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Sind denn (fast) alle Anderen indoktriniert? (Und warum?)

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Hallo zusammen,

einmal vorweg: Ich gehe davon aus, dass die meisten von uns den frugalistischen Lebensstil gewählt haben, um entweder gar nicht mehr oder nur noch in selbstbestimmtem Maße einer Arbeit bzw. einem Job nachzugehen zu müssen. Warum? Na weil es da draußen noch so viel mehr als Arbeit gibt. Die Welt bereisen, neue Kulturen kennenlernen, Urlaube, die sich nicht nach dem 6-Wochen Jahresurlaub-Budget oder den Plänen der Kollegen richten müssen...aber auch viel kleinere Dinge. Morgens gemütlich ausschlafen, in der Sommersonne ein gutes Buch lesen, Raum für Familie und Freunde, Hobbys, ein zeitintensives Haustier (z.B. Hund) halten und nicht zuletzt der Luxus seine begrenzte Lebenszeit (zum sehr großen Teil) mit Personen zu verbringen, die einen tatsächlich lieben und wertschätzen. Kurz: Einfach das zu tun, wonach einem der Sinn steht, ohne dass fünf- bis sechsmal die Woche morgens der Wecker klingelt und man dann abends nach der Arbeit zu müde ist, um noch groß irgendwelche Hobbys oder Beziehungen zu pflegen. (Ja, manche können das auch nach 8,5 Stunden Arbeit + Fahrzeit und für die freue ich mich, aber viele können es eben auch nicht.)

Jetzt hatte ich letztens mit einem Kollegen mal wieder ein Gespräch, das für mich die Einstellung vieler Menschen in meinem Umfeld widerspiegelt. Es ging darum, dass man sich nach einer verhängten Verdachtsquarantäne aufgrund des "großen Cs" nach einer gewissen Zeit freitesten lassen kann und somit nicht 2 Wochen in Quarantäne verbringen muss. Nun ist es aber so, dass der Arbeitgeber den Lohn für die 2 Wochen fortzahlt (der Arbeitgeber bekommt das Geld auf Antrag von den zuständigen Behörden sogar erstattet) und die Tage zählen (zumindest bei uns) weder als Urlaubs- noch als Krankentage, sondern "separat".

Man könnte also sagen, man bekäme im Falle einer Verdachtsquarantäne durch die Erkrankung eines Arbeitskollegen 2 Wochen Urlaub geschenkt, in denen man halt nicht rausdarf. Für alle, die sich sehr gut alleine mit sich selbst beschäftigen können, ein Traum (abgesehen von der Angst, sich infiziert zu haben). Man könnte diesen "Sonderurlaub mit Hausarrest" auch als Entschädigung dafür sehen, dass man durch seinen Beruf bzw. durch den Kontakt mit den Kollegen ja erst in die Situation einer Quarantäne (und den Verdacht auf eine Krankheit mit ungewissem Verlauf) gekommen ist. Oder auch als Entschädigung für die ständigen Kopfschmerzen durch das (aufgrund der Arbeitssituation notwendige) Tragen der Masken.

Aus diesen Gründen habe ich den Kollegen dann durch die Blume gefragt, wozu ein verfrühtes Freitesten denn dann gut sein soll. Kurz zum Hintergrund: In unserem Arbeitsumfeld muss durch die Quarantäne/Krankheit eines Mitarbeiters so gut wie niemand mehr oder gar zu viel arbeiten, man ist eigentlich eher froh, wenn mal was zu tun ist. Man würde sich also letztendlich nur um den eigenen "Sonderurlaub" bringen, ohne dass jemand anderes davon einen Vorteil hätte. Im Gegenteil, viele Tests weisen das Virus leider nicht richtig nach (mehrmals im Umfeld erlebt) und so würde man seine Kollegen durch ein frühzeitiges Verlassen der Quarantäne sogar noch eher gefährden als alles andere. Und nochmal: Wir würden hier über EINE Woche zusätzlichen "Urlaub" reden, von grob gerechnet 44x45= 1980 Arbeitswochen im Leben. (52 Jahreswochen - 6 Wochen Urlaub - 2 Wochen pro Jahr krank = 44 Wochen auf der Arbeit, 45 Jahre bis zur Rente).

Daraufhin meinte mein Kollege dann extrem spitz: "Na damit man nicht die ganze Zeit zu Hause sitzt." Der Tonfall machte klar, dass der Kern seiner Aussage keinesfalls in Richtung "MIR würde da die Decke auf den Kopf fallen, ich will möglichst schnell wieder raus dürfen" ging, sondern viel mehr den Grundgedanken hatte, dass allein meine Frage ja Faulheit implizieren würde. Es ging nicht darum die Wohnung zu verlassen oder eine Ich-Botschaft im Sinne von "die Arbeit macht mir so viel Spaß, ich wäre traurig, daheim bleiben zu müssen" zu senden. Es ging um Entrüstung.  Und das hat mich doch schon sehr erstaunt. (Nochmal, niemand müsste für meine Nicht-Quarantäne-Verkürzung mehr arbeiten, am allerwenigsten der Kollege, da wir so gut wie nichts miteinander zu tun haben.

