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Frugalismus ist kein Aufruf zum absoluten Verzicht

Etwas verwundert lese ich die Ratschläge auf die Frage, wie man Frugalist wird. Da scheint sparen um jeden Preis die einzige Möglichkeit zu sein, und dazu werden Tabellen in allen möglichen Ausführungen angeboten sowie Haushaltsbücher ohne Ende.

Natürlich ist es immer hilfreich, über seine Kosten und Einnahmen sorgfältig Buch zu führen. So fallen leichter unnötige Ausgaben und überteuerte Geldfresser auf, die man leicht in günstigere Varianten umwandeln kann (Beispiel Strom, Gas, Versicherungen und besonders Handyverträge!).

Aber das ist doch kein Frugalismus!

Das ist schlichtweg vernünftige Haushaltsführung, die jeder machen sollte.

Aber ich kann doch nicht allen Ernstes einem Menschen, der Frugalist werden möchte, raten, sein gesamtes Leben auf kurz vor 0,00 herunterzufahren, Essen selbst anzubauen, den Kindern die Kleidung selbst nähen und Tische und Stühle selbst zu bauen. Und dann in einer Höhle zu leben?

Sowas hat es immer schon gegeben, aber das waren Aussteiger, Menschen, die den übertriebenen Konsum verdammten und so gegen das Establishment protestierten. Die Hippies der 70er Jahre kennt doch noch jeder, ihr Lebensziel war „Love and Peace“, vergleichbar mit der heutigen Okö- und Nachhaltigkeitsbewegung, die aber leider einen sehr ernsten Hintergrund hat, der uns alle angeht, nämlich unseren Heimatplaneten zu retten…

Das hat aber nichts mit Frugalisten zu tun! Ich verstehe Frugalismus so: das Leben auf intelligente Weise so umstellen, dass nach und nach Ausgaben zu Investitionen werden, die das investierte Geld vermehren.

Den typischen Frugalisten stelle ich mir so vor: ein junger, sympathischer Mann - eine Frau darf es selbstverständlich auch sein! Hervorragende Fachausbildung (je nach Interesse, möglichst zukunftsorientiert, idealerweise IT) und zusätzlich einen kaufmännischen Abschluss. Seit einigen Jahren Leiter und Besitzer eines erfolgreichen Unternehmens, möchte mit 40, also in 5 Jahren Frugalist werden. Dazu sage ich: kein Problem!

Jetzt kommt der Knackpunkt: es ist nun zwingend erforderlich, dass der Betrieb so aufgestellt wird (wenn er es nicht schon ist), dass alle Mitarbeiter ihre Aufgaben kennen und Verantwortung übernehmen. Und es muss einen Stellvertreter des Chefs geben, der in alle Abläufe, Prozesse und Interna eingeweiht ist und bereit und in der Lage ist, alleine die volle Verantwortung zu übernehmen.

Die Firma ist eingeweiht, die Mitarbeiter loyal, und langsam zieht sich der Besitzer mehr und mehr aus dem Tagesgeschäft zurück.

Wenn dann alles gut läuft, und die Firma weiterhin erfolgreich wirtschaftet, kann er sich entspannt zurücklehnen und mit Recht sagen: ich habe ein passives Einkommen, von dem ich mehr als gut leben kann – ich bin Frugalist!

Zugegeben: das ist die ideale Version, aber jeder von uns kann „ein bisschen Frugalist“ werden, wenn die grundsätzlichen Schritte beachtet werden. Natürlich richtet sich der Aufbau der Freiheit nach dem verfügbaren Kapital, ich werde in den folgenden Beispielen aber auch Möglichkeiten zeigen, die wenig bis überhaupt kein Kapital erfordern.

Hier einige Beispiel für einen gelungenen Lebenswandel:

Typisch: eine Ferienwohnung kaufen, in der man mit seiner Familie fröhlich drei Wochen Urlaub machen kann, den Rest des Jahres wird die Wohnung vermietet und holt so das ausgegebene Geld wieder rein und mehr noch: schafft dann ein finanzielles Polster.

