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Ist unethisch investieren wirklich unethisch?

Heute ein Dutzend British American Tabacco-Aktien, morgen ein paar Goldminen-ETFs und nächste Woche einen Stapel Rheinmetall. Oben drauf türkische Staatsanleihen.

Ich habe keine feste Meinung und rege eine Diskussion an.

Eine Überlegung: Unternehmen profitieren nicht vom Aktienhandel. Die Unternehmensanteile wurden zu einem bestimmten Preis auf den Markt gebracht. Kursteigerungen, welche eine Folge von Nachfrage sind (die natürlich durch Privatinvestoren denkbar klein ist, aber darum geht es nicht), nutzen dem Unternehmen nicht.

Eine weitere Überlegung: Ist es nicht höchst ehrenhaft, sich als überzeugter Pazifist in ein Rüstungsunternehmen "einzukaufen", um damit als Aktionär (theoretisch und natürlich nicht auf Privatanlegerniveau) die Geschicke des Unternehmens mitbestimmen zu können?

Eine weitere Überlegung: Ist es nicht sinnvoll, Dividenden von unethischen Unternehmen zu kassieren und diese Greenpeace, Amnesty oder wem auch immer zu spenden? Oder, fällt mir gerade ein, Daimler-Dividenden an die Deutsche Umwelthilfe, zwinkersymiley?

Grundsätzlich ja, aber auch nein, denke ich 😉

Ja für den aktuellen Zeitpunkt spielt es keine Rolle was für Aktien man kauft, wenn aber der Kurs durch die Käufe dann später höher ist, kann das Unternehmen bei einer Aktien-Neuemission deutlich mehr Geld pro Aktien verlangen. Halt im Verhältnis zum dann aktuellen Kurs. Also würdest du zu diesem Zeitpunkt dann eben doch die unethischen Unternehmen unterstützt. Natürlich nur falls das Unternehmen auch irgendwann frisches Kapital durch die Veröffentlichung eines weiteren Aktienpakts beschaffen will. Das wird aber spätestens dann sein, wenn es Kapitalengpässe gibt.

Naja du wirst ein Rüstungsunternehmen als Aktionär aber nicht dazu bringe das Geschäft einzustellen. Theoretisch bräuchtest du eine Aktienmehrheit und würdest beim Quasi schließen des Unternehmens in dem Moment dein Kapitel auslöschen. Aber wer das Geld über hat 😉

Die Frage ist ob deine gespendeten Dividenden den möglichen "Schaden" von mehr Kapitel für das Unternehmen (s.o.) ausgleichen.
Du könntest aber auch Nachhaltige Aktien kaufen und die Devidenden dann trotzdem spenden, was vielleicht das bessere Konzept wäre 🙂

Als Besitzer von ein paar British American Tabacco-Aktien sage ich mal: Nein, es ist nicht unethisch 😛

Wenn eine Gesellschaft ein bestimmtes Handeln erlaubt und Menschen es freiwillig tun, ist es doch nicht an mir das zu beurteilen oder sie erziehen zu wollen. Genauso könnte ich die halbe Lebensmittelindustrie verurteilen, weil diese ungesunde Sachen produziert. Wo ziehe ich die Grenze?

Auch beim Bergbau oder andere "Ausbeuter": Meist bieten diese Unternehmen in Entwicklungsländern Arbeitsplätze. Es ist keinesfalls automatisch die Lösung wen sich Unternehmen aus den Ländern zurückziehen.

Das Problem sehe ich nicht in Unternehmen, sondern in den Strukturen.

Und überhaupt: Was passiert wenn wir solche Aktien meiden würden und dadurch den Kurs vielleicht senken? Glaubt man an halbwegs effiziente Märkte, werden andere Investoren die Gelegenheit sofort nutzen und kaufen bis wieder ein fairer Marktwert erreicht ist, ganz zu schweigen von allen ETFs, die eh "alles" kaufen.

Zitat von haenschenbargeld am 22. September 2019, 10:28 Uhr

... Eine Überlegung: Unternehmen profitieren nicht vom Aktienhandel. Die Unternehmensanteile wurden zu einem bestimmten Preis auf den Markt gebracht. Kursteigerungen, welche eine Folge von Nachfrage sind (die natürlich durch Privatinvestoren denkbar klein ist, aber darum geht es nicht), nutzen dem Unternehmen nicht.

