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Parallelen der heutigen BRD zur DDR

Liebes Frugalisten-Forum,

ich hätte mal folgende Frage (vorzugsweise an die älteren Semester):

Welche Gemeinsamkeiten seht ihr zwischen Deutschland heute und der ehemaligen Deutsch-Demokratischen-Republik? Mir fallen folgende Punkte ein:

-Der Großteil der Erwachsenen (der dazu in der Lage ist) geht einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach.

-Die Kindererziehung und -betreuung ist nicht mehr grundsätzlich Privatangelegenheit sondern Aufgabe der Gesellschaft (fast alle Mütter arbeiten und deren Kinder  besuchen demnach Kitas).

-Die Scheidungsquote ist hoch bzw. es wird immer seltener vor der Familiengründung überhaupt geheiratet.

Auf politischer Ebene:

-Linksorientierte Parteien favorisieren mit der Wiederaktivierung einer Vermögenssteuer eine Substanzsteuer. Aktuell, wie ich meine, unter der Bezeichnung "Corona-Soli".

-Staatliche Souveränität wird zugunsten der Staatengemeinschaft aufgegeben (Kritiker nennen die EU deshalb EUdSSR). Von den ganzen Rechts- und Vertragsbrüchen muss ich hier wohl nicht groß anfangen (Maastricht, Dublinn, Lissabon..).

Was fällt euch sonst noch ein?

LG

 

Die Scheidungsquote ist in den alten Bundesländern höher als in den Neuen und auch höher als sie in der DDR war.

Wieso man das Zusammenleben zweier Menschen und die Zeugung von Kindern staatlich anerkennen muß, war mir schon immer ein Rätsel.

Auch das Frauen nur für die Kindererziehung und den Herd zuständig sein sollen, empfinde ich als eine sehr rückständige Einstellung.

Die Staatengemeinschaft hat uns in Europa, die längste friedliche Zeit die es jemals gab gebracht.

»In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.« »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.« »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.« Buffett

War das mit der Heirat so?

War die Zuteilung einer Wohnung in der DDR nicht massiv von der Ehe abhängig?

Worauf zielt die Frage den ab?

Sollen auch Gegenbeispiele gesammelt werden?

Bin gerade in Leipzig. Definitiv nicht der Zustand der Häuser wenn ich mir das jetzt so ansehe...

Ich bin in der DDR aufgewachsen und kenne das System recht gut. Leider kann ich die Einschätzung vieler nicht teilen. Die DDR hat überhaupt nichts mit der heutigen BRD zu tun. Mein Eindruck ist eher, dass von gewissen politischen Kräften (häufig rechts zu finden) Unmut und Empörung geschürt werden soll. Es werden Vergleiche gezogen, die ganz gewaltig hinken, um unsere demokratisch-freiheitliche Ordnung ins Wanken zu bringen.

1. Die DDR war ein Sowjetischer "Satellitenstaat", der durch die zwangsweise Einbettung in den Warschauer Pakt vom Gutdünken und Willkür der Sowjetischen Administration  abhängig war. Entscheidungsfreiheiten gab es da kaum, sondern eher Befehl und Gehorsam.
Das ist mit der EU in keinster Weise vergleichbar. Die EU ist ein Zusammenschluss aus souveränen Einzelstaaten. Jeder hat gleiche Rechte und Pflichten und jeder kann austreten, wenn er denn will. Die Gesetze und Verordnungen, die von der EU erlassen werden, stammen meist aus Initiativen, die die Mitgliedsstaaten selbst einbringen und nicht von der Kommission, die im stillen Kämmerlein irgendetwas ausheckt. Also die Dinge, über die sich viele Bürger immer so gern aufregen und von "Diktat aus Brüssel" sprechen sind meistens Dinge, die ihre Regierungen und Parlamente selbst verzapft haben. Bei den größten Schwachsinns-Regelungen lohnt es sich oft einfach mal nach Deutschland zu schielen, um den Ursprung zu finden...

