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Frage und Einschätzung zu meinem ETF-Portfolio (mögliche Umschichtung)

Hallo zusammen,
mein Name ist Daniel, ich bin 27 Jahre alt und hätte eine Frage zu meinem ETF-Portfolio.

Kurz vorab zu meiner Geschichte: Ich konnte mir im Rahmen eines dualen Studiums und darauffolgenden Jahren Arbeit bis zu meinem 25. Lebensjahr ein kleines Sümmchen ansparen. Bis Ende 2017 habe ich mich allerdings nie wirklich mit meinen Finanzen beschäftigt, d.h. der Großteil meines Geldes lag einfach auf meinem Konto oder sinnlosen Riester-Verträgen (der, den ich hatte, war zumindest sinnlos) rum. Dann hat es auf einmal Klick gemacht und ich habe mich ein halbes Jahr ausgiebig mit passivem Investieren beschäftigt und dazu ein paar Bücher gelesen. Am meisten überzeugt hat mich zum damaligen Zeitpunkt Gerd Kommer und hier insbesondere "Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs" aus dem Jahr 2015. Dementsprechend habe ich mein Portfolio nach dem damaligen Weltportfolio von Gerd Kommer (überwiegend Value und Small Cap ETFs) aufgebaut. Ich habe die "vereinfachte" Form genommen und Immobilien und Rohstoffe weggelassen. Meinen risikolosen Anteil habe ich auch nicht in Anleihen gesteckt, sondern einfach auf dem Tagesgeldkonto gelassen.
So habe ich im April 2018 etwa 75 % meines damalig angesparten Vermögens (etwa 40.000 EUR) im Rahmen einer Einmalanlage in die ETF-Anteile des Weltportfolios investiert. (Ich weiß, hört sich extrem an, aber ich war damals ein bisschen zu sehr von Statistik und Werten aus der Vergangenheit überzeugt, z.B., dass in der Vergangenheit statistisch gesehen eine Einmalanlage mehr Rendite gebracht hat als das Geld in mehreren Schritten über einen längeren Zeitraum zu investieren. Heute würde ich es auch anders machen.)
Jedenfalls bestand mein Portfolio zu Beginn dann aus folgenden ETFs:

  • iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF (Acc): WKN A111X9  / etwa 30 %
  • iShares Edge MSCI USA Value Factor UCITS ETF, WKN A2AP35                    / etwa 14 %
  • Xtrackers Russell 2000 UCITS ETF 1C (USA Small CAP), WKN A1XEJT       / etwa 14 %
  • iShares Edge MSCI Europe Value Factor UCITS ETF, WKN A12DPP              / etwa 15,6 %
  • SPDR MSCI Europe Small Cap UCITS ETF, WKN A1191W                                / etwa 15,6 %
  • iShares MSCI AC Far East ex-Japan Small Cap UCITS ETF, WKN A0Q1YZ  / etwa 5,4 %
  • iShares Core MSCI Pacific ex Japan UCITS ETF (Acc), WKN A0YEDR          / etwa 5,4 %

Nach etwa einem halben kam die Erkenntnis, dass ich damit doch nicht so zufrieden war, da mir das Ganze u.a. zu kompliziert zum Nachkaufen war, um die Struktur beizubehalten. Ein weiterer Grund war bzw. ist, dass das Portfolio ggü. einem Standard 70/30 World/EM - Portfolio ziemlich schlecht performt hat/performt (u.a. weil Value-Aktien in den letzten 2 1/2 Jahren ziemlich unter die Räder gekommen sind ggü. dem Gesamtmarkt). Die grundsätzliche Aufteilung nach Regionen gefällt mir immer noch, aber von den Faktorstrategien bin ich nicht mehr wirklich überzeugt.
Jedenfalls habe ich seitdem - um mir das Ganze einfacher zu machen - nur noch den MSCI World und MSCI EM (iShares Core MSCI World UCITS ETF USD (Acc), WKN A0RPWH und iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF (Acc): WKN A111X9 (der gleiche wie oben)) im Verhältnis von 70/30 nachgekauft. Zusätzlich habe ich noch einen Robotik/Automation-ETF (iShares Automation & Robotics UCITS ETF, WKN A2ANH0) im Wert von knapp 5.000 EUR gekauft. --> Dieser läuft für mich aber nebenher. Einfach eine kleine "Sektor"-Wette, da ich denke, dass dieser renditetechnisch in ein paar Jahrzehnten besser performt als der Gesamtmarkt. (Bisher läuft der am besten mit knapp 40 % im Plus)

