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Immobilie beleihen und Aktien kaufen?

Folgende Ausgangslage: Vorhanden ist ein EFH mit einem Marktwert von ca. 500.000€ in attraktiver Lage.  Dies ist nach Umschuldung mit 130.000€ beliehen und wird getilgt.  130.000€ sind als Grundschuld eingetragen.  Kaufpreis waren ursprünglich 270.000€.

Dazu gibt es noch ein Depot in Höhe von gut 200.000€ und noch 3 vermietete Wohnungen,  die beliehen sind.

 

Ist es möglich eine weitere Grundschuld aufzunehmen und dafür Dividendenaristrokraten  zu erwerben. Mit welchem Zinssatz müsste ich da rechnen?

Für einen Wertpapierkredit zahle ich 2,5% Zinsen,  da lohnt sich die Sache kaum noch, da ich die Dividenden versteuern muß aber die Zinskosten nicht gegenrechnen kann.

 

Hat hier jemand schon so ein Model?

Die Idee ist auf jeden Fall nachvollziehbar, aber das ist nichts anderes als eine Aktienanlage auf Pump - da würde ich eher die Finger von lassen. Genauso könntest du dein Depot beleihen (Wertpapierkredit).

Machen zwar einige, sind aber bestimmt auch einige auf die Nase gefallen.

 

Ähnlich zu diesem Fall habe ich übrigens gerade an anderer Stelle im Forum positiv zu einer Aktienanlage auf Pump reagiert. In dem Fall ging es allerdings um "nur" 20.000 € Konsumkredit  -> Die Bonität vom Autor ist aber sehr hoch, sodass die 20.000 € ein vergleichsweise geringes Risiko darstellen.

Das Problem ist,  für den Wertpapierkredit zahle ich 2,5% Zinsen.  Wenn ich für Dividende-Aristrokraten vielleicht so 4% Dividende bekomme,  lohnt sich das nach Steuer nicht mehr,  da ich die Zinsen für den WP-Kredit nicht absetzen kann.

Wenn ich allerdings maximal 1% fürs Grundschuld-Darlehn bezahle, lohnt es sich schon eher.

Wenn ich das mit 100.000€ machen würde und selbst wenn ich einen Totalverlust erleiden täte, würde mich das finanziell jetzt nicht ruinieren, allenfalls mein Fire-Szenario nach hinten schieben.

Also der "Gewinn" einer Aktienanlage setzt sich ja aus Kursgewinn+Dividende zusammen. Insgesamt besteht also durchaus die Möglichkeit eines (+) nach Steuern. Bis zu einem gewissen Umfang sind (meiner Ansicht nach) finanzierte Aktienanlagen auf jeden Fall drin. Ich hatte z. B. überlegt mir Geld von meinem Bruder zu leihen zu 0 %, weil der sein Geld seit Jahren eh nur auf dem Konto an Wert verlieren lässt ^^

Aber ein Totalverlust von 100.000 € - oder seien es nur 50.000 €- würden dich zwar nicht finanziell, aber evtl. nervlich ruinieren. Das trägst du dann dein Leben lang mit dir rum.

Kenne aus meinem Umfeld z. B. eine Person, die nicht zum richtigen Zeitpunkt verkauft hat. Das waren dann ca. 100.000 € Buchverlust. Die Geschichte ist 20 Jahre her und man darf ihn auch heute nicht darauf ansprechen, weil er dann wehleidig wird.

 

Mein persönliches Fazit also: In kleinem Umfang sorglos möglich. Alles das was einen weit nach hinten werfen kann, sollte man lieber unterlassen.

Nungut, Aktienanlagen sind immer mit einem Risiko verbunden. Aber wenn man mit einem Depot voll von Bluechips einen Totalverlust erleidet, dann ist vermutlich weltweit Land unter und die 100.000€ wären nur ein Problem von vielen.

Demgegenüber stehen ja enorme Chancen gegenüber. Ich erwarte weiterhin eine Inflation.

