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Wie geht ihr mit einem möglichen kommenden Crash um?

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Wichtig ist doch auch die Frage, ob der Euro den Crash überlebt. In seiner jetztigen Form kann er ja nicht gehalten werden und bei einer Belastung durch einen Crash, wird die Politik zum Handeln gezwungen!

Oben schon mehrfach geschrieben: Klar, ein Crash kommt, der Zeitpunkt ist nicht die Bohne abzupassen. Letztlich ist das auch völlig wurscht bei entsprechendem Anlagehorizont. Soweit gehe ich d'accord.

Die "Binsenweisheit", dass sich die Kapitalmärkte von unausweichlichen Crashs mittelfristig erholen, resultiert aus historischen Erfahrungen. Interessant finde ich den Einwand großer Bedenkenträger, dass man aus der Historie schlicht kein Stück die Zukunft ableiten kann, was ja vollkommen richtig ist. Sprich: Eine Garantie, dass sich nach dem nächsten "Crash" (der vielleicht sehr groß sein wird) die "Märkte" erholen, gibt es einfach nicht.

Aber: wie würde die Welt dann aussehen? Wäre es dann noch vordergründig, sich über die paar Tausend oder paar Hunderttausend investierten und in Luft aufgelösten Euros Gedanken zu machen? Nein. (Hier käme das physische Fluchtgold in's Spiel, aber das ist ein anderes Thema.)

Zitat von rosi am 2. März 2019, 15:44 Uhr

Es gibt ja die Idee, daß man so einen Crash eigentlich super als Wachstumsbeschleuniger nutzen könnte, wenn man ihn rechtzeitig mitbekommt. Eine Möglichkeit wäre, bei allen Aktien, oder zumindest bei den "nicht krisenfesten" einen Trailing-Stop zu setzen, um rechtzeitig auszusteigen und dann später mit genug Cash bei tiefen Kursen neu einzusteigen.

Ich finde, Alexander Weis und Gerd Kommer haben das hier sehr schön als "lass das bleiben" dargestellt: https://www.gerd-kommer-invest.de/timing-des-markteinstiegs/

Für absolut wichtig halte ich:
1) Dein Riskoprofil festlegen (risikoarme Anlage zu risikoreicher Anlage) und zwar so, dass es auch dann hält, wenn die Märkte extrem in die Knie gehen. Du darfst NIE Muffensausen kriegen, denn Du hast genau den richtigen Risikoanteil in Deinem Depot, den Du persönlich verträgst.

2) Regelmäßig, beispielsweise einmal im Jahr, eine Überprüfung machen, ob Dein Risikoprofil noch passt. Ist der risikoreiche Anteil zu hoch geworden, weil die Aktien kräftig gestiegen sind, verkaufst Du so viele, bis Dein Profil wieder stimmt. Ist der risikoreiche Anteil zu klein, weil die Börse abgesackt ist, kaufst Du nach. Wenn Du das diszipliniert machst, dann umgehst Du die Falle, dass Du in günstigen Zeiten immer noch zögerst und nicht investierst, weil Du Angst vor weiteren Abstürzen hast.
Auf Englisch heißt das rebalancing, dazu findest Du reichlich Infos im Internetz.

Grüß Gott miteinander,

ich hake mich hier mal ein.

Bei mir ist die Situation etwas anders als bei euch.

Ich fange gerade erst an und überlege in ETF´s zu investieren. Nun hab ich schon einen hohen 5-stelligen Betrag zur Verfügung, den ich investieren könnte, frage mich allerdings eben auch, ob es momentan ein guter Zeitpunkt dafür ist.

Wenn ich nun "kurz vor dem Crash" investiere, verliere ich ja erst mal eine Menge.
Von daher die Frage, ob ich besser die "Chance", wie unten beschrieben nutzen soll, auf den Crash warte und erst danach in Aktien einsteige, die dann hoffentlich flott wieder steigen?

Was würdet ihr raten?

 

Zitat von Polizeioberwachtmeister Alois Dimpfelmoser am 1. Oktober 2019, 11:48 Uhr

Grüß Gott miteinander,

ich hake mich hier mal ein.

Bei mir ist die Situation etwas anders als bei euch.

Ich fange gerade erst an und überlege in ETF´s zu investieren. Nun hab ich schon einen hohen 5-stelligen Betrag zur Verfügung, den ich investieren könnte, frage mich allerdings eben auch, ob es momentan ein guter Zeitpunkt dafür ist.

