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Frugalist auf verlorenem Posten in der Familie… zumindest fast.

Interessantes Thema, das da durch die Presse getrieben wird. So findet man das Frugalisten-Forum. Da lese ich doch mal gerne mit und stelle mich/uns vor:

Ich bin jetzt 49 und seit 12 Jahren im „Frühruhestand“. Seit 30 Jahren verheiratet, ein Kind. Und ich war schon immer sehr „frugal“, bzw. wie meine Frau sagen würde „sparsam“ (an guten Tagen) oder „geizig“ (an schlechten Tagen). Ich habe für mich immer sehr bescheiden gelebt (im Verhältnis zu meinem Einkommen), in meinem Job extrem hart gearbeitet, und für meinen Luxus gespart. Der größte Luxus ist natürlich, dass ich mit Ende 30 meinen Ruhestand antreten konnte, so wie ich das schon mit 16 Jahren geplant (oder gehofft) hatte.

Inzwischen bin ich, nach jeder Definition, wohlhabend und kann ohne finanzielle Sorgen leben. Ich lebe auf einer sonnigen Insel und meine Anlagen bestehen aus 55% Anleihen, 20% Aktien, 20% Immobilien und 5% Rohstoffen. Ich kümmere mich ein paar Stunden die Woche darum, das reicht und ermöglicht mir ein sorgenfreies Leben. Trotzdem hat sich an meiner frugalen Lebenseinstellung nichts geändert. Ich bin in eher "kleinen" Verhältnissen aufgewachsen, und auch heute besteht mein Kleiderschrank lediglich aus ein paar T-Shirts und Shorts sowie zwei Paar Schuhen, ich fahre ein altes Auto, fliege nur Economy und bei ALDI bringe ich regelmäßig die auf dem Parkplatz stehenden Einkaufswagen für die Pfandmünze zurück. Der Tag, an dem ich zu bequem dafür bin, „freies“ Geld einzusammeln, wäre für mich eine persönliche Niederlage.

Leider kann ich dasselbe nicht unbedingt für den Rest meiner Familie sagen. Da wird gerne Bio eingekauft, das Schwimmbad ganzjährig auf 32 Grad geheizt und SUV gefahren. Das Kind musste natürlich auf eine Privatschule und selbstverständlich auch ein eigenes Auto haben (aber bitte ein Neuwagen). Dazu zwei Hunde (meine Frau kommt aus einer Familie, die immer welche hatten) und Reisen. Gegen Bildungsurlaube habe ich nichts, aber da wird auch schon viel sinnlos hin- und her gereist. Klamotten, Electronics und, und, und…

Ja und wo bleibe ich da? Ich nehme mir trotzdem oft im Supermarkt nur etwas Weißbrot und Aufschnitt mit, gerne auch das Angebot des Tages und gehe auf dem Rückweg bei einem Freund vorbei, der mir für einen kleinen Obolus in die Kaffeekasse die Haare schneidet. Manchmal fühle ich mich auf verlorenem Posten. Und das, obwohl ich der Einzige in der Familie bin, der jemals Erwerbstätig war. Aber ich kann nicht anders. Verschwendung (zumindest für mich) kann ich nicht ertragen, ich drehe den Groschen gerne auch mehrfach herum. Ich betrachte mich als frugal, aber ich fange mir immer wieder das Prädikat "geizig" ein. Trotzdem ist das natürlich nicht mal ansatzweise ein Grund, die Familie sich selbst zu überlassen. Ich stehe zu meiner Verantwortung als Ehemann und Familienvater, wissend, dass ich nur als "Vorbild" leben kann, aber andere Menschen nicht ändern werde.

Wie fühlt ihr euch von euren Familien unterstützt, bzw. wie geht ihr mit mangelndem Verständnis um? Oder mache ich es falsch und sollte einfach die Zügel schleifen lassen? Ist doch egal, mitnehmen kann man es ja eh' nicht.

Grüße aus der Sonne,

 

Richard

Hallo Richard,

wilkommen und schön das du hier bist!

Zunächst einmal: Glückwunsch, du hast es geschafft!!! Das klingt doch alles super und wenn deine einzigen Probleme sind, dass der Pool im Winter und der SUV auf der Straße etwas viel Energie verbrauchen, dann denke ich... mit den Problemen könnte ich prima leben 😀 Bitte nicht falsch verstehen.