Das ist das klassische Beispiel, aber da gibt es viele Varianten: Wohnmobil, sogar Werkzeuge lassen sich vermieten. Einfach überlegen, was man erfolgreich vermieten kann, eine dauerhafte Miete – und ist sie noch so klein, ist ein prima Standbein.

Ich kann aber auch jungen Start-Up Unternehmen für eine Zeitlang mit meiner Erfahrung und meinem Wissen helfen, einen sicheren Start hinzulegen, und verzichte in der Zeit auf ein Gehalt, sondern – aufgepasst – lasse mir dauerhaft eine Beteiligung auszahlen! Auch hier gilt: lieber weniger, dafür möglichst für ewig. Der positive Zusatznutzen: läuft das Unternehmen immer besser, profitiere ich davon!

Eigentlich hängt der Aufbau eines passiven Einkommens von den individuellen Kenntnissen, Fähigkeiten oder Hobbys ab: können Sie spannende oder fachlich wertvolle Bücher schreiben? Sind Sie begeisterter Fotograf und Ihre Fotos können z.B. Firmen für die Werbung brauchen? Oder sind Sie gar IT-Spezialist, dann schreiben Sie nützliche Programme! Alle Vorschläge haben eins gemeinsam: einmal wird die Arbeit gemacht, im besten Fall ewig wird kassiert! Wie bei den Musikern, die vor zig Jahren einen Schlager aufgenommen haben, für den sie heute noch jedes Mal kassieren, wenn er gespielt wird.

Und nun ein letztes Beispiel, das wohl jeden ansprechen müsste:

Ich habe mal eine junge Kollegin gehabt, der es Spaß machte zu stricken. Sie hat – ich glaube Puppen, oder waren es Kissen? – niedlich gestrickt, die allen gefielen. Die hat sie, clever wie sie war, in Facebook eingestellt, und jeder wollte sie haben. So verging kein Tag, an dem nicht jemand bei uns in der Firma erschien, um seine Puppe (oder sein Kissen) abzuholen!

Merkt ihr was? Meiner Kollegin hat das Stricken Spaß gemacht, das Einstellen bei Facebook war ein Klacks, und sie hat gutes Geld nebenbei verdient!

Wir haben uns dann leider aus den Augen verloren, aber wenn sie jemand gefunden hat, der nach ihren Vorgaben die Arbeit übernommen hat, dann hat sie Geld verdient, ohne dafür zu arbeiten. Sie ist dann einfach so Frugalistin geworden!

Drum gilt: wer arbeitet, tauscht nur Zeit gegen Geld! Zeit ist aber begrenzt!

Wer dagegen sein Geld arbeiten lässt, hat Zeit genug, dieses Einkommen immer weiter auszubauen!

Hallo Donald,

erstmal Willkommen am Forum - habe Deinen Vorstellungsthread schon überflogen.

Deine Aussage "sparen um jeden Preis" mit Verweis auf die verschiedenen Tabellen und Sheets teile ich so nicht ganz.

Sicher dreht sich hier vieles um mögliches Sparpotential, aber das soll lediglich als gemeinsamer Austausch dienen, um überflüssige Kostentreiber zu identifizieren und ggf. eliminieren zu können. Du und ich bezeichnen das als ordentliche Haushaltsführung, doch vermutlich liegt das an unserem älteren Jahrgang. 🙂

Frugalismus bedeutet für mich bewussten Konsum - kein absoluter Verzicht.

(Die Vegetarier / Veganer mögen mich jetzt nicht steinigen...) So habe ich mir an Silvester bspw. zwei schöne Steaks gegönnt und habe sie mir zubereitet. Da habe ich nicht auf den Preis geachtet und gespart, sondern wollte einen entsprechenden Gegenwert für mein Geld.

Sicher habe ich in den Jahren einen schönen sechsstelligen Betrag für "Blödsinn" verpulvert - im Nachhinein sind sicher viele der Ausgaben zu hinterfragen - doch dadurch wurde ich ja zu dem, der ich heute bin.

