Couponschneiderei
Zitat von suchenwi am 29. Mai 2018, 23:26 UhrVor Zeiten waren Wertpapiere (kunstvoll gedruckt wie Geldscheine) "Mäntel" für Couponbögen. Wikipedia: "Ein Coupon oder Kupon ist ein Schein, der Aktienurkunden und Wertpapieren beigefügt ist. Gegen Einreichung des Coupons zahlt die Bank die jeweils fällige Dividende aus. Coupons sind für einen längeren Zeitraum auf einem Bogen zusammengefasst."
Der Besitzer musste also den Überblick über sein Depot behalten und zu gegebener Zeit den entsprechenden Coupon abschneiden und zur Einlösung einreichen (und wurde dafür schon als quasi-Nichtstuer beschimpft). Was die Folge war, wenn er einen vergaß, weiß ich nicht.
Heute muss man noch weniger tun, allenfalls aufpassen. Mein typischer Morgen als Investor: Kaffee kochen, Rechner einschalten, auf Online-Bank (in meinem Fall onvista-bank) einloggen.
Erster Blick aufs Verrechnungskonto: hoppla, 14.74€ mehr als gestern. (Dazu muss man die vorherigen Stände protokollieren).
Ungefähr um 8:30 wird die Abrechnung "Wertpapierertrag" als PDF in die Postbox gestellt. Wer hat gezahlt, unter welchen Konditionen, zu welchem Umrechnungskurs?
Ungefähr um 9:30 kommt eine Mail, dass was neues in der Postbox ist. Weiss ich dann aber meist vorher...
Geht also eigentlich alles vollautomatisch, Schere und Coupons haben ausgedient. Zum "Aufpassen" (und ungefährer Prognose) führe ich einen Dividendenkalender handschriftlich: wer? wann? wieviel? Eingegangene Netto-Ausschüttungen werden wertberichtigt und mit gelbem Leuchtmarker gekennzeichnet.
Nötig ist das alles aber nicht. Man könnte auch nach dem Kostolany-Rezept Wertpapiere und dann Schlaftabletten kaufen. Am Ertrag ändert das nichts, tote Depotinhaber erwirtschaften oft sogar mehr als lebende, einfach weil sie natürlich nichts mehr tun.
Aber ich lebe noch! Und ich will je nach Kurslage Ausschüttungen, wenn sie sich wieder auf 1k gesammelt haben, da (re-)investieren, wo ich am meisten längerfristigen Erfolg erwarte. Z.B. Rücksetzer.
Dazu braucht es etwas "due diligence", also Online-Analyse der in Frage kommenden Papiere. Wenn ein ETF wie A1W95H Pimco EM auffällig im Kurs sinkt: kann das daran liegen, dass seine monatlichen Ausschüttungen übers Jahr auch zurückgehen? Und so weiter...
Also: Coupons gibt es nicht mehr, die Schere wird nicht gebraucht. Aber als (nicht ganz passiver) Investor hat man wegen der vielfältigen erreichbaren Informationen zu Wertpapieren heute eher mehr "digitalisierte" Arbeit, wenn man die Performance des Depots verbessern will...
Vor Zeiten waren Wertpapiere (kunstvoll gedruckt wie Geldscheine) "Mäntel" für Couponbögen. Wikipedia: "Ein Coupon oder Kupon ist ein Schein, der Aktienurkunden und Wertpapieren beigefügt ist. Gegen Einreichung des Coupons zahlt die Bank die jeweils fällige Dividende aus. Coupons sind für einen längeren Zeitraum auf einem Bogen zusammengefasst."
Der Besitzer musste also den Überblick über sein Depot behalten und zu gegebener Zeit den entsprechenden Coupon abschneiden und zur Einlösung einreichen (und wurde dafür schon als quasi-Nichtstuer beschimpft). Was die Folge war, wenn er einen vergaß, weiß ich nicht.
Heute muss man noch weniger tun, allenfalls aufpassen. Mein typischer Morgen als Investor: Kaffee kochen, Rechner einschalten, auf Online-Bank (in meinem Fall onvista-bank) einloggen.
Erster Blick aufs Verrechnungskonto: hoppla, 14.74€ mehr als gestern. (Dazu muss man die vorherigen Stände protokollieren).
Ungefähr um 8:30 wird die Abrechnung "Wertpapierertrag" als PDF in die Postbox gestellt. Wer hat gezahlt, unter welchen Konditionen, zu welchem Umrechnungskurs?