Jetzt ist meine Frage: Was bringt so extrem viele Menschen dazu, auf diese Weise zu denken? (Die Antwort des Kollegen hätten mir so nämlich auch noch viele weitere gegeben, auch aus dem Freundeskreis). Dass man sich und anderen in 1980 Arbeitswochen im Leben nicht einmal eine zusätzliche Woche gönnt, die nicht mit Beruflichem gefüllt ist. Ich rede ja jetzt nichtmal über eine "blaugemachte" Woche. Es geht lediglich um Quarantäne, die nicht verkürzt wird. Und ja, es gäbe die Gefahr, dass der sich in Quarantäne Befindliche in dieser zusätzlichen Woche seinen Hobbys nachgeht und Spaß dabei hat (gemischt mit der Angst vor einer Ansteckung). So what? Ist das jetzt so bedrohlich?

Wieso ist es so selbstverständlich, dass der Job einen auch mit 8 Stunden + Pause + Fahrtweg, an 5 Tagen die Woche, für über 200 Tage im Jahr so sehr zu erfüllen hat, dass so gut wie niemand offen zugibt, dass er gerne finanziell frei und nicht an den Job gebunden wäre? Nicht falsch verstehen, viele Jobs sind notwendig, damit unsere Welt eben funktioniert. Und ich liebe meinen Job sogar (welch ein Glück, ich wüsste wirklich nicht, wie ich das sonst durchstehen würde).

Aber ich finde es einfach unnatürlich, wie sich irgendwie alle gegenseitig das Bild vermitteln, dass man bei 40 Wochenstunden, in denen man einer bestimmten Tätigkeit nachgeht (völlig egal was und egal wie abwechslungsreich), im Fall einer zusätzlichen (unerwarteten) freien Woche nicht einfach in Jubel ausbrechen würde. Die meisten meiner Hobbys wären nicht meine Hobbys, wenn man mich zwingen würde, sie an 40 Stunden die Woche, Woche für Woche, Jahr für Jahr auszuüben. Ich empfinde mich tatsächlich schon als die Ausnahme, dass es mir am Sonntag nicht vor dem Montag graust und mir mein erster Arbeitstag nach dem Urlaub ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Ebenso würde mich aber auch ein weiterer Urlaubstag zum Lächeln bringen.

Manchmal habe ich das Gefühl, ich wäre nur von Robotern umgeben. Man hört zwar die üblichen Sprüche wie "endlich Wochenende" und "juhu, Urlaub", denn die scheinen gesellschaftlich akzeptiert zu sein. Aber nicht arbeiten zu wollen, weil es schönere (oder andere schöne) Dinge im Leben gibt (ohne dabei anderen auf der Tasche zu liegen)? Undenkbar.

Führen wir uns auch mal vor Augen, dass im Falle einer Corona-Infektion und Langzeitschäden der Arbeitnehmer der Angeschmierte wäre, auch wenn die Ansteckung auf bzw. durch die Arbeit erfolgt wäre. (Zur Wahrscheinlichkeit: Meine regelmäßigen persönlichen Kontakte ohne Arbeit 3-4, mit Arbeit: pro Monat an die 1000). Wenn der Arbeitnehmer nicht mehr funktioniert, kriegt er über kurz oder lang die Kündigung. Er ist halt unterm Strich eine Human Resource. Wer kaputt ist, wird aussortiert (das kann jedem passieren, der Kampf mit den Ämtern und Krankenkassen ist dann wirklich nicht schön). Und mit diesem Hintergrund "gönnt" man sich nicht noch die 2. Woche Quarantäne, in der man vielleicht einfach mal eine ruhige Kugel schiebt und ein bisschen sein Leben genießt (so gut das mit der Angst vor eventuellen Corona-Symptomen eben funktioniert)? Was ist los mit den Leuten?

Ich höre übrigens von anderen Leuten auch oft den Spruch: "Ach, ohne Arbeit wäre es doch langweilig, da würde man ja nur zu Hause sitzen, was soll man denn mit all der Zeit anfangen?" Ich selbst bin tatsächlich in meiner Grundstruktur ein ziemlicher Stubenhocker (abgesehen von wunderbaren Waldspaziergängen). Und ich denke mir bei solchen Antworten dann: Was haben Leute, die diese Frage stellen, denn für ein furchtbar trauriges Leben? Sich ohne die Arbeit nicht beschäftigen können? Was ist denn da passiert?? Ich finde für mich IMMER was zu tun, das Leben hat so viel zu bieten und man muss für Vieles davon nichtmal das Haus verlassen. Damals in der Grundschule hat kein Kind gesagt "och nö, ohne die Schule kann ich mich nicht beschäftigen", zumindest kannte ich keins. Auch auf der weiterführenden Schule hab ich das nicht oft gehört. Aber jetzt auf der Arbeit (und auch die Freunde von damals)...schon seltsam, haben die alle irgendwann 'ne Wunderpille gekriegt und ich wurd' vergessen?

Den Gedanken, dass ich nicht für immer arbeiten möchte und deshalb möglichst viel Geld anspare hatte ich übrigens schon in der 2. Klasse. 😉

 

So, ich hoffe, ihr zerreißt meinen Beitrag nicht - lasst mich einfach mal eure Gedanken zu dem Thema wissen. Ich bedanke mich im Voraus für eure Antworten. Ich werde vermutlich nicht allzu viel kommentieren (Zeitmangel durch Arbeit und viele Hobbys, da sind wir wieder beim Thema ;)), aber ich werde alles lesen.