Wozu?

Mit Deinem bisher erreichten Vermögen kannst Du ein ruhiges und entspanntes Leben führen.

Inwieweit verbessert sich das mit diesem Konstrukt? Wird davon Dein Schlaf besser?

Schreib ins Forum wenn es funktioniert hat.

Nach meiner Einschätzung hat das trotz guter Bonität Erklärungsbedarf bei der Bank. Ich bin mir nicht sicher ob du bei der Verwendung des Kredites für Aktien die gleichen Konditionen bekommst wie für ein Immoprojekt.

Ich kenn mich in dem Bereich noch nicht gut aus, hatte allerdings mehrfach gelesen, durch Beleihung einer abbezahlten Immobilie einen Kredit zur freien Verfügung (sprich auch ohne "Rechtfertigung") bekommen zu können.

Die Bank beleiht ja afaik nur 60% der Verkehrswertes, hat somit im Grunde kein Risiko, da sie 60% aus einer Zwangsversteigerung immer erhalten wird.

Wer hat denn Erfahrungen aus der Praxis damit?

Kommendes Jahr greift der Forward- Kredit, dann wird umgeschuldet und die alte Grundschuld wird frei.  Ich werde dann mal Gespräche führen und berichten.

 

Ich sehe eine freie Grundschuld als Asset, welches ich gerne nutzen würde.

 

Ganz schön doof die Banken, dass die dir für 1-2% Geld leihen, wo sie es doch absolut sicher selber in Dividendenaristokraten stecken können 🙄

Meine Meinung: Alle deine Objekte sind bereits beliehen. Du hast einen sechsstelligen Kreditbetrag. Deine Berechnung basiert auf extremen Wertsteigerungen der Immobilien. Auf Basis diesen hohen Wertes möchtest du nun weiter hebeln. Erinnert mich an 2008 in den USA, wo Menschen auch bei steigenden Immobilienpreisen immer weiter Kredite aufgenommen haben.

Kann man machen, wird wahrscheinlich gut gehen. Je nach Höhe der Kredite und der wirtschaftlichen Entwicklung und sonstigen Rahmenbedingungen kann es aber auch mächtig schief gehen.

Hier meine Gedanken zu den obigen Fragestellungen, die ich in diesem Beitrag ausgeführt habe https://frugalisten.de/forum/topic/selbst-ist-die-frau/?part=3#postid-8295

 

Liebe ....,

hier meine Überlegungen zu Krediten. Ist leider etwas länger geworden :-). Weiterhin habe ich die Frage etwas umformuliert, denn Kredite machen aus meiner Sicht ökonomisch nur Sinn, wenn am Ende des Tages mit dem Kredit nach Kreditzinsen Geld verdient wird. Ich habe hier für meine Überlegungen Aktien als Alternativinvestment aufgeführt. Allerdings sind diese Überlegungen genauso auch für andere Alternativinvestments gültig. Wenn Du Fragen hast, gerne. Beste Grüße André

Wann, Wie (etc.) sind Kredite im Zusammenhang mit Aktieninvestments für die private Vermögensbildung sinnvoll?

Die Beantwortung dieser Frage ist m.E. mehrdimensional vorzunehmen. Ich will hier auf die für mich wesentlichen Aspekte und Dimensionen eingehen. Die nachfolgenden Ausführungen, aber auch Fragestellungen wende ich gleichermaßen für mich als auch in meiner Beratung als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer für meine Mandanten an:

Ich unterscheide folgende Perspektiven:

  1. Die gefühlsmäßige Ebene
  2. Die sachlogische Ebene
  3. Die Einschätzungsebene

 

Vorbemerkung

Der private Vermögensaufbau ist kein Rennen oder Wettbewerb, wo es darum geht, der erste zu sein oder derjenige zu sein, der das größte Vermögen hat.