2. "Der Großteil der Erwachsenen (der dazu in der Lage ist) geht einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach." Ja, das ist auch den meisten anderen Ländern der Welt so. Was hat das mit der DDR zu tun?

3."Die Kindererziehung und -betreuung ist nicht mehr grundsätzlich Privatangelegenheit sondern Aufgabe der Gesellschaft (fast alle Mütter arbeiten und deren Kinder besuchen demnach Kitas)"
Es steht jedem frei seine Kinder in eine Kita zu geben. Ich sehe nicht, wo das Problem liegen soll? Die Kindergärten in der DDR, waren staatliche Einrichtungen und deren Leiter waren oftmals Parteigenossen. Man hat bereits im Kindesalter latent versucht eine Erziehung im sozialistischen Sinne zu forcieren. Das hat aber mit den heutigen Kitas nichts mehr zu tun.

4. "Die Scheidungsquote ist hoch bzw. es wird immer seltener vor der Familiengründung überhaupt geheiratet." Tja, der Mensch ist nun mal ein "Affe" und nicht monogam. Die lebenslange Ehe und die Ächtung außerehelicher Kinder, war ein Konstrukt religiöser Gesellschaftsprägung. Da sich die DDR bereits seit ihrer Gründung als Atheistischer Staat verstanden hat, war die Scheidung oder außereheliche Kinder gesellschaftlich weniger geächtet. In heutiger Zeit wenden sich immer mehr Menschen von der Kirche ab und sehen sich auch nicht mehr an deren überholte Moralvorstellungen gebunden. Ich sehe da keinen Zusammenhang mit der DDR.

Welche Gemeinsamkeiten seht ihr zwischen Deutschland heute und der ehemaligen Deutsch-Demokratischen-Republik?

Keine. Wenn Du begreifen willst, warum das die einzig richtige und vollständige Antwort ist, buch‘ Dir eine Woche Urlaub in Nordkorea.

Zitat von MFZ73 am 1. August 2020, 12:29 Uhr

Welche Gemeinsamkeiten seht ihr zwischen Deutschland heute und der ehemaligen Deutsch-Demokratischen-Republik?

Keine. Wenn Du begreifen willst, warum das die einzig richtige und vollständige Antwort ist, buch‘ Dir eine Woche Urlaub in Nordkorea.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Bin froh, dass es „nur“ 20 Jahre waren, die ich in der DDR gelebt habe. Wer weiß, was sonst aus mir geworden wäre. Vielleicht hätte man mich beim Fluchtversuch erschossen oder ich wäre nach Bautzen ins gelbe Elend gekommen oder ich hätte meinen Frust über das Leben in der DDR im Alkohol ertränkt.

Viele Grüße

„Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird.“ (Winston Churchill)

Manche fanden die DDR ja wohl ganz toll. Mir ist das absolut unverständlich, aber Fakt ist, und as finde inch erschreckend, das die Nachfolgepartei der SED im Bundestag sitzt, und Thüringen einen Ministerpräsidenten hat, der Ideologisch dem DDR Regime nahe steht ..obwohl die Wahl Thüringen ja auch eher DDR Charakter hatte

Die heutige Linke hat nicht mehr viel mit der SED zu tun. Eine vollständige Distanzierung haben sie nicht geschafft.

AFD im Bundes- und Landtag find ich schlimmer.

Mir ist nicht ganz klar was der Beitrag mit Frugalismus oder FIRE zu tun hat? Vielleicht kann der Themenstarter diese Brücke noch bauen?

