Bitte oder Registrieren, um Beiträge und Themen zu erstellen.

Frugalismus in der Konsequenz --> Unternehmer werden?

VorherigeSeite 2 von 2
Zitat von Andre am 3. Januar 2020, 18:05 Uhr

Als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater habe ich mich nach Ablegung der Berufsexamina sofort selbständig gemacht. Meine Erfahrungen sind folgende:

  1. Mir macht der Beruf einfach Spaß: Deshalb war für mich das Thema Mandanten = Kunden immer einfach: Ich kann Sie mir aussuchen!
  2. Ich bin frei in dem was ich mache, wie ich es mache, wo ich es mache, wann ich es mache, ...
  3. Mir macht es Spaß mit meinen Partnern und Mitarbeitern etwas zu bewegen.

Leider bin ich gestern nicht zu Ende gekommen, deshalb hier die Fortführung:

4. Ich verwirkliche so den Sinn/die Vision meines Lebens, "eine Welt, in der die Wirtschaft dem Menschen dient", weil ich mit meinem Wissen, Erfahrungen und Können für viele Unternehmen und Initiativen die richtigen steuerlichen und rechtlichen Grundlagen national und international lege, dass sie vernünftig arbeiten können und gleichzeitig Finanzierungen erhalten: hier ein paar Beispiele meiner Mandanten, die ich öffentlich nennen darf: https://thegenerationforest.com/en/about-us/, https://chancen-eg.de/, http://www.konzept-e-lebensraeume.de/, https://purpose-economy.org/en/ und https://purpose.capital/en/.

und ganz nebenbei verdiene ich auch mehr, als in einer wie auch immer gestalteten Angestelltentätigkeit. Gleichzeitig empfinde ich meine Tätigkeit als Unternehmer als risikoärmer, als wenn ich Angestellter wäre. Als Angestellter habe ich nur einen Kunden, meinen Arbeitgeber und wenn ich ein gewisses Alter erreicht habe oder andere Umstände mich für den Arbeitsmarkt unattraktiv machen, bin ich diesem Kunden auf Gedeih und Verderb ausgeliefert (es sei denn, ich bin schon wirtschaftlich frei :-)).

Gerade den letzten Punkt sieht meine Frau für sich ganz anders, die Beamtin ist:

Sie hat halt öfter mitbekommen, wie ich kitzlige Situationen zu meistern hatte: Entweder wußte ich in der Monatsmitte nicht, wie ich die Gehälter meiner Angestellten bezahlen sollte, die Mandanten hatten einfach nicht bezahlt (was gerade am Anfang meiner Selbständigkeit mehrmals vorkam) oder wir hatten zu wenig Arbeit und ich mußte binnen Wochen neue Aufträge ranschaffen oder ....

Für mich war jede Minute meiner Selbständigkeit zumindest herausfordernd, lehrreich und hat mich in meiner persönlichen Entwicklung weiter gebracht (auch und gerade in diesen kitzligen Momenten). Ich wollte auf keinen Fall in die Angestelltentätigkeit zurück, die ich jahrelang hatte(, damit ich die Berufsexamina ablegen konnte). Aber wie gesagt, das ist eine Sache der Persönlichkeitsstruktur, die man in die Wiege gelegt bekommen hat. Nach meiner Erfahrung gibt es nur wenige Menschen, die diese Persönlichkeitsstruktur mitbekommen haben!

Für mich war nach 10 Jahren Angestelltentätigkeit (2 Jahre Lehre und 8 Jahre Jobs nach Studium) klar, ich will Unternehmer werden. Menschen mit anderer Persönlichkeitsstruktur ist klar, sie wollen Beamte oder Angestellte sein.

Diejenigen, die nicht wissen, ob Selbständigkeit etwas für sie ist, empfehle ich aus der Angestelltentätigkeit nebenberuflich sich mit dem selbständig zu machen, was sie lieben und wofür sie sich begeistern können. Sie können es so, ohne finanzielles Risiko ausprobieren.