Beim Vermögensaufbau unterscheide ich drei Ziele:

  1. Finanzielle Sicherheit
  2. Finanzielle Unabhängigkeit
  3. Wirtschaftliche Freiheit

Finanzielle Sicherheit

Ich habe so viele liquide Mittel, dass ich mich und diejenigen, denen ich eine Versorgungsverpflichtung gegenüber habe, ein Jahr versorgen könnte, ohne Geld zu verdienen.

 

Finanzielle Unabhängigkeit

Ich habe die finanzielle Sicherheit erreicht und darüber hinaus so viel Vermögen, dass ich von den Einkünften aus diesem Vermögen mit Einschränkungen auf einem befriedigenden Niveau leben kann. Jedes Einkommen, das ich darüber hinaus verdiene, ist zusätzlich und wird für die Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht benötigt.

 

Wirtschaftliche Freiheit

Ich habe die finanzielle Sicherheit erreicht und darüber hinaus so viel Vermögen, dass ich von den Einkünften aus diesem Vermögen (mit einer für mich passenden Sicherheitsmarge) auf dem Niveau leben kann, dass meinem Wunschniveau entspricht. Alles weitere Geld, was ich darüber hinaus verdiene, ist zusätzlich und wird für die Bestreitung des Lebensunterhaltes nicht benötigt.

Die Art und Weise des Vermögensaufbaus ist so zu gestalten, dass ich das Ziel auf jeden Fall erreiche. Anders formuliert, die Art und Weise des Vermögensaufbaus darf die Zielerreichung auf keinen Fall gefährden. Darüber hinaus ist die Art und Weise des Vermögensaufbaus so zu gestalten, dass ich mich damit wohl fühle.

 

 

Zu 1. Die gefühlsmäßige Ebene

Die gefühlsmäßige Ebene kommt m.E. an erster Stelle. Kredite sind nur dann denkbar, wenn man sich damit wohl fühlt. Begründung: das Leben ist viel zu kurz, als das es Sinn macht, sein Glücksgefühl zu beeinträchtigen, um schneller mittels Kredite sein Vermögen aufzubauen. Hierzu einige Beispiele:

  • Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und/oder Erziehung, keinem Menschen und/oder keiner Institution etwas schuldig sein wollen. Allein der Gedanke, dass sie irgendjemanden etwas schuldig sind, führt dazu, dass sie sich unwohl fühlen. Sie können und/oder wollen auch über diese Gefühle nicht hinwegkommen. In diesem Fall sind null Kredite richtig! Sollten diese Menschen doch Kredite haben, sind die Kredit schnellst möglichst zurück zu führen.
  • Es gibt Menschen, die das Risiko, dass der Gläubiger zu Unzeiten die Kredite zurückfordern, scheuen. Bzw. allein der Gedanke an so eine Möglichkeit erzeugt ein unwohles Gefühl. Auch hier gilt das oben gesagte. Also null Kredite! Sollten diese Menschen doch Kredite haben, sind die Kredite schnellst möglichst zurück zu führen.

Erst wenn diese Frage positiv beantwortet ist, also man mit Krediten ruhig schlafen und glücklich leben kann, sind die folgenden Ebenen für unsere Fragestellung zu untersuchen.

 

Zu 2 und 3. Die sachlogische Ebene und Einschätzungsebene

Auch hier gibt es eine Reihe von Perspektiven und Aspekten zu beachten und zu betrachten. Im Folgenden, die aus meiner Sicht wichtigsten Perspektiven und Aspekte oder öfter anzutreffende Situationen.

Grundsätzlich sind aus meiner Sicht folgende Aspekte wesentlich:

  • Risiko, dass der Kredit mittels der damit finanzierten (Aktien)investments nicht nachhaltig bedient werden kann und Tragung der Kreditrückführung auf der persönlichen Ebene.
  • Risiko, dass der Kredit zu Unzeit (Kreditrückzahlung führt zu dauerhaften vermeidbaren Vermögensverlusten bis hin zur Insolvenz) gekündigt wird.
  • Zinshöhe unter Berücksichtigung von Steuern im Verhältnis zu Rendite aus den zu kaufenden Aktien.