Ungefähr um 9:30 kommt eine Mail, dass was neues in der Postbox ist. Weiss ich dann aber meist vorher...
Geht also eigentlich alles vollautomatisch, Schere und Coupons haben ausgedient. Zum "Aufpassen" (und ungefährer Prognose) führe ich einen Dividendenkalender handschriftlich: wer? wann? wieviel? Eingegangene Netto-Ausschüttungen werden wertberichtigt und mit gelbem Leuchtmarker gekennzeichnet.
Nötig ist das alles aber nicht. Man könnte auch nach dem Kostolany-Rezept Wertpapiere und dann Schlaftabletten kaufen. Am Ertrag ändert das nichts, tote Depotinhaber erwirtschaften oft sogar mehr als lebende, einfach weil sie natürlich nichts mehr tun.
Aber ich lebe noch! Und ich will je nach Kurslage Ausschüttungen, wenn sie sich wieder auf 1k gesammelt haben, da (re-)investieren, wo ich am meisten längerfristigen Erfolg erwarte. Z.B. Rücksetzer.
Dazu braucht es etwas "due diligence", also Online-Analyse der in Frage kommenden Papiere. Wenn ein ETF wie A1W95H Pimco EM auffällig im Kurs sinkt: kann das daran liegen, dass seine monatlichen Ausschüttungen übers Jahr auch zurückgehen? Und so weiter...
Also: Coupons gibt es nicht mehr, die Schere wird nicht gebraucht. Aber als (nicht ganz passiver) Investor hat man wegen der vielfältigen erreichbaren Informationen zu Wertpapieren heute eher mehr "digitalisierte" Arbeit, wenn man die Performance des Depots verbessern will...
Zitat von Axe am 30. Mai 2018, 10:59 Uhrnicht zu vergessen, das Verfassen von Beiträgen hier im Forum! Aktive Anlage ist schon echt stressig 🙂
nicht zu vergessen, das Verfassen von Beiträgen hier im Forum! Aktive Anlage ist schon echt stressig 🙂
Zitat von Ernst am 31. Mai 2018, 21:47 UhrIch habe gestern einen Menschen aus dem ostasiatischen Raum kennengelernt, der 1959 nach Deutschland kam, mit einem Pappkarton.
Er hat studiert, gut gearbeitet, ein Unternehmen gegründet und ist reich geworden. Sehr reich. Er ist nun 80 Jahre alt und hat sein Vermögen in eine Stiftung gebracht, die als Zweck die Bildung von jungen Menschen zum Ziel hat. Er möchte nicht reich sterben, sagt er, und der Gesellschaft etwas zurückgeben. Das ist wahrer Frugalismus.
Ich habe gestern einen Menschen aus dem ostasiatischen Raum kennengelernt, der 1959 nach Deutschland kam, mit einem Pappkarton.
Er hat studiert, gut gearbeitet, ein Unternehmen gegründet und ist reich geworden. Sehr reich. Er ist nun 80 Jahre alt und hat sein Vermögen in eine Stiftung gebracht, die als Zweck die Bildung von jungen Menschen zum Ziel hat. Er möchte nicht reich sterben, sagt er, und der Gesellschaft etwas zurückgeben. Das ist wahrer Frugalismus.
Zitat von Paul74 am 18. Dezember 2018, 22:04 UhrIch habe während meiner Banklehre Mitte der 90er noch im Tresorraum gesessen und mit Kunden ihre Coupons geschnitten. Die sind dann in der Regel mit Bus/Bahn/Auto nach Luxemburg gefahren, um sich ihre Coupons dort steuerfrei auszahlen zu lassen. Alternativ konnten sie sich die Coupons auch anonym am Schalter auszahlen lassen, aber dann abzüglich 30% Steuer.
Tja, die gute alte Zeit. Heute undenkbar.
Ich habe während meiner Banklehre Mitte der 90er noch im Tresorraum gesessen und mit Kunden ihre Coupons geschnitten. Die sind dann in der Regel mit Bus/Bahn/Auto nach Luxemburg gefahren, um sich ihre Coupons dort steuerfrei auszahlen zu lassen. Alternativ konnten sie sich die Coupons auch anonym am Schalter auszahlen lassen, aber dann abzüglich 30% Steuer.
Tja, die gute alte Zeit. Heute undenkbar.