entspricht das schon mal der 4%-Regel 🙂

Ich habe zwei Aktien schon über 15 Jahre im Depot.

»In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.« »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.« »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.« Buffett

Mensch Horst, eigentlich bist du schon einen grossen Schritt weiter als die meisten deiner Mitmenschen. Selbstreflektierend erkennst du um was es „am Schluss“ letztendlich geht. Mit deinen Moeglichkeiten nur noch den einen, den entscheidenen Schritt in den „Ist-Zustand“ zu wagen. Aber Wohlstand, Freiheit und das OHNE Risiko ist zusammen nicht zu haben. Aber woher kommt deine Zerrissenheit zu den dir selbst gestellten Fragen? Vielleicht bringt dir der unten angefuegte Link ein wenig Erhellung. Als „Abfallprodukt“ aus dem Artikel ist im Umkehrschluss auch noch schwerlich zu erkennen woher eigentlich der teilweise unfreundliche Umgangston gegenueber Frugalisten, Aussteigern etc. kommt. „Theoretisch wollen und praktisch nicht koennen“ ergibt immer einen gewissen Druck im Kessel. Den laesst man natuerlich nicht an sich selber aus, es sind halt IMMER die anderen. Mittlerweile bereitet es mir beim taeglichen „Morning Briefing im Outdoor Office“ schon einiges an Vergnuegen wenn ich mir entsprechende Kommentare (Foto) durchlese. Kaeffchen dabei, Hund Kira im Schlafmodus, eine Prise Sonne ist auch ok, Herrlich!

Horst, du koenntest mit dem Angesparten in einer ganz anderen Liga spielen als es die allermeisten deiner Mitmenschen je erreichen werden (EMOTIONALE Freiheit, Punkt 5 im Artikel), frugis Tipp mit dem langsamen Ausstieg waere doch eine erste Option.

Wuensche dir auf deiner naechsten Erfahrungssstufe alles Gute!

Zum Abschluss noch ein Vers eines „Kinofilm Verhunzten“:

Wem zu glauben ist, redlicher Freund, das kann ich dir sagen:

GLAUBE DEM LEBEN, es lehrt besser als Redner und Buch.

Johann Wolfgang von Goethe

Hier der Link zum Artikel des Zuericher Tagesanzeiger:

https://www.tagesanzeiger.ch/leben/gesellschaft/Was-Sterbende-am-meisten-bereuen/story/23429977#mostPopularComment

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Das Bild aus deinem Morningoffice ist natürlich nicht schlecht, auch wenn ich mir das beim Lesen deiner Vorstellung ein wenig mit Blick aufs Meer vorgestellt habe 🙂

Ich kenne das Buch über die letzten Wünsche der Sterbenden und habe auch darüber nachgedacht. Aber dann kommt der Alltag zurück und das Hamsterrad dreht sich wieder. Ich bekomme es in meinem Job schwerlich hin, die Zeit zu reduzieren und mehr Freizeit zu genießen. Auch bin ich das ja ehrlich gesagt gar nicht gewohnt, habe immer viel gearbeitet. Bin auch noch nicht so lange selbständig, also alles noch im Aufbau - denke aber viel darüber nach, wie ich mich ein wenig herausziehen kann. Aber innerlich höre ich die Stimme, dass man arbeiten und seine Pflicht tun muss...

Auf der anderen Seite denke ich auch an einen kompletten Ausstieg nach. Ich lebe in einer Großstadt und das wird langsam wirklich ekelig hier. Fahre auch viel Bahn innerhalb Deutschlands und auch das ist in den letzten Jahren ekelhaft geworden. Bei mir ist tiefer Frust darüber entstanden, dass ich als Nettosteuerzahler die ganzen Wohltaten unserer "Eliten" bezahlen muss und die negative Seite der gesellschaftlichen Entwicklung tagtäglich erlebe: Lärm und Dreck vor der Haustür, volle Züge und Bahnhöfe, hohes Gewaltpotenzial. Dazu eben noch die Bedrohung der finanziellen Stabilität unseres Systems. Vielleicht ist ein kompletter Ausstieg aus dem Hamsterrad die Lösung, vielleicht auch nur der Wegzug aus der Großstadt... ich könnte ja noch mal was Neues lernen, vielleicht ein Handwerk.

Wenn das hier jüngere Frugalisten lesen: Ich habe als Azubi häufig die Rendite von Fonds betrachtet (damals locker 8-9% p.a.) und gerechnet, wann ich mit der Arbeit aufhören könnte - und jetzt stelle ich mir solche Fragen. Man darf eben nicht unterschätzen, was das Leben mit einem macht...

Gruß,
Horst

Sitzt ein Fischer drunt’ am Meer,
kommt ein Deutscher flugs daher.

