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Erzieherin vor dem Berufseinstieg

Hallo liebes Frugalisten-Forum,

nun möchte ich hier auch meine Situation schildern und bin gespannt auf eure Meinungen.

Ich bin 26 Jahre jung und habe gerade meine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin beendet. Mein Nettovermögen beträgt ca. 160.000 € und stammt zum Großteil aus einem Wertpapierdepot, welches meine Eltern zu meiner Gerburt anlegten und mir dann nach dem Abi überschrieben haben. Momentan bewerbe ich mich auf meinen ersten richtigen Job und strebe eine Sparquote von 50 % an (bei einer Vollzeitstelle, bei einer Teilzeitstelle sind noch 40 % möglich). Dabei gehe ich von folgenden Prämissen aus: Das freie Zimmer in meiner WG ist dauerhaft vermietet, ich wohne im Zentrum einer Großstadt und alleine könnte ich die Wohnung nicht halten. Außerdem haben mir meine Eltern in Aussicht gestellt, ihr Ferienhaus auf dem Land weiterhin für Kurzurlaube nutzen zu können. Die Hälfte eines Erziehergehaltes zu sparen mag für manche sportlich aussehen, da ich aber jung, Single und ungebunden bin, kommt das für mich persönlich hin (auch Unvorhergesehenes ist berücksichtigt).

Mein Nettovermögen wird in Zukunft noch deutlich steigen, da meine Eltern bereits zu Lebzeiten Vermögenswerte auf ihre Kinder überschreiben. In 4 Jahren rechne ich so mit ca. 300.000 € (ohne passives Einkommen). Auch über meine Altersvorsorge mache ich mir keine Sorgen, da meine Eltern konservative Vererbungsvorstellungen haben.

Ich möchte gerne mittel- und langfristig in Teilzeit arbeiten, um meine Lebensqualität zu steigern und verschiedenen Hobbys nachgehen zu können.

Nun meine Frage zu neuen Ausgaben im Berufsleben: Im Moment rechne ich nur mit einer Haftpflichtversicherung, ansonsten ist nichts weiter geplant. Ist das ok so oder fehlt was?

Generell: Ihr habt es wahrscheinlich schon gemerkt, meine Annahmen beruhen im Kern auf der Großzügigkeit meiner Eltern. Das Wissen darum, es nicht alleine zu schaffen, nagt ordentlich an meinem Selbstbewusstsein, das könnt ihr mir glauben. Es ist zwar beruhigend, im Notfall ein Sicherheitspolster zu haben, aber im Vergleich zu anderen Frugalisten, die ohne privilegierte Startverhältnisse an ihr Ziel kommen, komme ich mir doch etwas klein vor.

Was sind eure Gedanken dazu?

Hi bouldering,

eigentlich ändert sich mit einem Berufseinstieg erst einmal nicht so viel im Leben. Außer derzwingend notwendigen Haftpflicht (wegfall Familien Haftpflicht) und eigene GKV ist alles weitere Neue abhängig von deinen eigenen Interessen.
Du könntest noch über eine Berufsunfähgikeitsversicherung nachdenken, aber da du bereits einen gewissen finanziellen Puffer hast, wäre das wohl auch fast egal.

Das deine finanzielle Vorsorge von deinen Eltern etwas an dir nagt kann ich verstehen, aber lass den Kopf nicht hängen, in 10 Jahren hast du selber auch einen ausreichenden Fußabdruck in deinem Leben hinterlassen.
Außerdem, wenn du das Geld aktuell nicht benutzt, erreichst du doch alles alleine was andere auch tun. Der einzige langfristige Punkt der bei dir jetzt Wegfällt ist das Thema "wie spare ich auf Betrag X um xy später zu erreichen".
Stattdessen kommt auf dich schon der zweite Schritt zu, "wie schütze ich mein Geld und vermehre es".
Da es in einem Depot liegt, sehe ich ohne Details zu kennen, dabei aber erstmal keine Eile, sondern geh erst mal ein paar Jahre arbeiten und sammel Lebenserfahrung. Danach sieht man manches vielleicht auch anders als vorher.
Das hört sich jetzt erstmal blöd an und ich hätte das mit 26 (jetzt 35) auch abgetan, aber glaub mir, in den nächsten Jahren wirst du noch viele entscheidende Erfahrungen machen. Auch wenn sich direkt konkret nicht viel mit dem Berufseinstieg ändert, ist es doch ein neuer Lebensabschnitt.