Ich lebe auch in einer Beziehung ... seit zwei Wochen sogar Ehe (kann es immer noch nicht glauben) und meine Frau sieht die Sache auch etwas anders als ich. Mir gelingt es zwar sie Stück für Stück von meiner Lebenseinstellung zu überzeugen, dennoch träumt sie von 6.000€ Handtaschen und vielen vielen Weltreisen. Und für mich ist das auch volkommen okay, weil sie selber dafür arbeiten geht. Mein Ziel ist die finanzielle Freiheit und ein glückliches, sorgenfreies Leben ohne aktiv dafür arbeiten zu müssen. Wenn meine Frau das anders sieht und für das extra an Luxus und Konsum bereit ist länger zu arbeiten -> Fine for me !

Anders würde es aussehen wenn ich der Alleinverdiener wäre. Da weiß ich nicht was ich denken würde wenn ich mir meine finanzielle Freiheit bei Graubrot und Marmelade erspare während meine Partnerin mein Geld großzügig ausgibt.
Da du ja schon seit deinem 19. Lebensjahr mit deiner Frau verheiratet bist werdet ihr euch ja mehr als gut kennen und der Aufbau deines Vermögens hat trotz ihres Konsums funktioniert. Wenn deine finanzielle Situation also den Konsum deiner Familie "aushält", dann wäre das eben für mich der Preis für ein glückliches Familienleben.

Wir sollten uns immer wieder klar machen, dass unsere Einstellung nicht der Normalfall ist. Ich möchte niemanden missionieren, schon gar nicht später meine Kinder. Sparsamkeit bzw Frugalismus ist eine Option die jeder für sich abwägen sollte. Am Ende zählt das Glück. Und da muss jeder für sich herausfinden wie er dieses für sich erreicht. Ob mit 40-50 Stunden Job, SUV, Rolex und teurer Handtasche oder mit Graubrot am Strand während alle anderen arbeiten.

Um auf deine abschließende Frage noch einmal konkret einzugehen: Ich finde, wenn es deine finanzielle Situation zulässt und du selber damit leben kannst, lass deiner Frau und deinen Kindern die Reisen, den SUV etc und gnieße dein Leben. Happy Wife, happy Life!

 

LG
SIX

 

 

 

Danke für Deine Antwort. Ja, so in etwa handhabe ich das ja auch. Aber wie Du selbst sagst, wenn man der Alleinverdiener ist, dann fragt man sich bei manchen Sachen halt schon, wofür man das Graubrot (im übertragenen Sinne) isst. Vielleicht hätte ich ja auch ganz gerne mal auf Basis des Verzichts von anderen herausgefunden, was mein Glück sonst noch darstellen könnte. Wobei, da muss ich fair sein, meine Eltern haben das immer für mich getan.

Und, um auch meiner Frau gegenüber fair zu sein, sie hat etwas in unsere Ehe eingebracht, was ansonsten nur schwer für mich/uns erreichbar gewesen wäre, nämlich eine zweite Staatsbürgerschaft. Durch diese konnten wir dem Umverteilungswahn in Deutschland entgehen und die jährliche Steuerlast fast dritteln. Man kann also sagen, dass das irgendwo auch ihr finanzieller Beitrag ist, den sie verfeuert. 😉

Manchmal ist es halt nur schwierig, wenn nicht alle am gleichen Faden ziehen.

Richard

Ich stehe zu meiner Verantwortung als Ehemann und Familienvater, wissend, dass ich nur als "Vorbild" leben kann, aber andere Menschen nicht ändern werde.

Wie fühlt ihr euch von euren Familien unterstützt, bzw. wie geht ihr mit mangelndem Verständnis um? Oder mache ich es falsch und sollte einfach die Zügel schleifen lassen? Ist doch egal, mitnehmen kann man es ja eh' nicht.

Grüße aus der Sonne,

Richard

Hallo Richard,

zumindest dein Kind kann ja für sein Auto ein bisschen arbeiten gehen - z. B. Spritkosten/Versicherung zahlen. Ich weiss aus eigener Erfahrung, dass mein eigenes Geld zu verdienen für mich zu einem "Aha-Effekt" geführt hat. Taschengeld gab es für mich leider nur sehr spärlich bis überhaupt nicht, sodass jeglicher "Luxus" selbst verdient werden musste. Dafür war ich aber umso stolzer auf meine "Selbstständigkeit" - mit Zeitung austragen oder diversen kleineren Nebenjobs. Das prägt mich auch bis heute und ich rechne mir manchmal aus, wie lange ich für die erzielte Dividendenzahlung hätte Zeitungen austragen müssen ; ) Dann freue ich mich umso mehr 🙂

Wenn dich das Thema belastet, solltest du aber vielleicht erst einmal in Ruhe mit deiner Frau oder deinem ich nehme an schon erwachsenen Kind (Auto) darüber reden. Eventuell finden die beiden selbst Lösungsansätze und man einigt sich auf etwas, mit dem alle zufrieden sein können.

