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Das böse Fremdkapital

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Hallo zusammen,

derzeit kreist folgendes Szenario in meinem Kopf herum und würde gerne Eure Meinung zu dem Thema wissen. Laut meiner Recherche stößt der Ansatz, FK für dein Portfolio zu nutzen häufig auf ordentlich Gegenwind. Ich selbst investiere in den MSCI World und bin grundsätzlich von einer passiven Strategie überzeugt. Dennoch treiben sich ab und zu Geister in meinem Kopf herum, die immer wieder Fragen stellen und den Status Quo meiner Überzeugungen hinterfragen. Eine Eigenschaft, über die ich persönlich ganz dankbar bin 😊!

Ich selbst beschäftige mich mit finanzieller Bildung nun seid gut 3 Jahren und bin froh, immer wieder dazu lernen zu können. Nachfragen und austauschen ist ein Teil dessen, daher geht’s nun los:

Mal angenommen ich würde folgendes Darlehen aufnehmen und in mein MSCI World investieren wollen:

FK-Darlehen                                         10.000,00 €
Die erforderliche regelmäßige Rate beträgt:                                               173,05 €
Laufzeit 5 Jahre
Zinsen                                               383,27 €
Gesamtaufwand:                                         10.383,27 €
Effektiver Jahreszinssatz: 1,50%

 

Logischerweise ist das Ziel, den Leverage Effekt zu nutzen und durch Kurssteigerungen / Ausschüttungen die Zinsen aufzufangen und darüber hinaus einen Gewinn zu generieren (nach Steuer!). Klingt ja erstmal toll, doch so einfach ist es ja nicht 😊! Jetzt kommt eigentlich der spannende Teil: Meine Annahmen!

  • Aufgrund von Corona sind die Kurse derzeit im Keller und ich rechne mittel- bis langfristig mit einer Erholung des Marktes (Annahme durch die Historie). Eine Chance Kurssteigerungen mitzunehmen?
  • Ich bin finanziell so abgesichert, sodass ich auch in Falle einer Arbeitslosigkeit den Kredit ohne Schwierigkeiten bedienen kann.
  • Ich gehe davon aus, dass ich monatliche Rate auch ohne Darlehen in den MSCI World investieren würde, demnach liegt das (Mehr-)Risiko bei den zu zahlenden Zinsen von 383,27€.
  • Ich kalkuliere mit einem Anlagezeitraum von 5-10 Jahren, in dem die Rechnung aufgehen soll.

Aufgrund dieser Annahmen empfinde ich das Risiko im Vergleich zum Gewinnpotential als relativ gering. Oder rede ich mir das nur ein? Gibt es Punkte die ich nicht sehe? Hier eine kurze Aufstellung der Vor- und Nachteile, die für meine Situation sehen würde:

Nachteile Vorteile
-          Kreditwürdigkeit sinkt

-          Risiko auf den Zinsen sitzen zu bleiben (bei negativer Entwicklung)

-          Leverage Effekt nutzen und an Kursgewinnen profitieren (Chance)

Ich will nicht ausschließen das ich einen totalen Denkfehler habe. Ich lerne gerne dazu :D! An alle Investoren, die davon überzeugt sind, man kann von Kursschwankungen „aktiv“ nicht profitieren: Die Jagd auf mich ist eröffnet! Lasst die Hunde von der Leine 😊!

Würde mich über konstruktive Rückmeldungen sehr freuen 😊.

Beste Grüße

Ducan

Hi Ducan,

das Einzige was mir jetzt spontan einfällt: Ist der Zins fest?

In einer Krise ohne einem festgelegten Zinssatz einen Kredit nehmen, nein danke. 😀

Ansonsten ist die Idee nicht verkehrt.

Viele Grüße, Seesi | Phillip

Dein Denkfehler ist: der MSCi World kann in 10 Jahren auch bei 50% des heutigen Kurses stehen. Kein Mensch weiss, wo in 5 oder 10 Jahren irgendwelche Indices stehen werden.

(was andere hier im Forum allerdings nicht daran hindern würde, das Haus der Mutter zu beleihen)

Ich selbst investiere in den MSCI World und bin grundsätzlich von einer passiven Strategie überzeugt. [...]

Aufgrund von Corona sind die Kurse derzeit im Keller und ich rechne mittel- bis langfristig mit einer Erholung des Marktes (Annahme durch die Historie). [...]