Der Deutsche kann es kaum erwarten,
dem Fischer wortreich zu verbraten,
ein größer Boot zu kaufen, um sich um viel mehr Fische dann zu raufen.

Mit noch mehr Booten könnt’ er dann beim Angeln sitzen, wobei für ihn die Knechte schwitzen.

Meint der Fischer aus der Hock’, darauf hätte er gar keinen Bock, denn ruhig beim Fischen sitzen, ohne dass er hetzt, das könnte er doch auch schon jetzt.

Er sieht den Deutschen innerlich erbeben und rät ihm ruhig, doch einfach nur zu leben.

Denn kommt der Tag, dann bringt der Tag. Und jeder hat die eigene Plag’. Man muss sich nicht um morgen sorgen und sich viel Geld für große Pläne borgen.

Denn reich ist, wer nicht schuftet, bis er raucht, sondern vielmehr der, der wenig braucht.

Hallo Horst, da hier Norden gleich Sueden ist mache ich im Herbst/Winter auf der Nordseite morgens immer den Lizard. Weil durch den tiefen Sonnenstand auf der Meeresblick Seite keine waermende Sonne die Hautoberflaeche erfreut. Die wird durch das Haus geblockt. Tragoedie unter Palmen, seufz. Aber ich moechte noch kurz den „Ekelalarm“ deines vorigen Eintrags ergaenzen. Die hattest du noch garnicht auf dem Schirm: Buerokraten. Dazu zwei nette Beispiele damit man als Steuerzahler immer daran erinnert wird wieviel Kreativitaet durch Buerokraten entfacht werden koennen:

Das Rindfleischetikettierungsueberwachungsaufgabenuebertragungsgesetz

https://de.wikipedia.org/wiki/Rindfleischetikettierungs%C3%BCberwachungsaufgaben%C3%BCbertragungsgesetz

Da wuerde selbst ich als Antialkoholiker nach 2 (3)? Pinneken Eierlikoer den Test machen wollen ob ich das Gesetz, wofuer euch bestimmt die ganze Welt beneided, schnell UND fehlerfrei aussprechen kann.

Das erste Bild zeigt „Emotionale Freiheit“. Das zweite auch 😉

Neulich las ich das noch nie soviele Millionaere Deutschland den Ruecken kehrten. Sie werden ihre Gruende haben. Und der letzte mache bitte das Licht aus.

Wuensche dir ein gediegenes Wochenende Horst, bis die Tage...

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Hallo zusammen und danke für den nachdenklichen Beitrag, der mich wiederum nachdenklich stimmt. Was Horst Anfangs schrieb stimmt, die Politik wird immer mehr zum Risiko, die Folgen daraus sowieso und vieles aus dem Bereich Finanzmärkte hat sich insbesondere nach 2008/09 geändert.

Dafür habe ich jetzt auch keine „Lösung“, es ist mehr der Gedanke, dass das der Tod sicher ist und das Leben nicht. Durch mehr Dankbarkeit und mehr Leben kann man diese Gedanken vergessen. Und ich gebe ganz offen zu, mir hilft es manchmal zu sehen wie übel es in vielen Teilen der Welt zugeht. Eine gute Doku über ein Kriegsgebiet gesehen, das macht demütig und dankbar für das was man hat. Das ist nun keine moralische Botschaft, ganz sicher nicht. Aber mir hilft es mir nicht zu viele Sorgen zu machen, da wir vieles wirklich nicht in der Hand haben. Manches ist uns auch anerzogen. Gerade in Deutschland hat man es als Frugalist eh nicht einfach. Als ich meinen Job gekündigt habe und nur noch von Blackwater anfing zu leben kamen alle möglichen Leute. „Wie kannst du nur, bist du verrückt? Was ist mit Sicherheit, Urlaub, Rente?“

Ein Freund von der Deutschen Bank meinte, die Deutschen bekommste mit zwei Dingen an den Eiern: Kostenlos und Garantie. Jedes Produkt was Garantien hat wird gekauft, egal wie schlecht es ist. Und „kostenlose“ Produkte im Sinne von 0 Ausgabeaufschlag (aber mit 3% p.a. Bestandskosten) sowieso. 😂😂

Aber ich will vor allem auf Garantien raus. Warum sind uns Garantien so wichtig? Und das ist wirklich typisch Deutsch. Der Deutsche bevorzugt Unzufriedenheit vor Ungewissheit.

Das ist der Deutsche. In uns steckt oft unsere grösste Bremse durch die ganzen Ängste und Sorgen. Oft sind es nicht mal Existenzängste, sondern Ängste vor einem niedrigeren Lebensstandard. Und da dürften wir hier ja mit durch sein, da wir diesen nicht über Besitz definieren. Meine bescheidenen 2ct dazu...

