Waschmaschine, Autowerkstatt, Stromnachzahlung: Unvorhergesehene Kosten (und wie du sie vermeidest)

Auto kaputt

Vielleicht kennst du das: Du verfolgst nun schon einige Monate fleißig den Frugalisten-Blog und hast dir jetzt auch endlich vorgenommen, einen Teil deines Einkommens zu sparen und anzulegen. Eine gute Entscheidung. An sich sieht auch alles bestens aus. Nachdem die Miete, Lebensmittel, Versicherungen und der Sprit fürs Auto bezahlt sind, bleiben dir noch einige hundert Euro übrig, mit denen du dein frisch eröffnetes Investment-Portfolio besparen willst. Aber am Ende des Monats kommt die böse Überraschung: Mal wieder ist von deinem Einkommen nichts übrig geblieben, weil irgendetwas Unvorhergesehenes dazwischen gekommen ist. Die Waschmaschine oder der Fernseher ist kaputt gegangen, das Auto musste in die Werkstatt, im Keller ist ein Wasserrohr geplatzt, der Hund musste notoperiert werden oder dir kam eine gewaltige Stromnachzahlung ins Haus geflattert. Eigentlich könntest du locker 50 % deines Gehalts sparen, wären da nicht diese ständigen unvorhergesehenen Ausgaben, meistens sogar im hohen dreistelligen oder sogar vierstelligen Bereich. Irgendwas ist einfach immer.

Auch bei uns gab es neulich so ein unvorhergesehenes Ereignis. Joana und ich arbeiten in einer ländlichen Gegend Englands und unsere Arbeitsplätze liegen mehr als 50 Kilometer voneinander entfernt. Darum können wir nicht beide mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren. Während ich meinen Arbeitsweg mit Zug und Fahrrad bestreite (bzw. mittlerweile nur noch mit dem Fahrrad), muss Joana jeden Tag mit dem Auto zu ihrem Job fahren.
Eines Morgens blieb ihr Auto dann leider mitten auf der Schnellstraße liegen: Motorschaden. Der Abschleppdienst musste kommen und berappte 250 € für die Bergung. Da eine Reparatur ziemlich aufwändig gewesen wäre, kam stattdessen Joanas Papa aus Deutschland angereist, brachte ihr ein Ersatzauto und nahm das kaputte Fahrzeug wieder mit zurück. Kosten für den Transfer: 600 €.
In der Zwischenzeit benötigte Joana einen Mietwagen, um zur Arbeit zu kommen – noch einmal 150 € weg. Mir nichts, dir nichts erzeugte die Autopanne also Ausgaben von 1000 €. Die Sparquote eines ganzen Monats war futsch.

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Die 752- und die 173-Regel: Wie viel kosten dich deine Gewohnheiten?

Die 752- und 173-Regel

Stafford ist nur eine kleine mittelenglische Stadt mit gerade einmal 60.000 Einwohnern, liegt aber genau auf dem Schnittpunkt der drei großen Eisenbahnstrecken nach London, Birmingham und Manchester. Entsprechend groß ist das Gedränge am örtlichen Bahnhof, wenn morgens und am frühen Abend tausende von Pendlern mit dem Zug  zu ihren Arbeitsplätzen und wieder zurück nach Hause fahren wollen.

Stafford Bahnhof CafeAls ich noch täglich zur morgendlichen Rush Hour in Stafford umsteigen musste, wurde ich dabei jedes Mal Zeuge eines interessanten Schauspiels. Direkt am Bahnsteig von Gleis 1 steht eine kleine Imbiss- und Kaffeebar, an dem man jeden Morgen genau dieselben Leuten beobachten konnte, die sie sich auf dem Weg zur Arbeit einen kleinen Pappbecher mit Coffee-to-go genehmigten.
Irgendwann schaute ich mir aus reiner Neugier einmal an, wie viel so ein stinknormaler Kaffee denn dort eigentlich kostete: 2,55 britische Pfund, umgerechnet also rund 3 Euro.
In meinem Kopf fing ich gleich an zu rechnen: je 3 Euro an fünf Arbeitstagen die Woche, das sind schon 15 Euro für Kaffee in der Woche – oder über 60 Euro im Monat. Für lediglich einen Minibecher Kaffee am Tag schon eine stolze Summe, fand ich. Würdest du für 59,99 € im Monat ein „Kaffee-Abo“ abschließen, bei dem du immer werktags einen Becher Kaffee täglich bekommst?

