Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Ein Mittdreißiger stellt sich vor

Hallo Zusammen,

zunächst einmal muss ich Euch ein Kompliment machen zu den Beiträgen in diesem Forum. Für mich ist es wirklich erfrischend eine so hohe Quote sinnvoller Meinungsäußerungen zu den unterschiedlichsten Themen unter einem Dach zu finden. Da Oliver, wie die meisten Frugalisten, meiner Einschätzung nach nicht der Typ ausschweifenden Geschwafels ist, möchte ich der Forenkategorie genüge tun und mich vorstellen.

Meine Frau (30) und ich (35) haben vor kurzem Nachwuchs bekommen. Davor lag unser monatlicher Verdienst bei ca. 6100 Euro, jetzt sind es noch etwa 5500 Euro inkl. Kindergeld. Dazu kommen noch kleinere Boni, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, so dass unsere Sparsumme inkl. Kreditabzahlung dieses Jahr bei 50k liegen dürfte. Wie wir nach der Elternzeit mit der Arbeitsaufteilung weiter machen, wissen wir noch nicht genau. Jedenfalls haben wir vor weiterhin relativ viele Stunden zu leisten, die Arbeit macht uns beiden Spaß.

  1. 75k Barvermögen
  2. 20k ETFs (MSCI World 70 : 30 Emerging Markets)
  3. ??k Betriebliche Altersvorsorge

Da wir beide recht sparsam leben, sind unsere fixen Ausgaben „nur“ etwa 2500 Euro:

  1. 975 Euro Kredit ETW (100k offen, Wert ca. 330k)
  2. 300 Euro Wohnnebenkosten (inkl. Strom, GEZ)
  3. 60 Euro Internet, Mobilfunk
  4. 100 Euro Versicherungen
  5. 350 Euro Auto
  6. 400 Euro Essen inkl. Bar- und Hüttenbesuche
  7. 300 Sonstiges (Klamotten, Möbel, Spenden, )

Dabei ist es uns wichtig bei geringen Fixkosten möglichst flexibel zu bleiben und, wenn möglich, auf unnötige Verträge zu verzichten. Der Vorteil unserer teuren, ländlichen Wohngegend im Süden ist die Möglichkeit unser gemeinsames Hobby Wandern auszuüben und einige Lebensmittel in sehr guter Qualität in den umliegenden Orten kaufen zu können. Außerdem haben wir einen Garten in dem alles angebaut wird, was in unseren Breitengraden wächst. Zur Beschaffung von Lebensmitteln fahren wir so oft wie möglich mit dem Fahrrad, sofern es nicht regnet.

Meine Frau ist schon sehr lange äußerst sparsam unterwegs und hat damit einen größeren Teil unseres Vermögens eingebracht. Ich habe schon mit 21 meine Fixkosten optimiert, aber erst mit 30 Jahren eine respektable Sparquote erwirtschaftet.

Im Moment wissen wir nicht so genau wie wir weiter machen sollen. FIRE ist für uns in der aktuellen Situation noch kein Thema, kann aber später noch kommen. Folgende Optionen haben wir bereits einmal diskutiert:

  1. Option: ETFs mit ca. 2500 Euro im Monat besparen
  2. Nach einem Einfamilienhaus mit großem Garten (700 – 800k) umsehen (wir haben es beide gern groß)
  3. Eine kleinere ETW zur Vermietung (200-250k) kaufen, sofern sich eine gute Gelegenheit ergibt und möglichst schnell abbezahlen.
  4. ETW und ETFs

Ich bin ja für die erste Option i, vor allem weil wir ein kleineres Immobilienerbe erwarten können/müssen, welches wir aber nicht selbst nutzen könnten. Allerdings ist meine Frau von ihren Eltern geprägt und sieht alle Aktienanlagen als Risikoreich an. Es war schon eine größere Aufgabe sie von ETF Sparplänen zu überzeugen. Sie wird in jedem Fall für Option ii, die leider den geringsten langfristigen Wert bietet, stimmen. Eine selbstgenutzte Immobilie ist leider ein teurer Luxus. Am Ende könnte es ein Kompromiss werden. Habt ihr Ideen oder Anmerkungen?

