Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Frugalist Light

Hallo zusammen,

ich bin heute erst auf das Thema Frugalismus aufmerksam geworden als ich nach "Sparquote" im Netz gesucht habe. Zu mir: Bin Mitte 40, verheiratet, 2 Kinder und wohne in der südlichen Hälfte von Deutschland. Da mich das Thema Sparquote und Finanzoptimierung interessiert und ich das ganze schon seit Anfang meines Berufslebens betreibe, habe ich mich bei euch angemeldet.

Meine Sparquote liegt derzeit bei ca. 52%. Unsere Basis hat sich die letzten 5 Jahre deutlich erhöht und wir müssen auf nichts verzichten. Da wir unser Haus schon abbezahlt haben ist das auch recht einfach ohne Einschränkungen machbar. Da wir auf kaum was verzichten, das Geld aber nicht verblöden, fühl ich mich quasi als Light Frugalist.

Für mich war und ist der zentrale Erfolg das Führen eines Haushaltsbuches. Ich glaube nicht, dass wir ohne dieses wirklich so weit gekommen wären. Unseres hat seit den letzten 10 Jahren fast 20.000 Einträge. Ist unheimlich interessant, was sich daraus alles ableiten lässt.

Aber wie haltet Ihr das mit euren Zielen? Ab wann fühlt oder seid ihr unabhängig?

Bei mir ist es gerade auf der Arbeit recht schwierig (Großkonzern) und ich überlege den Job zu wechseln mit dem Risiko, dass ich nur noch 1/2 bis 2/3 meines jetzigen Gehalts verdiene. Das treibt mich ziemlich um, da ich mich trotz meiner Sparquote nicht wirklich frei fühle.

Aber objektiv geht es uns sehr gut:

  • Abbezahltes Haus vorhanden
  • Rentenanwartschaften von uns inkl. Firmenrente liegen schon bei 3.100 EUR mit 65/67 Jahren. Hab da immer viel in die Firmenrente einbezahlt.
  • Haushaltseinkommen inkl. Mieteinnahmen bei nur 60% Job meiner Frau liegen bei 2.700 EUR, bei ca. 2.000 EUR Ausgaben im Monat.
  • Anlagedepot/Konten mit 175.000 EUR vorhanden.
  • Dazu noch weitere Altersvorsorge-Verträge im Wert von nochmal ca. 140.000 EUR.

Ich habe allerdings das Problem, dass ich mich nicht so richtig frei fühle. Welches Ziel strebt ihr an? Wann ist das Ziel wirklich erreicht? Könnt ihr wirklich Stopp sagen und das Streben zu sparen bzw. das Erhöhen der Einnahmen um das Sparen möglich zu machen zu beenden?

Bei mir ist das zumindest ein zentraler Punkt.

Wie haltet ihr das? Könnt ihr euch vorstellen, z.B. die Arbeit aufzugeben, wenn es dann reicht?

Gruß und bis bald, chrs

 

Die Freiheit wächst nicht mit der Höhe der Sparquote. Im Angestelltenverhältnis besteht keine Freiheit. Zeit gegen Geld. Oftmals Druck, Ärger und Angst.

Die Freiheit wächst schrittweise durch das Studium der frugalen Lebensweise (Blog, Forum, usw.)

Das Erkennen und umsetzen der Möglichkeiten durch das angesparte Vermögen bringt vorzeitig Freiheit für die eigene Lebenszeit: Teilzeit, Jobwechsel, Selbständigkeit, Komplettausstieg...

Viel Erfolg und Spaß beim Studium.

3 Tage Woche. Teilzeitarbeit.

Schließe mich 49er an. Es ist ein Prozess. Meine Freiberuflichkeit ermöglicht mir ein schleichendes Absenken der Arbeitszeit. Derzeit bin ich noch für 7J bei etwa 30 Std/W, danach Absenkung auf 5 Std/W geplant. Was ich danach genau mit der freien Zeit mache, weiß ich noch nicht so recht. Sollten dann meine Eltern Unterstützung brauchen, würde ich das gerne machen. Ebenso würde ich mich stundenweise um Enkelchen kümmern, wenn die dann geboren sind.

