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Entnahme und Lebenszeit

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Zitat von Achim_Global am 26. Juli 2020, 11:48 Uhr

Schliesslich sollte der Staat sich nicht an seinen Bürgern bereichern, deshalb sollte man versuchen, soviel wie möglich von dem , was man an den Staat zahlt, wieder zu bekommen.

Was Dir hier alle Vorredner schon versuchen zu erklären: "Der Staat" sind wir alle. Es ist nicht das Ziel, das, was man an den Staat zahlt, wiederzubekommen. Es ist das Ziel, dass der, der kann, diejenigen mit unterstützt, die Hilfe brauchen. Der Große hilft dem Kleinen. Das nennt sich Solidargemeinschaft.

Auch Dein Spruch "Sinn einer Versicherung ist ja auch , das man diese mal irgendwann nutzt." ist falsch. (Viele Menschen, die so denken, begehen übrigens genau aus diesem Denken heraus Versicherungsbetrug.) Sinn einer Versicherung ist es, durch Nutzung des Risikokollektivs eine bezahlbare Prämie zu erreichen, um ein Risiko abzusichern (im Kollektiv ist es günstiger, als wenn jeder das Risiko selbst absichert). Bei jeder Risikoversicherung gilt: Gut, wenn Du "vergeblich" eingezahlt hast, weil Dich der Schaden nie trifft.

Weißt Du, ich lese bei Dir immer, wie toll das in Asien war und dass Du aber leider dort als Rentner nicht aufgenommen wirst, weil Du nicht genug Kohle mitbringst. Aber den deutschen Staat, der Dich als Rentner trotzdem aufnimmt, den kritisierst Du, wo es nur geht. Mir tust Du ehrlich gesagt leid. Wer nach dem Motto lebt "Hauptsache ich", der wird nach meiner Beobachtung nicht sehr glücklich im Leben.

 

Hallo TheWanderer,

hättest ruhig gleich deine Meinung zu dem Bezug zu Leistungen der BfA schreiben dürfen - ehrlich...

Nach deiner Suggestivfrage #51 war mir klar was jetzt an Grundsatzdiskussionen folgt. Ich ärgerte mich zuerst, dass ich die Finger an der Tastatur nicht ruhig halten konnte. Aus gutem Grund und wohl auch richtigerweise liest man hier sehr wenig von den Leistungen der BfA wenn es um Ausstiegspläne geht. Es tut mir leid, das der ansich gute Beitrag darunter leidet und verwässert wird.

Meine ursprüngliche Intention war es andere an Details "meines Planes" teilhaben zu lassen um sich selbst abzugleichen. Darum geht es doch hier auch im Wesentliche und das ist es, was die wenigen aktiven User und vielen stillen Leser doch wissen wollen, oder?

Aber da das Kind nun mal in den Brunnen gefallen ist und ich mich dem Diskurs dazu nicht entziehen will, möchte ich gerne darauf weitergehender eingehen:

Auch auf die Gefahr hin, dass ich dein Weltbild weiter erschüttere, möchte ich darauf hinweisen, dass die "Auffanggesellschaften" wie sie von größeren Konzernen gerne genutzt werden um Personal abzubauen nichts anderes sind als eine Form der Kurzarbeit. Daher auch Kurzarbeit Null. Das "Gehalt" in diesen Gesellschaften wird je nach Steuerklasse zu 60 bzw. 67% von der BfA bezuschusst. Ist das moralisch für einen Konzern der gleichzeitig Milliardengewinne macht ok? Nein! Wie empfinden das kleinere Personengesellschaften? Als wohl ungerecht! Werden hier Bedürftige unterstützt? Wohl eher weniger! Wer lässt dies gewähren? Die BfA also der Staat, i. V. für uns Beitragszahler!