Ich habe versucht die Eingangsfrage neutral zu halten, weil  ich einige Punkte gut und andere weniger gut finde. Der Grund für meine Frage liegt darin, dass ich den subjektiven Eindruck habe, dass sich viele Menschen in unserem freien Land tendenziell von Selbstverantwortung hin zu Fremdverantwortung orientieren, sprich: Der Staat soll sich kümmern. Das ist jetzt nur mein persönlicher Eindruck. Wir Frugalisten tun das nur bedingt, zwar profitieren wir von Staatsausgaben (Bildung, Infrastruktur, etc.) allerdings nehmen wir unser Leben auch in die Hand, wir investieren, machen uns die Macht des Zinseszins-Effektes zu nutze, geben nicht der sofortigen Bedürfnisbefriedigung nach, und so weiter. Der Großteil der Menschen tut das nicht und ich vermute auch nicht, dass diese Leute wenn sie dann in der Zukunft auf die Schnauze fallen, die Konsequenzen tragen, sondern eher, dass nach dem Staat gerufen wird. Dieser kann sich das Geld aber nur da holen, wo es vorhanden ist, und das sind nunmal vermögende Menschen. Deshalb rate ich allen, die die Finanzielle Freiheit nicht so knapp wie Oli definieren: passt auf. Die Folgen der Corona-Krise werden wir erst in Zukunft richtig zu spüren bekommen, und ich befürchte, dass Vermögenssteuerpläne á la SPD (die man als Enteignung werten kann) dann doch noch salonfähig werden.

Wie gesagt, ist meine persönliche Befürchtung, ich hoffe natürlich, dass ich mich irre.

@fritz: Danke für den Zeitzeugenbericht, ich bin noch so jung, dass ich weder Bonner Republik noch DDR mitbekommen habe, und daher an solchen Schilderungen interessiert. Meine Antworten im Detail:

zu 2: stimmt, zu Zeiten der alten BRD war das aber noch anders, da hat ein Männergehalt gereicht, die Kleinfamilie durchzubringen.

zu 3: kein Problem, im Gegenteil, die Entwicklung begrüße ich.

zu 4: das ergibt Sinn, danke für die Erläuterung.

@achim_global: Stimmt, die Thüringenwahl ist noch ein gutes Beispiel.

Das männer Gehalt reicht auch heute noch, aber heute sind die Ansprüche andere. Jeder muss alles haben, sofort. Dann sitzen eben beide den ganzen Tag im Büro.

Zitat von Riese69 am 1. August 2020, 15:42 Uhr
Zitat von MFZ73 am 1. August 2020, 12:29 Uhr

Welche Gemeinsamkeiten seht ihr zwischen Deutschland heute und der ehemaligen Deutsch-Demokratischen-Republik?

Keine. Wenn Du begreifen willst, warum das die einzig richtige und vollständige Antwort ist, buch‘ Dir eine Woche Urlaub in Nordkorea.

Dem ist nichts hinzuzufügen. Bin froh, dass es „nur“ 20 Jahre waren, die ich in der DDR gelebt habe. Wer weiß, was sonst aus mir geworden wäre. Vielleicht hätte man mich beim Fluchtversuch erschossen oder ich wäre nach Bautzen ins gelbe Elend gekommen oder ich hätte meinen Frust über das Leben in der DDR im Alkohol ertränkt.

Viele Grüße

Ich bin 25 vor dem Mauerfall geboren worden und hatte das Glück auf der richtigen Seite geboren worden zu sein (an der Grenze, in der BRD).

"Keine. Wenn Du begreifen willst, warum das die einzig richtige und vollständige Antwort ist, buch‘ Dir eine Woche Urlaub in Nordkorea."