Sollte es keine familiäre Situation geben, der ich mich widmen kann, vllt. ein Ehrenamt. Oder Reisen und eine Sprache lernen. Oder ich arbeite einfach weiter, wenn sich n richtig spannendes Projekt auftut.

Aber Sie haben schon recht, das Danach ist auch spannend im Frugalismus.

Zitat von 49er am 31. Juli 2019, 7:07 Uhr

Im Angestelltenverhältnis besteht keine Freiheit. Zeit gegen Geld. Oftmals Druck, Ärger und Angst.

Naja... "Zeit gegen Geld" gilt doch auch für Selbstständige, mindestens am Anfang der Selbstständigkeit. Das ist doch das Prinzip des Berufs. Da sehe ich keinen Unterschied zwischen einem Angestellten und einem Selbständigen. Zudem gibt es auch sehr angenehme Arbeitgeber, die sich nicht durch "Druck, Ärger und Angst" auszeichnen, sondern durch angenehmes Arbeitsklima usw.

Ich kann heute Abend entscheiden, Feiern zu gehen oder einen Freund zu besuchen und für morgen Urlaub nehmen / Überstunden abbauen. Genau so kann ich entscheiden, heute 2h mehr zu arbeiten (um das dann zu anderer Zeit wieder abzufeiern). Klar gibt es Ausnahmen, wenn dringende Projekte anstehen, aber das gibt es wohl auch bei Selbstständigen.

Zitat von Schwaebin am 31. Juli 2019, 8:21 Uhr

Schließe mich 49er an. Es ist ein Prozess. Meine Freiberuflichkeit ermöglicht mir ein schleichendes Absenken der Arbeitszeit. Derzeit bin ich noch für 7J bei etwa 30 Std/W, danach Absenkung auf 5 Std/W geplant.

Mir kommt es vor, als hätten viele nur Erfahrungen mit miesepetrigen Arbeitgebern gemacht. Bei uns in der Firma gibt es viele Leute, die auf eigenen Wunsch hin mit nur 30 Std/W arbeiten, oder sogar weniger, oder etwas mehr. Soetwas funktioniert auch als Arbeitnehmer.

Zugegeben, auf 5 Std/W kommt man damit wohl nicht. Aber auf soetwas wie 20 Std/Woche kann man auch als Arbeitnehmer kommen. Dafür muss man aber eine Firma finden, die Wert auf Mitarbeiterzufriedenheit legt und soetwas mitmacht.

Ich befinde mich in ähnlicher Lebenssituation. Mitte 40, verheiratet, ein Kind, abbezahltes Eigenheim und aus dem Süden Deutschlands.

Allerdings habe ich die Reisslinie gezogen und mir eine längere Auszeit gegönnt. Ich spielte schon länger mit dem Gedanken, der ausschlaggebende Punkt war dann das schlechte Arbeitsklima und Unzufriedenheit im Job.

Meine Sparquoten ist daher momentan bei Null. Ich lebe überwiegend von passivem Einkommen. Doch die gewonnene Zeit und Freiheit ist für mich mit nichts aufzuwiegen. Natürlich muss das jeder für sich entscheiden. Ich sehe das so wie 49er:

Zitat von 49er am 31. Juli 2019, 7:07 Uhr

Das Erkennen und umsetzen der Möglichkeiten durch das angesparte Vermögen bringt vorzeitig Freiheit für die eigene Lebenszeit: Teilzeit, Jobwechsel, Selbständigkeit, Komplettausstieg...

Auf jedenfall finde ich das hier ein klasse Forum und wünsche viel Spass beim Stöbern.