Wie war es denn in den 90ern mit Ende der Deutschland AG als die Konzerne flächendeckend sich den Älteren (ab Mitte 50) entledigt haben? Da gab es eine 3er Allianz aus Gewerkschaften, Arbeitgebern und dem Staat (Arbeitsamt (damals hieß die Behörde tatsächlich noch so)) die Tausenden die Brücke aus dem Erwerbsleben ermöglicht haben. Das Arbeitslosengeld - damals noch fast 3 Jahre Bezugsdauer eingerechnet- war ein Teil des Paketes. Die Arbeitsämter waren angehalten nicht zu vermitteln oder zu sanktionieren.  Das Versprechen der Unternehmen, die frei werdenden Stellen durch Junge zu ersetzten und somit eine größerer Arbeitslosigkeit zu verhindern ist im Großen nicht eingetroffen. Meine Kinder würden heute sagen ein "Prank".

Daran hat sich meiner Beobachtung nach bis heute nicht viel geändert. Vor allem die großen Konzerne atmen. In der Gehaltsstruktur und auch dem Mindset passen Ältere  irgendwann nicht mehr. Dazu permanenter Change, Restrukturierungen, M&As mit Synergien- sprich HR Überschuss usw.. Ich kenne keinen DAX Konzern der nicht diese Programme nutzt und rationalisiert. Selbst die SAP, die in keinster Weise von einem Stukturwandel betroffen ist.

Die BfA Leistung im Zusammenhang mit Rationalisierungen und einem seit Jahrzehnten flächendeckenden Herausdrängen an Arbeitnehmern ist vom Verantwortlichen, nämlich vom Staat selbst, über lange Zeit der Glaubwürdigkeit und Autorität beraubt worden. Wer Kinder hat weiß, dass man so, nämlich als Vorbild inkonsequent nicht erfolgreich erziehen kann und unglaubwürdig wird.

In unserem Konzern kommen bei Interessensausgleichen/Sozialplänen Mitarbeiter der BfA sogar ins Haus und informieren über die Gestaltung wie z.B. dem Dispositionsjahr um steuerliche Vorteile zu nutzen und damit sogar die Sperre von 3 Monaten zu umgehen. Kaum zu glauben oder? Ich hoffe nicht dich mit dieser Realität zu sehr deiner im positiven Sinne "kindlichen Naivität" beraubt zu haben.

Die amerikanische Marketingmaschine P&G hier in Schwallbach, die so gerne als Dividendenkönig in vielen unserer "konservativen" Depots liegt, nennt ihr Atmen übrigens "up or out". Was bedeutet dass vorgesehen ist sich ständig zu entwickeln und weiter zu kommen oder zu gehen. Die dennoch bleiben und Angebote nicht annehmen sind die "Contiues". Programme und Ausstiegshilfen gibt es genauso zuverlässig wie die Dividendenerhöhung seit über 60 Jahren. Lassen du -TheWanderer- und die anderen hier dann konsequenterweise die Finger von den Aktien, weil sie zwar rechtlich legal aber moralisch nicht korrekt handeln?

Was ist mit dem Fachkräftemangel? Fake News? Ein bisschen schon, wobei bei den niedrig bezahlten Dienstleistungsberufen und in Ingenieurbüros für 50k brutto p.a. gibt es ihn bestimmt.

In jungen Jahren bin ich fast daran zerbrochen wie schlecht die Welt ist. Mit den Jahren hab ich zum Wohle meiner Lebensqualität immer mehr begonnen mich davon nicht mehr ins Außen ziehen zu lassen und die Dinge die nicht in meinem Wirkkreis liegen so zu akzeptieren wie sie nun mal sind.

Diese "Versicherungsleistungen" im Zusammenhang mit meiner eigenen Erwerbsbiographie Planung habe ich mir wohl überlegt und werde diese wohl in Anspruch nehmen. Dabei bin ich in der Vermittlungsphase  dann wohl durchaus offen für eine Weiterbeschäftigung. Jedoch nicht mehr in dem System aus der Welt aus der ich komme. Zur Vermittlung eines adäquaten Anschlussjobs wäre die BfA wohl sowieso komplett überfordert - auch weil wohl aussichtslos. Ob es was wird weiß ich nicht. Verlassen will ich mich darauf nicht. Könnte mir auch vorstellen im Ehrenamt mich Gesellschaftlich einzubringen, ohne Bezahlung.