Ich gehe davon aus, dass ich monatliche Rate auch ohne Darlehen in den MSCI World investieren würde[...]

Der Kurs des MSCI World (in den du ja vermutlich die Kreditsumme investieren möchtest) ist er knapp 10% unter dem Februar-Hoch vor Corona. Im Februar war der Stand knapp über 2400, am folgenden Tiefpunkt bei ca. 1600 und nun bereits wieder bei ca 2200 Punkten. Ich würde die erste Annahme also bereits als widerlegt ansehen --> Die Kurse sind derzeit nicht im Keller, die Erholung hat bereits größtenteils stattgefunden.

"Aufgrund von Corona sind die Kurse derzeit im Keller und ich rechne mittel- bis langfristig mit einer Erholung des Marktes (Annahme durch die Historie). Eine Chance Kurssteigerungen mitzunehmen?"

Das war vielleicht vor 2 Monaten noch so. Die Kurse sind derzeit ziemlich hoch bewertet. Ich würde zwar nicht sagen, dass die Aktien überbewertet sind, aber günstig sind sie auch nicht mehr, der Zug ist abgefahren. Aufgrund der unsicheren und negativen wirtschaftlichen Lage ist es auch mehr als fraglich, ob die alten Höchstständer bald wieder erreicht werden. Das Risiko einer zweiten Welle ist außerdem noch lange nicht ausgeräumt, dann kann es nochmal kräftig nach unten gehen. Im Moment wäre ich sehr vorsichtig. Achtung Denkfehler: Du kannst bei Aktienkursen aufgrund historischer Kursverläufe nicht auf die Zukunft schließen. Das ist ein typischer Anfängerfehler. Die Kurse sind und bleiben unberechenbar.

Wenn du auf Kredit kaufst, musst du dir darüber im klaren sein, dass der Hebel in beide Richtungen wirkt. Also auch nach unten! Es ist in keinster Weise kalkulierbar, wo die Kurse in 5 Jahren stehen. Die Durchschnittsrenditen, die man für Indizes überall lesen kann, sind Werte, die über Jahrzehnte gemittelt wurden. Es ist also ein Fehlschluss auf einen Zeitraum von 5 Jahren mit z.B. durchschnittlich 5% zu rechnen.

Hinzu kommt, dass du einem enormen psychischen Druck unterliegst, wenn die Kurse im Keller sind und du dann zusätzlich noch den Kredit bedienen musst.

Wenn das alles für dich kein Problem ist, will ich dich aber keines Wegs von deinem Vorhaben abbringen. Gehe immer vom Worst-Case-Szenario aus. Wenn du das verkraften kannst ist alles gut.

Hey,

@seesi: ja es handelt sich um einen festgeschriebenen Zins.

@privatier: Gebe ich dir recht. Das weiss niemand. Wer damit nicht Leben kann, sollte aber weder sein eigenes Geld noch FK investieren. Was die Herkunft des FK betrifft, kann ich dich beruhigen. Damit würde ich weder das Haus meiner Mutter oder sonst jemanden belasten ;-)!

@stoliver: Ja die "Erholung" ist augenscheinlich schon fortgeschritten. Mich macht das ein wenig skeptisch. Die Frage ist, ob es nicht trotzdem langfristig noch das Risiko wert wäre. Aber vielen Dank erstmal für deine Einschätzung!!!

@fritz: Das die Aktienkurse der Zukunft unberechenbar sind, ist mir vollkommen bewusst. Jedoch geht ja jeder der investiert langfristig davon aus, ein positives Ergebnis zu erhalten. Sonst würde ja keiner sein Geld z.B in einem ETF platzieren - oder? 5-10 Jahre war nur eine erste Annahme. Das Geld ist nicht verplant, es besteht also keine Abhängigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt zu verkaufen. Wie gesagt, die Belastung durch den Kredit sellt aus heutiger Sicht kein Problem da, auch unter erschwerten Bedingungen (z.b Arbeitslosigkeit). Ich danke dir ebenfalls für deine Einschätzung :-)!

Beste Grüße

Ducan

Natürlich muss man sich der Risiken bewusst sein, und darf nicht heulen, wenn es dann nicht so klappt, wie erwünscht. 10.000€ sind natürlich viel Geld, aber auch nicht so viel, dass man es als normaler Mensch nicht auch mal aufnehmen könnte - wenn man jedes Monat mindestens so viel übrig hat. Ich persönlich würde jetzt auch keine so historische Chance sehen, vor zwei Monaten war es deutlich günstiger, seit 2009 haben sich die Kurse verdreifacht, und sind jetzt einen Tick unter den Höchstständen. 2009 wäre das richtige Jahr gewesen.