Kurz gesagt: Sowohl das Angestelltendasein als auch das Unternehmerdasein führen in die wirtschaftliche Freiheit. Je nach Persönlichkeitsstruktur ist das eine oder das andere für den einzelnen besser! Beide Tätigkeitsformen haben somit für alle betrachtet eine gleichberechtigte Existenzberechtigung.

Wenn man wirklich reich werden will, führt wohl kein Weg am Unternehmertum vorbei. Aber, man trägt auch ein viel höheres Risiko. Man hört leider immer nur die Geschichten von den Erfolgreichen. Doch wie viele gescheiterte Unternehmer kommen auf einen Erfolgreichen? Oder wie oft muss man mit seinen Ideen scheitern und auf die Schnauze fallen, bis das Geschäft so richtig brummt? Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmer gerade in der Anfangszeit ein deutlich höheres Arbeitsaufkommen haben, als der durchschnittliche Angestellte. Da ist es oft nicht mit einer 39 Stundenwoche getan, sondern es sind schnell mal 50 Stunden und mehr. Dass der Angestellte ein höheres Risiko hat, dem kann ich nicht zustimmen. Es kommt hauptsächlich auf die Qualifikation an. Wenn der Arbeitgeber pleite geht oder einen entlässt, so hängt es von der Qualifikation ab, wie schnell man einen neuen Job bekommt. Außerdem hat der Unternehmer meistens Eigenkapital und Kredite in seine Unternehmung investiert, das er im Falle des Scheiterns auch noch verliert und nicht selten auf einem Berg Schulden sitzen bleibt. Das ist beim Angestellten nicht so. Des Weiteren bekommt der Angestellte Arbeitslosengeld und den AG-Anteil der KV und Rentenversicherung übernimmt das Amt. Der Unternehmer muss alles selbst tragen. Aus all diesen Gründen habe ich mich auch dagegen entschieden Unternehmer zu werden und habe mein Ziel auch mit einer Angestellten-/Beamten-Laufbahn erreicht. Klar, der Preis dafür ist natürlich, dass ich nie Millionen scheffeln werde, aber das war auch nie meine Absicht. Der Weg über die Angestellten-Schiene ist aber wesentlich risikoärmer und sicherer.

Andre hat diesen einen Punkt schön herausgearbeitet: als Angestellter hat mein EIN Kunde - das ist der Vorgesetzte / die Firma / die Institution. Dieser nimmt einem zwar viel Ärger ab (Aufträge generieren, Zahlungen von Kunden eintreiben, Administration, usw...) - als Unternehmer aber haben sie eine Karte, die sie gegen diesem Aufwand spielen können, sollte es wirtschaftlich nötig werden: sie können dem Angestellten kündigen. Sei es, weil die wirtschaft kriselt oder weil das Geschäftsmodell veraltet / überholt oder obsolet wurde. Dieses Risiko kennen die Menschen in Deutschland und der Schweiz gar nicht mehr so recht, weils halt doch schon seit Jahrzehnten ganz ordentlich läuft - aber fragt mal die Jugend in Südspanien, Griechenland um jetzt mal in Europa zu bleiben? Hier werden junge Leute selbständig und erfinden neue Währungen (Zeit, die man tauschen kann, z.B. Haare schneiden gegen eine Massage, usw.), weil dort Staat und Wirtschaftspolitik (Folgen der EZB Politik) versagen.

Ergo das Risiko und der Stress mögen als Angestellter angenehmer sein - aber seit euch bewusst - das habt ihr guten Unternehmern und seriöser Politik zu verdanken von Personen und Menschen, die bereit sind für andere (also auch euch) Verantwortung zu übernehmen. Wenn aber zusehends die Mentalität der jungen Generation ändert, die Bereitschaft dies zu tun - ists mit euerer Sicherheit sehr schnell vorbei.