Eine weitere Überlegung: Ist es nicht höchst ehrenhaft, sich als überzeugter Pazifist in ein Rüstungsunternehmen "einzukaufen", um damit als Aktionär (theoretisch und natürlich nicht auf Privatanlegerniveau) die Geschicke des Unternehmens mitbestimmen zu können?

Eine weitere Überlegung: Ist es nicht sinnvoll, Dividenden von unethischen Unternehmen zu kassieren und diese Greenpeace, Amnesty oder wem auch immer zu spenden? Oder, fällt mir gerade ein, Daimler-Dividenden an die Deutsche Umwelthilfe, zwinkersymiley?

Punkt 1 ist leider falsch. Natürlich profitiert ein Unternehmen ganz erheblich von der Wertsteigerung seiner Aktien. Damit steigt ja der Wert des Eigenkapitals bzw. der des Unternehmens insgesamt. Ein Unternehmen dessen Aktien am Boden liegen bekommt kein Fremdkapital mehr und kann auch keine neuen Aktien mehr ausgeben. Außerdem hat ein Unternehmen immer auch eigene Aktien im Besitz, mit denen es einen ganz realen Gewinn erzielen kann. Der Wert der Aktien ist für das Unternehmen ganz essentiell. Aber da empfehle ich Ihnen einfach mal ein gutes Buch zum Thema "Grundlagen BWL" zu studieren.

Wieviele Aktien von Rheinmetall wollen Sie denn kaufen um aus dem Rüstungskonzern wieder einen liebenswerten Schreibmaschinenhersteller zu machen? Sie werden die Geschicke eines Unternehmens niemals als Aktionär derart beeinflussen können, es sei denn sie heißen Warren Buffet. Als Pazifist in Rüstungsunternehmen einzusteigen oder mit den Dividenen eines unethischen Unternehmens, ethische NGOs zu unterstützen ist eine Farce. Der Volksmund sagt dazu auch: "Den Teufel mit dem Beelzebub austreiben wollen."

 

@andreas900 Tolle Einstellung. Sie würden also auch in den Sklavenhandel einsteigen, wenn es legal wäre. Oder? Mit Tabak richten sich nicht nur die Raucher selbst zu Grunde, sondern auch Menschen, die sich dem nicht entziehen können, insbesondere Kinder. Da lügen Sie sich selbst in die Tasche, wenn Sie meinen, dass das als Investor nicht Ihr Problem ist. Außerdem schon mal was von Suchtkrankheit gehört? Der Drogendealer denkt genauso wie Sie.
Und die Arbeitsplätze sind natürlich überhaupt das Wichtigste auf der Welt. Dass Bergbauunternehmen die Korruption fördern und für Landenteignungen und Armut verantwortlich sind, sind Punkte, die die Investoren ganz bewusst ausblenden. Sie sind da leider auch auf dem Holzweg. Diese Unternehmen bringen keinem Entwicklungsland irgendeinen Wohlstand, das zeigt Afrika seit Jahrzehnten. Das Geld fließt - meist steuerfrei - ab und landet dann auf den Konten der Investoren als Dividende. Diese Unternehmen sind Teil des Problems, und Sie profitieren von den Missständen und der Ausbeutung, wenn Sie in solche Unternehmen investieren, egal wie schön Sie sich das reden.

 

Zitat von Fritz am 24. September 2019, 18:16 Uhr

@andreas900 Tolle Einstellung. Sie würden also auch in den Sklavenhandel einsteigen, wenn es legal wäre. Oder? Mit Tabak richten sich nicht nur die Raucher selbst zu Grunde, sondern auch Menschen, die sich dem nicht entziehen können, insbesondere Kinder. Da lügen Sie sich selbst in die Tasche, wenn Sie meinen, dass das als Investor nicht Ihr Problem ist. Außerdem schon mal was von Suchtkrankheit gehört? Der Drogendealer denkt genauso wie Sie.
Und die Arbeitsplätze sind natürlich überhaupt das Wichtigste auf der Welt. Dass Bergbauunternehmen die Korruption fördern und für Landenteignungen und Armut verantwortlich sind, sind Punkte, die die Investoren ganz bewusst ausblenden. Sie sind da leider auch auf dem Holzweg. Diese Unternehmen bringen keinem Entwicklungsland irgendeinen Wohlstand, das zeigt Afrika seit Jahrzehnten. Das Geld fließt - meist steuerfrei - ab und landet dann auf den Konten der Investoren als Dividende. Diese Unternehmen sind Teil des Problems, und Sie profitieren von den Missständen und der Ausbeutung, wenn Sie in solche Unternehmen investieren, egal wie schön Sie sich das reden.

