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Steuerberaterempfehlungen für Frugalisten?

Bei mir steht vermutlich im nächsten Jahr eine große Umstellung an, da ich aus Frankreich wieder zurück nach Deutschland ziehen werde, und dabei möglicherweise mein Erspartes durch passives Einkommen aus ETFs die "Basiskosten" zum Leben tragen sollte.

Ich würde mich dahingehend auch bereits als sehr gut informiert bezeichnen, würde allerdings gerne einen Professionellen Steuerberater drüber schauen lassen um hier einen letzten "Sanity Check" durchzuführen. Allerdings sollte der eben mit diesem doch etwas nischigen Thema vertraut sein und für eine solche Fragerunde möglichst via Videokonferenz zur Verfügung stehen ohne einen dabei schräg anzuschauen, weil es ja "albern" ist nicht "normal" arbeiten zu wollen. 😉

Entsprechend sollte er mit ETFs, Günstigerprüfung und so weiter vertraut sein und idealerweise auch noch Kenntnisse aus dem Französischen System mitbringen. Jetzt werdet ihr mit letzterem wohl selber nie Kontakt gehabt haben, aber ich kann mir zB vorstellen, dass Steuerberater aus dem Saarland da aufgrund von Grenzgängern schon Erfahrungen mit haben dürften.

Persönlich habe ich durch den Wohnort im Ausland noch nie eine deutsche Steuererklärung machen müssen, daher weiss ich auch nicht so recht wie es "normalerweise" funktioniert, wenn man einen Steuerberater "nimmt". Und wie gesagt, ich brauche ihn erstmal nicht um die Steuern überhaupt auszufüllen, sondern um den Plan abzunicken, oder eben Schwachpunkte offen zu legen. Also vermutlich ein etwa einstündiges Gespräch, bei dem ich den Großteil der Zeit reden werde.

Daher die Frage an euch, ob ihr einen Steuerberater empfehlen könnt. Also einen für Frugalisten im allgemeinen, einen, der Videokonferenzen anbietet im besonderen, und einen, der möglicherweise auch noch ein bischen Ahnung vom Französischen System hat als Bonus.

Hallo @schatten,

da du noch nie eine Steuerklärung in D. gemacht hast, musst du zunächst ein paar allgemeine Dinge wissen: Es gibt keine Steuer-Spezialisten für Frugalisten. Das ist in dem Sinne auch gar nicht nötig, da die Steuererklärung für Privatiers nicht so kompliziert ist. Bei deinen Fragen und Absichten kann dir jeder halb wegs kompetente Steuerberater helfen, dafür ist keine Spezialisierung oder besondere Erfahrung nötig. Ob du es als "albern" oder "nicht normal" ansiehst wird dem Steuerberater auch herzlich egal sein, da musst du dich für nichts schämen. Sage einfach klar, was du willst und worum es geht und der Steuerberater wird dann seine Arbeit machen.

Wenn du noch "Altlasten" mit deiner früheren Arbeit in Frankreich hast oder jemanden brauchst, der sich mit Grenzgängern auskennt, dann wird es auch da vermutlich kaum "Spezialisten" geben. Wenn ein Steuerberater noch nie einen solchen Klienten hatte, schaut er sich normalerweise die Gesetzeslage an und macht dann dementsprechend deine Steuererklärung. Die meisten Dinge sind klar geregelt und stehen in Gesetzes- und Auslegungstexten drin. Wenn du in Deutschland steuerpflichtig bist, wirst du auch nicht unbedingt jemand brauchen, der sich im Französischen Steuersystem auskennt. Zum einen gibt es da Doppelbesteuerungsabkommen, die solche Fälle regeln, zum anderen bist du da sicher nicht der Einzige, den das trifft. Der Steuerberater wird sich dann im Zweifelsfalle sachkundig machen.

