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Rürup als Bastardprodukt

Hallo liebe Frugalisten-Freunde,

Ich bin neu im Geschäft, knapp 31 Jahre jung und fange jetzt erst an mich mit meiner finanziellen Unabhängigkeit im Alter auseinander zu setzen.

Vor einigen Jahren, mit etwa 28 Jahren, habe ich mir von meiner Bank ein so genanntes Bastardprodukt bestehend aus Rürup-Rente und Berufsunfähigkeitsversicherung andrehen lassen. Ich glaubte den Worten meines Bankberaters, dass eine Rürup Rente im Falle einer zukünftigen Selbstständigkeit (was in meiner Branche sehr üblich ist - Psychotherapeut) mir gewisse Vorteile bringen würde. Nun höre ich von allen Seiten warnende Stimmen und wollte hier um fachmännische (und auch unabhängige) Beratung bitten.

Ist die Rürup-Rente wirklich so schlimm wie es mir alle glauben machen wollen? Gilt das für jeden, auch für Selbstständige?

Vielen Dank im Voraus für die Hilfe,

Jules

Hallo Jules, pauschal schwer zu sagen, was für Konditionen hat denn der Rürup-Vertrag? Worin wird das Geld investiert, zu welchen Kosten und wie ist die Verrentung geregelt?

Tipp, wenn hier nicht genug Feedback kommt, frag mal im Wertpapier-Forum und da im Unterforum alternative Anlagen. Da kommen meist gute und schnelle Antworten, wenn man die Richtlinien für Themenersteller beachtet und alle wichtigen Infos mitliefert.

Ich habe auch so ein Produkt, weil es drei Funktionen erfüllt:

  • Lebensunterhalt im Berufsunfähigkeitsfall
  • Genug Auszahlung für meine Immobilie
  • Absicherung über das Rentenalter hinaus

Wenn ich jetzt arbeitsunfähig werde, hilft es mir wenig, bis 67 versorgt zu sein um dann in die Armut zu fallen.

Diese Versicherung ist ein relativ großer Posten im Budgets, aber eben für mein Sicherheitsbedürfnis notwendig.

In meiner Familie (Vater, Großvater, Onkel) gibt es da eine unrühmliche Tradition von Schlaganfällen.

So, ich schaue gerade Mal nach.

Was Finanzen angeht bin ich wirklich ein absoluter Neuling, falls noch etwas fehlt trage ich gerne alles nach. Vielen Dank auch erstmal für eure Hilfsangebote

Der monatliche Beitrag liegt offiziell bei 78,27€, abzüglich des Beitragsverrechnungsanteils liegt der tatsächliche Beitrag bei 60€

 

Der früheste Rentenbeginn wäre 2057 möglich. Ich hätte dann eine garantierte Rente von 65€. Das garantierte Vertragsvermögen beläuft sich dann auf 24.960€ zur Verfügung, wobei eine gesamtausschütung glaube ich nicht möglich ist.

Abhängig von der Wertentwicklung meines vertragsvermögens entwickelt sich auch die monatliche Rente. Bei 5% Wertentwicklung erhalte ich 179€, bei 0%  86€.

Natürlich steigert sich der Betrag mit höheren Renteneintrittsalter.

 

Die Effektivkosten betragen 1,7%

Außerdem fallen noch ein paar Einmalkosten von insgesamt 598€ an.

 

Laut Vertrag wird der Großteil des Vermögens im Sicherungsvermögen angelegt. Ein kleiner Teil soll in einem Index investiert werden der weltweit in verschiedene Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Rohstoffe) investiert. Mehr habe ich dazu nicht gefunden

Braucht ihr noch mehr Infos?

Ehrlich gesagt, jede Menge. 🙂 Wie teilt sich der Betrag auf in Sparanteil und Anteil für die BU? Welche Einmalkosten (Provision usw.) sind entstanden und über welchen Zeitraum werden diese vom Monatsbeitrag bezahlt? Gibt es eine Dynamik? Kann man den Beitrag reduzieren oder beitragsfrei stellen, und wie würde sich das auf die BU Leistung auswirken? Was genau leistet die BU?