Aber welchen Unterschied macht es ob du Tabak Aktien hast oder jemand anderes? Du gibst ja nicht dem Tabakkonzern dein Geld, sondern du kaufst die Aktie nur jemand anderen ab. Ich behaupte, es wird keine einzige Zigarette mehr verkauft wenn wir investieren oder nicht.

Ist ein Nahrungsmittelkonzern, der Menschen in Entwicklungsländern das Wasser abgräbt, ethischer als ein Tabakkonzern?

Oder schau mal auf die typischen "Ethikfonds". Das sind im wesentlichen nur Tech-Unternehmen. Aber trotzdem brauchen wir noch diverse Resourcen, nutzen diese täglich. Und jeder kauft Dinge, die mit Resourcen auf Entwicklungsländern gemacht sind. Jeder! Aber ich als Investor soll jetzt versuchen die Ethik-Polizei zu spielen? Oh Andreas hat seine Aktien von uns im Wert von 1000 € jemand anderem verkauft, schnell stellt die Produktion von Zigaretten ein! 😀 

Da soll nicht über die schlimmen Zustände aber der Welt spotten, aber ich möchte in Zweifel ziehen ob wir als Investoren A) verantwortlich und B) überhaupt einen Einfluss haben.

Es geht nicht ums schön reden, es geht ums Handeln. Da bin ich ganz bei dir. Im alltäglichen Konsum, an der Wahlurne, an vielen Stellen können wir unsere Ethik beweisen. Aber beim Investieren finde ich die Diskussion müßig. Die Diskussion kann man so weit treiben bis du vom Investor forderst all sein Geld armen Menschen zu spenden - das wäre ethischer als sich selber Wohlstand zu ersparen.

@andreas900 Niemand soll Ethik-Polizei spielen, das ist schon klar. Aber zum einen stellt sich hier die Frage nach eigenverantwortlichen Handeln, zum anderen ist es eine moralische. Wenn jeder denkt: 'Ich als kleiner Ottonormalverbraucher kann sowieso nichts ändern', dann wird sich auch nie etwas ändern, das gilt aber für alle Lebensbereiche. Niemand wird die Luft sauberer machen, wenn er auf's Autofahren verzichtet; keiner wird die Ozeane retten, wenn er weniger Plastikmüll verursacht; wenn ich auf's Fliegen verzichte, kauft das Ticket eben jemand anders.... Es ist die Masse und das Verhalten der Gesamtbevölkerung, das Veränderungen bewirkt aber bei jedem Einzelnen beginnt. Der zweite Aspekt ist die moralische Frage. Wenn ich Aktien von einem Rüstungsunternehmen kaufe, bekomme ich Dividenden und profitiere von den Gewinnen. Die Waffen landen aber nicht selten - direkt oder indirekt - in Krisen- und Kriegsregionen, das heißt ich bekomme Dividenden, an denen Blut klebt. Und dass ist bei Tabakunternehmen nicht anders. Dort dauert der Impact nur etwas länger, als bei Kugeln. Sicher kann man kein moralisch astreines Unternehmen finden. Dass Nestlé die Trinkwasserversorgung in manchen Ländern an sich bringt ist genauso verwerflich, aber es gibt eben Unternehmen die schlimm und andere sind weniger schlimm. Zumindest kann man dann das geringere Übel wählen. Da kaufe ich dann lieber eine Siemensaktie, die sicher über drei Ecken und Kanten auch in unmoralische Geschäfte verstrickt sind, als eine Rheinmetallaktie, wo das ganz offensichtlich ist und zum Hauptgeschäft gehört.