Mein Portfolio hat mittlerweile einen Wert von knapp 65.500 EUR mit folgenden Anteilen:

  • iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF (Acc): WKN A111X9
  • iShares Core MSCI World UCITS ETF USD (Acc), WKN A0RPWH
  • iShares Edge MSCI USA Value Factor UCITS ETF, WKN A2AP35
  • Xtrackers Russell 2000 UCITS ETF 1C (USA Small CAP), WKN A1XEJT
  • iShares Edge MSCI Europe Value Factor UCITS ETF, WKN A12DPP
  • SPDR MSCI Europe Small Cap UCITS ETF, WKN A1191W
  • iShares MSCI AC Far East ex-Japan Small Cap UCITS ETF, WKN A0Q1YZ
  • iShares Core MSCI Pacific ex Japan UCITS ETF (Acc), WKN A0YEDR
  • iShares Automation & Robotics UCITS ETF, WKN A2ANH0

 

Am liebsten würde ich das komplette Portfolio verschlanken und nur noch:

  • iShares Core MSCI Emerging Markets IMI UCITS ETF (Acc): WKN A111X9
  • iShares Core MSCI World UCITS ETF USD (Acc), WKN A0RPWH
  • iShares Automation & Robotics UCITS ETF, WKN A2ANH0

behalten/bepsparen. Den Rest würd ich verkaufen und davon lediglich World und EM zu 70/30 nachkaufen. Glaube, dass ich mich damit langfristig allein schon wegen der Übersichtlichkeit und Handhabung besser fühle und auch besser fahren werde. Nun weiß ich, dass man von der Vergangenheit nicht auf die Zukunft schließen kann und niemand weiß, wie Value- und Smallcapaktien in der Zukunft performen werden und ich nicht unnötig verkaufen und kaufen will (hin und her macht Taschen leer). Dennoch gefällt mir die Struktur so nicht bzw. ist diese auch gar nicht mehr wirklich vorhanden.
Nun wollte ich hier mal nach Rat fragen, was ihr an meiner Stelle machen würdet. Einfach liegen lassen und World/EM zu 70/30 nachkaufen oder einzelne ETFs verkaufen und dann umschichten? Ich bin gerne auch für andere Ratschläge offen. Vielen Dank schon mal und sorry für die ausschweifende Ausführung 😉 !

Hallo @d4972,

du gehst sehr systematisch und reflektiert an das Thema, das ist schonmal super! Die Entscheidung Faktoren oder nicht hat nur noch geringen Einfluss auf deine Rendite, jedenfalls verglichen mit dem Schritt von Konto aufs ETF-Depot. Das klingt trivial, aber sich das klar machen nimmt dir vielleicht die Sorge vor einer "falschen" Entscheidung.

Meine Meinung dazu: Bau dein Depot so, dass du danach von allen Bestandteilen überzeugt bist und es operativ möglichst einfach ist. Wenn die Faktor-ETFs dich nicht mehr überzeugen, dann raus damit, auch wenn das ein bisschen was kostet. Dein Depot muss sich für dich richtig anfühlen, damit du in schlechten Phasen oder gar Crashs nicht die Nerven verlierst und zur Unzeit verkaufst. Das ist mehr Psychologie als Mathematik, für die reale Rendite am Ende aber meiner Meinung nach entscheidender als die theoretisch perfekte Aufteilung, die es ja doch nicht gibt.

Wenn du dann in ein paar Jahren merkst, dass die Faktoren dein 70/30 schlagen, dann mach dir auch ruhig klar, dass die Entscheidung deshalb im Nachhinein nicht falsch war, sondern auf Basis des vorhandenen Wissen vernünftig. Und dass die Faktoren langfristig dauerhaft existieren, ist dann immer noch nicht bewiesen.

 

Im Zweifel ist Einfachheit immer Trumpf. Wie du selber sagst: Rebalancingkosten etc. fressen das mögliche Plus an Rendite oft auf. Und ob du mit so vieleen ETFs überperformst ist sowieso fraglich, wie du ja schon selber erkannt hast.

Hier noch eine schöne ausführliche Betrachtung:

https://www.finanzwesir.com/blog/etf-index-rendite-vergleich

Ja, das geht mir mit dem Hin- und Her Überlegen auch so, dass man da (wieder neu angefangen) ziemlich viel an den Prozentwerten herum optimiert. Lieber noch was von da, oder doch lieber mehr von dem?