 

Zu Risiko, dass der Kredit mittels der damit finanzierten (Aktien)investments nicht nachhaltig bedient werden kann und Tragung der Kreditrückführung auf der persönlichen Eben.

Hierzu ein Extrembeispiel 1, um dies zu verdeutlichen:

Am 18.12.1998 entschließt man sich für 100.000 Euro Aktien der Philipp Holzmann AG zu kaufen. Hierzu nimmt man bei der Bank einen Kredit in fast derselben Höhe auf. Der Kredit beträgt 99.000 Euro. 1.000 Euro zahlt der Investor als Eigenkapital selbst. Der Kaufkurs beträgt 104,30 Euro je Aktie. Die Finanzierungskonditionen sind so gestellt, dass der Kredit spätestens nach 10 Jahren inklusive Zinsen zum Kreditende zurückzuzahlen ist.

Am 28.7.1999 steht der Kurs bei 194,50 Euro. Der Gewinn aus dem Aktienpaket beträgt über 85.000 Euro. Ein Gewinn von über 8.500 % bezogen auf 1.000 Euro Eigenkapital! Ein Verkauf unterbleibt, weil man vermutet, dass noch mehr möglich ist.

Der Kurs sinkt seit dem. Ende März 2002 (auch aufgrund der Wirtschaftskrise / Dot.com-Blase die geplatzt ist) muß Philipp Holzmann Insolvenz anmelden. Bank und Investor beschließen gemeinsam, die Aktien zu verkaufen und damit den Kredit soweit als möglich zurückzuzahlen.

Am 2.4.2002 werden die Aktien zu einem Preis von 2,61 Euro verkauft. Es werden 2.500 Euro erzielt. Der Investor muß nunmehr 96.500 Euro an Kredit nebst noch fälligen Zinsen zurückführen! Seine 1.000 Euro sind auch weg! Neben dem Verlust von 100 % des Kapitals ist noch ein zusätzlicher Verlust von – 9.650 % entstanden!

So gewonnen, so zerronnen!

Im Ergebnis bedeutet dies, dass entweder die Aktienauswahl inlusive Einkauf der Einzelaktien hinreichend sicher beherrscht wird oder sehr breit investierte Indexfonds (wo die Aktien physisch gekauft werden) wie z.B. der MSCI Weltindex oder S&P 500 USA etc. als Investmentgrundlage kreditfinanziert wird. In beiden Fällen ist bei entsprechender Laufzeit und Einstiegspreis das Szenario des Verlustes auszuschließen. Wie schon mehrfach berichtet zeigen Untersuchungen für die Vergangenheit von Märkten, die groß genug sind, dass für jede beliebige 30 Jahresperiode Aktieninvestitionen eine Rendite von mindestens deutlich über 8 % p.a. erwirtschaften (z.B. bei Investments in einen breiten Index für den US Aktienmarkt, die Renditen in den USA bewegen sich im Durchschnitt zwischen 10-12 % p.a. bei allen denkbaren 30 Jahresanlageperioden seit 1926).

Das einzige Szenario bei dem ein Verlust von den investierten Aktienwerten möglich ist, ist ein (Atom)krieg, der fast die gesamte Menschheit und Wirtschaft ausrottet. In dem Szenario ist allerdings mit einer hohen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass die Bank, die den Bankkredit einfordern könnte, auch untergegangen ist. Somit fehlt der Gläubiger, der den Kredit nebst Zinsen einfordern könnte.

Für mich ist dies ein tragbares Risiko. Dies ist allerdings eine Einschätzungsfrage!