Zitat von Fritz am 25. September 2019, 13:27 Uhr

@andreas900 Niemand soll Ethik-Polizei spielen, das ist schon klar. Aber zum einen stellt sich hier die Frage nach eigenverantwortlichen Handeln, zum anderen ist es eine moralische. Wenn jeder denkt: 'Ich als kleiner Ottonormalverbraucher kann sowieso nichts ändern', dann wird sich auch nie etwas ändern, das gilt aber für alle Lebensbereiche. Niemand wird die Luft sauberer machen, wenn er auf's Autofahren verzichtet; keiner wird die Ozeane retten, wenn er weniger Plastikmüll verursacht; wenn ich auf's Fliegen verzichte, kauft das Ticket eben jemand anders.... Es ist die Masse und das Verhalten der Gesamtbevölkerung, das Veränderungen bewirkt aber bei jedem Einzelnen beginnt. Der zweite Aspekt ist die moralische Frage. Wenn ich Aktien von einem Rüstungsunternehmen kaufe, bekomme ich Dividenden und profitiere von den Gewinnen. Die Waffen landen aber nicht selten - direkt oder indirekt - in Krisen- und Kriegsregionen, das heißt ich bekomme Dividenden, an denen Blut klebt. Und dass ist bei Tabakunternehmen nicht anders. Dort dauert der Impact nur etwas länger, als bei Kugeln. Sicher kann man kein moralisch astreines Unternehmen finden. Dass Nestlé die Trinkwasserversorgung in manchen Ländern an sich bringt ist genauso verwerflich, aber es gibt eben Unternehmen die schlimm und andere sind weniger schlimm. Zumindest kann man dann das geringere Übel wählen. Da kaufe ich dann lieber eine Siemensaktie, die sicher über drei Ecken und Kanten auch in unmoralische Geschäfte verstrickt sind, als eine Rheinmetallaktie, wo das ganz offensichtlich ist und zum Hauptgeschäft gehört.

Mache ich es mir in der Diskussion einfach indem ich sage: "Produzenten haben keine Schuld"? Absolut, ja!

Aber ist die Argumentation "Ich investiere nicht in Rüstung, Tabak und co" wirklich ethisch? Ist denn Nestle das geringere Übel?

Die meisten Raucher haben freiwillig angefangen zu rauchen. Vor allem Raucher in unserer westlichen Welt stehen alle Informationen zur Verfügung um zu wissen, was sie sich antun. Genau wie jeder, der viel Alkohol trinkt, wissen sollte, dass dies schädlich ist. Alkohol und Tabak gelten für viele aber als Genussmittel, sie konsumieren freiwillig. Bestenfalls kann man über Dinge wie das Passivrauchen klagen, aber das ist auch in unseren Ländern weitestgehend durch Verbote ausgeschlossen worden.

Wenn Nestle in der dritten Welt das Grundwasser abgräbt, schadet dass den Menschen dort. Der Bauer in -meinetwegen Bangladesch- hat sich nicht freiwillig (wie der Raucher) entschieden sein Grundwasser abzugeben, so dass am Ende seine Kuh verdurstet und er kein Wasser mehr zum Bewässern der Felder hat.

Warum ist Tabak so extrem unethisch? Weil es eine Droge ist? Viele Länder legalisieren leichte Drogen und es gilt als liberal und fortschrittlich. Nur Geld darf man damit nicht machen?

Selbst Rüstung: Würdest du sagen, dass ein Land sich militärisch verteidigen darf? Dann muss es im Folgeschluss doch legal und sogar geboten sein, dass jemand für die Verteidigung Waffen herstellt. Die Gefahr geht nie von Waffen aus sondern immer von Menschen.

Der Vergleich mit der Umweltverschmutzung hinkt finde ich. Wenn ich die Umwelt verschmutze, trage ich zweifelsfrei Mitschuld, ja. Aber würdest du sagen Albert Einstein war ein unethischer Mensch, weil er die Möglichkeit für den Bau einer Atombombe geschaffen hat? Ist ein Waffenproduzent unethisch nur weil er die Möglichkeit schafft, dass Menschen die Waffen nicht zur Verteidigung sondern für böse Zwecke missbrauchen?

Als Investor stellt man Menschen Geld zur Verfügung. Menschen, derer oberstes Ziel fast immer Gewinn ist, egal ob sie Nestle oder BAT heißen. Man gibt diesen Menschen die Möglichkeit sich zwecks Gewinnoptimierung unethisch zu verhalten und anderen Menschen die Möglichkeit die hergestellten Produkte zu missbrauchen. Dazu muss ich persönlich als Investor stehen.

Ich denke da an Kant. Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant lautet: Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.