Generell kann man sagen, dass der Monatsbeitrag ja eher gering ist, dieser Vertrag wird bei deinem zu erwartenden Einkommen also schonmal keinen größeren Schaden anrichten. Vermutlich wird die BU im Leistungsfall dann auch keinen hohen Betrag zahlen.

Von Banken auf Provisionsbasis vertriebene Verträge abzuschließen, lohnt sich fast nie. Es kann aber manchmal passieren, dass es Sinn macht einen schon laufenden Vertrag zu behalten. Die Provision ist eh bezahlt, im Extremfall hattest du seit Abschluss Krankheiten oder Unfälle, durch die du heute nicht mehr an die BU-Konditionen kommen würdest, die Kopplung Rürup + BU kann steuerlich vorteilhaft sein, weil die Beiträge erst bei Auszahlung versteuert werden, usw. Dazu muss man sich den Vertrag genau anschauen.

Da du selbst sagst, du kennst die Materie noch wenig, würd ich jetzt nicht gleich in die Tiefen deines Vertrags abtauchen. Ich würde dir stattdessen empfehlen, dir erstmal ein gesundes Basiswissen anzulesen. Ich kann dir dazu das Buch "Einfach genial entscheiden in Geld- und Finanzfragen" von Prof. Dr. Hartmut Walz empfehlen. Hab ich selbst mal gelesen, ist schön unterhaltsam geschrieben und man hat danach ein gesundes Basiswissen - und ein fundiertes Misstrauen gegenüber der Finanzbranche. 😉 Dein Vertrag läuft ja nicht weg und wenn du was dran drehen willst, kommt es auf ein paar Wochen mehr nicht an.

 

@cricetus: Ja, geb ich dir recht. Wollte auch nicht den Sinn einer BU anzweifeln, nur die Variante als Kombiprodukt. Ist schon blöd, wenn man später bei Bedarf seinen Rentenvertrag nicht beitragsfrei stellen kann, weil dann auch der BU-Schutz flöten geht.

Meine Mutter hatte eine solche Kombi bei ihrer Lebensversicherung, da sie auch selbständig war. Als mein Vater starb, wurde bei der Erbenteilung nur der Rückkaufswert berechnet, sodass dies nicht ihren Hausanteil schmälerte. Sie konnte ihre Lebensversicherung zwischenzeitlich bei einer Bank als Sicherheit geben für einen Kredit. Da kam am Ende der Laufzeit ein hübsches Sümmchen raus. Trotzdem löste ich die Versicherungen auf mich und meine Schwester auf, schien mir einfach zu wenig lohnend.

Liebe Grüße, Laura Maelle

Eine BU sichert in der Regel nur bis zum Alter X ab. Hier gab es beim Vergleich böse Überraschungen: Ein Vermeintlich besseres Angebot lief nur bis 63.

Wenn ich jetzt Arbeitsunfähig werde, entsteht eine große Rentenlücke. Dadurch das ich eben gesundheitlich eingeschränkt bin wird diese dann sogar drastischer sein. Um diesen, für mich bedrohlichen Fall, abzuwenden habe ich das Kombiprodukt abgeschlossen.

Leistung im BU Fall waren 3000€ pro Monat. (Aktuell 3500€)

Die Basisrente sind garantierte 300€ pro Monat.

Dynamik sind 3 % pro Jahr, die ich bisher ausgenutzt habe,

Der für mich sehr wichtige, und teure, Baustein ist die Aufstockung der Basisrente um 10% pro Jahr der Arbeitsunfähigkeit.  Wenn ich mit 40 Arbeitsunfähig werde wären das etwa 3900€ mtl, was die Lücke vermutlich schließen würde.

