Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Frugalistin wider Willen - Negativbeispiel

Hallo Olli und liebe Mitglieder,

mit grossem Vergnügen verfolge ich die Beiträge hier.

Während Olli ein gelungenes Beispiel einer frugalistischen Lebenshaltung ist, bin ich sozusagen das negative Beispiel:

Ich bin eigentlich die Generation eurer Eltern - sprich Jahrgang 54 - und habe daher bereits als Kind zwangsläufig frugalistisch leben müssen, da meine Familie - Nachkriegszeit - alles andere als gut betucht war. Mein Studium in Geisteswissenschaften hat nicht gerade dazu beigetragen,  irgendwelches Vermögen aufzubauen, geschweige denn zu vermehren - im Gegenteil. (Ich hätte statt Magister besser Staatsexamen machen sollen und damit zumindest meine gegen die Wand gefahrene finanzielle Lebensplanung retten können, was ich nun nicht getan habe). Stattdessen habe ich das Ganze noch getoppt und mich jahrelang in Italien aufgehalten, (mit etwa inklusive Miete und Nebenkosten 500 DM) - wo ich zwar aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation kein Bein auf die Erde bekam, aber dennoch eine weitere Ausbildung - nämlich als Dolmetscher und Übersetzer zustande gebracht habe. Stressiges Leben und wegen wenig Geld absolut frugalistisch auf Nudeln, Obst vom Markt und Wasser. Oftmals habe ich Kohldampf geschoben und da ich sehr dünn war, war ich auch anfällig und habe bald gesundheitliche Probleme in Form von Asthma, Allergien und schliesslich eine Lungenentzündung bekommen, an der ich fast gestorben wäre. Damit war der berufliche Teil meines Lebens - der engagierte - eigentlich abgehakt, da ich in meiner Leistungsfähigkeit bedingt durch etliche andere Phänomene - bis heute stark eingeschränkt bin. Weitere gesundheitliche Details will ich euch ersparen, nur soweit , dass ich auch vermehrt mit Allergien zu kämpfen hatte.

Wie ihr euch denken könnte, habe ich in den 8 Jahren Auslandsaufenthalt Rentenbeiträge Rentenbeiträge sein lassen und kann gerade mal mit jetzt 65 - aufgrund einer beschränkten freiberuflichen Tätigkeit als Sprachlehrer eine Mini-Rente von brutto 300 Euro beantragen, mit der ich mich sicher nicht zur Ruhe setzen kann.  Sprich, ich werde weiterarbeiten, bis ich im Unterricht tot umfalle...

Die hier im Forum vorgeschlagenen Tipps zur Kostenreduzierung sind äusserst informativ und auch ich führe jetzt Buch, um mein Budget nicht allzusehr  zu überstrapazieren.  Aber: Ein weiterer Punkt, den du Olli hier nicht explizit ansprichst, ist die Ernährung. Du hast ja nun eine kleine Tochter und ich hoffe, dass ihr auf die Sauberkeit der Lebensmittel hinsichtlich Düngemittel und Insektizide verstärkt achtet. Auch ich musste meine bisher konventionelle Ernährung auf Bio umstellen, da ich Vegetarierin bin und auf konventionelles Gemüse allergisch reagiere. Das schlägt natürlich mit den höchsten Kosten hier in Bayern zu Buche. Auf meinem Balkon baue ich zwar Kräuter an, aber Obst wächst nur kärglich. Einen Schrebergarten zu mieten ist finanziell nicht drin. Jedenfalls komme ich mit 400 Euro Lebensmittelkosten (Nahrungsergänzungsmittel inklusive  Creme, Shampoo)- lebe allein mit einer anspruchsvollen Siamkatze  -  lange nicht hin.

Ich möchte übrigens noch unbedingt hinzufügen, dass ich letzte Woche in einem Restaurant in der Küche ausgeholfen habe und fassungslos mitansehen musste, wie die Leute ganze Gerichte (Nudeln, Lasagne) sowie Vorspeisenteller mit Oliven, Käse usw. zurückgehen liessen, was alles in der Mülltonne landete!!! 😡

 

Herzlich Willkommen!

Ja, die Geisteswissenschaften... aber Geld ist ja auch nicht alles. Bin mal so frei und schreibe, was ich mir beim Lesen so dachte:

Jahrgang 54 könnte Altersgrundsicherung beantragen - je nachdem, wie viel Vermögen vorhanden ist.