Würde ich zB wollen, dass zb die Waffenproduktion in westlichen Ländern vollständig eingestellt würde, weil niemand mehr Geld investiert? Nein. Würde ich wollen, dass jegliche leichte Droge wie Tabak und Alkohol vollständig verboten wird? Nein. Ich handle aus meinem Verständnis heraus nicht unmoralisch indem ich solche Dinge finanziere. Es sind Dinge, die die Gesellschaft nicht toll findet, aber dennoch WILL oder BRAUCHT.

Seit 2014 zählt sogar die Schattenwirtschaft, Drogenhandel, Prostitution pp., zum BIP.

Es geht immer um Wachstum, für manche schneller für manche weniger. Grundsätzlich setzt sich nicht der Moralistische durch, sondern der "Stärkere" am Markt.

Vielleicht kann man noch Gesetze als Kompass nehmen. Allerdings bin ich der Überzeugung, dass dies schwierig wird, z.B. bei Großkonzernen oder global agierenden Konzernen. Als Beispiel VW ( ich bin Niedersächsin ) und eben Betrügereien, oder von mir aus auch Siemens und die Korruption.

 

Sparen hat oft damit zu tun sich günstiges zu beschaffen, was wiederum auf Kosten der fairen Materialbeschaffung und der Arbeitsbedingungen in den Firmen geht. Ggf. auch einfach auf Kosten von Steuerzahlungen die umgangen werden durch Konzerne oder Vertriebswege die umweltschädlich sind.

Ich fürchte nahezu jedes Nutzen von Geld, sei es im Alltäglichen und/oder im Invest, sollte nicht allzu laut nach Moral fragen. Weder beim Bäckerdiscount noch einem Welt ETF.

Persönlich hat sicher jeder seine Grenzen, ob dann auch noch das Wissen dazu kommt, ist fraglich. Ich glaube es ist auch oft unmöglich sich z.B. über Produktions-/Arbeitsbedingungen die man erwirbt umfänglich im Klaren zu sein.

Das Streben danach möglichst wenig Schaden zu verursachen bzw. zu Schaden nicht zu unterstützen ist natürlich ehrenhaft.

 

Wenn Du alles machen kannst was Du willst solltest Du etwas wollen.