Wenn ich nun "kurz vor dem Crash" investiere, verliere ich ja erst mal eine Menge.
Von daher die Frage, ob ich besser die "Chance", wie unten beschrieben nutzen soll, auf den Crash warte und erst danach in Aktien einsteige, die dann hoffentlich flott wieder steigen?

Was würdet ihr raten?

 

  1. Den richtigen Zeitpunkt mit der besten Chance erwischt Du nie, also fang jetzt an.
  2. Bei einem langen Anlagehorizont > 20 a und breiter Diversifikation übersteigt - mal etwas überspitzt ausgedrückt - das Risiko von Kapitalanlage nicht das allgemeine Lebensrisiko.
  3. Denk nicht soviel über den Zeitpunkt nach sondern nutze die Zeit lieber, ein schönes, breit gestreutes Portfolio aufzubauen. Das macht Mühe genug. Berücksichtige möglichst alle Assetklassen. Halte die Cash-Quote niedrig, aber dennoch so, wie es Deinen persönlichen Lebensumständen entspricht. Also überlege, wie viel Cash Du parat halten musst, und zwar nicht zum "Nachinvestieren", sondern für kalkulierbare, notwendige Ausgaben. Es ist blöd, bei Cashbedarf Teile des Portfolios zu liquidieren, da der Zeitpunkt ungünstig sein kann. Hier fällt mir gerade auf, dass ich persönlich Kryptowährungen garnicht berücksichtigt habe. Wenn man mal drüber nachdenkt, gehören die eigentlich dazu. 5 % klingen für mich gerade logisch.
  4. Der Schwerpunkt bei einem eher defensiven Depot liegt meiner Meinung nach etwa zu gleichen Teilen auf Aktien und Anleihen guter Bonität. Manche haben eine Aktienquote von 90 % und mehr, ich persönlich halte das für zu viel. Letztlich geht es um den "Gierfaktor". Wer langfristig zweistellige Renditen verlangt, muss sich entsprechend weit aus dem Fenster lehnen, darf dann aber auch nicht heulen, wenn er rausfällt.
  5. Interessant finde ich immer die "kleinen" Anteile: Gold o. ä. physisch, Immobilien, Rohstoffe, P2P und (seit eben gerade) Kryptowährungen. Das kann man nach Gutdünken machen. Bei keiner der "kleinen" Klassen würde ich persönlich über 10 % gehen. Na gut, Gold vielleicht 15 %, aber das ist eine ganz persönliche Sache.
  6. Wenn Du immer noch der Meinung bist, dass Du einen "Crash" abwarten willst: Nimm die Hälfte oder zwei Drittel Deines Kapitals und baue damit schonmal ein "schönes" Portfolio. Das ist, wie gesagt, die meiste Arbeit. Aufstocken kannst Du das immer noch.
Zitat von Polizeioberwachtmeister Alois Dimpfelmoser am 1. Oktober 2019, 11:48 Uhr

Ich fange gerade erst an und überlege in ETF´s zu investieren. Nun hab ich schon einen hohen 5-stelligen Betrag zur Verfügung, den ich investieren könnte, frage mich allerdings eben auch, ob es momentan ein guter Zeitpunkt dafür ist.

Wenn ich nun "kurz vor dem Crash" investiere, verliere ich ja erst mal eine Menge.
Von daher die Frage, ob ich besser die "Chance", wie unten beschrieben nutzen soll, auf den Crash warte und erst danach in Aktien einsteige, die dann hoffentlich flott wieder steigen?

Ich verlinke Dir einfach mal zwei Beiträge, in denen es vor zwei Tagen genau darum ging:

https://frugalisten.de/forum/topic/wo-stehe-ich-eigentlich-plan-fuer-die-naechsten-10-15-jahre/#postid-5878

https://frugalisten.de/forum/topic/wo-stehe-ich-eigentlich-plan-fuer-die-naechsten-10-15-jahre/#postid-5888

 

Zitat von Polizeioberwachtmeister Alois Dimpfelmoser am 1. Oktober 2019, 11:48 Uhr

Was würdet ihr raten?

Ich formuliere es mal böse: Wenn du Angst hast unmittelbar vor einem Crash zu investieren, wirst du NIE investieren.

