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Börsen und Abgeltungssteuer

Hallo zusammen,

 

ich wollte einfach eure Meinung zu den beiden Themen hören und über eventuelle Auswirkungen diskutieren.

 

Herr Scholz möchte, wenn ich korrekt informiert bin, eine Steuer auf Aktien einführen und spielt mit dem Gedanken die Abgeltungssteuer abzuschaffen, sprich, dass Gewinne normal versteuert werden. Dies würde dazuführen, dass teilweise bis zu 45% Steuern erhoben werden könnten, allerdings für kleine Beträge auch eine geringere Steuer möglich ist.

 

Was sind eure Gedanken zu dem Thema?

Ich habe den Thread mal ins Unterforum für Steuern verschoben.

Auf Aktien gibt es doch schon eine Steuer, oder wie ist das gemeint?

Es geht um die diskutierte Abschaffung der Kapitalertragssteuer und (Wieder-)Anwendung der Einkommenssteuer, wenn ich das richtig verstehe. Ich hatte mich immer gefragt, warum ich Gewinne aus meinem Depot nur zu 25%+Soli versteuern muss und Mieteinkommen mit der wesentlich höheren Einkommenssteuer. Könnte dem Kaufen-oder-Mieten Vergleich einen neuen Drive bringen, vielleicht sogar Kommer zu einer Neuauflage bewegen. 🙂

Falls Aktienverluste dann anders als heute mit anderen Einkommensarten verrechnet werden kann, hätte das zumindest in der Ansparphase auch Vorteile.

Na, im Moment gibt es eine Abgeltungssteuer (25% + X), außer man liegt vom persönlichen Steuersatz darunter.

Bei normaler Versteuerung würde das mit deinem normalen Steuersatz versteuert, bei Gutverdienern dann eben mit 45% (oder wie hoch der Satz auch immer ist).

Zitat von TheWanderer am 20. November 2020, 15:47 Uhr

 

Falls Aktienverluste dann anders als heute mit anderen Einkommensarten verrechnet werden kann, hätte das zumindest in der Ansparphase auch Vorteile.

Dann vielleicht schon, Leider ist es aber so, dass mit jeder Regeländerung die Regelung natürlich zum Nachteil der Anleger verschlechtert wird. Früher waren ja zb Aktien nach einer Haltedauer von 1 Jahr von der Steuer befreit. Jetzt wird man immer direkt abgemolken...

Zitat von TheWanderer am 20. November 2020, 15:47 Uhr

Ich hatte mich immer gefragt, warum ich Gewinne aus meinem Depot nur zu 25%+Soli versteuern muss und Mieteinkommen mit der wesentlich höheren Einkommenssteuer.

Äh, also das seh ich irgendwie anders rum. Ich frag mich immer, warum ich jeden zusätzlich verdienten Euro aus meinem Einkommen mit 42% plus Soli versteuern darf, und dafür nicht auch einfach "nur" den Satz von 25% zahle. (Im Mittelalter gab´s übrigens mal den "Zehnt", den man abgeführt hatte, das waren noch Zeiten...)

Grundsätzlich hätte ich auch gar nichts dagegen, wenn mal endlich eine wirklich umfassende Steuerreform gemacht würde, bei der dann alle Einkunftsarten gleich/gerecht besteuert werden. Das tut aber leider nun mal niemand, sondern man sucht sich immer Einzelaspekte raus und dreht dann an einzelnen kleinen Stellschrauben rum; meistens zum Nachteil der Steuerzahler und derjenigen, die sich am wenigsten wehren können.

In Deutschland ist es ja nun mal leider so, dass wir jetzt schon mit die meisten Steuern weltweit zahlen, und am meisten zahlen die, die am härtesten für´s Geld schuften müssen. Oder anders rum, zahlen die am wenigsten Steuern, die am wenigsten dafür tun müssen. Plakativ zusammengefasst: Das fette Erbe (=leistungsloses Einkommen) wird so gut wie gar nicht besteuert, Aktienerträge mit einem für mich zumindest noch irgendwie nachvollziehbaren Steuersatz (obwohl die Dividenden ja aus bereits im Unternehmen versteuerten Erträgen gezahlt werden, nur mal so als Hinweis...), und als Leistungsträger in einem stressigen Angestelltenjob werden oben 45% zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer fällig. Und selbst den "normalen" Spitzensteuersatz von 42% zahlen mittlerweile schon ganz normale Einkommen in der "Mittelschicht".