Ein konkreter Tipp von mir ist, das du deine Finanzen gegenüber deinen Mitmenschen und Lebenspartnern erst einmal für dich behalten solltest. Die meisten Menschen können damit nicht richtig umgehen oder entwickeln Interessen/Erwartungen die nicht von Vorteil für dich sind.
Das sind Erfahungen, die bereits viele hier im Forum gemacht haben, gibt dazu auch einen Thread irgendwo.

Hallo bouldering,

sei froh, dass du Eltern hast, die anscheinend schon lange besser mit Geld umgehen können als 90 % der Deutschen heute. Wenn du das ganze so durchziehst, wie du es planst, bist du insbesondere in deiner Altersgruppe fast allen voraus. Und das meine ich nicht in der Summe deines Vermögens, sondern in deiner Einstellung gegenüber Geld, dem Investieren und dem "frugalen Lebenstil"! Genau dies müssen sich die Meisten erarbeiten und haben keine Vorbilder in der Familie.

Für dein Selbstbewusstsein kannst du dir ja vornehmen deinen Kindern in der vielleicht gar nicht so fernen Zukunft einen ähnlich guten Start zu gewährleisten. 😉

 

Danke für die Antworten.

@Niels: Du hast recht, für mich gilt es jetzt mich im"echten" Leben zu behaupten, als junger Erwachsener ist man in Ausbildung oder Studium vor gewissen Härten des Lebens noch geschützt, das fällt jetzt weg. Danke auch für den Tipp, mit den eigenen Finanzen vertraulich umzugehen, das ist in unserem Kulturkreis ja doch ein heikles Thema. Deshalb schreibe ich hier auch anonym im Forum anstatt mit Freunden darüber zu sprechen.

@ mm: Haha, stimmt, sollte ich mal schwanger werden, wird zuerst das Kinder-Depot eröffnet, und dann der Kinderwagen gekauft. 🙂

Das dachte ich mir schon 😉 Ich habe mitlerweile ein paar Menschen mit denen ich zumindest über das Thema Aktien diskutieren kann, wobei ich auch dort den Wert meines Depots für mich behalte. Die haben entweder selber Aktien oder sind dem Thema offen.

Das Problem ist eher das sich viele Mensches nahezu garnicht um das Thema Geld nachhaltig kümmern (übrigens statistisch mehr Frauen als Männer, denn irgendwie scheint es noch Frauen zu geben, die glauben das Geld sammeln Aufgabe des Mannes und Geld ausgeben Aufgabe der Frau ist Oo) und dadurch ein unterirdisches Wissen darüber und Umgang damit haben. Das hält sie aber nicht davon ab neidisch oder gehässig zu sein. Und verstehen warum du keinen Ausgibst oder jeden Monats sparst und nicht den 100. nutzlosen Gegenstand, etc kaufst, weil du das Geld doch hast, kann auch keiner. Und dann versuch mal jemanden zu erklären warum du kein Geld verleihst... Ganz schlecht für Freundschaften 😉

 

Hi Bouldering,
bzgl. des Selbstbewusstseins, kannst du dich ja 'mal fragen, wie du es mit deinem Nachwuchs irgendwann einmal handhaben wirst. Vielleicht fällt die Antwort darauf sogar so aus, wie für deine Eltern.(?) Die Antwort ist auf alle Fälle sehr persönlich, und, in meinem Fall, hat sie für mich viele Dinge in das richtige Licht gerückt. Vielleicht für dich auch 😉

 

Hallo Bouldering,

Viele andere würden sicher direkt einen Teil des Geldes verprassen. Da du das nicht tust und überlegst, wie du das Privileg sinnvoll nutzt, kannst du schon sehr stolz auf dich sein.