Letzten Endes musst Du vergleichen:

  1. Monatliches Sparen in Höhe der Rate über 5 Jahre in den MSCI World.
  2. Einmalkauf jetzt in MSCI World, die Raten fließen in die Kredittilgung.

Nun ist für Dich die Frage, ob Du jetzt so günstig einkaufst, dass Du in 5 Jahren besser bist als monatliches Besparen plus Kreditkosten. Die ganze Kreditfrage ist eigentlich ein Nebenschauplatz.

Wenn in 5 Jahren der MSCI bei 50 % Deines Einstandskurses liegt, hast Du die Wette verloren und musst Du ihn halt weitere 5, 10, 15, 20 Jahre liegen lassen. Der Kredit ist ja durch die monatlichen Kapitalzuflüsse (Raten) zurückgezahlt.

Hi Christine,

ja du hast die Möglichkeiten gut beschrieben. Für mich stellte sich in diesem Zusammenhang nur die Frage, ob ich bei diesem Ansatz etwas vergesse habe zu berücksichtigen. Ein Risiko zu verstehen ist ja der erste Schritt, denke ich.

Danke für deinen Kommentar!

Beste Grüße

Ich würde es machen, sofort, wenn ich zu den Konditionen wie du an Geld käme.

Natürlich "kann" es auch nach hinten losgehen. Rein statistisch lohnt es sich aber. Es müssten schon 10 extrem schlechte Jahre kommen, dass es sich nicht lohnt. Und selbst wenn: 10k werden dich nicht umbringen.

Bei 10 TEUR Einmalkauf auf Pump bewegt sich "gar nichts". In dieser Betragsregion ist es nicht der Rede und den Aufwand wert. Es bringt Dich einfach nicht viel weiter.

Mache es in dem nächsten Crash mit >50 TEUR Einmalkauf auf Pump. Da bewegt sich deutlich etwas bei z.B. 20 % Kurserholung. Bei diesem Betrag wird Dir dann auch das grundlos erweiterte Risiko besser bewusst !

3 Tage Woche. Teilzeitarbeit.
Zitat von 49er am 19. Juni 2020, 17:43 Uhr

Bei 10 TEUR Einmalkauf auf Pump bewegt sich "gar nichts". In dieser Betragsregion ist es nicht der Rede und den Aufwand wert. Es bringt Dich einfach nicht viel weiter.

Mache es in dem nächsten Crash mit >50 TEUR Einmalkauf auf Pump. Da bewegt sich deutlich etwas bei z.B. 20 % Kurserholung. Bei diesem Betrag wird Dir dann auch das grundlos erweiterte Risiko besser bewusst !

Ja, die Idee finde ich eigentlich noch geiler. Endlich mal jemand mit Mumm in den Knochen! 😀

Eine Frage zu diesem Thema:

Nehmen wir an der Kredit wird wie geplant getilgt. Keine Auffälligkeiten, kein Verzug. Wie wird durch diese Transaktion die Bonität beeinflusst?

Steigt oder fällt sie?

 

Zitat von Cricetus am 20. Juni 2020, 0:11 Uhr

Eine Frage zu diesem Thema:

Nehmen wir an der Kredit wird wie geplant getilgt. Keine Auffälligkeiten, kein Verzug. Wie wird durch diese Transaktion die Bonität beeinflusst?

Steigt oder fällt sie?

 

Hängt in einem Zeitraum x natürlich noch von weiteren Faktoren ab.

Aber die Bonität wird von der Tendenz steigen.

Du zeigst dich als zuverlässiger Vertragspartner. Zu dir liegen positive Informationen vor.

Zum Hauptthema:

Finde das Thema und die Überlegung an sich ganz interessant.

Habe ganz flott mal eben einen Back-Test gemacht:

Wir betrachten die 5 Jahre, Konsumkredit im jahr 2014 von 10.000 EUR zu 3%p.a. Zinsen aufgenommen.

10.000 EUR sofort in einen ETF auf den MSCI World Index.

Jährliche Rendite 11,6% p.a.bis 2019 (Quelle: https://www.dividendenadel.de/msci-world-renditedreieck/)

Kapitalstand 2019: 17.311 EUR

Die Rate hätte 179,69 EUR im Monat für 5 Jahre betragen.