Es ist allgemein so, dass es bei Steuerberatern nicht so viele Spezial- oder Fachrichtungen gibt. Das ist nicht wie bei Anwälten. An deiner Stelle würde ich mich mal im Bekanntenkreis umhören, ob man dir jemanden empfehlen kann. Du kannst auch auf diversen Internetportalen schauen, wer gute Beurteilungen bekommen hat.

Ob der Steuerberater allerdings nur den Berater für dich spielt und dir beim Ausfüllen hilft, wage ich fast zu bezweifeln. Das Problem ist, dass du das in der Steuererklärung angeben musst, wenn dir ein Fachmann geholfen hat. Wenn du dann doch etwas falsch machst, steht der Steuerberater plötzlich mit in der Verantwortung. Ich glaube nicht, dass das einer mitmachen wird. Außerdem möchten die auch ihr Geschäft machen. Du gehst ja auch nicht in die Autowerkstatt und sagst: "Erklären Sie mir mal, wie man einen Zahnriemen wechselt, ich mache das dann selbst."

Ich würde dir auch empfehlen, wenn du auf dem Gebiet noch völlig unerfahren bist, dass du das erst einmal von eine professionellen Steuerberater machen lässt und dir alles ganz genau erklären lässt. Bei den Zukünftigen kannst du ja dann immer noch entscheiden es selbst zu machen. Du schließt ja kein "Abo" ab. Hier solltest du nicht an der falschen Stelle sparen. Das ist auf jeden Fall gut investiertes Geld und außerdem kannst du die Kosten für den Steuerberater absetzen 😉

Hallo!

Danke für die Antwort!

Die Sache ist in diesem Fall aber ja die, dass es mir gar nicht um die Steuererklärung an sich geht, sondern um die "feasibility" des Plans an sich. Und der wiederum ist natürlich an zukünftige Steuererklärungen gebunden.

Also sagen wir jetzt einfach mal, wenn ich in dem Jahr 20k Gewinn an Aktien machen würde, weil ich jetzt große Summen verkaufe, dann wird der Steuerberater am Ende des Jahres ja auch nicht mehr "retten" können, als steuertechnisch möglich. Dass es hier einen Freibetrag von 9400€ gibt, dass nur Gewinne Versteuert werden, dass es einen Freibetrag von 801€ gibt, und das ETFs nur zu 70% besteuert werden und so weiter - all das müsste ich ja noch vor Eingang des Jahres wissen /gewusst haben, ansonsten hätte ich mich während des Jahres nicht so verhalten können, damit es dann eine passende Steuererklärung überhaupt geben kann. Ich hätte also beispielsweise nur (Steuerfreibetragsssumme+Sparerpauschbetrag+AbsetzbareMindestKrankenkassenzahlungen)/ETF-Ermäßigungsfaktor also (9400€+801€+2280,47€)/07 an Gewinn in diesem Jahr machen dürfen um keine Steuern bezahlen zu müssen. Bzw diese auch hätte machen sollen um soviel wie möglich des verbleibenden Vermögens steuerfrei zu bekommen.

Aber das muss man natürlich vorher wissen. 🙂

Zur Kontrolle kannst du deinen Plan auch einfach hier posten. Hier sind dutzende Menschen angemeldet, die sich genau mit deinem Thema und deinen Fragestellungen tagtäglich beschäftigen. Und wenn da einer Mist erzählt bekommt er zuverlässig auf die Finger - was bei einem Steuerberater nicht der Fall ist, zumindest nicht bevor das Kind nicht schon in den Brunnen gefallen ist.

Mist, mein ganzer Beitrag ist verschwunden 🙁

Stimme den Vorrednern zu, Du brauchst keinen speziellen Steuerberater, die können Kapitaleinkünfte aus dem Effeff.