Weiß ja nicht, gegen was es da Allergien gibt, und bei welchen Lebensmitteln es einen gravierenden Unterschied bei der Belastung mit Pestiziden usw. zwischen konventionell und Bio gibt (bei manchen Sachen ist das ja wohl nur halb so wild)... trotzdem bin ich etwas darüber gestolpert, dass 400€ für Lebensmittel lange nicht ausreichen. Wir hatten früher zu zweit ein Budget von 50€/ Woche für alles aus dem Supermarkt - was davon übrig blieb (und es blieb durchaus auch mal was übrig), wurde für irgendwas gespart. Gehungert haben wir nicht.

Ja, danke Namir für deine Antwort, aber ich habe später noch ´Nahrungsergänzungsmittel´ und ´Drogeriebedarf´ hinzugefügt....Damit kommt man schnell über die besagte Summe hinaus.

Ausserdem kaufe ich ich dort im Bioladen getreidefreies, teures Katzenfutter ein, nachdem diese Blasensteine hatte und ich für den Tierarzt über 500 Euro hinlegen musste....

Nein, Grundsicherung ist das letzte, auf das ich zurückgreifen möchte... Gottseidank habe ich noch eine kleinere Summe im Auge, die meine Mutter mir irgendwann vererbt. Anlegen kann ich dieses eh nicht, da weder eine Zeitschiene noch Zinsen vorhanden sind. Von diesem Zubrot kann ich dann auch nicht lange zehren, aber da ich eh eine Aortenerweiterung bezw. Aneurysma habe, werde ich diesen Zustand vielleicht nicht gar nicht mehr erleben, da ich nicht daran denke, mich auch noch einer OP zu unterziehen.

Wozu denn, wenn man hinterher  Behinderung riskiert. Was erwartet einen dann für ein Leben, eventuell behindert und in Armut?? Nein danke...(Ich verfolge nämlich andere Personen mit dieser anatomischen Fehlfunktion in einer FB-Gruppe und staune oft, was manche Personen so ertragen können: Aus einer OP werden alle möglichen anderen OPs, da dann die Nähte an dem Rand der Prothese weiter einreissen...und das bei oft noch sehr jungen Personen...)

Ein guter Artikel, der zeigt wie wichtig die freie Entscheidung ist.

Ein unfreiwilliger Frugalismus ist Armut.

Freiwilliger Frugalismus ist Luxus.

Achte auf deine Gedanken! Sie sind der Anfang deiner Taten.

@marinasala:

Ich denke des öfteren die freiwilligen Frugalisten können sich anerkennend auf die Schulter klopfen und jene, die von genauso wenig oder gar weniger leben müssen, da ist das dann einfach so.

Da ich von klein auf auch chronisch krank bin und ebenfalls mit Allergien kämpfe, kann ich gut verstehen, wenn Arztkosten oder sonstige Mittel, die nicht von der Kasse getragen werden, ganz schön ins Geld gehen.

Hinsichtlich Grundsicherung denke ich, dass diese den Menschen in den meisten Fällen auch zusteht, wenn diese nicht gerade lebenslang komplett arbeitsunwillig waren. Es gibt viele wichtige Berufsgruppen, die trotz lebenslanger Arbeit zwangsläufig in der Grundsicherung landen. Laut diesem Artikel benötigt man Stand 2018 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden und 45 Jahren versicherungspflichtiger Beschäftigung mindestens einen Stundenlohn von 12,63 Euro, um mehr als die Grunsicherung als Rente zu erhalten. In 2018 zum Zeitpunkt dieser Berechnung lag der Mindestlohn bei 8,84 Euro, in 2019 liegt er bei 9,19 Euro.

https://www.focus.de/politik/deutschland/berechnung-der-bundesregierung-12-63-euro-mindestlohn-braeuchte-es-fuer-eine-rente-oberhalb-der-grundsicherung_id_8916484.html

Danke für deinen Beitrag und alles Gute!

Ruben

Ich muss gestehen, an der Ernährung würde ich auch nicht sparen wollen. Dann lieber an Urlaub, Einrichtung, Kosmetik, Ausgehen, Kleidung (in der Reihenfolge). Bei uns ist das Fleisch am teuersten, das fällt ja eh schon weg bei den Vegetariern. Ganz auf Fleisch und Wurst zu verzichten würde mir auch sehr schwer fallen.

Hut ab vor Marina (insb dass Sie keine GruSi beziehen wollen), hoffentlich helfen Ihnen die Spartipps hier ein wenig weiter.

Liebe Mitleser/innen,

 

ich danke euch ganz herzlich für eure verständnisvollen Beiträge.