Ohne Kredit hätten wir von 2014 bis 2019 genau diese 179,69 EUR jeden Monat wieder in einen ETF auf den MSCI World Index investiert.

Kapitalstand 2019: 14.264 EUR (Rendite 11,1% p.a.)

Ich würde das ganze für mich persönlich unter folgender Vorraussetzung machen:

Ich selbst habe z.B. momentan ein ETF Depot über rund 30.000 EUR. Mit dieser Basis würde ich weitere 20.000 EUR sofort über einen Kredit hebeln und direkt investieren. Selbst wenn, wie richtig angemerkt, es zwischenzeitlich einen Crash von 50% der Kurse gibt, hätte ich dann ja immer noch einen Depotstand von rund 25.000 EUR. Sprich der Kredit ist immer durch Gegenwert gedeckt. Wichtiger ist aber noch, dass ich einfach die monatliche Rate relativ sicher decken kann. Denn ein zwischenzeitlicher Kurseinbruch ist ja einkalkuliert und kann immer passieren, ist immer passiert und spielt historisch für die erziehlbare Rendite keine Rolle.

Warum mache ich das nicht?

Weil ich Immobiliendarlehen laufen habe und mir das zusätzlich dann doch etwas zu "gewagt" ist. Außerdem ist ein nicht besicherter Kredit in dem Zusammenhang aus Sicht der Bank nicht so positiv. Wenn Immobiliendarlehen laufen sollten aus meiner Sicht keine weiteren Verbindlichkeiten vorhanden sein.

Aber ein Satz noch dazu, dass dies von vielen als zu Risikoreich angesehen wird: Also a) grundsätzlich neben Immobiliendarlehen noch Aktien zu halten und b) das mit dem gehebelten ETF-Depot sowieso. Kann ich nicht so ganz nachvollziehen. Auf der einen Seite wird dazu geraten und historisch hinterlegt, dass man seinen Vermögensaufbau und im Grunde ganzen Teil zur Altersvorsorge am Besten über ETFs bestreiten soll. Und auf der anderen Seite ist dann ein Hebel darauf über Kredit absoluter Wahnsinn? Naja... was denn nun? Also entweder glaube ich daran oder nicht.

Dennoch sollte natürlich ein Hebel auch was die Risiken angeht für sich persönlich eingeschätzt und gesteuert werden. Wie ich oben schrieb, ich persönlich würde ein ETF-Depot eben nicht im Verhältnis 1:1 hebeln.. sondern vielleicht im Verhältnis 1/3 zu 2/3. Aber jeder so wie er mag, sind ja alles erwachsene Menschen.

Zitat von Ziel50 am 20. Juni 2020, 11:26 Uhr

Ohne Kredit hätten wir von 2014 bis 2019 genau diese 179,69 EUR jeden Monat wieder in einen ETF auf den MSCI World Index investiert.

Kapitalstand 2019: 14.264 EUR (Rendite 11,1% p.a.)

Das zweifle ich an. Hier musst Du die Schwankungen beim Einkaufspreis mitberücksichtigen und die Tatsache, dass das Kapital nicht ganze 5 Jahre angelegt war. Du kannst nicht von der durchschnittlichen Entwicklung des Index hochrechnen. Ich hab noch kein Tool gefunden, in dem man die historischen Kurse eines MSCI World auswerten kann per monatlichem Sparplan (gab's mal vor Jahren für einen offenen Immofonds, das fand ich toll).

Und: Mach das mal mit Beginn Deiner Konstruktion im Jahr 2003 bis Schlussstrich 2008. Von 2014 bis 2019 konnte man ja nix falsch machen, das taugt nicht als Backtest.

Zitat von Christine am 20. Juni 2020, 12:12 Uhr
Zitat von Ziel50 am 20. Juni 2020, 11:26 Uhr

Ohne Kredit hätten wir von 2014 bis 2019 genau diese 179,69 EUR jeden Monat wieder in einen ETF auf den MSCI World Index investiert.

Kapitalstand 2019: 14.264 EUR (Rendite 11,1% p.a.)

Das zweifle ich an. Hier musst Du die Schwankungen beim Einkaufspreis mitberücksichtigen und die Tatsache, dass das Kapital nicht ganze 5 Jahre angelegt war. Du kannst nicht von der durchschnittlichen Entwicklung des Index hochrechnen. Ich hab noch kein Tool gefunden, in dem man die historischen Kurse eines MSCI World auswerten kann per monatlichem Sparplan (gab's mal vor Jahren für einen offenen Immofonds, das fand ich toll).