Bei mir stimmte das mit den stinkigen Arbeitgebern leider überwiegend. Jeden Tag Urlaub musste ich mir extra genehmigen lassen und lange auch eine Rückmeldung warten müssen, genauso wenn ich mal früher gehen wollte. Jedes Mal Männchen machen mit ungewissem Ausgang. Auch auf 30 Tage Urlaub limitiert zu sein hat mich gestört. Und 5 Std/W hätte da keiner mit gemacht.

Und sooo viel krank, dass ich derart von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall profitiere, bin ich dank robuster Gesundheit nicht. Ich kann nun auch selbst entscheiden, auf welche Fortbildung ich gehen mag. Ich kann auch mal einen Auftrag ablehnen, wenn ich das Projekt nicht mag. Sollte ich mich mit einem meiner Auftraggeber in die Wolle kriegen, habe ich ich immer noch genug andere, mit denen ich problemlos weiter genug Umsatz habe.

Hi Chris,

ich kenn das mit dem finanziellen unfrei fühlen trotz robuster Zahlen. Erst letztens sah ich das ich meine Ziele welche ich mir vor Jahren als finanziell unabhängig gesetzt hatte erreicht sind. ..

Es ist ein Prozess. Ich bin wohl erst dann finanziell frei wenn ich mich auch so fühle. Es sind wohl mehr Gewohnheiten welche mich in alltägliche Routinen einbinden als finanzielle Notwendigkeiten.

Ich mach es auch Schrittweise und bin nun in Teilzeit. Meine Entscheidung wann ich aufhöre im angestellten Verhältnis zu arbeiten ist wohl mehr von meiner Zufriedenheit in der Anstellung und weniger von finanziellen Kenngrößen abhängig.

 

 

Falls es Dir möglich ist, eine längere Auszeit zu nehmen - 3-6 Monate - wäre das hervorragend. Du musst dir zeit geben, das Gehirn braucht erstmal 2-4 Wochen, um vom langjährigen Alltagstrott loszukommen - erst dann hat der Kopf genügend freiraum, neue Ideen, Wünsche, Projekte anzuvisieren. In dieser Zeit kannst du auch testen, wie du damit überhaupt zurecht kommst, kannst du dir die Zeit erfüllend gestalten? Vielleicht merkst du, dass du gerne weiterhin Struktur im Leben hast - aber ggf. anstelle von 2 neu 3 Tagen frei pro Woche.

Mein engerer Freundeskreis ist sich dem bewusst, und vom Studium / Ausbildung her ist man zeitlebens gewohnt, regelmässig viele Ferien und Freiräume zu geniessen. Die meisten davon achten deshalb bei der Arbeitgeberwahl, dass sie grösstmögliche Flexibilitäten aufrechterhalten können - viele arbeiten auch bewusst nur 80% und machen z.B. den Freitag als den Tag für sich. Einem Elektroingenieur ist das bis jetzt nicht gelungen, weil der Arbeitgeber nicht so recht will - und er leidet darunter. Er hat jetzt einiges Angespart und nimmt sich eine Auszeit - danach will er einen Job finden, wo sich dies besser einrichten lässt. Meine pers. Beobachtung ist, dass jene Leute, die in ein volles Pensum mit Verantwortung gelangen, rapide abbauen was Kreativität, Freigeist, Spontaneität oder Entdecken von Neuem betrifft - sie verarmen geistig ein wenig und sind nicht mehr so spannende Mitmenschen, die sie einmal waren. Aber logisch - ihnen fehlt die Zeit, sie sind arm an Zeit, reich an Beschäftigung und Lohn, aber ob sie den absprung rechzeitig schaffen? -> das wird nicht leichter im Alter.