Für alle, die den Nordkoreaurlaub nicht buchen werden, hier einige Gefühle, die bei mir prägend haften geblieben sind, bei Verwandtenbesuche in der DDR:

  • Beklemmung, Angst und ein großes Gefühl der Unfreiheit und willkürlichen Handlungen ausgeliefert zu sein:
    • Wenn man die Zeitschrift der "Spiegel" oder andere zensierte Medien eingeschmuggelt hatte, konnte das Knast bedeuten. Ein Wort an falscher Stelle konnte Knast bedeuten.
    • Die Grenzanlagen und die damit verbundenen Kosten waren irre! Nach Auskunft der DDR waren diese als Schutzwall, gebaut, damit die DDR Bürger vor uns Westbürgern geschützt wurden. In bester Trump-Manier eine glatte Lüge: Von uns wollte keiner rüber (wenn man von Menschen wie Wolfgang Biermann absieht, der aber wieder ausgewiesen wurde, weil er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hielt). Umgekehrt wollten viele aus der DDR in die BRD! Diese Menschen wurden im wahrsten Sinne des Wortes großflächig eingesperrt.
  • Mangel: Es war für mich unvorstellbar, kommend aus der BRD, dass bestimmte um nicht zu sagen viele Waren einfach nicht kaufbar waren (wenn man keine DM hatte sondern nur Ostmark und/oder es an Beziehungen mangelte). Und die Waren, die es zu kaufen gab, waren qualitativ meist deutlich schlechter als das, was für mich normal war (Aldi-Qualität). Ansatzweise werden diese Gefühle in diesem Video, gedreht nach der Grenzöffnung beschrieben (als Umkehrung): https://www.youtube.com/watch?v=HNkIhouCiJg
  • Schreiende Chancenungerechtigkeit: In der BRD und jetzt in Deutschland habe ich das Gefühl, dass ich mein Schicksal selbst in die Hand nehmen kann: Harte Arbeit, Disziplin und Ausdauer gepaart mit dem richtigen Einsatz meiner Fähigkeiten und ich kann meine Persönlichkeiten optimal entfalten. Ich kann selbstverantwortlich mein Leben gestalten. (Ob das Gefühl trügt, will ich an dieser Stellen nicht diskutieren, unbestreitbar sind allerdings die Möglichkeiten, die jedem einzelnen in unserer Gesellschaft als Chancen geboten werden. Ob man diese wahrnimmt oder wahrnehmen kann, steht auf einem anderen Blatt). Meine Cousins und Cousinen 2. Grades (sie waren genauso intelligent wie ich, genauso strebsam und einsatz- und arbeitswillig wie ich) auf der anderen Seite waren deutlichst eingeschränkter. Ich hatte DM, sie hatten nur Ostmark. Ich konnte, wenn ich wollte, in der DDR oder in der BRD leben und arbeiten, sie nicht! Sie mußten in der DDR bleiben. Ich wurde mit meiner DM in Restaurants, Geschäften etc. bevorzugt bedient, sie blieben draußen, wenn ich sie nicht mitgenommen habe.
  • ....

Ca. 85 war ich in Ostberlin. Etwas in die Nebenstraßen und überall Verfall. Meine ostmark auszugeben, war kaum möglich. Ich bin in mehrere buchläden, überall gab es die gleichen Bücher. Meine Frage, ob es nicht auch andere Bücher gibt, fanden die nicht so lustig. Der Tag Besuch hat mir gereicht.

Genau die gleiche Erfahrung wie der Privatier habe ich auch gemacht. Ich weiß noch, daß ich mir "Brecht - Die Gewehre der Frau Carrar" in einer Ost-Buchhandlung gekauft habe und mir alles sehr fremd vorgekommen ist.

Ich kenne einige, die ihre Kindheit und Jugend in der DDR in sehr guter Erinnerung haben und gerne davon erzählen. Und ich höre mir das gerne an.