Ich habe 2013 angefangen. 2008 war der letzte Crash und viele warnten mich, dass es ja sehr wahrscheinlich sei, dass es bald wieder crashen würde. Statistisch alle 7 Jahre und zwischen dem Crash 2002 und 2008 lagen sogar nur 6 Jahre. Also müsste es 2014-2015 vermutlich crashen. Und teuer seien Aktien ohnehin...

Warren Buffet hat mal gesagt "ich weiß nicht wann ich Aktien kaufen muss, ich weiß aber dass ich Aktien kaufen muss".

Wenn es dir zu unsicher erscheint und wenn du Angst hast, dann gestalte deinen Aktien- bzw. Risikoanteil entsprechend niedrig, aber kaufe! Es ist nicht zuletzt eine psychologische Erfahrung wenn du zum ersten Mal in deinem Leben Kursschwankungen erlebst. Du schaust vermutlich täglich auf die Indizes und kontrollierst dein Depot.

Stehst du dagegen am Spielfeldrand, kann es sein, das du dort jahrelang steigenden Kursen zuschaust. Nicht zu investieren ist insofern auch ein Risiko - das Risiko Gewinne zu verpassen. Und glaub mir - das tut weh. Also MIR tut es weh. Ich werde mit einer Liquidität von mehr als 10% blitzschnell nervös.

Viele Anleger fangen dann an dem Markt hinterherzulaufen. Sie haben Kursverdopplungen zugesehen und waren nie investiert aber wollen dann plötzlich in den Markt weil sie es nicht aushalten nicht dabei zu sein.

Wenn du den Markt timen willst (was ich nicht empfehle), dann musst du dir konkret überlegen wann du einsteigen möchtest: zb bei 10% Kursverlust. Und du musst dich daran halten, sonst stehst du wieder da und sagst "naja 10% ist der Markt jetzt gefallen, aber ich warte lieber bis er 20% fällt". Der Markt wird für dich gefühlt immer zu teuer sein und du wirst nie investieren.

@ Polizeioberwachtmeister Alois Dimpfelmoser

zu deiner Frage bezüglich eines Einstiegszeitpunktes merke ich an, dass der aktuelle Zeitpunkt aus verschiedenen Gründen m.E. nicht optimal ist. Wenn wir uns mal den wichtigsten Finanzmarkt der Welt, den US-Aktienmarkt, anschauen, ist erkennbar, dass hier die Bewertung - auch historisch - auffällig hoch ist und zugleich auch noch die Margen der Unternehmen ungewöhnlich hoch sind. Eine denkbar schlechte Kombination. Historisch wurde dies bislang immer bereinigt, was in der Regel fast zwangsläufig mit einer deutlichen Korrektur einhergeht.

Aber auch volkswirtschaftlich droht tendenziell Ungemach. Die konjunkturelle Aufwärtsphase ist einer der längsten US-Historie und die Treibkräfte für einen weiteren Aufschwung schwinden. So ist das - für ein kräftiges Wachstum notwendige - Reservoir an Erwerbspersonen nach dem starken Rückgang der US-Arbeitslosenrate ziemlich ausgedünnt. Man sieht es sehr gut an der monatlichen Zahl neuer Stellen außerhalb der Landwirtschaft (morgen kommen die September-Zahlen), die von phasenweise rd. 300k pro Monat schon deutlich in Richtung 100 bis 150 k gefallen ist. Auch der Rückgenwind durch die Trumpsche Steuerreform läuft aus. Die US-Zinskurve, ein  historisch zuverlässiger Rezessionsindikator, signalisiert eine kommende US-Rezession, die historisch rund 1 bis 2 Jahre nach Auftreten der Inversion der US.Zinskurve begann. Bei dem derzeitigen Bewertungsniveau würde eine US-Rezession die Kurse vermutlich kräftig fallen lassen. Die Finanzmärkte sind schneller als die Realwirtschaft, sodass dort bereits früher eine Korrektur stattfinden würde.

Börsen bewegen sich eben nicht linear, sondern in Zyklen, dessen Timing zugegebenermaßen nicht einfach ist. Was aber relativ zuverlässig identifiziert werden kann, ist die Frage, ob wir uns einer späten oder frühen Phase eines laufenden Zyklus befinden. Derzeit befindet sich der Zyklus in seiner Spätphase.

Ein weiterer Denkanstoß: Das Finanzgenie Warren Buffet und seine hochkarätigen Mitarbeiter finden aktuell keine Investitionsmöglichkeit für seinen riesigen Cash-Berg von rd. 120 Mrd. USD. Offenbar sind ihm die US-Einzeltitel zu hoch bewertet. Folgerichtig gilt dies auch für die breiten Indizes, sonst würde er ja zumindest einen einzigen Titel aus einem der Indizes finden, in den er investieren könnte.

