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Einsteiger Kaffeesatz-Problem

Liebe Frugalisten

ich lese schon eine Weile mit, aber nun brauche ich auch mal einen Rat.
Zu meiner Situation: Ich bin 28 und im Gesundheitswesen tätig. Als Berufsanfänger sind meine Ersparnisse nicht nennenswert, aber dank neuer Jobsituation kann ich nun 800€ monatlich beiseite legen, die ich in Vanguard FTSE Developed und EM (70/30, thesaurierend) anlege. Anleihen sollen irgendwann folgen. In der Sache bin ich mir dank 1 Jahr Lektüre von FIRE-Blogs und der Kommer-Bibel sicher.

Unsicher bin ich hingegen mit folgendem: In den nächsten Wochen erhalte ich rund 10000€ aus der Verwandtschaft. Einen Großteil davon möchte ich gleichermaßen anlegen. Leider habe ich den schönen Kursrückgang verpasst und übe mich nun im Kaffeesatzlesen bezüglich eines möglichen weiteren Einbruchs in den folgenden Wochen oder Monaten.

Ich sehe im Moment drei Optionen für mein Vorgehen

1. den leichten Kursrückgang noch mitnehmen und ggf. riskieren dass ich mich schwarz ärgere
2. Die Summe über Sparpläne in den kommenden Monaten investieren
3. Cash halten und warten

Mir ist klar, dass Market-Timing Unsinn ist. Dennoch bin ich in meiner Investment-Entscheidung verunsichert und hoffe auf ein paar Anregungen aus der Community. Danke vorab!

Zwei, wenn Du kein Zocker bist. (Bist Du nicht. Wenn Du Zocker wärst, würdest Du die Frage gar nicht stellen.)

  1.  Wenn du glaubst das der Lockdown weltweit bald aufgehoben wird und dann die Wirtschaft schnell anläuft.
  2. Wenn du glaubst das der Markt weiter schwankt sich aber über die Zeit erholt.
  3. Wenn du glaubst wir bekommen eine Depression über mehrere Jahre.

Es ist einfach eine Glaubensfrage. Ich bin momentan auch eher bei 2 mit einer gewissen Cashquote. Man könnte sagen eine 2-.

Du bist ja noch jung und hast bis zur offiziellen Rente mit dann 78 noch 50 Jahre vor dir. Ausserdem sind 10.000 für dich keine Unsummen, das sparst du ja auch jedes Jahr mit deinen 800 pro Monat.

Deshalb 1.

1. Eiskalt. Nicht ärgern und nicht freuen. Emotionslos langfristig weltweit investieren.

3 Tage Woche. Teilzeitarbeit.

Für mich ganz klar Nummer 2. Ich würde das Investment zeitlich strecken, über stark erhöhte Sparpläne. z.B. über 4 Monate jeweils 2500€ oder über 5 Monate jeweils 2000€ zusätzlich mit  den Sparplänen investieren.

Nachteile:Im Mittel über alle Anleger und alle Zeiträume gesehen, schmälert das deine Rendite etwas (da es insgesamt nicht so lange im angelegt ist)

Vorteile:

  • Durch die zeitliche Streckung minderst du das Klumpenrisiko eines sehr ungünstigen Einstiegszeitpunkts (und das ist ja eine von dir genannte Sorge). Deine Geldanlage ist ja nur eine Realisierung der Verteilung über alle Anleger und da kannst du dramatisch vom Erwartungswert (in beide Richtungen) entfernt sein.
  • Im schlimmsten (oder im besten?) Fall lernst Du langsam kennen, wie du mit fällenden Märkten klarkommst und insbesondere ob deine eigene Risikoeinschätzung stimmt und kannst deine Einteilung von risikolosem und riskobehafteten Anlagen überdenken.

Damit könnte ich am besten schlafen.

@aboutf

Bei dem Betrag alles rein, und das ist der Grund: Sie sind jung und werden noch 30 Jahre investieren müssen/wollen/dürfen. Schwankungen jetzt beim Einstieg von 10 oder 20 Prozent sind langfristig nahezu irrelevant. Das liegt daran, dass in 30 Jahren der Index oder die Aktien der Wahl sehr wahrscheinlich weit über dem heutigen Niveau stehen werden. Ich sage mal S+P bei 20.000 Punkten, heute bei ca. 3.000. Wenn Sie jetzt bei 3.000 einsteigen oder eben bei 2.600 mag Sie kurzfristig freuen, ist aber über den genannten Zeitraum egal und macht letztendlich nur wenig Unterschied in der 30-Jahres Performance.

Das größte Risiko ist nicht investiert zu sein. Machen Sie das einfach gemäß Ihrem Fall 1 oder 2 und sie haben es hinter sich 🙂

(1)  In "normalen" Zeiten mit niedriger Volatilität

Die Volatilität hat zwar seit mitte März deutlich abgenommen (siehe z.B. VIX oder VDAX), ist aber noch sehr hoch. Also (2) oder warten bis Ruhe einkehrt und dann (3).

Wow, vielen Dank für eure direkten Rückmeldungen!

Cash halten ist demnach raus, so war auch meine Tendenz bisher. Wie @lex und @stoliver geschrieben haben, ist es eine Glaubens- und psychologische Frage. An den Riesencrash glaube ich zwar nicht, aber eine Rezession scheint mir möglich. Und meine Risikotoleranz kann ich noch nicht beurteilen. Bei knapp 1000€ Investment waren die 30% Kursrückgang im März eher amüsant. Vielleicht investiere ich einen Teil sofort und den Rest über Sparpläne, oder ich ziehe meine Pläne für einen Staatsanleihen-ETF ebenfalls etwas vor um die Volatilität abzumildern.

Ich werde mir die Tage noch einmal Gedanken machen, die Argumente hier für mich abwägen. Dann schreibe ich euch auch nochmal meine Entscheidung.

Hier ein Nachtrag zu meiner Entscheidung:

ich scheine eher Risiko-avers zu sein, will aber vor allem endlich in den Markt einsteigen. Ich werde direkt 1/3 in die Welt-Aktien investieren, 1/3 in einen Staatsanleihen ETF. Das letzte Drittel wollte ich eigentlich über Sparpläne investieren, werde es aber zunächst Cash halten, da mein Puffer hier einfach zu knapp angesetzt war.