Es ist einfach ein Lehrgeld.

Frugalismus ist somit einfach eine Hinterfragung der bisherigen Klischees und Werbebotschaften - und dass es die Leute nun mit Mitte Zwanzig / Anfang Dreissig machen, ist einfach der Lauf der Zeit.

Ich bin jetzt kurz vor dem 5er und stelle mir ebenfalls diverse Fragen - doch das macht vermutlich jeder, dessen "Laufzeit" wohl den Mittelwert überstiegen hat.

Deine Aussage " Ich verstehe Frugalismus so: das Leben auf intelligente Weise so umstellen, dass nach und nach Ausgaben zu Investitionen werden, die das investierte Geld vermehren." möchte ich noch einmal aufgreifen, denn so ist sie in meinen Augen nicht richtig.

Ausgaben können nicht zu Investitionen werden. Denn Du musst nun einmal Geld für Essen / Kleidung ausgeben - somit kann es nie eine Investition werden (Ausnahme Du betrachtest Lebensmittel als Investition zur Erhaltung Deines Körpers/Lebens).

Investieren kannst Du also nur das Geld, was Du eben nicht ausgibst.

Ich habe bereits vor vielen Jahren das Buch "Der reichste Mann Babylons" gelesen (greife ich hier auf, da ich in einem jüngeren Post davon gelesen habe) und dort ist es sehr gut dargestellt.

Investiere von Deinem Einkommen den zehnten Teil. Mit den anderen neun Teilen des Einkommens sollst Du die Ausgaben decken.

 

Edit:

Und somit sind wir wieder bei den Sparmöglichkeiten oder ordentliche Haushaltsführung, wie Du es nennst.

Wobei eine "ordentliche Haushaltsführung" in meinen Augen lediglich das korrekte und akribische Erfassen der Zahlen sind - ohne eine Hinterfragung der jeweiligen Positionen. 😉

Zitat von Donald am 13. Januar 2022, 14:14 Uhr

Etwas verwundert lese ich die Ratschläge auf die Frage, wie man Frugalist wird. Da scheint sparen um jeden Preis die einzige Möglichkeit zu sein, und dazu werden Tabellen in allen möglichen Ausführungen angeboten sowie Haushaltsbücher ohne Ende.

Natürlich ist es immer hilfreich, über seine Kosten und Einnahmen sorgfältig Buch zu führen. So fallen leichter unnötige Ausgaben und überteuerte Geldfresser auf, die man leicht in günstigere Varianten umwandeln kann (Beispiel Strom, Gas, Versicherungen und besonders Handyverträge!).

Aber das ist doch kein Frugalismus!

Ich glaube ich auch nicht, dass das hier von allen als notwendiger Weg aufgefasst wird. Die einen machen es so, andere nicht. Ich habe zB nur einmal in meinem Leben die Ausgaben für Nahrungsmittel für 3 Monate erfasst (nachdem ich aufgehört hatte zu arbeiten). Das hat mir gereicht und empfand ich als extrem stressig. Kleinklein ist nicht meines. Ich sehe ja, was an Geld reinkommt und was rausgeht. Ist das Saldo deutlich positiv, dann ist alles ok. Ob ich nun das eingeplante Urlaubsgeld, dass ich im Moment ja für Urlaub nur erschwert ausgeben kann, für teure Schuhe ausgebe, ist doch erstmal egal. Ausgabenoptimierung ist bei mir ein dauerhafter Vorgang, da achte ich einfach immer darauf.

Frugalismus ist sicher nicht nur was für gut Verdienende in hohen Positionen, sondern auch für Geringverdiener. Es ist ein Spektrum mit allen möglichen Lebensentwürfen. Es geht halt vor allem darum, für sich so zu budgetieren, dass später günstigere Bedingungen möglich sind, Vorsorge, gerade auch für den Fall, dass Arbeiten nicht mehr möglich ist oder früher aufgegeben werden soll oder muss.

Liebe Grüße, Laura Maelle