Ich denke du hast deinen Beruf nicht aus finanziellen Gründen gewählt. Eigentlich müssten ErzieherInnen viel besser bezahlt werden. Du leistest in deinem Beruf schon sehr viel für die Gesellschaft, egal ob halbtags oder ganztags und darauf kannst du ebenfalls sehr stolz sein. Ich denke das man in Teilzeit mit mehr Ausgleich eventuell den Kindern sogar noch mehr positives mitgeben kann, als wenn man in Vollzeit vielleicht teilweise etwas ausgelaugt ist.

Die Summe ist natürlich schon sehr beachtlich, doch ca. 700k würden dann doch noch ein paar mehr Möglichkeiten bieten. Deine Eltern werden hoffentlich noch lange leben und deshalb würde ich das Erbe erst einmal in den Überlegungen aussen vor lassen. Du wirst sicher nicht für immer in einer WG wohnen. Vielleicht hast du auch mal Kinder und ich hoffe du kannst ihnen ähnliche Möglichkeiten bieten wie deinen Eltern z.b. die Möglichkeit einer guten Ausbildung oder eines guten Studiums oder eben auch in einem gut ausbalancierten Leben ohne immer an die Arbeit und an das nächste Gehalt denken zu müssen.

Bei mir ist es beispielsweise so, dass ich chronisch krank bin und manche spezialisierten Ärzte nur privat praktizieren und das Geld kostet. Ausserdem habe ich deshalb existenzielle Ängste, da ich nicht weiss, ob ich irgendwann noch stärker eingeschränkt bin. Auf Berufsunfähigkeits-Versicherungen kann man sich auch nicht wirklich verlassen. Meine Ausbildung ist nicht sehr gut und und ich würde in meiner Firma meine eigene Stelle noch nur mit Studium bekommen. Ich bin in meiner Firma sehr angesehen, doch neue Werke werden nur noch im Ostblock gebaut. So lange ich arbeiten kann, werde ich das auch tun, da es mir bis zu einem gewissen Rahmen auch Spass macht. Vielleicht werde ich mir in mittlerer Zukunft eine 4 Tage Woche gönnen, da ich merke wie jeweils immer der 5te Arbeitstag der Woche an mir zehrt. Bald werde ich mein "Grundeinkommen" erreicht haben. Selbst wenn ich es nicht nutzen werde, gibt mir schon jetzt der Gedanke daran ein unglaublich gutes Gefühl und es kehrt etwas Ruhe ein, da mir hoffentlich so nicht mehr so viel passieren kann. Das Gefühl einer gewissen Sicherheit (sicher nicht für alles) ist unbezahlbar.

Ich glaube das wäre im Sinne deiner Eltern, diese Möglichkeiten und ein gewisses Gefühl der Sicherheit innerhalb eurer Familie für die nächsten Generationen zu bewahren. Unser Land ist schon sehr sozial, doch es wird denke ich immer so sein, dass mehr Geld eben doch mehr Möglichkeiten bietet. Du kannst sie aber auch gerne selbst fragen, über welche Entwicklung sie sich freuen würden, auch wenn es letztlich ja deine Sache und dein Leben ist:-)

Ich würde immer wenigstens so viel arbeiten um die laufenden Kosten zu decken und krankenversichert zu sein, der Zinseszins sollte sein übriges tun. Ich habe auch nicht mehr als eine Privathaftpflicht.

Zu guter letzt finde ich es einfach klasse, was deine Eltern geschaffen haben und was du denke ich weiter führst. So sollte es sein.

Ich wünsche dir alles Gute und so weit wie du jetzt schon gedanklich bist, wirst du ohne Bedenken deinem Weg gehen.

Viele Grüsse,

Ruben

 

Meine Erfahrung ab Studium: erstens ist spätestens ab 26. Schluss mit allen Vergünstigungen, die man als Junger Mensch sonst so geniesst...bis zur Rentenzeit scheint es nicht mehr so viel zu geben 😉 Bei uns gab es ein "Gleis 7" für 150.- / Jahr - damit deckten sich praktisch meine ganzen Reisekosten im Studium 🙂 Handy Abos, etc etc. - also meine Erfahrung war - es wird vieles teuerer und man muss viel Zeit investieren, um diese vielen "kleinen" Kostenfaktoren in den Griff zu kriegen, den Markt absuchen nach den besten / passendsten Angeboten.