Naja, bei allem was schlecht war in der DDR, aber mit Nordkorea kann man sie definitiv nicht vergleichen. Auch im Ostblock gab es einige Regime, die wesentlich härter und grausamer waren als die DDR. Rumänien unter Ceaucescu z.B..
Die Meisten haben halt gute Miene zum bösen Spiel gemacht, um nicht aufzufallen, oder ihrer Karriere nicht zu schaden. Wer etwas "unkorrektes" gesagt hat oder in den staatlichen Organisationen nicht mit gemacht hat (Pioniere, FDJ, etc.) der ist unangenehm aufgefallen. In den Knast ist man aber deshalb nicht gleich gewandert. Im Betrieb hieß das dann z.B. negative Einträge in der sog. Kaderakte (heute vglb. mit Personalakte). Dann ist man eben nicht mehr befördert worden oder durfte bestimmte Ämter und Positionen nicht mehr begleiten, oder die Kinder durften im schlimmsten Fall nicht studieren, selbst bei guter Eignung. Das hatte zur Folge, dass am Ende nur noch linientreue Parteigenossen in den Führungpositionen saßen, selbst wenn die absolut ungeeignet waren. Da ist dann hinter vorgehaltener Hand oft von "Seilschaften", "Betonköpfen" und "roten Socken" gesprochen worden. Auch das war ein Grund für den Stillstand in der DDR. Es war halt am Ende viel Phrasendrescherei und wenig Problemlösung an der Tagesordnung. Auch das hat die Menschen frustriert.

Zitat von Fritz am 8. August 2020, 21:55 Uhr

Naja, bei allem was schlecht war in der DDR, aber mit Nordkorea kann man sie definitiv nicht vergleichen. Auch im Ostblock gab es einige Regime, die wesentlich härter und grausamer waren als die DDR. Rumänien unter Ceaucescu z.B..
Die Meisten haben halt gute Miene zum bösen Spiel gemacht, um nicht aufzufallen, oder ihrer Karriere nicht zu schaden. Wer etwas "unkorrektes" gesagt hat oder in den staatlichen Organisationen nicht mit gemacht hat (Pioniere, FDJ, etc.) der ist unangenehm aufgefallen. In den Knast ist man aber deshalb nicht gleich gewandert. Im Betrieb hieß das dann z.B. negative Einträge in der sog. Kaderakte (heute vglb. mit Personalakte). Dann ist man eben nicht mehr befördert worden oder durfte bestimmte Ämter und Positionen nicht mehr begleiten, oder die Kinder durften im schlimmsten Fall nicht studieren, selbst bei guter Eignung. Das hatte zur Folge, dass am Ende nur noch linientreue Parteigenossen in den Führungpositionen saßen, selbst wenn die absolut ungeeignet waren. Da ist dann hinter vorgehaltener Hand oft von "Seilschaften", "Betonköpfen" und "roten Socken" gesprochen worden. Auch das war ein Grund für den Stillstand in der DDR. Es war halt am Ende viel Phrasendrescherei und wenig Problemlösung an der Tagesordnung. Auch das hat die Menschen frustriert.

Ich glaube die Unterschiede der verschiedenen Staaten im Vergleich zur DDR hast Du gut beschrieben. Zudem sehe ich es genauso wie Du, dass Nordkorea im Vergleich zur DDR schlechter dran ist.

Es bleibt: um einen Eindruck zu erhalten, wie sich die DDR anfühlte, ist Nordkorea das beste Land, um dieses Gefühl zu erfahren. Bei allen anderen Ländern auf dieser Erde wird man dieses Gefühl nicht mehr erleben können. Gerade für die Generationen, die die DDR nie erlebt haben, ist dies die einzige Möglichkeit, die ich sehe, diese Erfahrungen zu sammeln.

Es bleibt die Frage, braucht man diese Erfahrungen persönlich oder reichen Erzählungen und Dokumentationen über diese Zeit nicht aus?

Zitat von Andre am 15. August 2020, 8:30 Uhr

Es bleibt: um einen Eindruck zu erhalten, wie sich die DDR anfühlte, ist Nordkorea das beste Land, um dieses Gefühl zu erfahren. Bei allen anderen Ländern auf dieser Erde wird man dieses Gefühl nicht mehr erleben können. Gerade für die Generationen, die die DDR nie erlebt haben, ist dies die einzige Möglichkeit, die ich sehe, diese Erfahrungen zu sammeln.