 

Also wenn die Vorstellungen / Lebensentwürfe so weit auseinanderliegen, stelle ich mir das schon sehr schwer vor. Lange Partnerschaft hin oder her. Man entwickelt sich ja auch weiter, und manchmal in verschiedene Richtungen. Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass das auf Dauer gut geht.

Allerdings solltest du dir mal überlegen, ob dein Umgang mit Geld dann nicht ein bisschen lockerer werden sollte. Nicht so wie der Rest der Familie, aber vielleicht nicht ganz so verbissen.

fragt man sich ..., wofür man das Graubrot... isst.

In meinem Fall gestern Abend:

Um satt zu werden!

Und das auf der Wendorfer Seebrücke  abends um acht mit Blick auf die Hafeneinfahrt von Wismar 🙂
(wo der einzige Imbiss am Strand schon zu hatte)

Was spricht da gegen ein gutes (Abend)Brot mit gutem Käse und einem guten bayerischen Bier?

PS:
Weißbrot ist als Reiseproviant weniger geeignet - vertrocknet zu schnell - da ich vorher nicht weiß wo ein Restaurant mit schöner Terrasse zu finden ist und wo ich meinen Bordproviant brauche!

Moin Richard,

Ich kann dich sehr gut verstehen. Wenn ich mich im Freundeskreis umsehe wie dort teilweise mit Geld umgegangen wird dann gruselt es mich - hatte da gerade gestern erst wieder eine Diskussion mit meinem besten Freund. Konsumverlangen wird da auch gerne unter anderem Namen angeboten:

Der Neuwagen für 50.000€ ist sichererer als der 6 Jahre alte Golf.

Das 3000€ Macbook brauche ich für die Arbeit.

neueste Handys und Playstation sind auch ganz wichtig

Also wenn schon nur einmal im Jahr Urlaub, dann bitte auch vier Sterne Ägypetenrundreise

Das Kind braucht Markenklamotten, nicht dass es in der Schule gehänselt wird und ein vernünftiger Kinderwagen kostet eben 3500€, dafür kann man den auf die Größe einer Brotdose zusammenfalten und einfach in die Jackentasche stecken...

Aber dann besorgt bei mir am Küchentisch hocken und nicht verstehen können wie es sein kann dass man mit 4000€ netto nicht über die Runden kommt und wie ichbdas denn schaffe mit der Hälfte klar zu kommen...

Ggf. schaffst du es über die Zeit, deine Familie etwas zu mäßigen oder sie dazu zu bringen, die Sinnhaftigkeit ihrer Ausgaben zu überdenken. Du hast ja eure Finanzen um Griff und weißt, was so im monatlichen Schnitt möglich ist ohne sich "runterzuwirtschaften. Vielleicht wäre es ja ganz gut da entsprechend auf ein Maß zu budgetieren das weiterhin Vermogenswachstum ermöglicht und somit deine Nerven schont. Das gute Gefühl dass stets mehr rein kommt als ausgegeben wird ist doch schonmal viel wert.

Du bist nach eigener Aussage vermögend und somit finanziell abgesichert und frei - vielleicht gönnst auch du dir mal die gute Butter, die Tomaten die schmecken statt die die nichts kosten und shaffst es, zu realisieren dass es keine zwingende Notwendigkeit mehr gibt, jeden Taler drei Mal umzudrehen. Du hast hart dafür gearbeitet und gespart um bereits in so jungen Jahren unabhängig zu sein. Vielleicht musst auch du erst lernen bzw. dich daran gewöhnen dass gewisse Vsrhaltensregeln mittlerweile nucht mehr notwendig sind. Kommt dahingehend aufeinander zu und redet miteinander, erstellt einen Budget - und Finanzplan der aufzeigt was möglich ist und was nötig ist und findet einen Mittelweg mit dem alle happy sein können.