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Der MSCI World - Eine gute Investition?

Ich lese ja immer wieder, dass es besonders wichtig sei Investments zu diversifizieren. Aktien solle man doch so breit wie möglich streuen um das Risiko einzelner Unternehmen, Branchen oder Länder zu minimieren. Was bietet sich da mehr an, als gleich in die größten Unternehmen weltweit zu investieren und dafür scheint der MSCI World wie geschaffen zu sein. Über 1600 Unternehmen aus 23 Ländern sind darin vertreten. Da ist man ja bestens aufgestellt, und stets wird empfohlen, sich einen ETF für den MSCI World ins Depot zu legen. Doch hat sich hier eigentlich schonmal jemand Gedanken gemacht in welche Unternehmen er da genau investiert? Der MSCI World enthält unter anderem auch die weltweit größten Rüstungsunternehmen:

BAE SYSTEMS
RAYTHEON
NORTHROP GRUMMAN
LOCKHEED MARTIN CORP
BOEING CO
GENERAL DYNAMICS CORP
UNITED TECHNOLOGIES CORP
BABCOCK INTL GROUP
L3 TECHNOLOGIES
LEONARDO
THALES
AIRBUS GROUP

weitere kleinere Produzenten oder teilweise in Rüstungsgüter
involvierte Unternhemen (nicht abschließend):

THYSSEN KRUPP
ROLLS-ROYCE GROUP
ROCKWELL COLLINS
HONEYWELL INTERNATIONAL
MTU AERO ENGINES
SAFRAN
DASSAULT AVIATION
...

Dass die Waffen und Rüstungsgüter nicht nur an lupenreine Demokratien verkauft werden, sondern auch in korrupten Diktaturen wie Saudi-Arabien und in diversen Afrikanischen Staaten landen, dürfte ja mittlerweile bekannt sein. Aber darüber hinaus gehen auch die westlichen Demokratien nicht unbedingt verantwortungsvoll mit ihren Waffen um. Wir denken hier nur mal an den 2. Irak-Krieg, den die USA völkerrechtswidrig vom Zaun gebrochen haben oder den Drohnen-Krieg in Afghanistan, der hunderte ziviler Opfer gefordert hat (darunter zahlreiche Frauen und Kinder).

Nun sei es zunächst einmal eine rein moralische Frage, die sich jeder selbst beantworten muss, ob er am Tod und Leid unschuldiger Menschen sein Geld verdienen möchte. Es gibt aber auch noch eine rein wirtschaftliche bzw. gesellschaftliche Kehrseite der Medaille. Wer in Rüstungsgüter investiert, mag kurzfristig gut daran verdienen, aber Waffen sorgen nicht für mehr Sicherheit, sondern sie destabilisieren die Welt. Das wiederum bekommen wir am Ende auch in unserer "Festung Europa" zu spüren, wenn Konfliktherde und die Ausrüstung korrupter Regime für unkontrollierbare Migrationsströme sorgt. Oder wenn in destabilisierte Länder und Regionen nicht investiert und keine stabile Wirtschaft aufgebaut werden kann. Was nützen da die kurzfristigen Gewinne? Welthandel, Wohlstand und Wirtschaftswachstum können nur in einer friedlichen Welt gedeihen. Von daher muss man wachsenden Umsatz mit Rüstungsgütern - auch aus logischer Sicht - als Risikofaktor betrachten, der am Ende durch wachsende Krisenherde Investitionen verhindert. Und hier sprechen wir eben nicht nur von menschlichem Leben, sondern auch von der Vernichtung von Vermögenswerten und Potenzialen. Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, werden nicht mehr dort arbeiten, was wiederum Wirtschaftswachstum und politische Stabilität in diesen Regionen zunichte macht, denn es sind oftmals die gut ausgebildeten, die weg gehen.

Hinzu kommt, dass durch die damit verbundenen Migrationsbewegungen in gleichem Atemzug radikale Parteien und Organisationen in Europa immer mehr Zulauf und Macht bekommen. Diese arbeiten gerade sehr erfolgreich daran unser europäisches Staatsgefüge zu zerstören, deren Zusammenarbeit zu verhindern oder auch sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen zu torpedieren. Wollen wir das? Wir müssen die Zusammenhänge erkennen um uns nicht Probleme ins Haus zu holen, die wir am Ende nicht mehr beherrschen.

