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Minimierung der Abgabenlast (Steuern + gstzl. KK) in der Entnahmephase

Hallo, ich bin zwar noch ein ganzes Stück vom Privatierdasein entfernt, spiele aber gerne mit dem Gedanken. Größter Stolperstein ist (neben den unvermeidlichen Schwankungen des Aktienmarktes) bekanntlich das Thema Krankenversicherung. Wie im Blog von Oliver dargelegt, dürften aber Steuern und Krankenkassenbeiträge gering ausfallen, sofern man nur wenig Gewinn pro Jahr realisiert und hauptsächlich von der Substanzentnahme lebt. Dies habe ich mal probiert theoretisch zu optimieren:

https://imgur.com/a/8phUCmX

Meine Annahmen waren dabei:

⦁ alle Gewinne werden im letzten Jahr der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit realisiert und mit der Abgeltungssteuer versteuert, Krankenkassenbeiträge auf den Gewinn fallen damit in dieser Phase nicht an

⦁ 100.000 Euro liegen anschließend auf dem Tagesgeldkonto, 900.000 Euro in einem thesaurierenden Welt-ETF

⦁ die Lebenshaltungskosten von 2.500 Euro monatlich (+2% Inflation p.a.) werden vom Tagesgeldkonto gedeckt

⦁ jedes Jahr im Dezember werden 12.300 Euro Gewinn aus dem ETF realisiert (egal wie viele Anteile man dazu verkaufen muss...)

⦁ das Tagesgeldkonto wird wieder auf 100.000 Euro aufgefüllt, der Rest wird unmittelbar wieder in den ETF angelegt

⦁ auf den realisierten Gewinn werden ca. 20% Krankenkassenbeiträge (= 2.460 Euro/Jahr) fällig, die Abgeltungssteuer in ähnlicher Höhe holt man sich über die Steuererklärung per Günstigerprüfung zurück

⦁ falls kein Gewinn realisierbar ist, werden auch keine Anteile verkauft und der Konsum wird über das Tagesgeldkonto gedeckt

Angewandt habe ich dieses Prinzip auf die Entwicklung des MSCI World seit 1998. Diese Periode darf als munteres Auf und Ab am Aktienmarkt mit 2 großen Crahs gelten. Hier hätte man es geschafft mit dieser niedrigen Abgabenlast bis zu 20 Jahre bis zur gesetzlichen Rente zu überbrücken. Erst danach bestünde der ETF überwiegend aus Gewinn, so dass auf mehr als die Hälfte des gesamten Verkaufserlöses Steuern und Beiträge fällig würden. Allerdings sei hier bereits erwähnt, dass es möglich ist, jedes Jahr einen neuen Welt-ETF zu kaufen, so dass dann wiederum derjenige verkauft werden kann, der den geringsten Anteil unrealisierter Gewinne aufweist. Damit dürfte das Spiel sogar noch länger möglich sein. Die Darstellung in Tabellenformat würde allerdings ungleich komplexer.

Nun habe ich folgende Fragen:

1) Gibt es bei mir einen grundlegenden Denkfehler?

2) Sind 12.300 Euro realisierter Aktiengewinn in Bezug auf Steuern der optimale Wert? Bis zu welchem Betrag ginge theoretisch bei Aktiengewinnen die Steuerfreiheit über die Anlage KAP? (Stichworte: zu versteuerndes Einkommen, Pauschbeträge, Teilfreistellung, Werbekosten...)

3) Die Krankenkassenbeiträge werden jeweils auf Basis der Gewinne des Vorjahres festgesetzt. Dazu wird die Steuererklärung bei der Krankenkasse eingereicht. Nun liest man gelegentlich, dass die "gesamte wirtschaftliche Situation" zur Bestimmung der Beitragshöhe heranzuziehen wäre. Wenn die Krankenkasse dies versuchen würde, welche Wege stünden ihr offen? Man ist ja nicht verpflichtet sein Vermögen gegenüber der Krankenkasse offenzulegen?! Des Weiteren stünde einem ja der Wechsel zu einer privatierfreundlicheren Kasse offen. Erfahrungswerte wären hier sehr interessant.

4) Wird die Vorabpauschale bei diesem Modell irgendwann zu einer relevanten Größe bzw. ab welcher Höhe des Basiszinses würde diese eine entscheidende Größe für so ein Modell?