Für mich bedeutet diese Versicherung ein Mehrwert an Sicherheitsgefühl. Auch wenn es ein deutlicher Dämpfer für die Sparquote bedeutet (200€ mtl.).

Edit: 51% des mtl Beitrages werden für Basisrente verwendet, was die ganze Sache steuerlich attraktiver machen soll.

Rürup-Verträge kann man durchaus abschließen (hab ich auch). Allerdings bin ich kein Freund davon mehrere Produkte in einem Vertrag zu kombinieren. Es macht den Vergleich und die Beurteilung der einzelnen Komponenten recht schwer.

Mal ein paar Gedanken zu dem, was du als Rürup hast: Wenn der größte Teil davon sehr sicher angelegt ist, bekommst du momantan darauf fast keine Rendite, nach Inflation dürfte es sogar negativ sein. Wenn ein kleiner Teil in Aktien, Anleihen und Rohstoffen steckt, dürfte davon der Aktienteil langfristig die höchsten Erträge bringen. Ich sehe aber nicht, wie ein Depot mit der Aufteilung momantan auch nur in die Nähe von 5 % Rendite kommen soll. Und ich verstehe auch nicht, warum du in deinem Alter ein Produkt brauchst, dass dir die Einzahlungen garantiert. Da hätte ich deutlich stärker auf Aktien gesetzt und auf eine Kapitalgarantie über knapp 40 Jahre verzichtet, es ist doch ziemlich unwahrscheinlich, dass die Börse so schlecht läuft.

Hallo, Rürup Verträge sind evtl. für die Personen Sinnvoll, die keine Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung bezahlen (müssen). Der Vorteil der Rürup Versicherungen liegt in ihrem hohen Steuerfreibetrag (genau wie die Beiträge zur GRV). Die Rürup Rente hat gegenüber der GRV allerdings einen erheblichen Vorteil und dieser liegt darin, dass man sich das Portfolio zusammenstellen kann. Man kann mit Rürup z.B. in Aktien-ETFs investieren und kann so von Aktienrenditen profitieren, während die GRV die Rente lediglich alle paar Jahre mal um 0,5% erhöht. Man sollte auch hier stets die Kosten im Auge behalten, nicht das diese den Steuervorteil zu nichte machen und man mit einem einfachen Dauerauftrag in eine MSCI World besser dran wäre.

Für Personen die fleißig monatlich Beiträge in die GRV einzahlen, halte ich die Rürup Rente als zusätzliches Investmentprodukt für bedingt geeignet, da man eine Grundabsicherung bereits über die GRV hat und auf das Geld auch erst ab dem Rentenalter zugegriffen werden kann und dann auch nur als monatliche Rente. Wer damit die Rentenlücke schließen möchte, fährt mit der Rürup evtl. besser als mit Riester. Kommt dabei halt auf die Details an, wie Abschlusskosten, laufende Kosten, Portfolioaufteilung, etc.

Eine zusätzliche BUV (zur gesetzlichen EUV) sollte meiner Meinung jeder Berufstätige haben.

Ich selbst habe 2004 eine Kapitallebensversicherung mit BUV abgeschlossen, d.h. Beiträge Steuerfrei und Gewinne ebefalls steuerfrei auch bei Auszahlung. Leider gibt es das nicht mehr.

Von Honorarberatern Empfohlen werden sogenannte Nettopolicen (anstelle von Rürup oder Riester). Wäre ich noch in der Anfangsphase/ Aufbauphase würde ich mich darüber mal weitergehend informieren.:-)

Du schreibst, dass du monatlich 78,27€ in die Versicherung einbezahlst. Ist das deine komplette Rentenvorsorge oder hast du weitere Versicherungen oder Depots? Falls nicht, ist das viel zu wenig.

Hmm, okay

Also könnte ich noch einmal in der Zeit zurück reisen würde ich dieses Produkt so definitiv nicht mehr kaufen.