Alles in allem ist Vorsicht geboten. In der GoT-Sprache würde ich mal sagen: "the winter is coming".

Ob es nur zu einer üblichen Korrektur von 10 bis 20 Prozent oder einem Crash von vielleicht 50 Prozent kommt und wann dies der Fall ist, kann ich natürlich nicht sagen. Ich würde aber persönlich auf letzteres tippen und zumindest günstigere Einstiegsgelegenheiten in den kommenden 1 bis 2 Jahren erwarten. Zugebenermaßen kann es immer auch anders kommen oder der Zyklus doch mal länger laufen. Das Chancen-Risiko-Verhältnis erscheint aktuell aber recht bescheiden und jeder muss für sich entscheiden, ob er sich JETZT mit einer 100-Aktienquote wohlfühlt.

So schnell vergeht die Zeit, schon wieder 8 Monate seit März! Im Nachhinein betrachtet wäre die Idee mit dem Gold nicht so dumm gewesen, + 15% in diesem Zeitraum, am Aktiendepot waren es "nur" 10% - auch sehr in Ordnung.

Jetzt stehe ich vor der gleichen Frage: habe wieder einiges Geld übrig und überlege Aktien versus Gold. Ich denke, ich werde diesmal meinen Goldanteil ein wenig aufstocken - ein Jahr muß ich es sowieso halten, um Spekulationssteuer zu vermeiden, und ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, daß der Goldkurs bei weiterhin 0-Zinsen in einem Jahr wesentlich niedriger steht. Und wenn dann in 1-2 Jahren etwas größeres kommt, würde es optimal passen, um Aktien günstig nachzukaufen.

Zitat von rosi am 2. März 2019, 15:44 Uhr

Wie denkt Ihr darüber?

Gar nicht.

Es ist wie bei einem Gewitter. Ich gucke aus dem Fenster, sage: "Ah, ein Gewitter.", und mache weiter. Ist ja nichts Neues, und was soll man auch groß darüber nachdenken? Macht nur Sorgenfalten 🙂

Ich investiere seit über 20 Jahren systematisch in Aktien (Ich habe ca. 1996/97 angefangen). Leider habe ich nie im vornehinein erkennen können, wann der richtige Zeitpunkt des Ausstiegs ist. Ich habe nie netto Aktien verkauft, sondern immer nur weiter in Aktien gespart. Da ich einige sehr vermögende Kunden früher auch in der Geldanlage beraten habe, einige grundsätzliche Überlegungen zu Aktien:

Aktien gelten gemeinhin als unsichere Geldanlage.

Zunächst ist festzustellen, dass der Anlagehorizont entscheidend ist. Bei einem Anlagehorizont von unter 10 Jahren ist von Aktien abzuraten. Bei einem Anlagehorizont von 30 Jahren gibt es zu Aktien null Alternativen, es sei denn, man ist absoluter Immobilienprofi, der unternehmerisch in Immobilien investiert. Die für mich beste Untersuchung auf dem Gebiet (kann diese Untersuchung gerne auf Anfrage zur Verfügung stellen) zeigt z.B. dass jeder rollierende 30 Jahreanlagezeitraum in den USA mit ganz wenigen Ausnahmeperioden zu Renditen von 10 % p.a. oder mehr geführt hat (seit 1926). Es gab nur wenige 30 Jahresperioden, die unter 10 % lagen. Die niedrigste Rendite betrug 8,47 % p.a. (was ja auch nicht schlecht ist) für eine 30 Jahresperiode (von 1929-1958, also die Zeit der großen Depression).

Es bleibt weiterhin die Frage, warum gelten Aktien (selbst bei einem Anlagehorizont von 30 Jahren) als unsicher und deshalb als ungeeignet für eine sichere Geldanlage?