Hallo Jonny,

Zitat von JonnyOtten am 12. August 2021, 13:04 Uhr

(...) Dies habe ich mal probiert theoretisch zu optimieren:

Meine Annahmen waren dabei:

⦁ alle Gewinne werden im letzten Jahr der sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit realisiert und mit der Abgeltungssteuer versteuert, Krankenkassenbeiträge auf den Gewinn fallen damit in dieser Phase nicht an

 

um ein bisschen KV-Beiträge zu sparen, müsstest du also den Bärenanteil des Gewinns den du im Vermögensaufbau erzielt hast mit 25 % + Soli + evtl. Kirchensteuer versteuern? Bei einem Depot von 1 Mio € hat der Durchschnittsfrugalist ca. die Hälfte davon durch Zugewinne über einen sehr langen Zeitraum mit thesaurierenden Fonds erzielt. Du müsstest also erstmal 26,37 % (ohne Kirchensteuer) von deinen Gewinnen abgeben, die in Zukunft auch keine Gewinne mehr erzielen.

Jeder potentielle Krankenversicherungsbeitrag ist ganz bestimmt niedriger als die Opportunitätskosten die dir in diesem Beispiel entstehen würden. Oder unterliege ich gerade einem Denkfehler? Meine Kaffeemaschine läuft noch .. : )

Man müsste es ausrechnen. Aber sofern man irgendwann ohnehin plant zu entsparen, gehe ich davon aus, dass die Steuer-/Krankenkassenersparnis den Steuerstundungseffekt (über 10 Jahre? über 20 Jahre?) schlägt, jedenfalls wenn man sonst gar kein LIFO betreiben würde. Auch sonst müsste man ja in der Zeit als Privatier entsparen und hätte auf Gewinne eine satte Abgabenlast von ~40%. Entsprechend viel müsste man verkaufen, wenn der ETF hauptsächlich aus Gewinn bestünde. Mit meiner Methode hätte man stets eine Abgabenlast von ca. 20%, als Arbeitnehmer (Steuern), als Privatier (Krankenkasse) und als Rentner in KVDR (dann wieder Steuern). Bei mir kommt hinzu, dass ich nicht Durchschnittsfrugalist bin, sondern mein Vermögen zum größeren Teil von geerbter Immobilie zu ETFs umstrukturieren würde, entsprechend noch nicht viel Gewinnanteil im Depot hätte.

 

Fehler, die ich allerdings in meiner Rechnung mittlerweile vermute:

 

  1. die optimale Höhe der Gewinnrealisierung dürfte irgendwo bei 18.300 Euro liegen, da die Krankenkassenkosten von 3.500 Euro jähnlich vollständig vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden und dazu noch die Teilfreistellung und der Sparerpauschbetrag greifen dürfte (gerne Bestätigung oder Widerspruch!)
  2. Man müsste das Ganze wie angedeutet mit mehreren ETFs machen, sprich: jedes Jahr nach dem Verkauf einen neuen kaufen. Nur so kann man genau steuern, welchen Gewinn man realisiert.

 

 

Nein, du kannst doch quasi beliebig auswählen, welche Anteile genau du verkaufst indem du quasi "Turm von Hanoi" spielst:

Deine Kaufhistorie:

  1. Paket A, Gewinn X
  2. Paket B, Gewinn Y
  3. Paket C, Gewinn Z

Normalerweise würdest du bei einem Verkauf nun zuerst Anteile von Paket A verkaufen. Wenn du aber nun an Paket B ranwillst, dann transferierst du einfach das komplette Paket A auf ein Zweitdepot.

Würdest du sie nach dem Verkauf wieder zurück transferieren hättest du anschließend:

  1. Paket B', Gewinn Y
  2. Paket C, Gewinn Z
  3. Paket A, Gewinn X

Ja, das wäre die andere Möglichkeit. Die finde ich aber unübersichtlicher/komplizierter. Da müsste man dann schon genau Buch führen, wann man wie viele Anteile zu welchem Kurs gekauft hat und dann selbst für die jeweiligen Anteile die Gewinne kalkulieren, oder?

 

Welt-ETFs gibt's ja eigentlich genug und bis auf ein wenig Tracking Error unterscheiden die sich nur marginal. Wenn man jedes Jahr einmalig in einen neuen anlegt, sieht man ja für jeden ETF genau wieviel Anteil auf den Gewinn ausfällt und alle Anteile dieses ETF sind dann am gleichen Tag gekauft worden.