Um auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, was meine Gedanken dazu sind: Mir schwillt der Kamm, wenn ich Herrn Scholz davon reden höre!

Ja, kann mich den Vorrednern nur anschließen. Leider ist unser Vater Staat immer hungrig und macht sich dort satt wo was zu holen ist. Was darüber hinaus betrüblich ist, ist dass unser Finanzminister den bequem- egalitären Weg geht: Einerseits soll jeder selbst vorsorgen für die Rente, wird aber mit einem Minimalfreibetrag von derzeit glaub 801 €/a abgewatscht und jeglich rentierliche Anlagen erst mal per ausgelagerter Bankdienstleistung besteuert und unmittelbar eingezogen. Bequeme Null-Zins-Liquidität für uns alle, also unseren Staat. Hier wäre es doch schön, wenn das erst mit der nächsten Steuerklärung und entsprechenden Verrechungs- oder Abschreibungsmöglichkeiten vom Staat eingezogen wird, gekoppelt mit einem großzüggen Freibetrag, eben wegen der Rentenvorsorge...macht er aber nicht. Dass Herr Schulz stolz drauf ist keine Aktien zu haben sondern für 0% auf dem Sparbuch rumliegen hat macht das ganze sogar richtig traurig. Wobei: Das glaub ich ihm sowieso nicht wegen seiner besten Kontakten zu Privatbänkern.

Was weiterhin betrüblich ist ist die uns Bürgern als Errungenschaft definierte EU. Leider unter dem Aspekt Finanzmärkte und Steuervereinheitlichung gar nicht. Leider muss man von einer Abzockvranstaltung reden: Jeder hierzulande mit spanischen Akien im Depot und Abfuhr spanischer Quellensteuer muss mit mehrseitigem Formularwesen dort dei  Steuer beitreiben. Obwohl klar ist, dass es innerhalb der EU als DE-Bürger nur 25 % zu bezahlen sind werden zuächst bis zu 40 % erst mal einbehalten.

Vollkommen bürgerunfreundlich, Kapitalmarktschädlich.

Als ich anfing mit Aktien waren glaub Aktiengewinne steuerlich befreit, dann kam das Jahr Wartezeit und immer noch Steuerfrei. Nachfolgend kam mit jedem Schritt eine weiterer Steuerverschärfung.

Fazit: Ich bezahle gerne Steuern, wohne gerne hier...aber weniger wäre hier aus staatlich gewünschten Vorsorgegründen und mehr selbstständigkeit der Bürger für Gedanlagen einfach wünschenswert da der Staat langfristig davon profitieren würde:  Mehr Aktien in Bürgerhand würde so manches Wackelthema stabilisieren.

 

Das ist aber hier leider nicht gewollt (in D). Was hier im Forum betrieben wird, passt gar nicht ins Konzept. Ins Konzept passt: Familie, 2 Kinder, Mann arbeitet bis 67 (bald 71), Frau kümmert sich um die Kinder, arbeitet dann halbtags, vielleicht wird bis zum Rentenbeginn mit Mühe und Not ein kleines Häuschen abbezahlt.

Eigenvorsorge ist nicht positiv besetzt. Was geht ist zentral vorgegebene Gelderverteilung nach dem Giesskannenprinzip.

Wie Absprung2020 schreibt, früher ging das alles noch einigermaßen, da konnte man auch einiges von der Steuer absetzen.

Deswegen gilt: Augen auf und die Situation beobachten. Wäre ich alleine, d.h. ohne Frau und Kind, würde ich meinen Abgang schon vorbereiten.