@andreas900 Ich finde man sollte da nicht alles in einen Topf werfen. Auf einem Markt handelt irgendwie jeder unmoralisch, je nachdem wie hoch man die Messlatte anlegt. Wenn ein Händler mit seinen Waren oder Dienstleistungen 100% Gewinn machen kann, dann wird er es tun. Aber würde man auch einem Freund so ein Geschäft zumuten?
Die Frage, die ich mir stelle ist: Wie tief steckt denn ein Unternehmen in unethisch/unmoralischen Geschäften drin? Und was sind es für Geschäfte? Geht es "nur" um Steuervermeidung, profitiert das Unternehmen von Kinderarbeit oder landen da Waffen in der Hand von Extremisten und Diktaturen?
Das Thema mit den Rüstungsgütern kann man da eben auch nicht so einfach über das Knie brechen. Klar braucht die Polizei und das Militär Waffen. Die muss logischer Weise einer herstellen. Doch aufgrund der Gewinnorientierung (bzw. -maximierung), die ein Unternehmen antreibt, werden moralische Fragen immer hinten an gestellt. Damit lässt sich ja kein Geld verdienen. Moralische Fragen werden erst dann von Interesse, wenn das Unternehmen gesellschaftlich geächtet wird oder wenn daraufhin die Geschäfte einbrechen, siehe Dieselskandal.
Ist Nestlé besser als Rheinmetall? Moralisch sicher nicht. Aber wer von beiden richtet mehr Schaden an? Die Privatisierung von Wasser kann man notfalls mit zivilen und friedlichen Methoden stoppen, Waffen werden eingesetzt. Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit: Ein deutscher Rüstungsproduzent hat Patroulienboote hergestellt und diese nach Saudi-Arabien geliefert. Angeblich sollten diese nur zum Schutz der Küstengewässer dienen. Tatsächlich wird mit diesen Booten nun eine Seeblockade gegen den Jemen aufrecht erhalten, so dass kein Schiff mehr in die dortigen Häfen kommt. Damit kommen auch keine Hilfsgüter mehr in das Land und die Hungerkatastrophe dort wird um so mehr verschärft. Diejenigen, die am meisten darunter leiden und am häufigsten an den Hungerfolgen sterben, sind die Schwächsten der Gesellschaft - unschuldige Kinder und Säuglinge. Laut Einschätzung von Experten, könnte Saudi-Arabien den Krieg im Jemen gar nicht führen, wenn Deutschland all seine Rüstungsexporte stoppen würde.
Solange also unsere Politik nicht in der Lage ist, die Rüstungsindustrie an die Kandare zu nehmen, ist es unverantwortlich dort zu investieren. Ich würde sogar sagen, dass jeder Investor da eine Mitschuld hat, denn er verdient eben an einer Sache, die Unschuldigen und Wehrlosen das Leben kostet.
Da kann man sich auch nicht so einfach herausreden mit der Aussage 'Waffen bringen niemand um, es sind immer die Menschen'. Warum erlauben wir nicht jedem mit einer Schusswaffe auf der Straße herumzulaufen? Warum gibt es ein Gewaltmonopol des Staates? Es geht darum Schwächere zu Schützen und Waffen unzugänglich zu machen, für Leute, die die Verantwortung nicht tragen können oder geistig und charakterlich dazu nicht in der Lage sind. Und dass gilt auch für Staaten. Wer einem Diktator Waffen verkauft, der befähigt ihn, diese gegen Unschuldige einzusetzen.
Die Frage nach Einstein und der Atombombe muss man in dessen historischen Kontext betrachten. Einstein hat das sicher nicht gewollt. Die Frage war hier, das geringere Übel zu wählen. Hätten die Amerikaner die Atombombe aus moralischen Gründen nicht entwickelt, so hätte sie wohl die Nazis entwickelt. Der Krieg wäre damit um einiges grausamer und länger geworden und hätte mehr Menschenleben gefordert. Es wäre sicher gut, die Waffenproduktion auf längere Sicht grundsätzlich einzustellen, denn die letzten 8.000 Jahre Menschheitsgeschichte haben gezeigt, dass Waffen die Welt nicht sicherer machen, weil man sich dann besser verteidigen kann. Das Gegenteil ist der Fall, je mehr Waffen, desto fragiler wird der Frieden. Im kalten Krieg sind wir mehrmals haarscharf an der Katastrophe eines Atomkrieges vorbei geschlittert. Es müsste dann aber internationale Abkommen geben. Ein Staat alleine oder eine Gruppe kann das nicht leisten.
Auch bei Drogen und Tabak, kann man nicht einfach mit der Marktnachfrage argumentieren. Illegale Drogen fördern kriminelle Strukturen. Eine Legalisierung hat also nicht unbedingt etwas mit der Freiheit des Einzelnen zu tun, sondern mit dem geringeren Übel. Deshalb müssen sie auch reglementiert werden und können nicht an jedes Schulkind verschachert werden. Gleichfalls muss eine Legalisierung auch immer mit hinreichender Aufklärung Hand in Hand gehen. Menschen handeln nun mal unverantwortlich und egoistisch. Manchmal muss man sie vor sich selbst schützen und man muss vor allem schwächere schützen. Der Drogendealer ist nicht daran schuld, wenn sich jemand mit seinen Drogen zu Grunde richtet. Aber er verdient daran und hat dadurch ein aktives Interesse, dass sein Kunde abhängig bleibt. Das kann man auch auf Tabak oder die Waffenindustrie übertragen.
Damit sind und bleiben Investition in Unternehmen, deren Hauptgeschäft das Leid anderer verursacht, eine schmutzige, unmoralische und unethische Angelegenheit. Und fast alles, was man da an Gegenargumenten konstruiert, dient letztlich nur zur Beruhigung oder zum Ausschalten des Gewissens.

Aber wie willst du das trennen @Fritz?

Waffen werden für gute UND böse Zwecke eingesetzt. Insofern ist die Herstellung von Waffen nicht per se unethisch und ein Investment auch nicht. Ich würde es sogar als ausgesprochen moralisch und ethisch bezeichnen wenn mein Investment dazu dient die Polizei mit Waffen gegen Drogendealer, Mörder und andere Kriminelle auszustatten.

Ok, ja Missbrauch ist möglich und findet statt. Das wird aber kein Investor ändern, sondern das muss die Politik ändern. Wenn alle Investoren morgen ihr Geld abziehen würden, gäb es auch keine Waffen mehr für die Polizei. Politik muss hier steuern.