@Just_Wondering

Im Berufsleben tragen viele eine Maske, womit ich jetzt nicht eine Hygiene-Maske meine, sondern ein aufgesetztes Berufsgebaren, das nichts mit dem Privatmenschen zu tun hat. Mich hat das auch immer befremdet, aber ich habe immerhin gelernt, meine Meinung nicht mehr allzu offen zu sagen, weil eben wirklich alles negativ ausgelegt werden könnte. Man darf halt nie eine verwundbare Seite zeigen, denn das ermutigt geradezu, dass einer kommt und Dich  klein machen will. Und wenn es auch nur darum geht, sich moralisch entrüstet zu zeigen. Bei Hackordnungen wird eben viel nach unten gehackt oder zu den Konkurrenten. Und gelästert wird auch sehr viel auf allen Ebenen. Mein Großvater, ein Geschäftsmann sagte immer: Trau, schau, niemandem.

Liebe Grüße, Laura Maelle

Hi @just_wondering ich möchte deine Frage zuspitzen zu warum streben nicht alle nach FI und erweitern mit wie wir damit umgehen sollten.

Zum besseren Verständnis möchte ich mal für uns Menschen in zwei Kategorieen Einteilen (je nach Thema gehört man mehr der einen oder anderen an).

Kategorie 1: Menschen die sich sehr wohl und sicher fühlen mit von außen vorgegebenen Strukturen.

  • Ihnen fällt es schwer sich selbst zu strukturieren
  • Neue und komplexe Aufgaben lösen in ihnen Überforderung und Unwohlsein aus
  • Der 08/15 Job als Angestellter gibt ihnen Sicherheit
  • In dieser Sicherheit können sie jedoch Höchstleistungen erbringen und neues Erfinden
  • FIRE wird für viele von ihnen nicht erstrebenswert sein

Kategrie 2: Menschen die die Freiheit lieben

  • Ihnen fällt es nicht leicht sich an vorgegebene Strukturen zu halten, sie wollen diese ständig verändern
  • Neue Situationen und Aufgabenstellungen reizen sie den Job weiter zu machen
  • Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gibt ihnen Sicherheit
  • FIRE ist für viele von ihnen erstrebenswert

Warum gibt es jetzt diese Aufteilung? Ich nehme an das es unsere Prägung aus früher Kindheit ist. Vielleicht auch angeborene Eigenschaften.

Wie sollten wir damit umgehen?

  • Verständnis für den anderen aufbringen und ihm eine Umgebung schaffen in der er sich wohl fühlt
  • Ihn nicht versuchen zu überzeugen oder gar manipulieren die eigene Vorstellung von gelungenem Leben als heilsbringend anzusehen
  • Respekt für den anderen aufbringen. Die Kategorien sind wertneutral egal wo man sich befindet es gibt dort kein besser oder schlechter

Hab ich damit dein Thema einigermaßen getroffen?

 

 

 

@just_wondering

Quellen zum Thema  gibts unendlich viele; nur Stichworte googeln: Philosophie Arbeit Industrialisierung Griechenland Kapitalismus

Kurzform: Arbeit galt bei den alten Griechen stets als verpönt, stand sie doch einem lebenswerten Leben des Denkens, der Freiheit und der schönen Künste im Weg. Außerdem lenke Arbeit den Geist in eine ungesunde, eine dumpfe Richtung die Erstgenanntes verhindert. Klar, bei Sklavenhaltern des alten Griechenlands ist derlei Rechtfertigung natürlich auch logisch. Später dann die Sprüche  aus dem alten Christetum, "wer nicht arbeitet, der kein Brot" (Paulus?), da änderte sich das dann langsam. Arbeit macht gleich und Gleichheit fördert ein christliche Gemeinschaft (also für die Kirche ein Machtargument). Klar war aber damals immer: Sobald das Überleben gesichert war wird weniger gearbeitet. Im Mittelalter hat die gleiche Kirche das dann wieder rückgedreht denn der (goldbehangene) Klerus arbeitet dann nicht mehr und die Arbeit war eine göttliche Aufgabe zur Demutberförderung und Glaubensfrage für Bauern, Handewerker. Luther hat dann dem ganzen nochmal nen Drall gegeben: Arbeit als Gottesprüfung und der Mensch ist zur Arbeit geboren. Pietisten und Puritaner haben dann die Arbeit als Gesamtgotteswerk definiert, alle Freuden des Lebens abgeschafft; nat. außer dem Gebet.

Der Kapitalismus war nachfolgend auf Arbeitskräfte angewiesen und nach mehreren Schritten der Schaffung einer Abhängigkeit (Bauern gaben ihr Land auf uns zogen in die Stadt) durch Hungerlöhne gezwungen in Abhängigkeit zu leben. Gleichzeitig galt in den reicheren Schichten des 19. Jhds weiterhin das Arbeiten stets und immer als verpönt: Ein Blick in Jane Austins Romane oder aktuell bei Netflixs Bridgerton zeigen wo die Schwerpunkte lagen. Leben heißt hier: Müßiggang, Kunst und Kultur (neudeutsch: Party) ist absolut erstrebenswert; Arbeit für das Fußvolk.