Zum Schluss noch ein Thema punkto Selbstverantwortung durch Weiterbildung: Hier in der Schweiz werden Angestellte umso teuerer, umso älter sie sind. Einerseits wegen dem veralteten Credo der jährlichen Lohnerhöhung (anstelle von Leistungslohn) plus viel schlimmer die Sozialabgaben steigen!! Wir nennen das hierzulande auch Altersdiskriminierung - und das kann über 50ig Jährige heftig treffen, diese finden in der Regel aus obigen Gründen keine feste Anstellung mehr bis zur Pensionierung - tolles System! Wer jetzt sagt, selber schuld, man sollte sich halt entpsrechend weiterbilden: das geht in der Masse nicht und wird nie gehen, weil es braucht 10-20% Führungskräfte und 70-80% Arbeiter (ob jetzt physisch oder geistig) - und wenn sie die Leute umschulen wollen können sie das: dann haben sie bei den 50 Jährigen 80% Führungskräfte auf dem Papier mit 20%, die man ihnen untergeben könnte - aber es wird nicht 80% Stellen geben für al diese Leute...

 

 

Zitat von Fritz am 4. Januar 2020, 10:34 Uhr

Wenn man wirklich reich werden will, führt wohl kein Weg am Unternehmertum vorbei. Aber, man trägt auch ein viel höheres Risiko. Man hört leider immer nur die Geschichten von den Erfolgreichen. Doch wie viele gescheiterte Unternehmer kommen auf einen Erfolgreichen? Oder wie oft muss man mit seinen Ideen scheitern und auf die Schnauze fallen, bis das Geschäft so richtig brummt? Hinzu kommt, dass die meisten Unternehmer gerade in der Anfangszeit ein deutlich höheres Arbeitsaufkommen haben, als der durchschnittliche Angestellte. Da ist es oft nicht mit einer 39 Stundenwoche getan, sondern es sind schnell mal 50 Stunden und mehr. Dass der Angestellte ein höheres Risiko hat, dem kann ich nicht zustimmen. Es kommt hauptsächlich auf die Qualifikation an. Wenn der Arbeitgeber pleite geht oder einen entlässt, so hängt es von der Qualifikation ab, wie schnell man einen neuen Job bekommt. Außerdem hat der Unternehmer meistens Eigenkapital und Kredite in seine Unternehmung investiert, das er im Falle des Scheiterns auch noch verliert und nicht selten auf einem Berg Schulden sitzen bleibt. Das ist beim Angestellten nicht so. Des Weiteren bekommt der Angestellte Arbeitslosengeld und den AG-Anteil der KV und Rentenversicherung übernimmt das Amt. Der Unternehmer muss alles selbst tragen. Aus all diesen Gründen habe ich mich auch dagegen entschieden Unternehmer zu werden und habe mein Ziel auch mit einer Angestellten-/Beamten-Laufbahn erreicht. Klar, der Preis dafür ist natürlich, dass ich nie Millionen scheffeln werde, aber das war auch nie meine Absicht. Der Weg über die Angestellten-Schiene ist aber wesentlich risikoärmer und sicherer.

Lieber Fritz,

Deine Ausführungen, soweit sie Tatsachen betreffen, sind alle richtig.

Die Wertung und Bewertung dieser Tatsachen ist aus Deiner Sicht vollkommen richtig. Vor dem Hintergrund ist auch Dein Schluß, Angestellter zu werden und zu sein, genau die richtige Lebensentscheidung!

Die Wertung und Bewertung dieser Tatsachen ist aus meiner Sicht vollkommen anders, weil ich dies für mich anders sehe und bewerte mit meiner Persönlichkeitsstruktur. Vor dem Hintergrund ist auch mein Schluß, Unternehmer zu werden genau die richtige Lebensentscheidung!

Und darum ging es mir, es gibt nicht die allgemein gültige Aussage: Es ist besser Unternehmer zu sein oder Angestellter zu sein. Es gibt nur die Aussage, je nach Persönlichkeitsstruktur und Vorlieben ist es entweder richtig Angestellter oder Unternehmer zu sein. Wichtig ist, dass jeder für sich die richtige Lebensentscheidung trifft. Die falsche Lebensentscheidung führt zu den Konsequenzen, die Du geschildert hast, Fritz, bei Unternehmern. Bei Angestellten erlebe ich die falsche Lebensentscheidung mit Unzufriedenheit im Beruf, Frustration und innerer Kündigung. Und in dem Sinne wünsche ich jedem, die richtige Lebensentscheidung zu treffen.

 

 

VorherigeSeite 2 von 2