Ich freue mich jedenfalls auf weiterhin viele spannende Themen in diesem Forum.

Liebe Grüße

tackti

Hallo Tackti,

bei den Optionen müsst ihr die Entscheidung selber treffen. Das sind persönliche Vorlieben. Finanziell ist Option ii natürlich die schlechteste.

Ein Hinweis zum Thema Kinder und weiterhin viele Stunde arbeiten. Ich weiss ja nicht, wie du das genau meinst. Aber wenn ihr mit Kind beide Vollzeit (mehr als 35 Stunden / Woche) in einem herausfordernden Beruf arbeiten wollt, dann müsst ihr davon ausgehen, dass einer von euch dreien auf der Strecke bleibt. Im Zweifelsfall das Kind. So ein Kind braucht viel gemeinsame Zeit, auch mit 5 Jahren, 8 Jahren oder 12 Jahren. Behaltet das bei eurer Planung im Hinterkopf.

Vg, Privatier

Hallo tackti,

wenn euer Hobby sowieso das Wandern ist, wieso wollt ihr denn dann ein grosses Haus kaufen?
Dann seid ihr entweder nicht zu Hause, weil ihr arbeiten müsst um die 700-800k Bude abzubezahlen, oder ihr seid nicht zu Hause, weil ihr Wandern seid.

Oder ihr gebt das Hobby auf.

Ergibt für mich keinen Sinn.

Sind bei euch denn noch weitere Kinder geplant? Wann geht deine Frau wieder arbeiten? Wenn noch weitere Kinder kommen und deine Frau eben nicht wieder arbeiten geht, kannst du, mit deinem Einkommen alleine eine Hypothek für ein 800k Haus "auf dem Land" bezahlen?

Wo kosten denn Häuser auf dem Land 800k? Ist das ein Schloss?

Fragen über Fragen.

Für mich ergibt sich der Eindruck, dass ihr weniger gut finanziell darsteht, als du wahrscheinlich denkst. Eure Zeit als DINKs ist nun vorbei und ihr habt etwa 330k Vermögen, nach deinen Angaben, wobei der Grossteil in der Eigentumswohnung gebunden ist.
Nicht schlecht, aber auch nicht überragend. Zumal du schon 35 ist. Gehen wir der Einfachheit halber von einem Anteil von 50% deinerseits an dem Vermögen aus hast du also 165k mit 35, also nur knapp über den "magischen" 100k im Alter von  30, die man haben sollte um Alterarmut zu verhindern. Bei dieser Rechnung ist aber nicht berücksichtigt, dass man sich dann ein Schloss kauft.

Es grüsst das Sparschwein.

 

 

Hallo Tacki und willkommen hier,

dein Lebensverlauf ist der typische deutscher Mittelschicht oder eher gehobenen Mittelschicht. Eure Einkommen sind gut und ihr seid noch in einem Alter in dem ihr die Weichen stellen könnt wo es künftig hin geht.

Bei mir lief es ganz ähnlich und mit Mitte 30 hatte ich mich seinerzeit vor gut 15 Jahren auch für das freistehende Einfamilienhaus entschieden. Hatte gerade mal nachgedacht wie hoch damals mein Net Worth war. Auch ich lebte zu der Zeit in einer ETW die bezahlt war. Der Erlös, eine kleine Schenkung und Ersparnisse liefen in den Hausbau. Neben dem gebundenen EK im Haus hatte ich noch eine kleine vermietete ETW und ein Depot mit ca. 50t€. Net Worth gesamt damals ca. 600.000€ (ohne AV Ansprüche). Inflationsbereinigt wären das heute rund 1 Mio. und damit Faktor 3 zu dir/euch. Mein Einkommen alleine lag vor 15 Jahren in der Region eures heutigen Haushaltseinkommens.