Interessante Frage:

Allerdings gibt es hierzu -unabhängig von meiner perönlichen Auffassung- auch ein verfassungsrechtliches Problem:

  • Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil (ich glaube es war zur Vermögenssteuer) den Halbteilungsgrundsatz eingeführt:
    • Erträge sollen maximal mit ca. 50 % an Ertragsteuern, Vermögenssteuern abgeschöpft werden.
    • Vor diesem Hintergrund wurde u.a. auch die Vermögenssteuer als verfassungswidrig eingestuft.
  • Kurssteigerungen sind am Ende des Tages (bei langfristiger Betrachtung) auf die thesaurierten Gewinne (jetzt und zukünftig) und Ausschüttungserwartungen zurück zu führen. (ich weiß, das ist eine grobe Vereinfachung). Gewinne werden aber schon auf der Ebene der Aktiengesellschaft mit ca. 30 % in D besteuert.
  • Die Besteuerung mit Abgeltungssteuer bringt die Steuerlast auf ca. 50 % (tatsächlich etwas höher).
  • Eine Erhöhung dieser Abgabenlast wäre demnach verfassungswidrig.

Deshalb wird Scholz oder wer auch immer echte Probleme haben, dies im Ergebnis durchzusetzen.

 

Finde das irgendwie eh schwachsinnig, dass ich für Gewinne, wo ich ein Risiko trage und wofür ich mein eigenes Geld in Gefahr bringe (welches ich ja schon versteuert habe), nochmal versteuert werde. Im Endeffekt zahlen wir alle doppelt Steuer.

Mal davon abgesehen sollte der Staat es auch mal unterscheiden, wen er da besteuert. Für den Staat ist es immer Aktiendepot=Aktiendepot, aber es sollte eigentlich einen himmelweiten Unterschied machen, ob man da gerade das Depot von einem Millionär besteuert der sein ganzes Vermögen in Aktien gebunkert hat, oder das Depot vom kleinen Mann der sich ein bisschen was für das Alter ansparen will. Hier gibt es einiges an Nachholbedarf und ich hoffe inständig dass Scholz der Dulli nächstes Jahr nach der Wahl nicht in irgendeine Position kommt wo er irgendwelche dämlichen Dinge durchsetzen könnte, der Typ hat nämlich absolut keine Ahnung und hat auch noch nichts gerissen ausser sich selbst die Taschen voll zu machen.

Naja, das ich für "leistungslose" Kapitalerträge weniger Steuern zahlen muss als für mein Erwerbseinkommen erscheint mir grundsätzlich nicht fair. Lässt sich halt durch die sonst erwartete Steuerverschleierung erklären, aber passt auch sehr gut zur gesellschaftlich brisannten Wahrnehmung der immer weiter auseinanderklaffenden Schere zwischen arm und reich.

Aber ich nehm die günstigere Besteuerung natürlich gerne mit, so ists ja nicht 😉

Bzgl. Gesetzesreform: Ich bin überrascht das Hr. Scholz über eine Abschaffung der Abgeltungssteuer nachdenkt. Ich hatte gar im Gegenteil davon gehört, das für Dezember/Januar eine Novelle geplant wäre, nach der für die Ausübung von Mitarbeiteraktienoptionen von Startups znächst garkeine und später dann beim Verkauf eben gerade nurnoch die Abgeltungssteuer fällig wird statt wie bisher der persönliche (Grenz-)Steuersatz. Und das dann auch noch auf mehrere Jahre verteilt. Finde aber leider bislang kaum neues dazu in den Medien.

Zumindest bei Dividenden ist es nicht so, dass man "nur" 25% Abgeltungssteuer zahlt. Im Unternehmen (dessen Miteigentümer man ja ist) wurden die auszuschüttenden Dividenden bereits voll vesteuert (Gewerbesteuer, Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag). Das sind durchschnittlich etwa 30%. Zusammen mit der Abgeltungssteuer auf Anlegerseite kommt man da auf insgesamt 1-((1-25%)*(1-30%)) = 47.5% Steuern aktuell. Wenn die Abgeltungssteuer abgeschafft wird, dann muss auch das Halbeinkünfteverfahren wieder eingeführt werden, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Das wurde ja 2009 mit der Einführung der Abgeltungssteuer abgeschafft. Beim Halbeinkünfteverfahren waren 50% der Gewinne von der Einkommensteuer befreit.