 

LG Marina

Zitat von marinasala am 19. Juli 2019, 16:18 Uhr

...

Ausserdem kaufe ich ich dort im Bioladen getreidefreies, teures Katzenfutter ein, nachdem diese Blasensteine hatte und ich für den Tierarzt über 500 Euro hinlegen musste....

...

Und zu Beginn die Aussage:

"Wie ihr euch denken könnte, habe ich in den 8 Jahren Auslandsaufenthalt Rentenbeiträge Rentenbeiträge sein lassen"

<--- Wenig Verständnis für das Klagen...

...ich klage ja gar nicht, sondern beschreibe...Im Übrigen Loistoi ist meine Katze mein Ein und Alles und ich würde lieber hungern als es einem mir anvertrauen Lebewesen an etwas mangeln zu lassen....

Hallo marinasala,

mir kamen noch zwei Gedanken:
Wenn du familiär nicht angebunden bist, kannst Du auch in günstigere Gegenden Deutschlands ziehen.
Und: Schau Dich mal in der solidarischen Landwirtschaft um. Du musst keinen Schrebergarten selbst pachten, dort kannst Du günstig Gemüse bekommen, es gibt auch ökologisch wirtschaftende Solawis, und wenn Du etwas mehr mithilfst als die Mindest-Mitarbeit, bekommst Du evtl. auch einen Nachlass beim Mitgliedsbeitrag. Du siehst ganz genau, was unter welchen Bedingungen angebaut wird. Fermentiere Dir Dein Gemüse aus dem Sommer, dann hast Du auch im Winter noch was.

Zitat von Ernst am 20. Juli 2019, 11:41 Uhr

Ein unfreiwilliger Frugalismus ist Armut.

Passt die Annahme eines "unfreiwilligen Frugalismus" überhaupt zum Begriffsverständnis dieser Seite?

Was würdest du anders machen, wenn du für deinen Lebensunterhalt nicht mehr arbeiten müsstest?

Uns Frugalisten ist dieses Standard-Lebensmodell zu langweilig. Wir versuchen, ein spannenderes, erfüllteres Leben zu führen.

frugalisten.de /tour

Ich würde sofort Grundsicherung beantragen. Steht Dir zu und du hast nichts zu verlieren.

Kann mir gut vorstellen,  dass in so einer Situation man sich viele "hätte ich doch Gedanken" macht,  nur bringt das nichts.  Für die Zukunft einfach das beste draußen machen,  und dazu gehört sicher Grundsicherung zu beantragen.

Ich kann es verstehen, wenn jemand keine Grundsicherung beantragen möchte (so lange es irgendwie noch ohne geht). Man muss sich nackt ausziehen, wenn man Geld vom Amt will, und wird sehr häufig auch nicht sehr freundlich oder zumindest von oben herab behandelt. Das wollen sich viele ersparen.

Auch ich verdiente über 20 Jahre während meiner Selbstständigkeit weniger, als ich zum bescheidenen Leben brauchte und konnte daher nicht viel für die Rente zurücklegen. Und ich lebe schon lange mit dem Wissen, dass ich arbeiten muss, bis ich nicht mehr arbeiten kann. Dann allerdings greift eine gute Pflegeabsicherung, so dass meine Verwandten nicht mit Kosten belastet werden.

Wo ich Paul allerdings zustimme: Die Grundsicherung aus moralischen Gründen nicht zu beantragen, das muss nicht sein. Sie steht Dir zu. Punkt.
(Und falls es Dir die Sache erleichtert: Es werden Milliardenbeträge verschwendet. Wenn dann ein paar hundert Euro für Deine Grundsicherung von der Gesellschaft getragen werden, ist das mehr als in Ordnung, denn das ist ein rechtmäßiger Steuerverwendungszweck, dafür - und für Straßen, Krankenhäuser usw. - sollte das Geld eigentlich ausgegeben werden. Nicht für Beraterverträge und sonstigen Müll.)

Halo Christine,

Solawis? Was sind das? Hier gibt es nur Schrebergärten und weiter auf dem Land Parzellen, zur einjährigen Miete, Allerdings braucht man dazu auch wieder ein Auto, denn diese liegen recht weit ab.

Ansonsten will ich aus Bayern eigentlich nicht weg. Dort lebt auch mein einziger Sohn und ausserdem habe ich zum Glück eine Sozialwohnung. Zusätzlich hat jetzt Emilen Mutter, die in Düsseldorf lebt, auch noch einen Schlaganfall erlitten und ich als einzige Tochter muss mich um alles kümmern.