Sowohl Kapitalisten als auch Kommunisten waren sich später letztlich einig: Marx mit seinem "Recht auf Arbeit" oder Henry Ford (war das glaub): Keine Zeit für Müßiggang, alle Arbeit für den Fortschritt. Das gilt nun schon seit über 150 Jahren und Nichtarbeiten ist was für Dekadente und Nichtstutze, also eindeutig negativ belegt!! Dass die Leute immer spezialisierter wurden ist Teil der Abhängigkeit vom Geld und eine logische Entwicklung. Der Kapitalismus ist da ein schlaues Ding: Abhängigkeit vom Geld bedeutet Abhängigkeit von Arbeit bei gleichzeitigem Versprechen von Unabhängigkeit! Die Werbung ist voll davon: Mach dein Ding, gönn dir was, sei du selbst, individualiere dich, usw. je mehr man das aber tut, desto abhängiger wird man von Erwerbsarbeit. Wichtig: Das ist anerkannt und erstrebenswert, in Funk, Fersehen, Familiendiskussionen, Freundeskreis, Kollegium. Wer da mit dabei ist beim vermeintlich freiheitlich-individuellen Glück (Individualurlaub, Cabrio Sonderausstattung, TV mit ausgefallenen Gimmicks, schicke KLeidung...), der ist anerkannt. Eine Gehirnwäsche.

Wie also soll einem Gehirngewaschenen mit drei Sätzen erklärt werden, dass er wahrscheinlich einem Trugbild unterliegt, wo doch Nicht-Arbeit als schlecht gilt? Für mich dennoch ein Rätsel, denn wie ich eingangs geschreiben habe: Wissenschaft und Philosophie ist da eindeutig! Man kann sich beide Wege argumentatv erschließen , Argumente sind zugänglich und liegen auf dem Tisch. Jedoch: Nur die obersten globalen 1% können das auch tatsächlich umsetzen. Der Rest muss eben weitermachen um zu überleben. Kapitalismus... ist eben ein gemeines Ding! (Das ist übrigens nicht zynisch gemeint sondern eine Sachbeschreibung!)

@Laura Maelle Danke für deinen Beitrag, da steckt sehr viel Wahrheit drin. Das Seltsame ist eben, dass ich bei dem Kollegen nicht das Gefühl hatte, dass es um das Tragen einer Maske in der Berufswelt ginge (das würde für mich ja Sinn machen), sondern um eine internalisierte Haltung. Natürlich kenne ich nicht seine wahren Beweggründe, aber der Gedanke, dass man dieses "Leben um zu Arbeiten"-Prinzip tatsächlich so sehr verinnerlichen kann, dass es zur eigene Haltung wird, verwundert mich doch sehr. (Und ich rede jetzt nicht von jemandem, der seinen Beruf einfach so sehr liebt, dass er dafür lebt.) Nun ja, man kann den Leuten nur vor den Kopf schauen...

@Jan Veerman Dir ebenfalls vielen Dank für deinen Beitrag, ja, du hast das Thema damit schon ganz gut getroffen. Lustigerweise passe ich viel eher in die erste Kategorie (außer dass ich mich selbst sehr gut strukturieren kann) und ein mir nahestehender Mensch passt zu 100% in die zweite. Dennoch strebe ich nach finanzieller Freiheit und er nicht. Das liegt aber auch daran, dass ich schon immer die Hoffnung hatte, dieses Ziel zu erreichen, der andere Mensch denkt dagegen eher "das wird eh nichts, also mach ich's mir lieber jetzt schön".

Dein Fazit, wie wir damit umgehen sollten, finde ich wunderschön geschrieben und stimme diesem absolut zu. Leben und leben lassen (und vielleicht noch was vom anderen lernen). 🙂

@Absprung_2020 Danke, du hast genau meinen Gedankengang erfasst. In dieser Klarheit habe ich den historischen Verlauf dieser Gehirnwäsche (auch von mir nicht zynisch gemeint) noch nie betrachtet. Dazu kommt ja noch, dass man viele 40-Stunden-Jobs getrost auf 30 Stunden einstampfen kann, ohne dass unterm Strich weniger Leistung erbracht wird. Manche Arbeitgeber entschließen sich ja sogar von sich aus dazu. Das heißt dann im Umkehrschluss: Jahrelang haben Mitarbeiter 40 Stunden im Monat = 480 Stunden im Jahr = 20 ganze Tage damit verschwendet, einfach nur künstlich beschäftigt auszusehen, damit die Arbeit auch für 8 Stunden reicht. Auch wieder so ein Gedankengang, der bei vielen einfach nur auf Unverständnis stößt.

Ich denke, wenn dann bei einem Gespräch von 2 Mitarbeitern, bei dem weit und breit kein Chef in Sicht ist, sich einer so wie mein Kollege spitz in Richtung "Na damit man nicht die ganze Zeit zu Hause sitzt" äußert, dann hat die Gehirnwäsche doch bravourös funktioniert. Ich bin baff, dass das wirklich bei so vielen klappt. Vor allem wie erwähnt unter dem Umstand, dass niemand anderes durch das Fernbleiben einen Nachteil hätte und man die Kollegen durch längere Quarantäne auch noch in erhöhtem Maße schützt.