Ich habe meine Kindheit und Jugend in der DDR verbracht, ich fand es gar nicht so schlecht wie es andere immer beschreiben.

Viele Freizeitaktivitäten waren sehr preiswert, was sich heute viele nicht mehr leisten können.
Man kann jetzt überall hin  ( 2020 bleibt hoffentlich eine Ausnahme ), aber viele können sich das nicht leisten.

Wenn man zu den oberen 25% gehört, merkt man die Einschränkungen, wenn man zu den unteren 25% gehört, merkt man wie sozial ein Land ist.
( Es gab in der DDR keinen Job, bei dem man zusätzlich so etwas wie H4 beantragen mußte. )

Es bleibt die Frage, braucht man diese Erfahrungen persönlich oder reichen Erzählungen und Dokumentationen über diese Zeit nicht aus?

Es kommt drauf an wer erzählt und was er erlebt hat und vor allem wieso.
Auch jetzt erleben einige Ungerechtigkeiten usw.

»In meinem Alter begreife ich, dass Zeit mein kostbarster Besitz ist.« »Freiheit bedeutet, dass man nicht unbedingt alles so machen muss wie andere Menschen.« »Eine Aktie zu verkaufen die fällt, ist in etwa so, als ob man ein Haus für 100.000 Dollar kauft und es verkauft, sobald jemand 80.000 Dollar dafür bietet.« Buffett

Auch, wenn ich damals noch ein Kind war, so habe ich doch schon sehr viel mitbekommen.Zu Hause bei meine Eltern und Großeltern, wurden immer sehr viele politische und gesellschaftliche Diskussionen geführt und es ist auch immer viel von der Arbeit erzählt worden. In der Schule durfte ich dann vieles von dem Stumpfsinn des Systems hautnah miterleben, was mir auch heute noch gut in Erinnerung geblieben ist. Insbesondere die Wendezeit war für mich unglaublich spannend und aufregend. Ich beurteile diese Erfahrungen heute als sehr wichtig und bereichernd für mein Leben. Vor allem weiß ich die Rechte, Freiheiten und Möglichkeiten, die wir heute haben, ganz anders zu schätzen. Ich fühle mich daher auch in der heutigen Zeit sehr unwohl, wenn rechte Parteien und Verschwörungstheoretiker diese Freiheiten wieder aushöhlen und untergraben wollen und mit Lügen und Desinformation das Unterste zum Obersten kehren. Es ist der alte Ungeist, der sich nur einen neuen Mantel umgehängt hat. Vielleicht bin ich aufgrund meiner Erfahrungen da etwas wachsamer als andere. Eine seltsame Ironie des Schicksals scheint mir zu sein, dass insbesondere im Osten sehr viele schnell vergessen haben und die Absichten dieser komischen blauen Partei nicht durchschauen.

Ein anderer Punkt, der mir manchmal zu denken gibt, ist, wenn die DDR-Zeit verklärt und nostalgiesiert wird. Ja, es gibt einige Dinge, die waren tatsächlich besser. Aber um welchen Preis? Die DDR war zwar eine moderate Diktatur, aber sie war definitiv ein Unrechtsstaat, der seine Bürger von der Wiege bis zur Bare nach einem aberwitzigen sozialistischen Ideal formen wollte. Viele Menschen, die sich dem nicht beugen wollten, sind teilweise aufs Übelste drangsaliert und schikaniert worden. Für die meisten Anderen war es einfach eine unglaublich deprimierende Zeit des langsamen Niedergangs, dem man ohnmächtig gegenüber stand. Das wird in der Rückschau oftmals verdrängt und übersehen, denn wir erinnern uns gern nur an die schönen Dinge. Als Kind fragte ich mich manchmal, ob ich die Freiheit noch erleben werde. Meine Eltern und Großeltern, hatten ja praktisch bis zur Wende nie in Freiheit gelebt. Bei allem, was vielleicht gut war in der DDR, ich möchte dieses System niemals wieder haben!