Der Hauptgrund ist die Funktionsweise unseres menschlichen Gehirns:

  1. Ein Verlust von beispielsweise 10 % wird emotional 5 bis 10 Mal stärker wahrgenommen (mit schmerzhaften Gefühlen) als ein Gewinn von 10 % (mit entsprechenden Glücksgefühlen). (Dies sind Erkenntnisse der Verhaltensökonomie und Psychologie)
  2. Der Feuereffekt: Wer als Kind sich am Feuer verbrannt hat, weiß was ich meine: Vor der Schmerzquelle zuckt der Mensch zurück. Mit anderen Worten, wenn man mit seinen Aktien Verluste und damit Schmerzen erleidet, verkauft man die Aktien und damit die Quelle der Schmerzen. (Beobachtungen meiner ersten Gefühlsimpulse in der Phase 2000 bis März 2003 und 2007 bis März 2009). So werden aus Verlusten auf dem Papier ganz reale Verluste! Der schlimmste psychologische Fehler, den Menschen in dieser Situation begehen, ist folgender Effekt: „Ja ich weiß, dass Aktien langfristig die beste Vermögensinvestition ist. Aber ich verkaufe jetzt, weil die Kurse permanent fallen und kaufe die Aktien am Tiefstpunkt billigst oder billiger zurück. So mache ich mehr aus dem Geld.“ Diese Menschen verkaufen dann und verpassen dann den richtigen Einstiegszeitpunkt. Dies ist empirisch mittels diverser Untersuchungen nachgewiesen. (Dazu später mehr). Im Ergebnis führt der Feuereffekt dann dazu, dass die Schmerzen damit real geworden sind. Dies führt zu dem weiteren Effekt, dass diese Menschen dann sagen: „Aktien sind zu unsicher!“ Wer kennt nicht das Sprichwort: „Gebranntes Kind scheut das Feuer!“
  3. Der Mensch ist ein soziales Wesen. Der Mensch paßt sich dem Verhalten seiner Gemeinschaft an! Gerade in Phasen, wo die Aktien über einen längeren Zeitraum gefallen sind, beschreiben die Medien vor dem Hintergrund von 1. und 2. besonders intensiv die andauernde Verlustphase („Bad news are good news“) und es kommen vermehrt Experten zu Wort, die eindringlich vor Aktien als Anlage generell oder in den jetzigen Zeiten warnen. Wenn alle gefühlt vor Aktien warnen, wer ist dann noch so mutig seine Aktien zu behalten oder gar in Aktien zu investieren insbesondere wenn man kein Experte auf dem Gebiet ist?

Vielleicht ist es möglich, von den Menschen zu lernen, die strukturell für die Aktienanlage sehr geeignet sind. Genau dies hat Fidelity versucht herauszufinden. Fidelity ist einer der ältesten und größten Anbieter und Verwalter von Aktienfonds weltweit mit einem verwalteten Vermögen von mehreren hunderten von Milliarden Euro oder sogar mehr. Fidelity hat untersucht, welche Merkmale haben die Anleger, die am erfolgreichsten bei ihnen angelegt haben (also nach Alter, Vermögen, Geschlecht, angestellt oder selbständig etc.). Zwei Gruppen waren mit Abstand die erfolgreichsten Anleger:

  1. Die Toten, wo die Erben nicht wußten, dass der Tote ein Depot bei Fidelity hat.
  2. Die Anleger, die vergessen hatten, dass sie ein Depot bei Fidelity haben.

Beide Strategien haben aus meiner Sicht unerwünschte Nebeneffekte, die mich davon abhalten, sie eins zu eins nachzubauen. Bei Strategie 1. müßte ich meine Frau und meine Kinder bitten, medizinisch z.B. durch eine entsprechende Operation dafür zu sorgen, dass ihr Gedächtnis entfernt wird oder anderweitig dauerhaft lahmgelegt wird und dann muß ich danach Selbstmord begehen. Brrrrr! Kein schöner Gedanke. Bei Strategie 2. müßte ich mein Gedächtnis herausoperieren lassen oder lahmlegen lassen. Schon besser, aber für mich auch nicht erstrebenswert. 🙂

Allerdings gerade in den Situationen, wo man versucht ist, zu verkaufen, sollte man sich vor Augen halten: Was würde jetzt ein Toter machen, dessen Erben nicht wissen, dass Aktien vorhanden sind? Richtig: Nichts tun, die Aktien behalten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Das hat mir geholfen, meine Strategie beizubehalten und in diesen Phasen die Aktien zu behalten.

Verzeiht, diese doch sehr plakative Darstellung. Sie ist aber notwendig, da ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer es ist, wenn das eigene Aktienportfolio um 20, 40 oder gar 60 % fällt und damit auf dem Papier die Ersparnisse von Jahren einfach ausradiert werden, diese Strategie beizubehalten.