 

Zitat von Just_Wondering am 23. Januar 2022, 11:55 Uhr

@Jan Veerman Dir ebenfalls vielen Dank für deinen Beitrag, ja, du hast das Thema damit schon ganz gut getroffen. Lustigerweise passe ich viel eher in die erste Kategorie (außer dass ich mich selbst sehr gut strukturieren kann) und ein mir nahestehender Mensch passt zu 100% in die zweite. Dennoch strebe ich nach finanzieller Freiheit und er nicht. Das liegt aber auch daran, dass ich schon immer die Hoffnung hatte, dieses Ziel zu erreichen, der andere Mensch denkt dagegen eher "das wird eh nichts, also mach ich's mir lieber jetzt schön".

Also das mit den zwei Gruppen ist zu simpel, da gibt es viele Mischformen. Das sind eher Extreme und dazwischen gibt es ein Spektrum an Arbeitshaltungen. Es gibt gute Psychologie-Bücher zur Arbeitsmotivation, kann ich empfehlen. Arbeit kann übrigens auch eine Sucht sein.

Wer sich selbst gut strukturieren kann, ist aber wirklich schon gut aufgestellt. Wem es an Umsetzungskompetenz fehlt, der kann nur schwer sein volles Potenzial & Know-how umsetzen. Deshalb stehen nicht unbedingt die Schlauesten ganz oben, sondern oft auch  nur Leute, die mit weniger davon viel umzusetzen verstehen.

Liebe Grüße, Laura Maelle

Arbeit ist doch heute viel freier geworden, nochmal deutlich mehr in der Corona Zeit!

Nach 30 Jahren Berufserfahrung ist meine Arbeit geprägt von hoher Effizienz, kreativem und freiheitlichem Entwicklungsgrad sowie einer hohen persönlichen und räumlichen Freiheit.

Im Home Office ist das „über die Schulter“ schauen fast komplett eliminiert. Der an mich gesetzte Auftrag und Erwartungen sind in effektiven 4-6 Stunden Arbeit im Rahmen meiner Vollzeittätigkeit erledigt.

Ich habe die Freiheiten während des Arbeitstages eine Runde joggen zu gehen und mich am Nachmittag eine halbe Stunde schlafen zu legen oder zu meditieren.
Habe Zeit für Aktienrecherche, in diesem Forum zu schreiben, für mich und meine Kinder zu kochen usw. …

Nicht falsch verstehen. Ich möchte mir meine Situation nicht schönreden und für abhängigste Beschäftigung plädieren, So ganz frei und komplett selbstbestimmt ist mein Alltag ja nun mal nicht, dafür ja auch sehr gut entlohnt.

Aber das sind ja schon enorme Fortschritte in Sachen Produktivität zu den alten Griechen oder dem christlichen Mittelaltertum. Eher eine Art latente Gefahr spätrömischer Dekadenz?!

@muslime_frugi mit dem wie du deine Arbeit beschreibst hast du ein sehr erstrebenswertes Level erreicht. Vermutlich hast du es geschafft dich in abhängiger Beschäftigung sehr unabhängig zu machen da du den Zielen die dich abhängig machen würden nicht mehr hinterher läufst.

Es ist vollkommen richtig das sich die Arbeit sehr stark gewandelt hat. Vom einst dirigierenden und kontrollierenden aber auch fürsorglichen Vorgesetzten hin zur indirekten Steuerung die oft zum burn out führt. Gut beschrieben mit "Das Krokodil in der Arbeitswelt"

Wer sich von dem frei machen kann und trotzdem seine Motivation und Freude behält, dem kann ich nur gratulieren selbstverständlich ist es jedoch nicht.

@Muslime_Frugi Vielen Dank für deine Antwort. Ja, im Home-Office sind viele dieser negativ-Faktoren komplett ausgehebelt und man kann endlich seine Arbeit in der Zeit erledigen, die man wirklich dafür braucht, und hat dann frei. Niemand schaut einem dabei über die Schulter. Deine Situation klingt wirklich traumhaft und ich freue mich für dich. 🙂 Ich glaube auch gar nicht, dass du dir deine Situation schön redest. Du arbeitest effektiv 4-6 Stunden von zu Hause aus ohne Zeitdruck und ohne künstliches Aufschieben, kannst zwischendurch joggen und ein Nickerchen machen. Das IST schön. 🙂

Aber auch über diese Vorteile vom Home-Office (Arbeit in Wirklichkeit schon nach 4-6 Stunden getan und dann mach man sich 'nen schönen Tag) traut sich ja kaum jemand offen zu reden (außer in Foren). Man genießt einfach still. Eben so haben Kinder, die im Präsenzunterricht unter Mobbing leiden, im Fernunterricht eine echt gute Zeit. Diese Seite wird auch oft unter den Teppich gekehrt und nur die andere Seite (erhöhte häusliche Gewalt, Kinder vermissen soziale Kontakte - was ebenfalls alles sehr hart ist) erwähnt.