Ich würde an Deiner Stelle für das erste Jahr (noch mit Arbeitseinkommen aus Frankreich) einen Steuerberater die gesamte Steuererklärung machen lassen. Danach (fürs erste vollständige Privatier-Jahr) eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim Finanzamt beantragen und an Deine Depotbank geben. Oder eben die Steuererklärung selbst machen und Dich an der Vorlage des Steuerberaters orientieren. Wer mit dem Amtsdeutsch zurechtkommt und Olivers Grundartikel https://frugalisten.de/steuern-kapitalertraege-privatier-optimieren/ versteht, kann auch seine Steuererklärung selbst machen.

Das mit dem ETF-Ermäßigungsfaktor (Teilfreistellung*) gilt, meine ich**, nur für die pauschale Kapitalertragssteuer, nicht, wenn Du Deine Kapitaleinkünfte mit Günstigerprüfung in der Einkommensteuererklärung versteuerst, und das möchtest Du ja, um möglichst bei 0 Steuern rauszukommen. Es ist übrigens nicht dramatisch, wenn Du dann doch etwas drüber liegst - die Steuerprogression ist anfangs ja sehr niedrig.

*ohnehin nur für Gewinne ab 1.1.2018
**habe bislang keine hohen Kapitalerträge. Der @privatier kann da sicherlich weiterhelfen (obwohl, er hat glaube ich keine Fonds).

Es werden übrigens nicht nur Gewinne versteuert, sondern alle Kapitalerträge, also auch Zinsen und Dividenden.

Zitat von Fritz am 9. Oktober 2020, 9:44 Uhr

Es ist allgemein so, dass es bei Steuerberatern nicht so viele Spezial- oder Fachrichtungen gibt. Das ist nicht wie bei Anwälten.

Das mag für Privatiers bzw. in der Kapitalbesteuerung so sein, weil das wirklich jeder StB drauf haben muss - aber mMn gibt es bei StB eine ebenso hohe Spezifikation wie bei Anwälten. Wobei mein StB auch Anwalt ist, insofern überschneidet sich da viel. Aber es gibt eine Unmenge von Steuergesetzgebungen, wo sich kein "normaler" StB rantraut.

Ob der Steuerberater allerdings nur den Berater für dich spielt und dir beim Ausfüllen hilft, wage ich fast zu bezweifeln. Das Problem ist, dass du das in der Steuererklärung angeben musst, wenn dir ein Fachmann geholfen hat. Wenn du dann doch etwas falsch machst, steht der Steuerberater plötzlich mit in der Verantwortung.

Das ist verkehrt. Man unterschreibt die Erklärungen immer selbst, immer eigene Haftung. Du kannst einen StB kaum in Regress nehmen, siehe aktuelles Verfahren beim DFB. Die machen nicht mal den Versuch, die Steuerberater des DFB dafür in Haftung zu nehmen bzw. sind diese nicht Beklagte des Verfahrens - das geht alles direkt an die handelnden Personen. Ausnahmen (Vorsatz, strafbare Handlungen des StB) bestätigen die Regel.

 

Ich glaube nicht, dass das einer mitmachen wird. Außerdem möchten die auch ihr Geschäft machen. Du gehst ja auch nicht in die Autowerkstatt und sagst: "Erklären Sie mir mal, wie man einen Zahnriemen wechselt, ich mache das dann selbst."

Hmmm ... wo ist das Problem? Beratung durch StB auf Honorarbasis, jederzeit möglich. Wenn's nicht funktioniert, kommt der Kunde eh wieder und kauft dann das ganze Paket. Habe ich bei mir ja auch, gibt immer ein paar Kunden, die sich nur die Rohdaten von mir holen und dann erst mal selber gucken, ob sie klarkommen. Manche können's, manche halt nicht. Genau wie beim Zahnriemen.