Das was ich mir zugestehe, ist Aktien oder Fonds, wo ich aus welchen Gründen auch immer, die Überzeugung  verloren habe, zu verkaufen und die Erlöse gleichzeitig in Aktien und Fonds zu investieren, die ich besser finde und von denen ich überzeugt bin. Meine Frau und ich legen unser Geld schon seit über 20 Jahren systematisch in Aktien an. Während dieser Zeit haben wir netto nicht eine Aktie verkauft, sondern haben jedes Jahr netto mehr in Aktien angelegt als verkauft. Obwohl dieser Zeitraum einer der schlechtesten Anlagezeiträume war (Seit 1999 hat der DAX Kursindex immer noch nicht sein Hoch in 1999 wieder erreicht! Der DAX, der immer veröffentlicht wird, ist der DAXindex, wo die anfallenden Dividenden jedes Jahr reinvestiert werden. Nur dieser sogenannte Performanceindex ist in dieser Zeit deutlich gestiegen).

Das zweite was mir gerade in den Phasen der äußersten Verluste März 2003 und März 2009 geholfen hat, war folgendes: Das Verhältnis der Gewinne, die die Aktien in Gesamtheit zu ihren Kursnotierungen hatten, war äußerst preiswert. Bei einem Zinsniveau für sichere Geldanlagen wie Bundesanleihen von unter 7 % p.a. bei 10/30jährige Bundesanleihen, war das Verhältnis der geschätzten Gewinne für alle Aktien zu diesem Zeitpunkt im Durchschnitt bei deutlich über 10 % nach meiner Erinnerung bei ca. 15 % p.a. nach Steuern. Mit anderen Worten, wer damals Aktien gekauft hat, hat mit seiner Anlage jedes Jahr 15 % p.a. an Gewinnen auf seinen Kapitaleinsatz erzielt bei 5 % Verzinsung für eine Bundesanleihe vor Steuern! Für mich gab es nur 2 Szenarien, die eine so geringe Bewertung rechtfertigen bzw. die trotzdem ein Verkauf der Aktien rechtfertigen würden:
1. Einen Weltkrieg, der 80 -90 % der Bevölkerung der Welt auslöscht (was viele in März 2003 bis zum Ablauf des ersten Tages des Irakkrieges befürchtet haben). Nach dem 1. Tag war für jeden aus dem Kriegsverlauf erkennbar, dass der Irak null ABC (Atomar, Biologisch, Chemisch) Waffen hatte, die geeignet waren, einen Weltkrieg auszulösen. Dann stiegen die Kurse ab dem 2. Kriegstag wieder an und das Jahr 2003 endete mit einer fulminanten Aktienrally) und
2. Eine Weltwirtschaftskrise, die 80-90 % der gesamten Unternehmen zerstört (was viele bis März 2009 befürchtet haben. Dann war klar, dass die massiven Interventionen der Notenbanken und Regierungen gegriffen haben. Übrigens so verheerend war auch die Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren nicht). Im Ergebnis also absurd geringe Bewertungen, die aus meiner Sicht ökonomisch jenseits jeder rationaler Erklärung waren. Dies hat mich bestärkt meine Aktien zu behalten und dazu zu kaufen. Glücklicherweise für meine Frau ist sie mir da mit ihrem eigenen Geld gefolgt. (In diesen Zeiten habe ich deutlich mehr in Aktien investiert als in normalen Zeiten und teilweise Aktien auf Kredit gekauft. Die Kredithöhe betrug 3 Jahressparraten, so dass ich nach 3 Jahren eine Abbezahlung der Kredite nur aus meinen Ersparnissen gewährleisten konnte. Obwohl dies eines der schlechtesten Aktienzeiträume in Deutschland war, habe ich eine Rendite von 8 - 10 % p.a. erzielt, obwohl ich in den ersten 20 Jahren nur in aktiv verwaltete Fonds investiert habe, die im Ergebnis schlechter als die Indizes abgeschnitten haben).

Das dritte, was hilft, den Verlusteffekt (Verluste empfindet man um ein Vielfaches höher als Gewinne mit ihren Glücksgefühlen) zu vermeiden. Eine Möglichkeit besteht darin jahrelang besser jahrzehntelang gar nicht zu schauen. Oder in Phasen der Gewinne immer hinzuschauen und in Phasen der Verluste gar nicht hinzuschauen, wie sich das eigene Depot entwickelt hat (das mache ich). Oder den Darstellungszeitraum so zu wählen, dass ich Gewinne sehe (das mache ich auch).