Ganz anders hingegen das folgende Extrembeispiel 2: Alle Verhältnisse sind gleich wie in dem obigen Beispiel. Es gibt nur folgende Unterschiede:

  • Die Bank darf zur Abdeckung Ihrer Kredite nur die verpfändeten Aktien heranziehen. Eine persönliche Haftung des Investors ist ausgeschlossen.
  • Bei den steigenden Kursen hat der Investor zu Beginn 1999 herausgehandelt, dass er ein Teil der Aktien verkaufen darf (in Höhe von 45.000 Euro) und entnehmen darf. Diese Transaktion wird zum 28.7.1999 ausgeführt.

Damit hat der Investor einen Gewinn von +4.400 % realisiert. Der nachfolgende Crash trifft die Bank! Der Investor hat neben seinem Investment auch einen Gewinn von +4.400 % realisiert.

Dieser Fall ist eher selten und nur bei sehr großen Vermögen im Verhandlungswege durchsetzbar. Auf dieser Grundlage ist der Fall wie beschrieben aber sehr vorteilhaft für den Investor. Auf dieser Grundlage macht ein Kredit in vielen Fällen Sinn. Das Risiko ist begrenzt auf den Betrag des Eigenkapitals. Die Gewinnchancen werden vervielfältigt! In der Praxis sehe ich solche Finanzierungsstrukturen (als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer), wenn alles optimal läuft, bei großen Unternehmenstransaktionen ab und an mal.

Diese Situation ist vergleichbar, wenn Unternehmen ihren Mitarbeitern als Vergütung Aktienoptionen anbieten. Wenn das Unternehmen selbst ein gutes Unternehmen ist, sind die Aktienoptionen abhängig vom richtigen Ausübungspreis und „Options“prämie (sehr) vorteilhaft. Dieser Fall ist in der Praxis häufiger anzutreffen.

Zusammengefaßt: wenn das hier dargestellte Risiko mit entsprechenden Maßnahmen gemäß der eigenen Einschätzung beherrscht wird, sind die folgenden Fragestellungen zu beantworten. Mit anderen Worten wird durch die Aktienauswahl sicher gestellt, dass mit nahezu 100 % Sicherheit, die Aktieninvestements mit entsprechender Laufzeit  Rendite bringen, sind die folgenden Fragestellungen zu untersuchen. Auf der Grundlage der positiven Beantwortung der folgenden Fragestellungen sind kreditfinanzierte Aktieninvestments vorteilhaft.

 

Risiko, dass der Kredit zu Unzeit (Kreditrückzahlung führt zu dauerhaften vermeidbaren Vermögensverlusten bis hin zur Insolvenz) gekündigt wird

Während oben das Risiko geschildert wurde, dass die Aktieninvestments selbst keine Rendite bringen, geht es nunmehr darum, darzustellen, welches Risiko die Kündigung des Kredites zur Unzeit darstellt.

Hierzu wiederum ein Beispiel 3:

Banken bieten sogenannte Lombard- oder Wertpapierkredite an. Sie sind bereit, Aktien, von denen die Banken meinen, dass Risiko einschätzen zu können, bis zu einem gewissen Prozentsatz des Wertes dieser Aktien z.B. 60 % zu beleihen. Konkret bedeutet dies, dass die Bank bereit ist, bei einem Aktienwert von 100 ein Kredit von 60 zum Kauf der Aktien zu gewähren. Der Investor muß 40 aufwenden. Der Investor kann also mit einem Einsatz von 40 und der Kreditaufnahme von 60 Aktien im Wert von 100 kaufen. Hierzu folgende Zahlen:

Am 6.11.2007 kauft der Investor für 100.000 Euro Aktien von Alphabet zu einem Kurs von 255,60 Euro. Seine Bank finanziert davon 60.000 Euro als Lombardkredit. Der Investor erhält 391 Aktien von Alphabet. Am 29.11.2008 im Zuge der Finanzmarktkrise steht Alphabet nunmehr bei 115,50 Euro. Das Depot ist nunmehr nur noch 45.160,50 Euro wert. Gleichzeitig setzt der Risikovorstand der Bank den Beleihungswert von Alphabet von ehemals 60 % auf nunmehr 30 % fest (solche Runterstufungen sind in der Finanzmarktkrise reihenweise erfolgt). Wie bei Lombardkrediten üblich forderte die Bank den Investor schon vorher auf,