Und ja, wir leben definitiv schon in sehr viel besseren Verhältnissen als damals, sowohl von den Arbeitsbedingungen als auch von dem, was wir für unser Geld bekommen können. (Das mag manchen jetzt trivial erscheinen, aber ich denke hier z.B. an die schiere Auswahl an Eissorten im Supermarkt.) Aber trotzdem mache ich mir so meine Gedanken und hinterfrage Dinge.

 

Dinge zu hinterfragen ist gut und richtig und sollte ein fortwährender Prozess sein.

Zeitweilen kann dieses Hinterfragen natürlich auch eine Ablenkung ins Außen sein um die Verantwortung für die eigene - meist unbefriedigende Situation und Denkschleife- dort zu suchen und dorthin zu verlagern. Das ist im Prinzip ein psychologisch ganz billiger Trick um wie gewohnt weiter zu machen anstatt mutig zu sein und ein Stück weit sich selbst zu sein trotz abhängiger Beschäftigung.

Jetzt kann ich da mit 50 und schon recht fortgeschrittenem „Fuck you Money“ für den ein oder anderen angstdurchsetzten User ein bisschen zu locker und flockig wirken. Und ja, tatsächlich erscheinen mir die Krokodile Outsourcing, Rationalisierung, Entlassung etc. nicht mehr als Angstgegner.

Aber sind wir mal ehrlich zu uns:Es sind ja meist nicht die Umstände die uns quälen, sondern unsere Gedanken daran. Also das Drama in unseren Köpfen.
Dies zu hinterfragen ist doch auch gar nicht so schlecht und recht hilfreich.

Zitat von Just_Wondering am 23. Januar 2022, 13:51 Uhr

Aber auch über diese Vorteile vom Home-Office (Arbeit in Wirklichkeit schon nach 4-6 Stunden getan und dann mach man sich 'nen schönen Tag) traut sich ja kaum jemand offen zu reden (außer in Foren). Man genießt einfach still. Eben so haben Kinder, die im Präsenzunterricht unter Mobbing leiden, im Fernunterricht eine echt gute Zeit. Diese Seite wird auch oft unter den Teppich gekehrt und nur die andere Seite (erhöhte häusliche Gewalt, Kinder vermissen soziale Kontakte - was ebenfalls alles sehr hart ist) erwähnt.

Homeoffice ist nur bei den höheren Schulstufen geeignet, nicht für die obligatorische Schulzeit. Das wurde in der Schweiz untersucht und deshalb wurde auch auf die Schließung der Schulen verzichtet nach dem ersten Lockdown im März 2020.

Bei den Behörden läuft in der Schweiz derzeit alles sehr schleppend wegen Homeoffice. Dort funktioniert es auch nicht gut. Das ist deutlich spürbar und wird oft beklagt.

Liebe Grüße, Laura Maelle
Zitat von Absprung_2020 am 23. Januar 2022, 11:33 Uhr

Dass die Leute immer spezialisierter wurden ist Teil der Abhängigkeit vom Geld und eine logische Entwicklung. Der Kapitalismus ist da ein schlaues Ding: Abhängigkeit vom Geld bedeutet Abhängigkeit von Arbeit bei gleichzeitigem Versprechen von Unabhängigkeit! Die Werbung ist voll davon: Mach dein Ding, gönn dir was, sei du selbst, individualiere dich, usw. je mehr man das aber tut, desto abhängiger wird man von Erwerbsarbeit. Wichtig: Das ist anerkannt und erstrebenswert, in Funk, Fersehen, Familiendiskussionen, Freundeskreis, Kollegium. Wer da mit dabei ist beim vermeintlich freiheitlich-individuellen Glück (Individualurlaub, Cabrio Sonderausstattung, TV mit ausgefallenen Gimmicks, schicke KLeidung...), der ist anerkannt. Eine Gehirnwäsche.

 

Gute Diskussion, absprung_2020, genauso sieht das aus, wird einem von klein auf eingetrichtert in Werbung etc., haste was biste was, zeigen was man hat usw. Wer es schafft dem nicht zu erliegen zeigt wahre Größe. Ich bin ja selbst lange dem Konsumtrip gefolgt. Henry Ford hat übrigens die ehrbaren Handwerker damals nur zu der stupiden Fließbandtätigkeit bewegen können indem er ihnen ein gutes Gehalt, Sozialleistungen und Sicherheit versprochen hat.

Mulsime, exakt, bei mir sind es im HO oft noch nicht mal 4-6 Std., man stellt fest das viele Dinge insbesondere die, mit denen die FK ihren Status untermauern, endlose Sitzungen und Palavern, im HO fast ganz entfallen. Reduziert auf die reine notwendige Arbeit lässt sich das sehr effizient erledigen. Für mich ist es das perfekte Training für den Vorruhestand 😉

Zitat von Muslime_Frugi am 23. Januar 2022, 14:26 Uhr

Und ja, tatsächlich erscheinen mir die Krokodile Outsourcing, Rationalisierung, Entlassung etc. nicht mehr als Angstgegner.