In den folgenden Jahren haben wir große Sondertilgungen geleistet und das Haus in 8 Jahren komplett getilgt. Eine 2. ETW vollfinanziert gekauft und das Depot parallel bespart. Dann kam mit 2 Kindern die Trennung/Scheidung und ich musste im Zugewinn- und Versorgungsausgleich einiges abgeben. Der Ausgleich lief einseitig von mir zu meiner Ex Frau. Das Haus hat rückblickend viel Energie gebunden. Nach der Trennung habe ich die Immobilien übernommen und mein Depot hat sich fast völlig aufgelöst. Der Klärungsprozess und die Anhaftung des Hauses ist immer noch am laufen und ich habe es derzeit für 3.400€ vermietet um für mich herauszufinden ob es mir auch künftig eine Lebensqualität bringt die es mir wert ist. Hätte ich es verkauft, wäre ich heute schon FIRE inkl. einem möglichen Abfindungspaket welches ich habe ziehen lassen. Für mich war es so eine bewusste Entscheidung und ich hadere nun auch nicht mehr was gewesen wäre wenn..

Bin jetzt ende 40 und in 4-5 Jahren geht FIRE auch mit Haus und trotz Scheidung. Hätte aber alles auch einfacher und weniger energiefressend gestalten können!

Das sind alles Szenarien die ich euch nicht wünsche, ihr aber nicht völlig ausschließen könnt. Solltet ihr euch für das Haus entscheiden, entscheidet ihr euch für Konsum. Eine Wohnung von 300 - 400T€ wäre angemessen meinetwegen auch als selbstgenutztes Eigentum, der Rest ist schlicht und einfach Konsum!

 

Zitat von tackti am 19. Oktober 2020, 21:28 Uhr

... Folgende Optionen haben wir bereits einmal diskutiert:

  1. ...
  2. Nach einem Einfamilienhaus mit großem Garten (700 – 800k) umsehen (wir haben es beide gern groß)
  3. ...

ii. heißt in der Praxis wohl 25 bis 30 Jahre Zinsknechtschaft bis Ihr die Hütte abbezahlt habt

wenn Ihr Euch dafür entscheidet, dann kannst Du Dich hier gleich wieder abmelden, da dies weder ein "frugales" Wohnen ist noch ein vorgezogener Ruhestand vor Deinem 60. in Sicht ist  😉

PS:
wer vor 15 oder 20 Jahren Option ii. gewählt hat, der hatte Glück gehabt, da die Zinsen seitdem permanent gefallen sind und dies die Immobilienpreis in den Zenit getrieben hat
(sprich: er kann das EFH jetzt zum 2- oder 3-fachen Kaufpreis versilbern)
ich kann mir aber kaum weitere 15 Jahre mit fallendem Zinsniveau vorstellen - diese Chance habt Ihr nicht mehr!

Zitat von exit-tbd am 20. Oktober 2020, 11:09 Uhr
Zitat von tackti am 19. Oktober 2020, 21:28 Uhr

... Folgende Optionen haben wir bereits einmal diskutiert:

  1. ...
  2. Nach einem Einfamilienhaus mit großem Garten (700 – 800k) umsehen (wir haben es beide gern groß)
  3. ...

ii. heißt in der Praxis wohl 25 bis 30 Jahre Zinsknechtschaft bis Ihr die Hütte abbezahlt habt

wenn Ihr Euch dafür entscheidet, dann kannst Du Dich hier gleich wieder abmelden, da dies weder ein "frugales" Wohnen ist noch ein vorgezogener Ruhestand vor Deinem 60. in Sicht ist  😉

PS:
wer vor 15 oder 20 Jahren Option ii. gewählt hat, der hatte Glück gehabt, da die Zinsen seitdem permanent gefallen sind und dies die Immobilienpreis in den Zenit getrieben hat
(sprich: er kann das EFH jetzt zum 2- oder 3-fachen Kaufpreis versilbern)
ich kann mir aber kaum weitere 15 Jahre mit fallendem Zinsniveau vorstellen - diese Chance habt Ihr nicht mehr!

Genau, und da sich die Zinsen nicht weiter senken lassen werden die Immobilienpreise auch nicht erneut im gleichen Ausmass nach oben tendieren.

Ausserdem sind die Situationen "ich wohne in einem Haus und es ist mir bewusst, dass es nun 3x mehr wert ist als der Kaufpreis den ich dafür bezahlt habe" und "ich verkaufe meine Haus, da ich damit viel Geld einnehmen kann" zwei Paar Schuhe. Gerade wenn da die Kinder aufgewachsen sind und man sich gut mit den Nachbarn versteht etc.