"Allerdings gerade in den Situationen, wo man versucht ist, zu verkaufen, sollte man sich vor Augen halten: Was würde jetzt ein Toter machen, dessen Erben nicht wissen, dass Aktien vorhanden sind? Richtig: Nichts tun, die Aktien behalten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Das hat mir geholfen, meine Strategie beizubehalten und in diesen Phasen die Aktien zu behalten."

buy and hold haben mir damals am Neuen Markt dass Genick gebrochen (da hab ich auch den Leuten vertraut das Aktien langfristig immer steigen und nicht mehr hingeschaut bis ich 97% im Minus hatte), sonst wär ich längst finanziell unabhängig, der tecdax (gleich Neuer Markt) ist auch nach fast 20 jahren noch 65-70% im Minus und in Japan warten sie schon 30 Jahre darauf (-40% seit 1990), in Europa sieht es mit dem eurostoxx 50 auch nicht viel besser aus (-30 % seit 2000), also das buy and hold immer richtig ist, ist ein Märchen, es werden halt immer nur die USA angeführt (survival bias), dort gab es auch aber auch Phasen wo der markt über 15 Jahre nicht gestiegen ist, /ende 60iger bis anfang der 80iger) bei gleichzeitig sehr hoher Inflation, vor so einer Phasen könnten wir übrigens jetzt auch wieder stehen (Schulden müssen weginflationiert werden)

Es gibt natürliuch Ausnahmen wie Tim Schäfer (CTS Eventim und soäter Netflix) die Glück (oder Können) hatten dass sich die Firmen wieder erholt haben aber bei den anderen 90% bei denen das nicht geklappt hat (EMTV, Mobilcom, Intershop....), von denen hört man heute nichts mehr....

Ich habe in den letzten 30 Jahren, in denen ich in aktien investiere, nun schon einige drastische markteinbrüche erlebt.

Wichtig und wesentlich ist nun mal die Auswahl der richtigen Aktien. Klingt jetzt etwas Klugscheißerisch, ist aber nun mal so.

2001 bis 2003 hatte ich nun nahezu keine Technologie aktien, weil ich die entweder nicht verstanden hatte bzw meiner Ansicht nach völlig überbewertet waren. Völlig spurlos gingen die Einbrüche nun auch nicht an meinem Portfolio vorbei, aber weit weniger als der Markt. Und dann wenn es am meisten weh tut, nachkaufen.

Die Einbrüche 2001/2003 und 2008/2009 waren im Nachhinein für mich sehr gut: super niedrige kaufkurse, wie es die so schnell nicht mehr geben wird.

Was Wärmflasche oben schreibt ist auch einer der Gründe warum ich keine etfs sondern nur einzelaktien kaufe.

Zitat von Waermflasche am 16. November 2019, 17:33 Uhr

"Allerdings gerade in den Situationen, wo man versucht ist, zu verkaufen, sollte man sich vor Augen halten: Was würde jetzt ein Toter machen, dessen Erben nicht wissen, dass Aktien vorhanden sind? Richtig: Nichts tun, die Aktien behalten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Das hat mir geholfen, meine Strategie beizubehalten und in diesen Phasen die Aktien zu behalten."

buy and hold haben mir damals am Neuen Markt dass Genick gebrochen (da hab ich auch den Leuten vertraut das Aktien langfristig immer steigen und nicht mehr hingeschaut bis ich 97% im Minus hatte), sonst wär ich längst finanziell unabhängig, der tecdax (gleich Neuer Markt) ist auch nach fast 20 jahren noch 65-70% im Minus und in Japan warten sie schon 30 Jahre darauf (-40% seit 1990), in Europa sieht es mit dem eurostoxx 50 auch nicht viel besser aus (-30 % seit 2000), also das buy and hold immer richtig ist, ist ein Märchen, es werden halt immer nur die USA angeführt (survival bias), dort gab es auch aber auch Phasen wo der markt über 15 Jahre nicht gestiegen ist, /ende 60iger bis anfang der 80iger) bei gleichzeitig sehr hoher Inflation, vor so einer Phasen könnten wir übrigens jetzt auch wieder stehen (Schulden müssen weginflationiert werden)

Es gibt natürliuch Ausnahmen wie Tim Schäfer (CTS Eventim und soäter Netflix) die Glück (oder Können) hatten dass sich die Firmen wieder erholt haben aber bei den anderen 90% bei denen das nicht geklappt hat (EMTV, Mobilcom, Intershop....), von denen hört man heute nichts mehr....