 

 

 

 

Hy, stimmt. Auch ich hab ungute Gefühle bei der Entwicklung hier und auch global. Aber, ist das nicht gerade typisch deutsch ? Unrealistisch ? Uns geht es hier durchschnittlich noch nie so gut wie heute. Noch nie war die Welt für in Deutschland Wohnende sicherer.  Das ist wie die Sache mit dem Fliegen. Wir hören von einem Flugzeugabsturz und denken fliegen ist viel zu riskant. Terroranschlag: Wir denken, ich geh nicht mehr zu Menschenansammlungen. Dabei sterben/verunfallen zig fach mehr im Autoverkehr oder Haushalt. Das ist aber nicht so prägnant, setzt sich nicht so ins Hirn. Halt Alltag.

Hamsterrad: Ich denke da nicht so pessimistisch. Das was mich belastet versuche ich zu verbessern oder zu eleminieren. Vieles macht ja auch Spass daran. Ich strebe nicht die radikale Lösung an sondern fühle mich immer besser so mehr ich in Richtung vermeintliche Unabhängigkeit gleite. Arbeitszeitreduzierung, Porfoliogröße, Lebenseinstellung, wegfallende Verpflichtungen. Ich rekapituliere die Fortschritte und erkenne die Entwicklung in eine Richtung. Das gibt ein gutes Gefühl. Ich erklimme die einzelnen Felsen stück für stück und betrachte den riesigen Berg nur als letztes Ziel.

 

 

Hallo Horst,

Ersteinmal herzlichen Glückwunsch zu dem was Du erreicht hast. Du kannst Stolz auf Dich sein. Es berührt mich aber auch zu lesen, dass du innerlich zerissen bist und schwankst zwischen dem wohlverdienten Ausstieg und der, wie Du es nennst, Gier. Ich war auch mal ein paar Jahre freiberuflich und kann das gut nachvollziehen. Aber: innere Zerissenheit ist psychischer Stress und der wird sich auf Dauer auch körperlich mainfestieren und Dich möglicherweise krank machen. Das ist keine Esoterik, ich arbeite seit Jahren in der Kardiologie und erlebe die Menschen die jahrelangen, beruflichen Stress und Ängsten ausgesetzt waren und dann mit Herzinfarkt oder schlimmeren Erkrankungen bei uns liegen und gezwungen sind umzudenken. Vielleicht ist der innere Druck den Du spührst ja auch soetwas wie ein Wahrnhinweis. Vielleicht solltest Du Dir, wenn Du jetzt noch Projekte hast für das nächste Jahr mal 2-3 Monate Urlaub hintereinander nehmen. Das klingt enorm, ich weiß, aber aus eigener Erfahrung mit langen Reisen kann ich Dir sagen, dass erst nach ca. 2 Monaten echte, wirkliche innere Ruhe eintritt. Ich würde Dir auch gar nicht unbedingt empfehlen action zu machen. Weiß ich, miete Dir ne Hütte in Bayern, geh wandern, Kloster was weiß ich. Komm in diesem Uralub runter und versuche rauszufinden was Dein inneres Bedürfnis ist. Du übst dann auch schon Ruhestand.

Du klingst ja auch etwas gehetzt. Vielleicht würde es Dir ja auch helfen mal in einer Kurzzeit-Gesprächstherapie herauszufinden woher Deine Verlustangst stammt, und warum Du Dich selbst sosehr hinter die "Pflicht" stellst. Das geht ja vielen von uns so und hat auch zu tun mit den Verlusterfahrungen unserer Vorfahren und den Pflichtvorstellungen die unserer Kultur zu Grunde liegen.Um ein Beispiel zu bringen: ich bin Urberlinerin und wenn ich weiß, wie arme Menschen vor 200 Jahren als Dienstmägde und Handlanger von der Hand im Mund unter der preußischen Kandarre im Kadavergehorsam zur Pflicht und Treue gegenüber dem sparsamsten König aller Könige erzogen wurden, dann kann ich aus heutiger Sicht auch verstehen warum ich selber diese Neigungen habe, kann mich aber auch entspannen, darüber lachen und mir sagen: nun, der König ist tot und ich spare nur noch für mich und meine Kinder und nutze die Neigung aus.

Bei Dir wird das schon andere Gründe haben und es ist ja auch ncht schlecht sparsam zu sein, aber wenn es zum Selbstzweck wird der Dich belastet?

Ich kann Dir Dir Timothy Ferris die Vier Stunden Woche als Lektüre empfehlen. Selbst wenn man dieses Ziel icht anstrebt ist das Buch eine ewige Inspirationsquelle für Leute die darüber nachdenken auszusteigen. Ich hoffe ich komme nicht allzu kritisch rüber. Ich spreche aus Erfahrung. Nimm Dir Zeit für Dich, das Leben ist zu kurz!! Liebe Grüße