Die Frage die ich mir jetzt stelle, ist eher kündigen oder behalten. Bislang tendiere ich eher der Einfachheit halber das Produkt zu behalten.

 

@apageo Zur Rentenversicherung habe ich noch ein paar andere Versorgungsstrukturen, aber bislang ist alles eher Kraut und Rüben: Einerseits habe ich natürlich jetzt schon ein paar Jahre in die gesetzliche eingezahlt, andererseits gibt es noch das Versorgungswerk meines Berufstandes, das tatsächlich ganz gute Konditionen bietet

 

Außerdem lese ich mich gerade in den "Finanzwesir" ein und plane sobald ich ein gewisses Grundverständnis von Anlagestrategien erworben habe, mir ein passendes Portfolio aufzubauen.

Die Grundlagenartikel beim Finanzwesir taugen immer noch gut zum Reinkommen. Vorsicht aber bei allen neuren Inhalten, da er mittlerweile nicht mehr unabhängig ist, ganz im Gegenteil, und teils krass gegen seine eigenen früheren Ansprüche verstößt. Leider hat er zum Kaschieren im Einzelfall auch seine alten Inhalte durch Unsinn (imho) ersetzt, z.B. das auf der Startseite verlinkte Manifest. Am besten nebenbei hier reinschauen, zur Immunisierung gegen Manipulation:

https://www.wertpapier-forum.de/topic/61799-finanzwesir-und-krisen-alpha/

 

@jules90

Versicherungen als Kombinationsprodukt sind fast immer schlechter als Einzelversicherungen. Schlicht dehalb, da man dann aus einzelnen nicht mehr rauskommt sondern nur ganz kündigen kann und auch der Wettbewerb, also veschiedene Versicherungscompanies mal ein Angebt machen lassen sollte, ausfällt. Schlecht vergleichbar und Anhängigkkeit sind dann noch weiter Faktoren. Im Zweifelsfall kündigen, je nachdem wie alt man ist bzw. wie lange man einbezahlt hat eine Einzelfallprüfung.

Meine Altlasten-Versicherungsprodukte habe ich mit Exel gegen eine freie Anlage in Aktienfonds gegengerechnet. Es lohnte sich in keinem Fall einfach untätig zu sein und den Vertrag weiter laufen zu lassen. Auch eine Stilllegung, eine Ruhestellung und dabei das Kapital im Vertrag zu lassen, wenn der Vertrag noch nicht so lange läuft,  lohnte sich nie.

Das man doch noch immer Kombiverträge abschließt ist schon erstaunlich. Höre ich in meinem entfernten Umkreis doch auch noch. NoGo.

Auch immer mal im Hinterkopf behalten, das man sich wirklich langfristig an ein Versicherungs/Finanzprodukt bindet, das einem freie Gestaltung verwehrt und im Falle von vorzeitiger Beendigung erhebliche Nachteile bietet.  Warum Solches abschließen ??

Leben -und sachabsichern nur über separate Verträge !

Warum kurzfristig vermeintliche evt.  Steuervorteile mitnehmen um dabei ungünstige Vertragsbedingungen und erhöhte Kostenstrukturen einzukaufen ??

Eine saubere Sparleistung aus dem Nettolohn in ETFs wird einem langfristig mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblich weiter bringen. Und der immerwärende Vorteil der jederzeitigen Verfügbarkeit in Notsituationen !

Befriedigung des Sicherheitsbedürfnis : ich würde mich erheblich sicherer fühlen mit Produkten auf die ich jederzeit Einfluss nehmen kann. Daher kann ich überhaupt nicht nachvollziehen das man sich durch solche Rürup-  ect. -Produkte sicherer fühlt. Insolvenzfall ist ein Argument. Aber zu was für einen Preis ? Dann lieber Gold im Keller oder Bitcoin im Netz.

Alles kann man nicht absichern. Sterben werden wir alle.