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Ikigai - Widerspruch zum Frugalismus?

Hallo liebe Leute,

Philosophie ist einer meiner Interessen und habe viel Spaß mich mit unterschiedlichen Lebens-und Denkweisen auseinanderzusetzen.

Ich bin zufällig vor kurzem mal wieder auf Ikigai gestoßen, was ich seit dem ersten mal davon gehört habe, ein sehr interessantes Modell finde. Wie wohl die meisten Menschen auf der Welt, bin ich weit entfernt Ikigai zu erreichen, aber ich dachte es wäre interessant den Gedanken zu diskutieren, dass Ikigai dem Frugalismus widerspricht.

Wie ihr auf dem Bild (hoffentlich ging das mit dem Bild hochladen) seht, erreicht man Ikigai/Lebensglück in dem man eine Beschäftigung findet, die folgende 4  Elemente vereinbaren:
1. Mach was du liebst
2. Mach was die Welt braucht
3. Mach worin Du gut bist
4 Mach wofür du bezahlt werden kannst

Es gibt genug andere Graphiken im Internet was passiert, wenn man nur 2 oder 3 der Elemente erreicht (man findet nie das vollkommende Lebensglück).

So nun zu meiner Beobachtung was Frugalismus anbelangt. Ich denke viele Frugalisten haben genug Zeit zu machen was sie lieben und wahrscheinlich auch worin sie gut sind. Ich würde auch sagen, dass viele Frugalisten machen was die Welt braucht, denn wenn man als Fruglist mehr Zeit hat für seinen Familie und Freunde, dann geben sie dadurch (hoffentlich) positive und soziale Verbindungen und Unterstützung.

Wenn man die meisten Forumeinträge hier liest, würde ich aber behaupten, dass die meisten hier so schnell und bequem wie möglich probieren an Geld/Erspartem/positivem Cashflow ranzukommen, so dass sie sich keine Gedanken mehr machen müssen was die finanzielle Seite ihres Lebens anbelangt.

Dies würde bedeuten, dass kein Frugalist Ikigai erreichen würde und somit nie ein vollkommenes Lebensglück erreichen können.

Was meint ihr dazu? Ich hoffe auf eine entspannte, freundliche und produktive Onlinediskussion 🙂

Viele Grüße

 

Interessante Gedankengänge...

Dazu auf die Schnelle: so einfach und schnell geht das bei den meisten mit dem ausreichenden Geld, um nicht mehr arbeiten zu müssen, ja nicht. Zumindest ist mir hier im Forum, und auch sonst in der freien Wildbahn nicht, noch kein 40 jähriger über den Weg gelaufen, der nach 15 Jahren ETF sparen genug Kohle hatte und aufgehört hat.

Bei mir zB ist es so, dass ich von 12 bis zum Ende des Studiums mit Ende 25 immer etwas gearbeitet hatte. Und ab dann bis 50 doppelt soviel wie die meisten.

Ich glaube einfach, dass ich 4 für mein Leben schon abgearbeitet habe (wenn das überhaupt geht) 😎

Interessante Gedankengänge...

Danke, bin gespannt und freue mich auf Gegenargumente 🙂

Dazu auf die Schnelle: so einfach und schnell geht das bei den meisten mit dem ausreichenden Geld, um nicht mehr arbeiten zu müssen, ja nicht.

Genau, so habe ich die meisten Forumeinträge auch wahrgenommen

Zumindest ist mir hier im Forum, und auch sonst in der freien Wildbahn nicht, noch kein 40 jähriger über den Weg gelaufen, der nach 15 Jahren ETF sparen genug Kohle hatte und aufgehört hat.

Und selbst wenn...ich glaube nicht, dass ETF kaufen wirklich mit den andere 3 Elementen übereinstimmt. Ich mein wer 'liebt' es vor dem PC zu hocken und eine Maus über 'kaufe ETF' zu ziehen, die Welt profitiert davon auch nicht und ok Du magst vielleicht gut darin sein Deine Maus zu bedienen, aber wen juckts?

Ich glaube einfach, dass ich 4 für mein Leben schon abgearbeitet habe (wenn das überhaupt geht) 😎

Haha guter Versuch, aber ich glaube Ikigai funktioniert nicht so 🙂

Ich habe nach kurzem Einlesen den Eindruck, Ikigai und Frugalismus sind Konzepte für verschiedene Lebensrealitäten. Frugalismus setzt ja ein von Überfluss geprägtes Umfeld voraus. Dadurch kann man mit entsprechendem Mindset auf vieles Überflüssige verzichten, ohne dass die Lebensfreude leidet. Wenn dann in Folge kein Geld mehr durch Arbeit verdient werden muss, dann entfällt gefühlt der Bedarf an einer Tätigkeit im Sinne von Ikigai. Wenn ich dagegen in einem der vielen Länder wohne, wo man sechs Tage die Woche nach 12-14 Stunden Arbeit + Fahrtweg nach Hause kommt und dann die Familie gerade mit dem Nötigsten versorgen kann, dann kann ich mir gut vorstelln, dass ein Handeln nach Ikigai die Lebensfreude verbessern kann. Frugalismus oder FIRE sind in einem solchen Umfeld weder bekannt noch praktizierbar.