 

Zitat von Waermflasche am 16. November 2019, 17:33 Uhr

"Allerdings gerade in den Situationen, wo man versucht ist, zu verkaufen, sollte man sich vor Augen halten: Was würde jetzt ein Toter machen, dessen Erben nicht wissen, dass Aktien vorhanden sind? Richtig: Nichts tun, die Aktien behalten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Das hat mir geholfen, meine Strategie beizubehalten und in diesen Phasen die Aktien zu behalten."

buy and hold haben mir damals am Neuen Markt dass Genick gebrochen (da hab ich auch den Leuten vertraut das Aktien langfristig immer steigen und nicht mehr hingeschaut bis ich 97% im Minus hatte), sonst wär ich längst finanziell unabhängig, der tecdax (gleich Neuer Markt) ist auch nach fast 20 jahren noch 65-70% im Minus und in Japan warten sie schon 30 Jahre darauf (-40% seit 1990), in Europa sieht es mit dem eurostoxx 50 auch nicht viel besser aus (-30 % seit 2000), also das buy and hold immer richtig ist, ist ein Märchen, es werden halt immer nur die USA angeführt (survival bias), dort gab es auch aber auch Phasen wo der markt über 15 Jahre nicht gestiegen ist, /ende 60iger bis anfang der 80iger) bei gleichzeitig sehr hoher Inflation, vor so einer Phasen könnten wir übrigens jetzt auch wieder stehen (Schulden müssen weginflationiert werden)

Es gibt natürliuch Ausnahmen wie Tim Schäfer (CTS Eventim und soäter Netflix) die Glück (oder Können) hatten dass sich die Firmen wieder erholt haben aber bei den anderen 90% bei denen das nicht geklappt hat (EMTV, Mobilcom, Intershop....), von denen hört man heute nichts mehr....

Vielen Dank für Deinen Hinweis. Es fehlen von meiner Seite noch einige Ergänzungen:

Einzeltitel wähle ich nur dann aus, wenn ich mir zutraue, die Geschäftsmodelle zu verstehen und die Unternehmen zu bewerten. Hier wähle ich nur Unternehmen mit (sehr) profitablen Geschäftsmodellen, exzellenter Wettbewerbsposition (möglichst monopolartig), starken Wachstumsraten, Integrität des Managements, fairer Preis oder Unterbewertung etc.

Weiterhin wähle ich nur Aktien von Vermögensverwaltern, die exzellente Einzeltitelauswahl nach obigen Kriterien deutlich besser durchführen als ich.

Bei absoluter Überbewertung oder wenn mir die Überzeugung abhanden kommt aufgrund anderer Einschätzungen tausche ich die Werte.

Nur wenn ich keine Einzeltitelideen habe kaufe ich ETFs weltweit, Europa, Asien oder USA. Alles andere wäre mir zu eng.

Zwei Gruppen waren mit Abstand die erfolgreichsten Anleger:
Die Toten, wo die Erben nicht wußten, dass der Tote ein Depot bei Fidelity hat.
Die Anleger, die vergessen hatten, dass sie ein Depot bei Fidelity haben.

😆    Danke dafür!

Ich investieren mittlerweile seit 10 Jahren in Einzelaktien, habe 2009 klein begonnen. Mein Horizont sind noch weitere 11 Jahre, dann möchte ich die "große Reise" starten. Also Aktien ja sicher, bisher auch erfolgreich, aber 30 Jahre hab ich nicht mehr, dann bin ich Mitte 70. Ich mein, ist dann auch schön, keine Sorgen zu haben, aber ein Weltreise wird es in dem Alter wohl nicht mehr werden.

Hoher Cash-Bestand, in mehreren Währungen (nicht auf Bankkonten!), auch wenn es wegen der Inflation weh tut. Gold. Wenig Schulden im Vergleich zum Cash. Beträge in Aktien, die man verschmerzen kann auch bei 50% oder 90% Kursverlust. Wenn man nicht an einen Crash glaubt oder dieser sich hinzieht über Jahrzehnte: in Aktien investieren, selbst dann ist aber physisches Gold ratsam (kein Buchgold!). Und immer dafür sorgen, dass man ein Dach über dem Kopf hat, sonst muss man wieder bei Mutti einziehen.

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