Aber darüber hinaus stellen sich mir auch noch weitere Fragen, denn es sind nicht nur die Rüstungskonzerne, die wir hier kritisch hinterfragen müssen. Im MSCI World sind auch die größten Tabak-Konzerne vertreten wie PHILIP MORRIS INTL, ALTRIA GROUP und BRITISH AMERICAN TOBACCO. Eine Investition in solche Unternehmen hat für mich den gleichen Stellenwert, als würde ich mit Kokain und Heroin Geld verdienen. Nur weil Zigaretten als gesellschaftliche Drogen anerkannt sind, heißt das noch lange nicht, dass sie harmloser sind. Das Rauchen ist immer noch Krebsverursacher Nummer eins und an zahlreichen anderen Krankheiten beteiligt. Wir haben es geschafft den Nichtraucherschutz immer weiter auszubauen und die Macht dieser Konzerne einzuschränken, mit dem Ergebnis, dass heute auch die Sterblichkeit, die durch den Tabakkonsum verursacht wird, stark zurück gegangen ist. Das war ein mühevoller und Jahrzehnte langer Prozess. Warum also in diese Unternehmen wieder investieren? Wollen wir das Rad der Zeit wieder zurück drehen?

Oder wie sieht es z.B. mit der Britischen Skandalbank HSBC aus? Ebenfalls im MSCI World vertreten. Eine Bank, von der seit der Finanzkrise bekannt ist, dass sie in einen regelrechten Sumpf aus Korruption und Geldwäsche verwickelt ist. Und bis heute ist es nicht gelungen diese Bank angemessen zu verurteilen. Ganz im Gegenteil die zwielichtigen Geschäfte gehen weiter. Ich würde bei dieser Bank nicht einmal ein Konto eröffnen, geschweige denn Aktien kaufen.

Oder wie sieht es mit dem allseits beliebten und vergötterten Warren Buffet aus? Sein Unternehmen BERKSHIRE HATHAWAY - ebenfalls im MSCI World vertreten - ist das schmutzigste, gewissenloseste, unverantwortlichste und am wenigsten nachhaltige Unternehmen mit dem niedrigsten ESG-Score aller 500 im S&P enthaltenen Firmen!

Ein bekanntes Sprichwort sagt "Eigentum verpflichtet". Wer also Geld hat und dieses Investiert, sollte auch ganz genau hinschauen, was er mit seiner Investition unterstützt und fördert. Wenn ich auch als Kleinanleger kaum einen Einfluss auf die Verhaltensweisen weltweiter Großkonzerne ausüben kann, so kann ich es doch insbesondere aus moralischen Gründen nicht verantworten in einen Index wie dem MSCI World zu investieren. Es ist wie mit dem Wählen gehen, meine Stimme hat so gut wie keinen Einfluss auf die Regierungsbildung des Landes. Aber wenn alle gedankenlos und naiv wählen, kommt am Ende ein Hitler an die Macht.

Ich selbst habe bereits eine gute Portion (für meine bescheidenen Verhältnisse, +/- 60K Euro) in einem MSCI World (ja, sogar von der "bösen" HSBC :-).

Zur besseren Diversifizierung habe ich mir seit kurzer Zeit den ganz neuen iShares MSCI EM IMI  (WKN: A2N6TJ) ins Depot gelegt. Das ist ein "Screened" ETF der keine Investitionen in Thermalkohle, Waffenproduzenten, Tabakindustrie, etc. platziert. Damit kann ich gut leben.

Nebenbei spende ich Teile der Dividenden aus dem MSCI World (Nestlé, Monsanto, etc.) an den Bund für Naturschutz (BUND). Damit finanzieren die Dividenden eine Kontrollgruppe und ich kann die Spende von der Steuer absetzen (Win - Win Situation :-).

Grüße vom See
SeePaddler

@Fritz,

ja, das sind alles nachvollziehbare und ich denke auch richtige Gedanken. Was jeder individuell daraus macht sollte jeder für sich vorher bewerten und dann entscheiden. Es ist die alte Frage: Lindert ein Arzt die Krankheiten der Kranken oder lebt ein Arzt von den Krankheiten der Kranken. Sie können in quasi jeder Branche der Wirtschaftswelt ein Problem oder eine Lösung sehen: Lebensmittelindustrie, Pharma, Schwerindustrie, Rohstoffe, Öl, (IT) Technik, Software. Ist unser Leben grundsätzlich CO2-neutral, Abfallfrei, Nachhaltig betreff Ressourcenverbrauch oder frei von Ungerechtigkeiten anderen Menschen gegenüber? Klar Antwort: Nein! Wir hier in DE und anderen Industrienationen am allerwenigsten. Frage: Wer von den ausgebeutet oder besser, den benutzten Ländern ist seinerseits frei von Ausbeutung oder Benutzung noch ärmerer Länder oder Bevölkerungsgruppen? Eine Frage an die Philosophen wie der Mensch mit Macht und Dominanz umgeht. Keine Frage, wenn man genau drüber nachdenkt ist das zum verzweifeln.

Vielleicht sehen Sie es mal so: Sie leben eher minimalistisch also mit eher niedrigem Ressourcenverbrauch. Später ziehen Sie sich als Mitglied des Konsumwahnsinns ganz zurück und leben später allein von den Gewinne, die mit oder ohne Ihr Kapital sowieso erwirtschaftet werden, nur eben nicht zu irgendwem wandern der neue Projekte initiiert, sonder zu Ihnen! Wichtig: Diese Gewinne versetzen Sie in die Lage mit Ihrer freien Zeit zu helfen die Welt zu einer besseren zu machen. Denn Sie werden ggf. ehrenamtlich im Umweltschutz oder in der Hilfe Benachteiligter arbeiten. Kurzum: Voll rein in das System um es zu verbessern. Das ist ihr Ziel! 🙂

🙂

Aber wo fängste an, wo hörste auf ?