Und Nestle? Man kann die Privatisierung von Wasser notfalls friedlich stoppen? Wie? Viele Konzerne beuten ärmere Länder systematisch aus - mit Hilfe der lokalen Regierungen. Der Bauer vor Ort hat keine friedliche Lösungsmöglichkeit. Konzerne fischen den lokalen Fischern ihren Fang weg und dann wundern wir uns dass selbige Fischer Piraten und Terroristen werden.... Waffen sind immer gern gesehene Sündenböcke, aber die Ursachen von Gewalt sind sie nicht.

Es mag das Gewissen beruhigen wenn man nicht in "böse Dinge" wie Waffen investiert, aber am Elend warum Menschen Waffen kaufen und Gewalt ausüben ist man dadurch nicht weniger mitverantworlich.

Bitte nicht falsch verstehen: In Rüstung investiere ich auch nicht gezielt. Deinen Gedanke, dass die Welt mit weniger Waffen eine bessere wäre, teile ich. Ich will nicht in etwas investiert sein, hinter dem ich nicht stehe, obgleich ich wie gesagt Waffenproduzenten nicht per se für unethisch halte.

Tabak, leichte Drogen, Alkohol und co sind nochmal was anderes. Gesund sind sie nicht, aber sind sie deswegen schlecht? Menschen wollen leben! Sie wollen mal ungesund essen, vielleicht mal trinken oder rauchen. Alkohol gilt als gesellschaftliche Droge. Du sagst "das Geschäft der Unternehmen ist es Leid zu verursachen". Das sehe ich nicht so. Es ist kein Leid wenn jemand einen gemütlichen Abend mit Freunden und Alkohol hat oder dabei raucht.

Ein Automobilkonzern hat auch nicht das Geschäft "die Umwelt zu verpesten", aber er tut es. Wir wollen alle ein schönes Leben. Dafür brauchen wir Resourcen, belasten die Umwelt und manchmal schaden wie uns selbst. Für mich ist das ein Grundgedanke der Freiheit. Man DARF das alles.

Natürlich darf jeder gerne in Dinge investieren, die er für ethisch, umweltfreundlich und moralisch vorbildlich hält. Doch das Auto, was man fährt braucht trotzdem Benzin. Die Heizung braucht Gas und wenn du die Polizei rufst, braucht die Waffen. Und irgendjemand muss auch diese Dinge herstellen und in diese Dinge investieren.....

Inwiefern werden Waffen für gute Zwecke eingesetzt? Das ist ein Denkfehler. Waffen werden nie für Gutes eingesetzt, sonder sind ein Übel der Menschheit, weil diese nicht in der Lage sind ihre Konflikte friedlich zu lösen. Es gibt ja genauso wenig "gerechte" Kriege (auch wenn das manche glauben).

Also ich persönlich würde nie in Rüstungsunternehmen investiere und bin sogar der Meinung, dass diese viel stärker unter staatliche Aufsicht gehören. Wenn bestimmte Drogen illegal sind, warum können dann nicht auch Waffen irgendwann illegal sein? Das ist doch nur eine Frage der Einstellung und des politischen Willens. Waffen "braucht" niemand. In Norwegen laufen die normalen Streifenpolizisten ohne Schusswaffen herum und die Kriminalitätsraten dort gehören zu einen der niedrigsten weltweit.

Ich kaufe aus genannten Gründen auch keine Aktien von Nestlé. Dieser Konzern ist mir eindeutig zu aggressiv und ich missbillige auch die Privatisierung von Wasser. Aber man kann ihn trotzdem nicht mit den Rüstungskonzernen auf eine Stufe stellen. Die verursachen einfach vielmehr Probleme und Tod, als Nestlé & Co. In Deutschland hat man vor einigen Jahren versucht kommunale Trinkwasserversorgung zu privatisieren. Es ist aber am Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Sicher geht das nicht überall, insbesondere in korrupten Regimen und Diktaturen ist das schwer.