Ich habe mal Beispielrechnungen gesehen. Viele Leute kämen bei Abschaffung der Abgeltungssteuer und (Wieder-) Einführung des Halbeinkünfteverfahrens steuerlich sogar besser weg als vorher.

https://wertpapierdepot.net/boersenlexikon/besteuerung-von-dividenden/

https://de.wikipedia.org/wiki/Halbeink%C3%BCnfteverfahren

 

Zitat von BrotBrot am 26. November 2020, 23:00 Uhr

Naja, das ich für "leistungslose" Kapitalerträge weniger Steuern zahlen muss als für mein Erwerbseinkommen erscheint mir grundsätzlich nicht fair. ...

Aber ich nehm die günstigere Besteuerung natürlich gerne mit, so ists ja nicht 😉

...

stimmt m.E. nicht wirklich!

die Kapitalerträge - bei Dividenden also die ausgeschütteten Gewinne - werden ja ZWEIMAL besteuert:

erst zahlt die AG Körperschafts- und Gewerbesteuer - und DANN zahlst Du auf die Ausschüttung der bereits versteuerten Gewinne nochmals Steuern!

bzw. bei Zinsen wird der "Bruttozins" besteuert - nicht nur der "Nettozins", der Dir nach Abzug der Inflation/des Geldwertverlusts aufgrund der Gelddruckorgien der EZB effektiv als Einkommen bleibt!

Der Logik schließe ich mich nicht an. Das erinnert mich an die Argumentation gegen eine Erbschaftssteuer, nach der das geerbte Geld bereits versteuert ist. Danach könnte man Steuern eigentlich fast ganz abschaffen, weil die Gewinne des Unternehmens ja auch aus (irgendwann einmal) versteuertem Geld kommen.

Wenn ich 100 € investiere und am Ende 3% Rendite herauskriege sollte es doch egal sein ob das jetzt Tagesgeldzinsen, Dividenden oder Aktienkursgewinne waren. Das sind alles Gewinne ohne eigene Arbeitsleistung und sollten eigentlich nicht besser behandelt werden als ein Arbeitsentgelt.

Aber ich gebe zu, dass das nur mein laienhaftes Verständnis / meine moralische Auffassung wiederspiegelt, ich bin kein Wirtschaftsrechtsexperte.

Zitat von BrotBrot am 27. November 2020, 15:54 Uhr

Danach könnte man Steuern eigentlich fast ganz abschaffen, weil die Gewinne des Unternehmens ja auch aus (irgendwann einmal) versteuertem Geld kommen.

Ein Grundsatz ist nun mal, dass Gewinne nicht zweimal versteuert werden.

Nach deiner Logik kann man natürlich auch alle Gewinne zu 100% versteuern, also einfach abschöpfen. Man könnte auch sagen, dass jeder einfach das gleiche verdient. Oder das es in jedem Laden die gleichen Sachen gibt. Es gibt ja Länder, da wird das einfach so gemacht bzw. war so gewesen, die sind alle wirtschaftlich auch sehr erfolgreich (gewesen)...

Zitat von Privatier am 27. November 2020, 16:33 Uhr

Ein Grundsatz ist nun mal, dass Gewinne nicht zweimal versteuert werden.

Die Frage ist hier auf wen man sich bezieht. Die Gewinne des Anlegers werden auch nur einmal versteuert. Die Gewinne der Firma auch als (direkte) Gewinne des Anlegers zu definieren halte ich für nicht legitim. Dann könnte sich auch der Bäcker auf die bereits erfolgte Besteuerung des Lohns seines Kunden beziehen (s. o.).

 

Zitat von Privatier am 27. November 2020, 16:33 Uhr

Nach deiner Logik kann man natürlich auch alle Gewinne zu 100% versteuern, also einfach abschöpfen

Nein, dieser Schluss ist falsch, ich wäre sehr neugierig wie sich das aus meiner Logik ergeben soll.

Ich halte Zinsen und andere Kapitalerträge durchaus für legitim, kritisiere nur ihre Besserstellung im Vergleich zu herkömmlichem Arbeitsentgelt.