Überall kannste ein Fass aufmachen.

Mich stört z. B. die völlig ignorante Einstellung der Kreuzfahrer zur Umweltproblematik. Umweltschädlich wie nicht vieles mehr. Kreuzfahren boomt aber wie nie. Einnerseits haste da tatsächlich Touristen die sich zu Hause als Umweltaktivisten aufspielen aber dann auffem Schiff Urlaub machen. Passt nicht.

Oder Türkei: Es wird und wurde immer noch Urlaub gebucht. Scheiß drauf ob da Menschenrechte mit Füssen getreten werden. Man will billig Urlaub machen ! Spricht man das Thema an kommt z.b. "Kann mir sonst nicht anderes leisten " oder " ich unterstütze damit die einfache Putzfrau im Hotel" ( ja, is klar !! Hallo,die unterstützen auch damit das Regime). Man könnte auch einfach Verzicht üben oder ein paar Tage weniger Urlaub nicht so weit weg machen !  Aber wenns um eigene Wohl geht, dann werden Werte hinten an gestellt.

Aber, obwohl ich auf diese Dinge achte, gegebenenfalls Verzicht übe, eigentlich bin ich auch nicht besser. Da ich in den MSCI World anlege. Oder ?

@franky, @absprung_2020, @seepaddler

Da habt ihr wohl alle ein bisschen recht. Sicher lässt sich bei fast jedem Unternehmen das Haar in der Suppe finden. Was ich aber sagen will ist, sich nicht damit abzufinden und nach der Devise zu handeln 'da können wir ja eh nichts machen - Die Welt ist halt schlecht'. Dann bleibt alles wie es ist. Ich erinnere mich da gerade an ein Beispiel, das mir ein Freund vor kurzem erzählte: Vor etwa 150 Jahren, war es in vielen Teilen der Welt noch völlig normal und gesellschaftlich akzeptiert, Menschen als Eigentum zu besitzen. Man durfte ihre Arbeitskraft ausbeuten, sie misshandeln oder sogar töten, ohne dafür bestraft zu werden. 'Die Welt war eben so', der Zustand wurde sogar mit Tradition begründet. Doch irgendwann regte sich Widerstand und es waren nicht nur mächtige Politiker, sondern auch ganz normale Leute, die auf die Straße gingen und z.B. in den USA dagegen protestiert haben. Wäre der Widerstand nicht auch von unten gekommen, hätten wohl auch die Politiker keine Veranlassung gesehen, an den Zuständen etwas zu ändern.
Natürlich wird das keine Börse dieser Welt kratzen, wenn ich keine Aktien von Rüstungsunternehmen kaufe, aber wenn es viele machen und auch mit ihren Freunden, Familien und Bekannten darüber sprechen, kann man Missstände tatsächlich ändern. Es braucht eben Zeit. Und auch wenn man sich kein absolut faires und ethisch, moralisches Depot zusammenstricken kann, weil eben jede Firma irgend etwas auf dem Kerbholz hat, so kann man doch mit den Schlimmsten erst einmal anfangen. Es gibt Indices, die Rüstungsunternehmen und Tabakkonzerne herauslassen, oder sogenannte ethische ETFs, die nur in nachhaltig wirtschaftende Unternehmen investieren. Das  wäre zumindest mal ein Anfang. Und wenn die Banken merken, das solche Produkte stärker nachgefragt werden, wird sich auch langsam aber sicher etwas in Bewegung setzen. Dann werden irgendwann auch die Unternehmen merken, dass sie nicht wirtschaften können wie sie wollen.
Man darf nur nicht den Kopf in den Sand stecken. Jeder kann etwas tun und wenn es noch so klein und unbedeutend erscheinen mag. Man muss einfach mal loslegen 😉

Hi,

ich stehe noch ganz am Anfang irgendwelcher Investitionen. Wie finde ich denn "ethische" ETFs? Bzw. gibt es irgendwo eine Übersicht, aus der auch ein Laie schlau werden kann?

@redfield

Am besten du googelst mal nach "ethische ETFs" oder "nachhaltige ETF's". Bei Aktien gibt es unter anderem den sogenannten NAI (Natur-Aktien-Index), der enthält Unternehmen, die nach strengen Kriterien ausgewählt wurden (keine Umweltverschmutzung, keine Rüstungsgüter, faire Löhne, usw.) http://www.nai-index.de/

Bei ETFs kenne ich mich leider nicht so gut aus, da ich fast nur in Einzelaktien investiere und mir so meinen persönlichen "Fonds" zusammenstelle.