Was Achim_Global aus seiner Sicht des "Außenstehenden", weil lange im Ausland lebend empfindet, meine ich etwas nachvollziehen zu können. Es ist der fortlaufende Prozess des Verlustes an geoökonomischer Relevanz von Deutschland und noch mehr Europa gemessen an der Welt und hier insbesondere Asien und USA. Ich bin beruflich viel in der Welt unterwegs. In vielen Ländern stehen die Gehälter zu den Stellenanzeigen in der Zeitung. Ich bin immer wieder erstaunt, wie verhältnismäßig niedrig unsere Gehälter gemessen an den Lebenshaltungskosten sind. Nicht nur in der fleischverarbeitenden Branche. Ob dieses "Zurückfallen" schlimm ist? Ich persönlich glaube nicht. Es nennt sich übrigens Globalisierung.

Es gibt genügend was mich auch beschäftigt, aber ich lasse es weniger an mich ran. Warum ein pensionierter Richter wegen ungleicher Besteuerung von Renten und Pensionen klagt und recht bekommt obwohl die Brutto Pensionen ungleich höher sind als eine Rente (ein pensionierter Lehrer bekommt gut 800€ mehr Pension als sein angestellter Kollege an der gleichen Schule) verstehe ich nur bedingt. Warum jetzt 15 Jahre nach Beschluss durch die Schröder Regierung man erkennt dass mit der Doppelbesteuerung was nicht in Ordnung ist verstehe ich noch viel weniger. Vielleicht ist die BfA Leistung eine Art Ausgleichsbewegung zu den vielen Privilegien von Beamten. Wer weiß?

Ob hier im Land alles ok ist und gerecht? Wohl eher nicht. Anders wo aber auch nicht. Ich bin und lebe gerne hier.

Und damit bin ich zu diesem Thema hier raus und verspreche die BfA Leistungen nicht mehr aktiv zu thematisieren.

Schönen Abend noch allen Foristen und stillen Lesern

 

 

 

 

 

Zitat von Muslime_Frugi am 26. Juli 2020, 21:52 Uhr

Hallo TheWanderer,

Daran hat sich meiner Beobachtung nach bis heute nicht viel geändert. Vor allem die großen Konzerne atmen. In der Gehaltsstruktur und auch dem Mindset passen Ältere  irgendwann nicht mehr. Dazu permanenter Change, Restrukturierungen, M&As mit Synergien- sprich HR Überschuss usw.. Ich kenne keinen DAX Konzern der nicht diese Programme nutzt und rationalisiert. Selbst die SAP, die in keinster Weise von einem Stukturwandel betroffen ist.

Viele der von Dir beschriebenen Phänomene für Menschen jenseits der 50 Jahre sind korrekt. Einen Punkt, den Du hier rausgearbeitet hast, möchte ich noch mal betonen:

Betriebswirtschaftlich rechnet es sich unter ausschließlicher Kostenbrille in Konzernen den (sehr) gut verdienenden 50+ Mitarbeiter durch den hungrigen, einsatzwilligen Jungakademiker zu ersetzen, der deutlich niedrigere Einstiegsgehälter hat. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen,

  • des damit einhergehenden Erfahrungsverlustes werden m.E. nicht erfasst,
  • der damit verbundenen negativen Auswirkungen auf das Betriebsklima werden m.E. nicht erfasst,
  • ... (weitere negative Punkte wie z.B. vertriebliche Aspekte etc.)

da mit derzeit praktizierten betriebswirtschaftlichen Methoden nicht meßbar.

Vergleichbar bezahlte Arbeitsplätze sind für diese Menschen tatsächlich nicht zu finden, da alle Konzerne, die grundsätzlich so gut bezahlen auch grundsätzlich so handeln. Mittelständler mit Menschen aus Konzernen mit diesem Gehaltsniveau und der Erfahrung (können) nur Stellen anbieten, die deutlich geringer bezahlt werden.