  • entweder den Kredit insoweit zurückzuführen, dass der Beleihungswert von ca. 13.500 Euro eingehalten wird (entspricht einer Tilgung von 46.500 Euro) oder
  • weitere Aktien verpfändet werden, so dass der Beleihungswert von 60.000 Euro wieder erreicht wird oder
  • die Bank verkauft alle Aktien rechtzeitig, um den Kredit zu tilgen.

Da der Investor weder den Kredit zurückführen kann, noch weitere Aktien verpfänden kann, werden alle Aktien zur Rückführung des Kredites verkauft. Reagiert die Bank erst am 29.11.2008, muss der Investor den verbleibenden Kreditsaldo von knapp 15.000 Euro noch zusätzlich bezahlen!

Im Ergebnis hat der Investor seine gesamten Aktieninvestments verloren und wenn er Pech hat, belasten ihn noch weitere Schulden.

Ohne die Aufnahme des Kredites hätte der Investor 40.000 Euro in Alphabet investiert. Er hätte damit 156 Aktien kaufen können. Am 17.1.2020 betrug der Kurs von Alphabet 1.334 Euro. Aus 40.000 Euro ist so ein Vermögen von 208.000 Euro geworden.

Wandeln wir das Beispiel mit dem Lombardkredit wie folgt ab:
Der Investor nimmt nach wie vor den Kredit auf und tätigt wie oben beschrieben den Kauf von 391 Alphabet-Aktien. Im Unterschied zu der obigen Situation wusste er um die Risiken von Lombardkrediten und hat deshalb geeignete Maßnahmen (die richtigen Kreditbedingungen mit der Bank verhandelt) getroffen, dass die Bank den Kredit in jedem Fall unverändert aufrecht hält. Dieser Investor hätte am 17.1.2020 ein Bruttovermögen in Alphabet von 521.000 Euro. Zieht man hiervon den Kredit von 60.000 Euro und gedachten endfälligen Zinsen von 7 % p.a. (damals waren die Zinssätze noch so J) von ca. 80.000 Euro ab, so verbleibt ein Nettovermögen in Alphabet von 381.000 Euro. Auf dieser Basis hat sich die Kreditaufnahme gelohnt.

Die Beschreibung der geeigneten Maßnahmen erfolgt bei der Darstellung der Beispiele, wo aus meiner Sicht kreditfinanzierte Aktieninvestments Sinn machen könnten.

Zusammengefaßt:
Wenn man durch geeignete Maßnahmen (was wiederum eine Sache der persönlichen Einschätzung ist) sicher stellen kann, dass der Kredit, der Aktieninvestments finanziert, auf jeden Fall bis zu dem Zeitpunkt aufrecht erhalten wird, zu dem man ihn planmäßig tilgen will, so machen kreditfinanzierte Aktieninvestments unter Umständen Sinn. In diesem Falle sollte man sich dann mit der folgenden Fragestellung beschäftigen.

 

Wie ist die Zinshöhe unter Berücksichtigung von Steuern im Verhältnis zu Rendite aus den zu kaufenden Aktien?

Wird die erwartete Rendite aus den zu kaufenden Aktien höher sein, als der Kreditzins (Betrachtung nach Steuern)? Wenn diese Frage positiv beantwortet wird, macht es Sinn Aktien auf Kredit zu kaufen (Soweit die obigen Fragestellungen positiv beantwortet wurden).

Hierzu folgende Beispiele:

Investment in eine Anlage, die regelmäßig Rendite erwirtschaftet und die Kreditfinanziert wird.

