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Kurze Ansparphase sinnvoll gestalten

Hallo miteinander,

meine Partnerin und ich sind in der glücklichen Lage einen kleinen fünfstelligen Betrag pro Monat investieren zu können. Wir leben derzeit im  Ausland und planen in 3-4 Jahren nach Deutschland zurückzukehren, wo sich dann, nach jetzigem Wissensstand unser Einkommen massiv verringern wird.
Unser Plan ist es nach Rückkehr nach Deutschland eine Familie zu gründen, und noch einige Jahre (wahrscheinlich in Teilzeit) zu arbeiten, bis wir komfortabel von unseren Kapitalerträgen leben können. Alles Weitere ist und bleibt offen.

Es gilt nun also die kurze, aber intensive Ansparphase sinnvoll zu gestalten. Allgemein bespare ich seit einigen Jahren den MSCI ACWI mit dem mir verfügbaren Einkommen - monatlicher Ausgaben. Dies ist auch der Ansatz für die Zukunft.

Grundsätzlich gibt es hier  zwei Möglichkeiten, oder Kombinationen daraus.

1. All in - das gesamte Einkommen wird abzüglich der Lebenshaltungskosten über die nächsten 3 Jahre direkt investiert.
Hierbei entsteht der Vorteil, dass wir unsere "Zeit im Markt" maximieren können (was potentiell unsere Rendite maximiert). Wir gehen dafür aber das Risiko ein in einer Phase (über)-hoher Marktbewertung unsere Einkäufe zu tätigen.

2. Das über einen kurzen Zeitraum eingenommene Einkommen wird über einen längeren Zeitraum investiert.
Beispielsweise wird pro Monat ein fixer Betrag (zum Beispiel 5000€) investiert und dies über 7 Jahre, wobei nur drei Jahre das hohe Einkommen erwirtschaftet wird.
Das übrige Geld würde auf einem Tagesgeldkonto geparkt werden.
Vorteil ist hierbei, dass die Einkaufspreise im Markt geglättet werden, Nachteil ist, dass wir kürzer im Markt sind. Zusätzlicher Nachteil ist, dass wir irgendwann über 100.000€ in Cash halten würden, was also über die Einlagensicherung nicht abgedeckt wäre.

Mir ist bewusst, dass es hier kein richtig oder falsch gibt, da die Handlungsempfehlung von der Marktentwicklung der kommenden Jahre abhängt.

Mich interessiert aber, wie ihr es machen würdet und was eure Gedanken zu der Entscheidungsfindung sind.

Danke im Voraus für eure Rückmeldungen.

 

 

 

Zitat von Sparschwein am 14. Juli 2020, 11:17 Uhr

Wir leben derzeit im  Ausland und planen in 3-4 Jahren nach Deutschland zurückzukehren, wo sich dann, nach jetzigem Wissensstand unser Einkommen massiv verringern wird.

 

 

Das kann ich nur bestätigen, dein "disposable income" wird sich massiv verringern in Deutschland. Ich sehe es mittlerweile als den wohl größten Fehler an den ich je gemacht habe, überhaupt ( nach fast 20 Jahren in Asien) nach Deutschland zurück gekommen zu sein. Auf Grund einer Überregulierung des Staates, fanatischer Umweltschutzgesetze, total überzogener Energiepreise, krankhaft ausufernder Bürokratie und einem extrem übersteigerten Gutemenschentum ist Deutschland was die Wirtschaft und den Lebensstandard angeht, auf einem absteigenden Ast. War eine berufliche Versetzung nach China , Taiwan , Thailand oder Malaysia vor 20 Jahren noch ein Downgrade und ein Abenteuer  ( vor 20 Jahren wurde man in Shanghai in ein Foodcourt als Europäer angesehen wie ein Ausserirdischer)  , ist es heute ein Upgrade, verbunden mit gesteigertem Wohlstand und Lebensstandard. Als  unsere Tocher im 10 Schuljahr das erste mal auf einem Gymnasium in Deutschland war, kam sie nach dem ersten Tag nach Hause, und meinte das Deutschland wohl eher als Schwellenland zu bezeichnen ist. Die Schule hatte ( natürlich) keinen Pool, keinen Kletterpark , keinen Tennisplatz, es gab kiloweise Bücher ( kein iPad) , es gab einen Computer für eine ganze Klasse , keine fest installierten LED Beamer in jedem Raum, keine Klimaanlage , vom Zustand der Toiletten ganz zu schweigen. Das waren die Aussagen einer 16 Jährigen.

Ich weiss nicht wo Ihr seid, aber wenn Ihr einen 5 Stelligen Betrag zur Seite legen könnt, würde ich mir überlegen, da zu bleiben.

Hallo Achim,

danke für deine Rückmeldung.

Hier zu bleiben ist aus mehreren Gründen unrealistisch. Zum Einen gibt es kaum Unterstützung für Familien. Das bedeutet mit Kindern würde ein Einkommen ersatzlos wegfallen, wo ohnehin wenig Steuern gezahlt werden kann man durch Kinder auch nicht noch gross sparen. Ich würde sogar behaupten in Deutschland mit Kind könnten wir eine höhere absolute Sparrate haben als hier, wenn nur ein Elternteil arbeitet.
Zweitens sind Immobilien hier in der Dimension x2 - x4 so teuer wie in Deutschland und wir wollen langfristig im eigenen Haus mit Garten wohnen. Dritter und entscheidender Punkt ist das fehlende soziale Umfeld inklusive Familie. Wir sind hier quasi alleine und haben es nicht geschafft uns innerhalb von mittlerweile zweieinhalb Jahren einen echten Freundeskreis aufzubauen. In Deutschland ist dieser (noch) vorhanden und wird so gut es geht gepflegt. Kinder aufzuziehen ist mit (grösserer) Familie im Rücken sicher auch angenehmer.