Ein weiterer gewichtiger Faktor ist die Veränderung des Umfelds - man hat doch neu ein berufliches Umfeld / Netzwerk, welches bis zu einem gewissen Grad auch verpflichtet - und Zeit und etwas Geld benötigt. Man kann sich natürlich davon weitgehend enthalten, das ist aber nicht besonders empfehlenswert für eine langfristig gute Stimmung am Arbeitsplatz / und natürlich auch im Zusammenhang mit beruflichen Perspektiven - sei es ein "Aufstieg" oder die Aussicht auf interessantere Arbeiten (darum ringen sich viele...).

Ansonsten - du bist bereits sehr früh mit bewusstem Lebensstil unterwegs - das sind beste Voraussetzungen 🙂

 

@Ruben: Du hast recht, aus Rendite-Gründen habe ich meinen Beruf nicht gewählt, da stand schon der sinnstiftende Aspekt im Vordergrund. Und den "gemeinnützigen" Vorteil der Teilzeitarbeit hast du richtig erkannt: Wenn ich da bin, bin ich auch wirklich bei den Kindern. Danke auch für den Hinweis, dass das Leben immer wieder Überraschungen bereithält und man daher nicht zu knapp kalkulieren sollte. das mit der Krankenversicherung habe ich mir auch so überlegt.

@Marianori: Stimmt, die Vergünstigungen die dann wegfallen, sind nicht unerheblich, habe ich aber miteinbezogen. Mit beruflichem Netzwerk pflegen, meinst du damit sowas wie nach Feierabned  mit Kollegen was trinken gehen oder zum Geburtstagsgeschenk beisteuern?

@bouldering: - genau das meine ich - das braucht einfach auch etwas (Frei)-zeit und ist nicht gänzlich gratis. Die fehlt dann anderweitig natürlich. Hinzu kommt noch - da sind dann Menschen dabei, die bereits einiges an Geld haben und höhere Standards leben - da fällt es etwas schwerer, seine eigene Ausgaben im Griff zu halten. Es ist dann eine Balance zwischen nicht ausgegrenzt zu werden wenn man es mit sparen übertreibt und eben doch genügend integriert zu sein. Im Studentischen Umfeld fällt das alles ganz natürlich und einfach - weil die allermeisten Kommilitonen ebenfalls über sehr geringe Budgets verfügen und somit auf der eher geizigen Seite zu leben zum guten Ton gehört. Den engsten Freundes- und bekanntenkreis kann man natürlich beibehalten und selber steuern, aber der erweiterte Kreis mit Leuten, mit denen man weniger (aber eben doch) etwas zu tun hat - diese kann man weniger bestimmen und hängen eben vom Beruflichen Umfeld / Wohnsituation ab. Ich denke es ist sinnvoll, sich hier dessen bewusst zu sein und sich überlegen, wie man das für sich handhaben will.

Bei mir z.B. gibts ein Spasskonto, auf das ich monatlich eine gewisse Prozentzahl vom Gehalt überweise - das ist Geld, welches ich verschwenden darf. Dabei brauche ich deutlich weniger monatlich, als zur Verfügung steht. Also spende ich ab und zu z.B. YouTuber, dessen Video ich regelmässig schaue usw oder eben gibt es mal eine Situation, bei der ich über Budget z.B. etwas essen gehe oder unternehme - dann finanziere ich das mit gutem Gewissen über dieses Konto - und habe ein gutes Gefühl dabei und weiss, dass ich meine Sparziele damit nicht belaste.

Es ist völlig normal in ihrer Generation (selbst in meiner Generation) dass das Vermögen kaum noch aus der Erwerbsarbeit erschaffen wird, sondern im Wesentlichen von den vorigen Generationen kommt (bei den grossen Vermögen war es immer so). Das ist nicht ihre Schuld, sondern liegt im Wesentlichen an jahrzehntelangem Lohndumping, extrem hohen Steuern u.a. auf Lohnarbeit, langen Ausbildungszeiten etc. "Es allein schaffen" ist in ihrer Generation sehr schwierig geworden für die Allermeisten. Ihr Ziel sollte darin bestehen, das Vermögen zu erhalten, da draussen sind eine Menge Leute, die professionell damit beschäftigt sind, anderen die Vermögen abzujagen.