Typisches Beispiel für mögliche Anlagen sind vermietete Immobilien aber auch Unternehmenskäufe von gewinnbringenden Unternehmen gegen Kredit. Üblicherweise werden die Bankkredite mit regelmäßigen Zins- und Tilgungsraten bedient. Hierzu folgendes Rechenbeispiel:

Kredit: 100.000 Euro (für Immobilien)

Zinssatz: 2 % p.a.

Tilgung: 2 % p.a. annuitätisch

Mieteinnahmen der Immobilie nach allen Kosten vor Zinsen und Abschreibungen 4 % p.a.

Um die Effekte einfach darzustellen, wird angenommen, dass keine Mieterhöhungen stattfinden und alle Parameter bis zur vollständigen Tilgung gleich bleiben. Zunächst einmal wird das Thema Steuern außen vor gelassen. Weiterhin wird angenommen, dass die Immobilie, die mit 100.000 Euro angeschafft worden ist, im Wert gleich bleibt.

In dem Falle ist der Kredit nach 35 Jahren bis auf 11,04 Euro zurückgeführt worden. Alternativ wird nunmehr mit der Bank vereinbart, dass der Kredit mit einer Tilgungsaussetzung versehen wird. Die Tilgung beträgt 0 Euro. Gleichzeitig wird die Tilgung von jährlich 2.000 Euro in einen Indexfonds investiert mit einer Rendite von 7 % p.a. Die Aktienrendite ist deutlich größer als der Kreditzins. Hier lohnt es sich, mit der Tilgung auszusetzen und den Aktienfonds zu besparen: nach 35 Jahren führt dies zu einem Aktienvermögen mit den jährlichen Sparraten von 2 % auf 100.000 Euro also 2.000 Euro von knapp 276.500 Euro. Würde man dann den Kredit tilgen, hätte man einen Überschuß gegenüber der annuitätischen Tilgungsvariante von knapp 176.500 Euro erwirtschaftet.

Nach Steuern ist die Alternativlösung noch besser als die Tilgungsvariante:

  • Aktienrenditen, soweit sie auf Kursgewinne zurück zu führen sind, sind erst mit Verkauf der Aktien zu versteuern. Hieraus errechnet sich eine Steuerstundung, die erheblich sein kann.
  • Hat man hohe Einkommensteuersätze, so errechnet sich noch ein direkter Steuervorteil. Die gezahlten Kreditzinsen sind von dem zu versteuernden Einkommen abziehbar. Bei einem Grenzsteuersatz von 45 % wird eine Steuerersparnis von 45 % für jeden Euro an Zinsen erwirtschaftet. Dividenden und Kursgewinne unterliegen maximal der Abgeltungssteuer von 26,4 % (inklusive Solidaritätszuschlag ohne Kirchensteuer). Mit anderen Worten eine Steuerdifferenz von fast 20 %!

Dieses Modell geht genauso gut im betrieblichen Bereich eines Selbständigen. Meine Kredite, die ich aufgenommen habe, um meine Praxis als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zu kaufen, sind immer noch nicht getilgt, da ich gleichzeitig in Aktien gespart habe und dieses Modell sich jetzt phantastisch rechnet. Auch hier wiederum gilt, dass die zukünftige Aktienrendite eine Frage der Einschätzung ist.

 

Das Eigenheim

Dieses Modell funktioniert derzeit, wenn man sich niedrige Zinsen von beispielsweise 1-2 % sichert auch für die Kredittilgungen für die Anschaffung des Eigenheims. Vor Steuern sind obige Effekte wie bei einer Renditeimmobilie zu beobachten. Nach Steuern wirkt die Steuer allerdings in umgekehrte Richtung. Die Kreditzinsen sind von dem zu versteuernden Einkommen nicht abziehbar! Sie sind netto zu erwirtschaften. Die Aktienerträge sind -soweit sie realisiert werden- mit Abgeltungssteuer zu versteuern.