Neben dem Antreiber Angst gibt es ja insbesondere noch den Antreiber Karriere. Auf den wollte ich eigentlich mehr hinaus. Aber auch das hast du gut gemeistert. Ich bewundere es sehr wenn einem der Schritt angeboten wurde man aber clever genug war zu durchschauen das es einem doch nicht so gut tut. Das stelle ich mir wie einen Kampf mit dem eigenen Ego vor.

Zitat von Just_Wondering am 23. Januar 2022, 11:55 Uhr

Dazu kommt ja noch, dass man viele 40-Stunden-Jobs getrost auf 30 Stunden einstampfen kann, ohne dass unterm Strich weniger Leistung erbracht wird.

 

Teilweise sogar noch extremer: bei mir war es so, dass natürlich die mindestens 50 Stunden aufgrund der Gehaltsklasse erwartet wurden. Davon war aber einiges völlig sinnbefreit und hat mich immer belastet. Gut war es dann, als ich nach meiner Elternzeit für 2 1/2 Jahre meine Arbeit auf 80% reduziert hatte: anstatt 50+ Stunden dann eben nur noch genau 28 Stunden. Und irgendwann hatte ich wieder genau die Aufgaben von vorher übernommen. Ich kümmerte mich dann nur noch um die inhaltlichen Aufgaben und alles (für mich als überflüssig priorisierte) wie stundenlange Meetings habe ich weggelassen. Output war der gleiche, aber alle anderen waren natürlich immer total genervt und haben rumgelästert. Nur manchmal wurde dann doch stlle Bewunderung geäußert.

Zitat von Just_Wondering am 23. Januar 2022, 13:51 Uhr

@Muslime_Frugi Vielen Dank für deine Antwort. Ja, im Home-Office sind viele dieser negativ-Faktoren komplett ausgehebelt und man kann endlich seine Arbeit in der Zeit erledigen, die man wirklich dafür braucht, und hat dann frei. Niemand schaut einem dabei über die Schulter. Deine Situation klingt wirklich traumhaft und ich freue mich für dich.

Home Office fand ich immer unangenehm und habe ich nie genutzt (obwohl ich das gekonnt hätte). Dann bin ich lieber die 15 Minuten ins Büro gelatscht: deutliche Trennung Arbeit / privat, wenig Ablenkung von privatem im Home Office, Gespräche zwischendurch, mal ein Kaffee mit den Kollegen. Als für mich deutliche Vorteile.

Zitat von konsument am 23. Januar 2022, 17:38 Uhr

Gute Diskussion, absprung_2020, genauso sieht das aus, wird einem von klein auf eingetrichtert in Werbung etc., haste was biste was, zeigen was man hat usw. Wer es schafft dem nicht zu erliegen zeigt wahre Größe. Ich bin ja selbst lange dem Konsumtrip gefolgt.

Ja, und wenn man dem nicht folgt, ist man schon verdächtig. Dass wir zB

  • kein Haus haben, obwohl ja nun alles eines kaufen
  • ich kein Auto habe, sondern immer zu Fuß zum Aldi rumlatsche bzw ein Monatsticket für die öffentlichen Verkehrsmittel mein Eigen nenne
  • und auch sonst eigentlich sehr wenig konsumiere

fällt schon auf und wird dann immer kommentiert mit "und dabei habt ihr doch soviel Geld!" - und ich denke immer "wenn die wüssten wieviel!"

Oder wenn wir dann in ein schickes Hotel in den Urlaub fliegen, gibt es auch keinen Kommentar (wahrscheinlich der Neid - so ein teurer Urlaub, obwohl er doch gar nicht arbeitet)

Zitat von Privatier am 23. Januar 2022, 17:57 Uhr

Output war der gleiche, aber alle anderen waren natürlich immer total genervt und haben rumgelästert. Nur manchmal wurde dann doch stlle Bewunderung geäußert.

Das zeigt doch wie viel mehr Menschen davon träumen, sich aber einfach nicht trauen. Schlimm, dass sich das dann oft als Neid äußert und in Lästereien niederschlägt. Auch wenn ich jetzt nicht genau weiß, wie du bei einer Reduzierung auf 80% auf 28 Stunden kommst, bei 50 Stunden wären das 40, bei 40 Stunden dann 32. Aber macht ja nix, wichtig ist, dass du auf deine 28 Stunden kamst und glücklich damit warst. Du hast dich getraut. Herzlichen Glückwunsch!

Zum Homeoffice: Ja, Ablenkung und das Gefühl, Arbeit & Privates im Homeoffice nicht trennen zu können, kann in der Tat ein Problem sein. Du scheinst ja einen sehr kurzen Arbeitsweg zu haben und wenn du im Büro nicht 4 Stunden Arbeit auf 8 Stunden strecken musst, kann ich deine Entscheidung durchaus verstehen. Zum Kaffee mit den Kollegen als Anreiz: Nachvollziehbar, wenn sie sehr nett sind. Wenn nicht trink ich den dann lieber mit Freunden.