Es gibt nicht umsonst reichlich Senioren die alleine, oder maximal zu zweit, in riesigen Häusern leben.

 

Die Hälfte der alleinstehenden Ruheständler mit Wohneigentum wohnt auf 100 Quadratmetern.

https://www.wiwo.de/finanzen/immobilien/umfrage-zum-wohnen-im-alter-die-stille-wohnraum-reserve-der-senioren/25894146.html

 

 

 

Vielen Dank für die Rückmeldungen und die Willkommensgrüße. Nun bin ich davon überzeugt erstmal genauer den aktuellen Stand zu ermitteln (z.B. betriebliche Altersvorsorge) und ein Zeit lang ein Haushaltsbuch zu führen. Mit den Zahlen können meine Frau und ich nochmal über die Situation beraten.

Zu Anmerkungen von Privater:

aktuell ist meine Frau  ein Jahr Zuhause mit der Kleinen und wir können schwer abschätzen wie viel Arbeitszeit wir, nach meiner Elternzeit, gemeinsam leisten können. Daher habe ich keine genauen Angaben gemacht. Vermutlich werden wir zwischen 140 und 180% landen. Da es unser erstes Kind ist, beruhen die Annahmen auf den Erfahrungen von Kollegen und Freunden. Aufgrund der gleichmäßigen Einkommensverteilung sind wir recht flexibel und planen die Bedürfnisse der Kleinen ganz genau zu beobachten.

Als Antwort auf Sparschweins Exkurs:

Wandern hat für uns jetzt nicht direkt etwas mit der Größe des Hauses zu tun, da wir nur 3-6 mal im Monat längere Strecken unterwegs sind und von der restlichen Zeit einiges Zuhause verbringen. Außerdem planen wir kein riesiges Haus, der limitierende Faktor ist der Preis des Grundstücks. Wenn man das Glück hat eines zu bekommen, dann kostet es halt 500-600 Euro pro qm in guter Lage. 140-150 qm mit Keller und 500.600 qm Grund wäre so unsere Idealvorstellung. Aber ich gebe Euch natürlich allen recht, Wohneigentum in der Form ist Luxus und hat mit Frugalismus wenig zu tun. Unsere finanziellen Verhältnisse würde ich jetzt nicht als gut oder schlecht Einstufen wollen, es ist die aktuelle Situation mit der wir umgehen müssen.

An Muslime_Frugi:

Unsere Situation ist mir durchaus bewusst, das ist ja unser Dilemma. Wenn wir in einer eindeutigen Situation wären und noch ordentlich Geld auf der hohen Kante hätten, würden wir jetzt nicht an diesem Wendepunkt stehen und einfach alles Angehen. Weichen für die Zukunft stellen versuchen wir beide indem wir die Einnahmeseite versuchen zu erhöhen. Bei mir steht Ende diesen Jahres auch eine Beförderung an und ich kann mich mit Sicherheit über 10-20% mehr Einkommen freuen.

Bezüglich des Einwands von exit-tbd:

Auch deine Gedanken sind richtig. Vermutlich werden wir uns etwas Zeit kaufen und den ETW Kredit vollständig tilgen. Unter Betrachtung der geänderten Situation und mehr Erfahrung im Elternsein können wir dann in 2-3 Jahren weiter sehen, vielleicht kommt bis dahin auch noch ein Kind dazu. Die Nachbarschaft ist hier in der Eigentümergemeinschaft eigentlich auch sehr familienfreundlich.

Eine Frage habe ich aber noch:

Wie würdet ihr einen größeren Betrag (50-100k) in Fonds investieren? In Raten von 5-10k oder alles auf einmal?

Viele Grüße

Christian

Zitat von tackti am 20. Oktober 2020, 19:30 Uhr

 

Eine Frage habe ich aber noch:

Wie würdet ihr einen größeren Betrag (50-100k) in Fonds investieren? In Raten von 5-10k oder alles auf einmal?

Hallo Christian, ich halte es bei deiner Frage mit dem Finanzwesir: https://www.finanzwesir.com/blog/markttiming-zeitlich-diversifizieren