Selbständige aber auch Besitzer von vermieteten Immobilien können dieses Modell noch zusätzlich durch Zwei-Kontenmodelle steuerlich verbessern und die steuerliche Situation der Situation im obigen Beispiel angleichen (Bei Fragen zum Zweikontenmodell, wendet Euch gerne an mich).

 

Beleihbare Werte, die auch in Wirtschaftskrisen einigermaßen wertstabil bleiben (wie Immobilien)

Hat man Vermögenswerte, die auch in Krisenzeiten der Aktienmärkte wertstabil bleiben und beleihbar sind, so bietet sich folgendes Modell an:

In den Aktienkrisenzeiten nimmt man Kreditmittel gegen Beleihung dieser Vermögenswerte auf, um dann Aktien zu kaufen! Dies habe ich in 2008 getan. Zu dem damaligen Zeitpunkt brachten Bundesanleihen mit langen Laufzeiten ca. 5 % Zinsen p.a.. Die Aktien guter Gesellschaften notierten zu Preisen, wo diese Aktien einen laufenden, anteiligen Gewinn nach Steuern von 15 % p.a. im Durchschnitt erzielten. Bei diesen Bewertungen sind Aktien ein klarer Kauf (auch mit Kredit). Dies gilt generell, wenn die Kurse von (einzelnen) Aktien, die hervorragende Unternehmen repräsentieren, stark unterbewertet sind. Diese Punkte der Krisen sind klar berechenbar. Die Krisenzeiten sind auch in den Medien eindeutig erkennbar.

Somit ist ein niedriger Einstiegspunkt berechenbar und damit erkennbar. Beleihbare Werte, können neben Immobilien auch die eigene Arbeitskraft sein. So hatte ich damals meine Sparquote hochgerechnet. Dann habe ich drei Jahre Sparen als Kreditbetrag aufgenommen und Aktien gekauft. Aufgrund meiner Bonität war die Bank bereit, den Kredit blanko und ohne Sicherheiten zu gewähren. Dieser Ansatz hat sich ansonsten hervorragend gerechnet. Der Fehler auf meiner Seite war, dass ich zu früh mit der Tilgung eingesetzt habe. Gerade in den ersten ein bis zwei Jahren nach der Krise sind die Aktienkurse noch relativ niedrig. Hier macht es Sinn statt die aufgenommenen Kredite zu tilgen, die Tilgungsraten weiter zu sparen und die Tilgungen bei höheren Kursen vorzunehmen.

Auch hier wieder muß klar sein, dass die erwartete Aktienrendite deutlich unter dem Kreditzins liegt. Auch dies ist naturgemäß eine Einschätzungsfrage.

 

Besondere Blankokredite, die auch dann nicht zurückgefordert werden, wenn es dem Kreditnehmer wirtschaftlich schlechter geht

Das sind z.B. BaFöG Schulden. Dieser werden je nach Ausgestaltung zinslos gewährt. Wenn also eine vorzeitige Rückzahlung keine Rabatte in Form von Darlehenserlassen auslösen. In so einem Fall (vorzeitige Rückzahlung löst keinen Erlass des Darlehens aus) macht es Sinn die Tilgungen so lange wie möglich heraus zu zögern und die Tilgungsbeträge alternativ in Aktien zu investieren.

 

Zusammengefaßt gilt für mich folgendes:

Kann man persönlich mit den Krediten gut schlafen und

kann die Bank den Kredit nicht zur Unzeit kündigen und

handelt es sich um sichere Aktien (sprich ist innerhalb von zumindest 10-30 Jahren mit Unternehmensgewinnen zu rechnen also exzellente Expertise in der Auswahl von Einzelaktien oder Kauf des breiten Marktes=Indexfonds) und

ist die erwartete Rendite aus den Aktien, die auf Kredit angeschafft werden, deutlich größer als die Verzinsung des aufzunehmenden Kredites in der Betrachtung nach Steuern,

dann ist der Kauf von Aktien gegen Kredit wirtschaftlich sinnvoll.