@Laura_Maelle Natürlich kann man nicht jeden Job so ohne Weiteres ins Homeoffice verlagern. Gerade bei den Behörden hätte ich dann aber die These, dass es da auch einfach sehr an der Digitalisierung hapert - und auch an der Motivation, dass alles reibungslos funktioniert. Bei uns in Deutschland wird/wurde sich aufgrund der Pandemie teilweise von den Behörden über Monate geweigert, neue Personalausweise auszustellen (wenn der alte abgelaufen war), um nur ein Beispiel zu nennen. Zuschicken geht nicht, Gebäude betreten ist dem Bürger nicht erlaubt, Übergabe draußen an der Tür wird ebenfalls verweigert. So könnte und dürfte ein Unternehmen in der freien Wirtschaft niemals handeln, ohne dass es sich selbst in den Ruin treibt.

 

Nochmal nachgedacht, ist ja schon ein paar Jahre her: vertraglich waren es 39 Stunden, die ich zuerst auf 75% reduziert hatte, nach einigen Monaten bin ich dann auf 80% hoch.

Kaffeetrinken mit Kollegen hilft aber oft auch bei der Arbeit. So zwischendurch erfährt man alles, was man sonst nicht mitbekommt. Und dem Chef bzw. Oberchef mal auf dem Flur begegnen, kann auch helfen.

Zitat von Privatier am 23. Januar 2022, 18:39 Uhr

Kaffeetrinken mit Kollegen hilft aber oft auch bei der Arbeit. So zwischendurch erfährt man alles, was man sonst nicht mitbekommt. Und dem Chef bzw. Oberchef mal auf dem Flur begegnen, kann auch helfen.

Stimmt, um sein Ansehen beim Chef zu erhöhen und in den "Flurfunk" reinzulauschen, ist das Kaffeepläuschchen natürlich sinnvoll. Ich dachte zuerst, es ginge dir um die soziale Interaktion, daher meine Antwort.

@konsument und @privatier

Ich befürchte, dass die zur Schau getragene Individualisierung in Form von Konsum nur ein Teil der Wahrheit ist. Unser Wirtschaftssystem ist derzeit dabei, die Individualisierung auf jeden Einzelnen zu übertragen und auch die letzten Banden der kleinst möglichen sozialen Einheit (die Familie) anzugreifen. Man will, dass die Individualisieren des Konsums jeder für sich schon gut findet wie es läuft auch wenn die Nachbarschaft das nicht unbedingt sehen muss; also eine echte Gehrinwäsche, nicht nur ein vordergündige Manipulation mit Kurzzeiteffekt sondern das Eintrichtern einer grundsätzliche Lebenseinstellung, zu der übrigens auch FIRE eine Blüte beiträgt:

Das fängt an, dass Eltern doch bitte möglichst früh ihre Kinder in einer Kita unterbringen können, so ab 6 Monaten geht das los, der gesetzlich garantierte Kita - PLatz wurde politisch umgesetzt. Die Firmen bieten zudem (clever!) eigene Kindergärten an, damit die Eltern wieder früher zur Arbeit kommen. Mit 6 oder 8 gibt es ein Smartphone, letztlich der Einstieg in die "Individualisierung" ohne Aufsicht der Eltern. Das wird oft keinsfalls als problematisch gesehen, zeigt es doch wie unabhängig (mit Öffis fahren o.ä.) und cool die Kids damit schon umgehen und Dinge können die Oma nicht kann. Es geht stets darum, dass das Individuum nur als Unikat Glück erfahren wird und nur als Einzelner wirklich unabhängig und glücklich sein wird. Glück soll ja individuell sein. Später im Leben dann, da gibts professionelle Ratgeber für jeden Sch... in Buch, TV, Internet und auch unterstützende Profis ohne Ende: Partnerwahl, Ratgeber ob und wie man sich trennt oder irgendwas erstreitet vo Ex, unterstützt von motivierten Anwälten, Psychologen..., , ideale Erziehung der Kids, ideale Urlaube mit oder mal ohne Kids, unique Freizeiterlebnisse am Fallschrim oder bei Kartrennen .... egal, für jeden was dabei und ganz persönlich darauf zugeschnitten, also: Nur für dich, sei du selbst!

Der Trend derzeit ist für mich wie gesagt glasklar: Individuell lebende Menschen (also jeder in der Familie, vom Baby-Nachwuchs mit Kita-Kosten bis zum Opa im kapitalistisch funktionierenden Pflegeheim) konsumieren mehr und geben mehr Geld aus als Zusammengehörige einer größeren Gruppe die für sich einstehen, füreinander da sind und sich gegenseigig ohne Geld (!) unterstützen. Und wer sein Individual-Ideal lebt und mehr konsumiert und mehr Geld ausgibt, der muss mehr ranklotzen im Job und ist somit in einer Abhängigkeit vom Job und der Firma und Teil des dann geschmiert laufenden Systems. Das alles ist keine Verschwörung, nein, genauso wollen wir das (ich ja auch!), das ist der Zeitgeist und für mich auch kein Problem. Ich möchte das aber umfassend verstehen, damit ich zumindest merke wenn mich einer vergackeiert. Und nur darum gehts mir.

Die Grundsatzgedanken dessen was ich schrieb sind übrigens nicht von mir, die Ideen sind im schönen Büchlein von Yuval Harari, "Eine kleine Geschichte der Menscheit" skizziert. Empfehlenswert und ein Augenöffner.

Und welche Blüten im beschriebenen Individual-System steuern die FIRE-Individuen jetzt so bei? Da kommt jetzt jeder selbst drauf!

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