Mit der Tabakindustrie ist es eben wie mit dem Drogendealer. Die Geschäfte mit der Sucht lassen die Kassen klingeln und damit verursacht und verdient ein solches Unternehmen am Leid anderer. Es wurde ja sogar schon vor vielen Jahren nachgewiesen, dass Zigaretten suchtfördernde Substanzen beigemischt werden. Und Alkohol? Ja, es ist eine gesellschaftlich anerkannte Droge und deshalb hat man sich daran gewöhnt. Aber sie ist alles andere als harmlos. Insbesondere die bei Jugendlichen beliebten Alkopops enthalten oft minderwertigen Fusel- oder Industriealkohol. Alkohol ist außerdem bei den meisten Gewalttaten ein entscheidender Faktor. 80% der Übergriffe auf Polizeibeamte geschehen unter Alkoholeinfluss (das nur so am Rande). Das Zeug macht aggressiv und blöd. Ich weiß ja nicht warum die Menschen soetwas Selbstzerstörerisches an sich haben. Warum muss man an einem gemütlichen Abend gesundheitsschädliche Substanzen konsumieren? Nur weil es üblich ist und zur Kultur gehört? Weil man sonst nichts besseres anzufangen weiß? Oder um sich besser zu fühlen? Da muss doch im Leben was nicht in Ordnung sein. Es sagt ja auch kein normaler Mensch 'Hey, komm doch heute Abend zum Klebstoff schnüffeln vorbei'. Dagegen 'Komm doch auf ein Bier vorbei' klingt ja schon wieder sehr vertraut, obwohl es chemisch und gesundheitlich ähnliche Wirkungen hat, und meistens bleibt es ja auch nicht nur bei einem Bier. Nach den heutigen Erkenntnissen der Wissenschaft ist Alkohol ein karzinogenes Nervengift und in jeder Dosis schädlich. Da gibt es eigentlich gar keine Unbedenklichkeitsgrenze.

Und was die Autohersteller angeht: Die Autoabgase sind Nebenprodukte, die nicht zum Hauptgeschäft gehören. Damit kann man es in dem Sinne nicht mit Tabak oder Waffen vergleichen. Ein Autokonzern könnte ja die gleichen Gewinne machen, wenn z.B. alle Autos mit Brennstoffzellen fahren würden. Aber ein Rüstungskonzern ohne Waffen, oder ein Tabakkonzern ohne Tabak - geht nicht.

Man kann das alles ganz gut trennen. Wir Menschen bilden ja ständig Kategorien. Man muss sich eben auch als Anleger genau anschauen: Womit verdient das Unternehmen Geld? Man kann nicht einfach sagen, 'die sind ja sowieso alle gleich' oder 'jeder ist für sein Elend selbst verantwortlich'. Das ist zu kurz gedacht. Es wird der Menschheit kein Schaden entstehen, wenn morgen alle Tabakhersteller und alle Waffenproduzenten pleite gehen. Ganz im Gegenteil. Aber bei den Autoherstellern oder den Lebensmittelproduzenten sieht es schon anders aus. Daher kann man sie eben nicht in einen Topf werfen, auch wenn die genauso Dreck am Stecken haben.

Ich glaube wir drehen uns ein bisschen im Kreis und ich will jetzt auch nicht meine Argumente nur wiederholen ^^

Ethik und Investment sind zwei Themen die definitiv nicht gut Hand in Hand gehen. Die meisten Investoren haben irgendwo in irgendwas investiert, das man ethisch negativ bewerten kann. Es ist aber ein guter Ansatz überhaupt mal darüber nachzudenken was andere mit unserem Geld machen.

Ob man die Welt besser macht wenn man Tabak, Waffen und co meidet, wage ich zu bezweifeln. Du sagst Waffen werden nicht für gute Zwecke eingesetzt sondern sind notwendiges Übel. Kann man zustimmen, aber für mich ist es ein guter Zweck wenn die Polizei friedliche Bürger schützt - und dafür braucht sie Waffen, leider, aber ist so.

Ich gebe dir Recht, dass die Waffenproduktion stärker unter staatliche Aufsicht gehört, vielleicht sogar unter staatliches Monopol, damit sicher gestellt wird, dass Waffen NUR für Polizei und Verteidigung produziert werden.

Da ich selber weder rauche noch Alkohol trinke, gebe ich dir ebenfalls Recht, dass dies alles nicht zu einem schönen Abend gehören muss. Aber diese Dinge zu bekämpfen hat historisch betrachtet nie geholfen. Man erinnere sich an die Prohibition in den USA, die kriminellste Zeit des Landes. Selbst als Nicht-Raucher und Nicht-Alkoholtrinker bin ich dagegen sowas zu verbieten und in Folge dessen auch dagegen es beim Investment zu tabuisieren.

Es wird niemals ein Schwerpunkt meines Investments sein, es wird aber Teil sein, so wie solche Firmen auch in gängigen ETFs drinstecken, welche die meisten von uns haben.