Mein Grund ist, dass ich mich mit dem MSCI world NICHT ausreichend diversifiziert fühle, das ist zu 2/3 die USA mit einem starken Gewicht auf den Tec Aktien. Ich hab den DotCom Crash mitgemacht und Fonds gehabt und gehalten, die sich davon nie mehr erholt haben, das war für mich ein ganz anderes Kaliber als der kurze Abschwung wegen Covid-19. Ich sag nicht, dass es wieder so kommt, aber ich möchte eben global diversifiziert investiert sein und nicht ein Portfolio besitzen, bei dem Apple mehr Gewicht hat als alle deutschen Unternehmen zusammen.

Mit 30% EM holt man sich China stark ins Portfolio, obwohl der Aktienmarkt dort eher speziell ist und man wettet massiv gegen Europa. Im 70-30 Portfolio hat nicht nur Apple mehr Gewicht als ganz Deutschland, sondern Alibaba auch. Ich will das so nicht haben.

Mein heutiger Minimalansatz ist 50% world, 25% Europa, 25% EM. Die Prozentwerte kann man natürlich rumschieben nach BIP oder sonst was aber 1/2 und 1/4 und 1/4 lässt sich einfach rechnen.

Vom Herumspielen gefällt mir 40% world, 20% Europa, 20% EM und 20% world SC noch besser (im world SM steckt mit 20% recht viel Japan) und auch das kann ich mit 2/5 und 3x 1/5 noch ganz gut abbilden. Auch 1/2 + 3 x 1/6 kann interessant sein, weil s quasi 2 stufig rebalancen kann. Zum einen Welt und Rest 1/2 zu 1/2 und zum zweiten den Rest dann hin und wieder mal 1/3 zu 1/3 zu 1/3.

Bei 100% MSCI world ist 2/3 nur ein Land (USA)
Bei 70% W + 30% EM ist 2/3 nur zwei Länder (USA+CN)
Bei 40% W + 20% EM + 20% Europa + 20% world small cap besteht 2/3 der Fonds bereits aus 6 Ländern und 75% bereits aus 9 Ländern. Man hat im Grunde alles drin außer den 1% FM und trotzdem ist keine Position im Depot unter 20%.

Ich selbst verfolge im Gegensatz zu Dir aber nicht die Strategie, den Markt schlagen zu wollen, sondern mir geht es nur darum, tatsächlich "die Welt" zu kaufen und nicht nur USA und ein bissl Beiwerk. Ob das klug ist weiß ich nicht, ist nur mein persönliches Wohlfühlen und wenn das jetzt mal 5 Jahre oder 10 Jahre 1-2% schlechter läuft als was anderes, dann ist es halt so. Man findet im Nachhinein(!) immer was besseres.

Dein Ansatz scheint zu sein, durch kluge Auswahl der künftigen Gewinner eine höhere Rendite als ein Portfolio XYZ erzielen zu wollen.

Das ist in meinen Augen aber aktives investieren mit ETF und ist psychologisch vermutlich dasselbe.

Was ist Dein Maßstab? Heute 70/30. Was wird Dein künftiger Maßstab mit Deinem geplanten Portfolio? Es wird durch Deine Mischung zwangsweise wieder besser oder schlechter laufen als 70/30 und wenn es besser läuft wirst Du Dich fragen, ob Du nicht noch mehr Robotik beifügen solltest, wenn es schlechter läuft wirst Du Dich fragen, was Du als nächstes umschichtest und neu kaufst.

Kurz und gut, tatsächlich wirst Du zum aktiven Investor.

Ich habe keinen Rat. Man kann niemandem einen sinnvollen Rat geben, der mehr als den Durchschnitt möchte.

Ich würde an Deiner Stelle aber überlegen, ob Dir die vorhandenen Positionen denn sonderlich weh tun, wenn sie jetzt weiter im Depot rumliegen. Wenn nicht lasse sie dort. Ein Verkauf und Neukauf macht nur dann Sinn, wenn Du davon überzeugt bist, so die Rendite steigern zu können und zwar über die Transaktionskosten hinaus.
Bist Du das?

Warum sollte Deine neue Auswahl in Zukunft besser laufen als Deine alte? Ich kann keinen Grund nennen.

MfG