Zum Thema ETF-Sparen: Ich hasse Fensterputzen. Der Welt ist es piepegal, ob meine Fenster sauber sind. Ich bin miserabel darin und bezahlen tut mich dafür auch keiner. Fensterputzen läuft für mich nicht unter Beschäftigung, sondern als "Infrastruktur" des Lebens, die einfach irgendwie sein muss. Fensterputzen steht aber weder Frugalismus noch Ikigai im Weg. ETF-Sparen ist für mich wie Fensterputzen, nur weniger lästig. 🙂

Ich, als eher analytischer Typ, würde das Thema so aufdröseln, dass es durchaus auch Glück sein kann, alle diese Dinge nicht parallel sondern ggf. auch zeitversetzt haben zu können. Alle zu kennen, alle erlebt zu haben aber jetzt eben auf einen oder zwei Punkte aktiv verzichten, die aber im Erfahrungsschatz präsent zu haben.

Auch könnnte man sagen, dass Punkt vier bei Fire-Leute per Definition abgehakt ist und Geld zum Leben zur Verfügung steht jedoch nicht Resultat der aktuellen Arbeit ist. Aber das Geld stammt aus eigener bereits getaner Arbeit und Leistung.

Drei Punkte hatte ich früher (Arbeit geliebt? no! Begriff passt nicht), gemocht aber schon, sie entsprach mir, ich war gut darin und es war eine sinnvolle Tätigkeit. Jetzt fehlt eben "Geld bekommen" für exakt meine aktuelle Tätigkeit; also wieder nur drei Punkte.

Soweit meine Glückspunkte.

 

Tja, vier mal „Check“. Und das als Nicht-Frugalist, Selbstoptimierungsverweigerer und selbständiger Hamsterradler ohne fixe Ausstiegsklausel.

Irgendwas mache ich verkehrt ...

 

Das sind so Ansprüche (vollkommenes Glück, lieben, gut darin sein...) die bei mir einen gewissen Druck ausüben und mich in Stress bringen wenn ich darüber nachdenke.

1.Meine Arbeit habe ich mir schon so ausgesucht dass sie mich gut füttert. Lieben tue ich meine Kinder und Partnerin. Die Arbeit auf ein maximales "mögen" wäre schon genug.

2. Was ich gut kann: Nicht besser als vieleandere auch aber ausreichend gut.

3. Was gebraucht wird. Ja wird es aber der Wettbewerb ist groß grnug und der Druck entsprechend.

4. Geld. Ja mehrals ich zum Leben brauch.

Ich mag immer weniger den Druck, Leistungszwang, Konkurrenzkampf im Team, Narzisstische Vorgesetzte, blöde Kunden usw..

Diese "Rahmenbedingungen" kann man selbst gestalten. In Deutschland sind wir hier nicht besonders gut. In skandinavischen Ländern wohl besser.

Ich beschäftige mich auch sehr gerne mit solchem philosophieren.

Und komme dabei immer mehr in die Gegenstandslosigkeit. Also weg von dem ich  dem ich hätte gerne etwas, ich wüßte gerne etwas, oder ich wollte gerne etwas. Und das ist nicht leicht, weil das die Krankheiten unseres Geistes sind indem wir bewerten und vergleichen.

Es ist wichtig aus etwas herauszugehen wenn man sich länger und andauernd quält, es einen gar krank macht.

Das tut meine Arbeit nicht. Aber Punkt 1-3 ist zu lauwarm und Punkt 4 dominiert zu sehr. Deshalb und vor allem weil kaum Wertschätzung kommt und keine Liebe spürbar ist gehe ich raus wenn Punkt 4 keine Relevanz mehr hat.

Dann könnte z.B. eine Rolle als Senioren Azubi ein Weg für die 4 Felder sein. Oder man befriedigt sie außerhalb dem starren, gesellschaftlichen Denken der Erwerbsbiographie.

Insgesamt ist es eben die Kunst desLebens die Zufriedenheit zu finden und innere Ruhe. Und dies beißt sich halt mit Leistung, Zwang, Wettbewerb, Kontrolle, (Mitarbeiter-) Bewertung, Kundenbefragung, Shareholder Value, dem Zinses Zins Grundsatz, mit einhergehender Resourcen Verbrauch, Umweltschutz usw..