 

Danke für eure Antworten, wie ich sehe ist man sich hier aber auch schon nicht überall einig. 😉

@christine

Die Nichtveranlagungsbescheinigung macht bei mir vermutlich keinen Sinn, da ich immer wieder die 9400€ leicht überschreiten werde, da ich diese nahezu perfekt ausnutzen will, um die Gesamtsteuer zu reduzieren die sich sonst im angelegten Bereich ansammelt.
Sprich, wenn ich Aktien im Wert von 20k verkaufe, davon aber nur effektiv 5k zu versteuern sind, dann würde ich nochmal 20k verkaufen um auf 10k zu kommen und so die 9400€ bestmöglich auszunutzen (Sparerpauschbetrag u.a. hab ich jetzt mal aussen vor gelassen). Ansonsten würde A: Die zu bezahlende Steuer jedes (gewinnbringende) Jahr ansteigen und B: Im Falle eines komplettverkaufs, ein massiver Reststeuer-Betrag zu begleichen sein. Bei 20k Gewinn pro Jahr, ließe sich durch den Steuerfreibetrag ja immer knapp die hälfte davon von Steuern "reinigen", selbst wenn man das Geld nicht braucht, und dann neu anlegen. Dabei werde ich aber eben die 9400€ immer leicht überschreiten, denn auf den Euro genau planen ist voraussichtlich unpraktikabel.

Den Artikel von Oliver hatte ich schon gelesen (dadurch bin ich auch auf diese Seite gekommen), und er war super hilfreich.

Zur ETF-Teilfreistellung habe ich keine Quelle gefunden, die besagt, dass diese nicht auch für die Günstigerprüfung gilt. Erschiene mir auch nicht logisch, da sie zum einen gegen Doppelbesteuerung helfen soll, und man zum anderen dann mit einer Günstigerprüfung, die die Steuerlast auf 24% senken würde, dann schlecht darstehen würde.

@schatten Das ist ja alles kein Problem. Wenn du die 9,4 k€ jedes Jahr optimal ausnutzen willst, dann verkaufst du eben deine Aktien am Jahresende (mit exakt diesem Gewinn) und kaufst sie sofort wieder zurück. Im Folgejahr holst du dir die Steuern zurück und es sammeln sich keine Monstergewinne über mehrere Jahre an.

Wenn du allerdings die Gewinne laufen lässt und sonst keine Einkünfte hast, solltest du dich mal schlau machen, ob du vielleicht in den Jahren ohne Einkünfte einen Verlustvortrag machen kannst.

 

@Fritz Genau. Mein Punkt war nur, dass eine Nichtveranlagungsbescheinung da afaik keinen Sinn machen würde, weil man nach dieser ja aller Erwartung nach keine Steuern zahlen wird. Ich vermute aber, dass ich die jedes Jahr zahlen werde. Zwar im sehr geringen Umfang, aber genau auf 9399€ will ich nicht zielen, zumal man ja wie gesagt Pauschbetrag, die 70% der ETFs, andere Absetzungen noch reinrechnen muss. Und ob die Bank nun dauerhaft 2500€ mehr oder weniger dauerhaft blockiert, sollte da keine große Rolle spielen.

Das mit dem Verlustvortrag wäre eine gute Idee im Szenario, wenn alles 100% neu wäre und die ersten Jahre richtig schlecht laufen würden.
Ich muss dazu vielleicht noch sagen, dass ich aktuell nichts in den geplanten Konten investiert habe, und sich meine Werte derzeitig noch auf 2 französischen "Spezialdepots", einem normalen franz Aktiendepot und teils in Edelmetallen befinden. Das heisst, diese Spezialkonten werden ausgezahlt, das Metall verkauft und das Geld davon reinvestiert werden. Lediglich die Aktien des Depots werden übertragen werden um die Steuern beim Verkauf und Neukauf zu vermeiden (die in Frankreich bei 30% statt 25% auf einem normalen Konto liegen). Heisst also, dass zwar 80% oder mehr der Aktien frisch sein werden, ich aber im Fall von Verlusten auch die übertragenen Aktien verkaufen könnte, die alle derzeit weit im Plus liegen. Ein "Verlustjahr" sollte es steuertechnisch daher nicht geben, selbst in einem Jahr mit -30% würde ich alt-Aktien mit Gewinn verkaufen können.