Ich pers. habe 5 Jahre auf dem Beruf als Maschineningenieur gearbeitet und dann eine 9 Monatige Ausszeit genommen. Während dieser habe ich mit meinen Eltern in ihrem Haus eine Wohnung für mich ausgebaut, bin gereist und habe Grossvaters (selig) Schreinerhütte zu meiner pers. Werkstatt ausgebaut. Die Wohnung wie die Werkstatt sind Oasen für mich, Letztere ist gut eingerichtet und da sie nur mir gehört, kann ich dort tolle Umbauprojekte realisieren - hab ich mal keine Zeit, bleibt alles liegen und wenn ich weitermachen will - kann ich dort weitermachen, wo ich aufgehört habe. Jetzt arbeite ich wieder und habe eher zu knapp Zeit dafür, aber das kann ich beliebig ausbauen nach Lust und Zeitressourcen. Das als Beispiel, wie ich mir versch. Dinge aufbaue, die ich langfristig ausbauen kann - weil von heute auf morgen geht sowas nicht, also ist es wichtig, sich darauf in einem steigenden Prozess vorzubereiten.

Um meine Geschichte abzuschliessen - heute arbeite ich mit einem Partner und Angestellten selbständig, ich bin 50% auf Projekten unterwegs und rund 20% sind Homeoffice administrative Arbeiten. Im Sommer nehme ich mir immer 4-6 Wochen eine Auszeit. Die grösste Krux und (Tragödie) am ganzen: Mitarbeiter, die hinten und vorne nicht mit Geld umgehen können oder halt sehr hohe Lebensstandards fahren wollen sind halt frustriert, wenn man als Vorgesetzter nur eine Teilzeitstelle besetzt - während sie selber "immer" arbeiten müssen. Das ist für sie psychologisch sehr schwer ertragbar und es ist nicht einfach, Leuten einen bewussteren Lebensstil zu erklären, geschweige denn beizubringen, dass sie über die Verhältnisse leben (eine sehr persönliche Sache worüber Leute nicht gerne kritisiert werden). Das war aber etwas abschweifend 😉

Danke für eure Antworten.

Ja, in der Tat ist das etwas, das erst länger auf mich einwirken muss, es muss quasi erst zu meinem “Freund" werden :-). Das hat viel mit unabhängigem, von Konventionen losgelöstem leben zu tun. Wenn man sich wie ich mit einem leben, dass die Gesellschaft vorgibt, arrangiert hat, die Familie noch in der alten Welt hängt, dann braucht das Ganze Zeit und Kraft.

Auf jeden Fall bin ich heute schon frei in meinen beruflichen Entscheidungen. Ich kann etwas riskieren und lass mir nicht mehr alles gefallen. Das ist schon mal ein erster Schritt. Mir macht das, was ich beruflich mache sehr großen Spaß. Daher bin ich da schon sehr konsequent, wenn sich wie zurzeit hier was zum Negativen ändert.

Nach aktueller Lage werde ich so in 10 Jahren mit Mitte 50 aus dem Berufsleben ausscheiden. Dann aber ohne irgendwelche Einschränkungen. D.h. die Zeit bis zur Rente zahlt dann die Firma.

Gruß, Chrs

Ich habe für mich die (teilweise) 28h-Woche eingeführt. (Von 35h im IG Metall-Tarifvertrag). Ein Segen, wenn man auf die 60 zugeht...

Das fing vor einigen Jahren an, als ich viel Resturlaub nehmen musste (bis Ende März).  Alleinstehend, Töchter aus dem Haus, hatte ich keine Urlaubs(reise)pläne. Also, einfache Lösung: mittwochs. (Mo+Di schaffen; 1 Tag Ruhe; Do+Fr schaffen; 2 Tage Ruhe).

Über die Jahre hat sich das extrem gut bewährt. Aufträge, die mittwochs reinkamen, konnte ich tags darauf noch rechtzeitig erledigen. Meine Chefs hatten keinerlei Einwände, immer genehmigt. (Natürlich geht das nicht jede Woche... 52 Urlaubstage habe ich ja nicht. Aber in etlichen Wochen mit 5 Arbeitstagen).

Nur als ich Leiharbeiter wurde (von der Siemens AG ausgeliehen an die Siemens Logistics GmbH), musste ich das Konzept meinem "disziplinarischen Vorgesetzten" begründen, ging dann aber auch.