Frugalismus selbst ist eine Begleiterscheinung dieser Leistungsgesellschaft im Überfluss auf der ständigen Suche nach Mehr.

Weil wir, oder zumindest ich spüren dass wir Systeme in denen wir uns beim Arbeiten bewegen nicht grundlegend ändern können und uns anpassen müssen, kommt irgendwann der Wunsch da rauszugehen.

Meine Großeltern lebten viel weniger entrückt und meine Eltern auch noch weniger.

Sie waren mehr Frugalist ohne zu wissen was es ist. Und unsere Generation hat es einfach überspannt und ich sehe nicht dass wir das Ende erreicht haben 😯

 

 

Zitat von Muslime_Frugi am 25. September 2020, 7:46 Uhr

Meine Großeltern lebten viel weniger entrückt und meine Eltern auch noch weniger.

Sie waren mehr Frugalist ohne zu wissen was es ist. Und unsere Generation hat es einfach überspannt und ich sehe nicht dass wir das Ende erreicht haben 😯

Das hängt sicherlich von der Familie ab und der Historie (auch Lokation) ab. Bei meiner Frau würde das auch stimmen. Bei der Familie väterlicherseits bestimmt nicht. Wie ich schon an andere Stelle mal schrieb, hat bereits mein Ururgroßvater sein Unternehmen mit Anfang 50 verkauft um sich wichtigeren Dingen im Leben zuzuwenden. Und das Leben der Generationen danach in München war auch nicht anders als heute.

Zitat von MFZ73 am 25. September 2020, 0:01 Uhr

Tja, vier mal „Check“. Und das als Nicht-Frugalist, Selbstoptimierungsverweigerer und selbständiger Hamsterradler ohne fixe Ausstiegsklausel.

Irgendwas mache ich verkehrt ...

 

2. Mach was die Welt braucht

==> könnte man aber auch anders sehen

Passend zu dem oben von mir Geschriebenen:

BMW muss in den USA Strafzahlungen leisten weil sie Absatzzahlen geschönt haben um vor der Konkurrenz besser da zu stehen.

Will mir einer glaubhaft sagen der irgendwo in dieser Wertschöpfungskette arbeitet dass die 4 Punkte ausreichend gut erfüllt sind?

Ist doch bezeichnend für die Beschreibung gesellschaftlicher Zustände!

Da gebe ich dir recht, das ist wirklich kaum noch möglich.

Und wenn man dann überlegt, auf wen das zutrifft, fällt einem kaum jemand ein.

Aber, wenn ich mir den Kampfsport-Meister meines Sohnes ansehe (4 schwarze Gürtel, davon einer der 10. Dan), auf den treffen die 4 Elemente sicherlich zu. Und das merkt man ihm an, die innere Ruhe und Gelassenheit.

Alles nur antrainiert  😉

Zitat von Privatier am 25. September 2020, 8:17 Uhr

2. Mach was die Welt braucht

==> könnte man aber auch anders sehen

Ohne die permanente Crundlagenarbeit meiner Branche würde dieses Forum nicht oder nur mit Einschränkungen funktionieren. Gut, um sowas komplexes wie ein www aufzuziehen, braucht es viele Branchen und Technologien, aber einer der ältesten Nachweise meiner Branche stammt aus der Jungsteinzeit und das aktuelle Upgrade dieser Leistung nutzt jeder Mensch direkt oder indirekt jeden Tag, die meisten mehrfach bzw. sogar permanent, ob Frugalist oder nicht.

Insofern behaupte ich mal, dass es für meinen Job einen grundlegenden Bedarf der Menschheit gibt, unabhängig von der industriellen Entwickklung der letzten 250 Jahre.

Irgendwie kann ich deinen Ausführungen nicht folgen...

Zitat von MFZ73 am 25. September 2020, 19:15 Uhr

Gut, um sowas komplexes wie ein www aufzuziehen, braucht es viele Branchen und Technologien, aber einer der ältesten Nachweise meiner Branche stammt aus der Jungsteinzeit und das aktuelle Upgrade dieser Leistung nutzt jeder Mensch direkt oder indirekt jeden Tag, die meisten mehrfach bzw. sogar permanent, ob Frugalist oder nicht.

Du bist Mainframe-Entwickler bei IBM?

Das konnte ich auch mal :mrgreen:

Zitat von alu2707 am 24. September 2020, 13:54 Uhr

4 Mach wofür du bezahlt werden kannst

 

Habe bis eben noch nie was von Ikigai gehört, aber verstehe vor allem Punkt 4 auch überhaupt nicht. Warum sollte man etwas machen, für das man bezahlt wird, um vollkommen glücklich zu sein/werden? Ergibt für mich gar keinen Sinn der Punkt, was hat die reine Tatsache für etwas bezahlt zu werden, mit Glück zu tun?