Hier bleiben werden wir also Stand heute nur, wenn wir selbst keine Kinder bekommen (können?). Ist aber bisher nichts in die Richtung bekannt.

Damit können wir gerne zurück zum eigentlichen Thema.

 

 

Das kann man natürlich pauschal nicht immer beantworten, da du in deinem 2. Post zB wichtige Dinge genannt hast, die eine andere Antwort sinnvoll erscheinen lassen, als nach der 1. (sprich, Haus, Kinder).

Ich würde ca. die Hälfte (oder 60%) in ETFs investieren. Die andere Hälfte (oder 40%) würde ich in Cash sparen und dann nach eurer Rückkehr nach D als Eigenkapital für das Haus nutzen. Die 100 K Grenze sind doch kein Problem, einfach auf mehrere Banken verteilen.

Ja, und ich denke auch, mit Kindern lebt es sich hier eigentlich ganz gut. Dann würde ich mir aber gut überlegen, wo ihr hier hinzieht. Tendenziell keine Großstadt, sondern vielleicht eher 250.000 Einwohner und weniger je nach Vorlieben. Gute Schulen und Infrastruktur (Kindergärten, Uni, Spielplätze etc.)

Hallo Privatier,

danke für die Antwort.
Ja, es ist eigentlich schon klar wo es in D dann hingeht, in die neuen Bundesländer (zurück), Grossraum einer 100.000 Einwohnerstadt.

Für den Immobilienerwerb würden wir unsere hier aufgebauten Pensionskassenguthaben verweden.

Aber zurück zur eigentlichen Frage: Alles auf einmal investieren, oder über einen längeren Zeitraum als das Geld reinkommt?

Wenn ich dich richtig verstehe würdest du den ETF nur besparen während das Geld verdient wird? Also direkt.

ja, würde es über die 3 Jahre verteilen. Wobei ich bei der aktuellen Gemengelage jetzt nicht einen größeren Betrag, wenn ihr den haben solltet, auf einmal einzahlen würde, sondern den auch über die 3 Jahre strecken würde.

Lieber Sparschwein,

zu Deiner Frage gibt es rationale Überlegungen und emotionale Aspekte:

Zu den emotionalen Fragestellungen:

  • Ich habe noch keinen Menschen getroffen, der rückblickend zuverlässig die Chrashs vorhergesagt hat und dessen Methode ich verstanden habe und nachvollziehen konnte. Davon ausgehend stellt sich die Frage, wenn man rückblickend zum falschen Zeitpunkt investiert hat, kann man dann einen Rückgang von 30-50 % auf dem Papier im Depot psychisch verkraften?
  • Unabhängig von dieser Fragestellung, will man das Gefühl haben, auch in schwachen Marktphasen handlungsfähig zu sein und preiswert einkaufen zu können? Wenn ja? Stellt sich weiter die Frage, ob man bereit ist, auch Kredit aufzunehmen?
    • Für den Kreditfall verweise ich auf Beiträge hierzu in dem Forum (wenn Dich das näher interessiert, kann ich noch die links schicken).
    • Für den Fall, dass Kredite nicht in Frage kommen, so wäre ein Teil in Cash vorzuhalten, das sukzessive in Crash Phasen investiert wird. Interessant sind hierzu die Interviews mit Dr. Beck auf Youtube von mission money (https://www.youtube.com/results?search_query=mission+money+beck, https://www.youtube.com/watch?v=uAw6S8ntNd0, https://www.youtube.com/watch?v=WtLwT9cxaXQ). Hier verkürzt, seine Tipps ca. 20 % in Cash. Damit erzielt man einen Hebel, nimmt sich aber nicht zuviel der Performance. Er erklärt auch, warum mehr aus seiner Sicht nicht so toll ist: Die Performance aller Aktien weltweit beträgt pro Jahr ca. 8 % p.a. im Durchschnitt. Bei 4 Jahren hat man also eine Rendite von im Durchschnitt 32 % erreicht. Damit die Cashstrategie wirkt, muß also alle 4 Jahre ein Crash von deutlich über 30 % eintreten, damit es Sinn macht im größeren Umfange Cash vorzuhalten. Tatsächlich treten die Crashs/Krisen seltener ein.

Zu den rationalen Fragestellungen. Hierzu hat Sven Carlin ein gutes Youtube Video mit hervorragendem Analysematerial veröffentlicht (https://www.youtube.com/watch?v=pTG8IBaquVI&t=4s). Verkürzt ergeben sich hieraus folgende Erkenntnisse:

  • Einer der großen Indexanbieter hat Einmalsummen mit back tests versehen: Sie wurden gestreckt über die Zeit investiert und sie wurden sofort investiert.
  • Das Einmalinvestment war mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von ca. 2/3tel erfolgreicher als die zeitliche Streckung.
  • Das Einmalinvestment war in absoluten Durschnittswertbetrachtungen absolut noch erfolgreicher.
  • Die zeitliche Streckung erfolgte in den Betrachtungen nur über 12 Monate. Allerdings dürfte dies auch für längere Zeiträume zutreffen (siehe oben meine Ausführungen zu Dr. Beck).

Ich hoffe, meine Ausführungen haben Deine Fragen beantwortet. Ansonsten freue ich mich über ein Feedback und bin gerne bereit näher auf einzelne Punkte einzugehen.