Und: Mach das mal mit Beginn Deiner Konstruktion im Jahr 2003 bis Schlussstrich 2008. Von 2014 bis 2019 konnte man ja nix falsch machen, das taugt nicht als Backtest.

Hallo Christine!

schau mal auf den Link. Da steht Rendite Dreieck bei laufenden monatlichen Sparplan. Wie das genau berechnet wurde kann ich nicht beurteilen.

Die Tendenz wird passen.

Naja... das ist ein realistischer Backtest auf genau die letzten 5 Jahre. Ich kann jetzt willkürlich gute oder schlechte 5 Jahreszeiträume raussuchen.
Das Anlageziel wäre eigentlich ja auch nicht auf einen Zeitraum von nur 5 Jahren ausgelegt. Das habe ich einfach genommen, weil ich einen Ratenkredit jetzt nicht länger als 5 Jahre machen würde und auch er hat als Beispiel ja 5 Jahre genommen.

Es ist empirisch belegt, dass ich einen Renditevorteil habe je länger bzw früher ich im Markt bin. Also spricht das dafür.

Letztlich muss das jeder für sich selbst entscheiden. Wie gesagt, persönlich für sich die Risiken einschätzen, beurteilen und steuern.

Wie viele Menschen leasen Fahrzeuge für im Monat 500 EUR. Das ist ganz normal (ok, wird hier jetzt im Forum wahrscheinlich nicht als normal beurteilt). Aber ein Hebel auf einen breiten Aktienindex soll Teufelszeug sein? Gibt schlimmeres.  Kann man probieren.

Zitat von Ziel50 am 20. Juni 2020, 14:00 Uhr

schau mal auf den Link. Da steht Rendite Dreieck bei laufenden monatlichen Sparplan.

Sorry, den hatte ich übersehen.

Ich glaube uns ist allen bewusst, dass "soll ich im Crash auf Pump einsteigen?" eine der häufigsten Fragen der letzten Wochen von privaten Anlegern ist.

Grundvoraussetzung dafür sind:

  • extrem starke Nerven
  • möglichst ein Einkommensüberschuss um die Kreditraten bedienen zu können ohne monatlich an das Depot zu müssen (bei einer Rate von 170 € mindestens 350 € im Monat vom Gehalt über sowie eine Sicherheitsrücklage)
  • ein extrem sicherer Job (am besten unkündbar, lange im Job, verbeamtet etc.)
  • ein Vertrauen in die Märkte
  • ein niedriger Zins, der über 10 Jahre festgeschrieben ist (kriegst du die 1,50% wirklich? Also nicht nur in der Werbung sondern hat die Bank dir das angeboten? Meine Muter zahlt für ihre Autofinanzierung auch heute noch 3,99%)
  • ein sicherer Kreditgeber (keine kleine Klitschenbank aus Osteuropa)

Das heißt aber nicht, dass es dann gut gehen muss!

Was mich immer misstrauisch macht ist, dass diese Ideen meistens von blutigen Anfängern kommen, die bisher kaum investiert sind und auch noch keine Erfahrung mit Kursschwankungen oder -verlusten gemacht haben. Das ist keine Unterstellung an dich ducan, bitte nicht falsch verstehen. Aber ich sehe du hast bislang nur 5 Beiträge gepostet und genau das sehe ich in anderen Foren.Es sind nie die Profis sondern immer die Anfänger, die auf Pump wirtschaften. Und genau wie du kommen sie meistens erst wenn die Märkte wieder steigen, also wenn das Vertrauen in Aktien zurückkehrt, also viel zu spät.

Die Profis wie Warren Buffet und Andre Kostolany warnen immer wieder vor Fremdfinanzierung und investieren gerade jetzt sogar eher wenig.

Ich habe selber ein kleines Depot mit rund 75% Aktienanteil. Meinetwegen wären auch 100% möglich, aber keine gehebelten 110% oder mehr.

Nicht nur weil niemand die Zukunft kennt, sondern weil wir meist maximal 40-50 Jahre in die Vergangenheit schauen, es aber Wirtschaftszyklen geben kann die hundert Jahre brauchen. Zudem sind die meisten Unternehmen schon zu 20 bis 80% verschuldet. Alleine dadurch dass du Aktien kaufst, arbeitest du also schon mit Fremdkapital.