Übrigens, wer es geschafft hat, bis 60 und darüber durchzuhalten, wird wieder (bei einigen Konzernen) geschont: Die Kosten der Abfindungspakete sind rechnerisch höher, als die Gehaltsvorteile eines Jungen im Vergleich zur Zahlung der Differenz bis zum Rentenalter (nur noch wenige Jahre).

Insgesamt aus meiner Sicht ein menschenverachtendes System, was betriebswirtschaftlich Blödsinn produziert.

Ja Andre. 100%ige Zustimmung. Es ist ein menschenverachtendes System und es produziert gestörte Pesönlichkeiten in verschiedenen Facetten.

Verstehe nicht warum Politik und Medien diese Systematik nicht klarer benennen?

Über 20 Jahre war ich in kleineren Unternehmen und kenne das besser. Neben der berechtigten Kritik habe ich auch Spaß und gute Aufgaben.

Ich wollte immer schon deutlich vor dem Rentenalter aufhören. Jetzt kann ich mir diese Umstände zum Vorteil machen, im goldenen Käfig. Geplant war das so nicht!

In den größeren Betrieben, die ich kenne, gehen langjährige Mitarbeiter Ü50 entweder mit sehr hohen Abfindungen, Altersteilzeit oder Vorruhestandsregelungen. Die sind meist so vorteilhaft, dass ich mich frage ob das aus Unternehmenssicht noch sinnig ist. Ich möchte sowas später wenn irgend möglich jedenfalls mitnehmen. 🙂

Um auch mal was Positives zu berichten: Wir werden im Team bald einen Mittfünfziger als Softwareentwickler neu intern einstellen. Und der macht nicht Cobol auf Mainframe sondern aktuelle Technologien. Er hat die letzten Jahre merkbar in seine Kenntnisse investiert, das zahlt sich nun für ihn aus.

Zitat von TheWanderer am 8. August 2020, 9:56 Uhr
..... Ich möchte sowas später wenn irgend möglich jedenfalls mitnehmen. 🙂

Kannst ja noch in einen Konzern wechseln.

Die brauchen immer gute Leute wenn sie einatmen.

In Post Coronazeit gerade schlecht. Aber der nächste Aufschwung kommt bestimmt.

Ich war Ende 30. Aber nicht zu lange warten. Ab 40 stellen sie sehr selektiv ein und ab 50 nur noch wenn es 1:1 passt und Mangel ist. Weil dann wird ja so langsam wieder ausgephast und ausgecashed.

Will jetzt keinen neuen Faden aufmachen, aber zum Thema Entnahme gibt es einen interessanten Blog "Finanzen? Erklärt! (Danke an OM für den Tipp!).

Der Blog Betreiber des Blogs ist selbst Banker und wie ich finde recht kompetent. Jetzt ist er zum Interview beim Finanzrocker. Sicher ganz interessant für den/die ein oder anderen...

https://www.finanzen-erklaert.de/finanzrocker-podcast-mit-entnahmeplaenen-frueher-in-die-finanzielle-unabhaengigkeit/

Danke!

Ich habe das so gedacht, bis jetzt sparsam gelebt. Alle Möglichkeiten die mir einfielen bespart. Zinsen wieder anlegen, 12 Jahre zusätzlich gearbeitet, zusätzlich in die Rentenkasse eingezahlt.... UND wenn es nicht mehr geht, körperlich und nervlich, kündigen. Habe ich getan, kann ich jedem empfehlen. UND mit dem was dann da ist den Rest des Lebens weiter sparsam umgehen. Ich bin mir sicher, das klappt. Noch ein Gedankengang, wenn ich mich jetzt etwas ausruhe und pflege, dann könnte ich irgendwann auch wieder etwas dazuverdienen. Habe ich aber nicht vor.

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