Überhaupt muss klar sein, wie Blasen an Kapitalmärkten entstehen und warum sie platzen. Der Grund sind oft Schulden. Investoren, die auf Pump kaufen und irgendwann - selbst zu schlechten Kursen - verkaufen müssen, weil die Bank im Hintergrund es will oder der Anleger selber nervös wird.

Eine Voraussetzung vielleicht noch:

  • Erfahrung! Mach es nicht wenn du noch nie solche Beträge angelegt hattest oder nicht zumindest ein paar Jahre Anleger bist. Am besten hast du den Crash 2008 erlebt. Der hatte nämlich ein anderes Kaliber bzw. keine so schnell Erholung wie der Corona Crash. Der Optimismus heute von vor allem Privatanlegern ist schon sehr.... überraschend

Hey,

vielen Dank für die Eure Einschätzungen.

@andreas900 : Vielleicht ist es zu Beginn etwas kurz gekommen. Ich habe mir grundsätzlich über den FK-Hebel Gedanken gemacht und wollte einfach mal selbst in den Dialog gehen, um weitere Einschätzung zu bekommen. D.h bei weitem noch nicht, dass es zur Umsetzung kommt 😉

Deine Grundvoraussetzungen unterschreibe ich sofort. Im Prinzip sehe ich alle Punkte als erfüllt an. Ich bin zwar nicht verbeamtet und halte grundsätzlich keinen Job für wirklich sicher, jedoch würde ich mich im Extremfall abgesichert fühlen. Meine Fixkosten pro Monat halte ich für sehr gering, sodass ich auch im Falle eines Jobverlustes von dem Arbeitslosengeld ohne Einschränkungen wie zuvor weiter leben kann. Natürlich fällt ein Großteil des "Überschusses" zum investieren weg. Allein über die Cash-Reserve würde ich die Raten des Kredites bis zum Ende der Laufzeit bedienen können. Ich habe zum Spaß mal eine Kreditanfrage gestellt: 1,7% bei der Summe sind möglich, wenn auch über einen kleinen Umweg.

Was mich an einigen Antworten einfach stark wundert, ist die Skepsis gegenüber dem Markt bzw in Hinblick auf dessen Entwicklung. Wenn ich mich doch dazu entscheide, Geld in einem Depot zu investieren (z.B ETF), dann muss ich doch grundsätzlich eine positive Einstellung zur Entwicklung haben. Ansonsten lass ich doch einfach die Finger davon! Ich pump doch nicht meine Kohle über z.B einen Sparplan in einen ETF, wenn ich nicht am Ende des Tages an ein positives Ergebnis glaube.

Natürlich besteht ein Risiko. Natürlich kann der Wert z.B. in 5 Jahren bei weniger als 50% liegen. Das ist mir zu 100% bewusst! Aber für mich muss ich ehrlicherweise sagen, dass ein solche Investition im Vergleich zu einem Autokauf (Finanzierung = Verschuldung) einfach wesentlich besser dasteht. Selbst in meinem Umfeld kenne ich leider genug, die sich Autos finanzieren, die sie sich laut meiner Meinung gar nicht leisten können. Für mich ist die Kohle einfach verbrannt, ohne Chance auf eine ROI. Aber das schweift jetzt wahrscheinlich zu weit vom Thema ab :-)!

Die Idee ist einfach, FK als Chance zu sehen. Unter der Annahme, dass die Voraussetzungen passen und der Kredit auch in einer Notsituation ohne Schmerzen bedient werden kann. Eine Altersvorsorge über eine Immobilie(n) ist doch in den meisten Fällen ebenfalls über FK realisiert worden. Wieso soll das im Depot unter "guten" Voraussetzungen nicht funktionieren?

Erfahrung habe ich vermutlich zu wenig, will ich garnicht abstreiten ;-)! Ich bin dabei, diese auszubauen. Solange man mit den genannten Risiken leben kann, halte ich es aktuell für jedoch keine sonderlich schlechte Idee. Die augenscheinlich schnelle Erholung des Marktes macht es natürlich auf den ersten Blick nicht mehr so attraktiv, gebe ich zu.

Mir geht es auch hier gar nicht darum, auf einen Nenner zu kommen. Der Austausch der verschiedenen Meinungen und Glaubenssätze ist schon ein Mehrwert - zumindest für mich :-).

Beste Grüße

Ducan

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