Zugegeben, für jemanden, der vielleicht 2.000 € oder 2.500 € im Monat verdient, hört sich das noch nicht nach besonders viel Geld an. Ich überlegte also weiter: Wenn man dieses Geld, anstatt es für Kaffee auszugeben, lieber sparen und in ein Investment-Portfolio stecken würde, wie viel mehr Geld hätte man nach 10 Jahren im Vergleich zum täglichen Kaffee-Genießer?
Zum Glück musste ich dafür gar nicht wild herumrechnen. Denn ich erinnerte mich an zwei praktische Faustformeln, die in der Finanz-Community als die 752- und die 173-Regel bekannt sind. Diese Regeln funktionieren so:

  • Multipliziere eine wiederkehrende wöchentliche Ausgabe mit der Zahl 752, und du weißt, wie viel Geld du nach 10 Jahren hättest, wenn du das Geld stattdessen gespart und angelegt hättest.
  • Eine monatliche wiederkehrende Ausgabe multiplizierst du dafür mit der Zahl 173.

Die wöchentlich 15 € für den Coffee-to-go summieren sich nach 10 Jahren also zu 15 € × 752 = 11.280 €. Dafür muss selbst der gut verdienende Kaffeetrinker ein paar Monate seines Lebens arbeiten gehen.

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Müssen wir alle bis 67 arbeiten? Wie ich die Finanzielle Unabhängigkeit entdeckte und Frugalist wurde.

Frugalisten - Joana und Oliver

Vor einiger Zeit schrieb ich für den firmeninternen Newsletter meines englischen Arbeitgebers einen Artikel, in dem ich meinen Blog und die Idee hinter finanzieller Unabhängigkeit und dem frugalistischen Leben vorstellte. Am Ende kam dabei eine ganz gute Zusammenfassung des Themas heraus, weshalb ich mir überlegt habe, den Artikels auch nochmal auf deutsch hier auf dem Blog zu veröffentlichen. Hier ist er also.

Meine Geschichte beginnt vor etwa drei Jahren, als ich noch ein Student an der Bremer Universität war. Damals war ich überzeugt dass ich, sobald ich meinen Abschluss in der Tasche hatte und anfing zu arbeiten, für 40 Jahre (oder länger) in einem Job arbeiten gehen müsste. Ich würde die viele schöne Freizeit, die ich als Student genießen konnte, komplett aufgeben müssen, bis ich irgendwann mit Ende 60 vielleicht einmal in Rente gehen könnte. Fast jeder, den ich kannte, schien diesem Lebensmodell zu folgen, weshalb auch ich diesen Weg zunächst für die einzige Option hielt.

Meine Meinung änderte sich allerdings radikal, als ich über ein Phänomen namens Financial Independence and Retiring Early stolperte (zu Deutsch: Finanzielle Unabhängigkeit und früh in Rente gehen)  – oder kurz: FIRE. In Büchern und Blogs las ich von Menschen, die durch einen simpleren und weniger verschwenderischen Lebensstil in der Lage waren, genug Geld von ihrem gewöhnlichen Gehalt zu sparen, um mit 30 oder Anfang 40 finanziell unabhängig von ihrem Job zu sein. Sie konnten dann „in Rente“ gehen und für den Rest ihres Lebens tun und lassen was sie wollten, ohne sich jemals wieder um Geld Sorgen zu machen oder dafür arbeiten gehen zu müssen. Das hörte sich im ersten Moment ziemlich verrückt an. Hatten diese Leute nur Glück gehabt oder war das Ganze einfach nur ein schlechter Scherz?
Wie sich herausstellte, war es weder pures Glück noch irgendein geheimer Trick mit dem man finanziell unabhängig werden konnte. Tatsächlich war das Vorgehen ziemlich logisch und – was noch viel wichtiger für mich war – reproduzierbar:

Gebe weniger Geld aus als du verdienst und investiere die Differenz. Nach ein paar Jahren decken die Erträge deines Investments deine Ausgaben und dein Job-Einkommen wird optional – du bist finanziell frei.

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Verkaufen, einlagern, gratis mieten: Reicher leben mit der Stuff-Cloud

Stuff Cloud

Vor einigen Jahren besaß ich einmal einen richtigen Tower-Computer – so einen großen, sperrigen Klotz, der unter meinem Schreibtisch stand. Der Rechner war mein ganzer Stolz: Ich hatte ihn selbst zusammengebaut, er hatte ein schickes, beleuchtetes Gehäuse und dank Quad-Core-Prozessor auch noch ordentlich Rechenleistung.
Für die Uni und für unterwegs hatte ich außerdem noch einen Laptop. Ein älteres, gebrauchtes Modell, bei dem es einigermaßen verschmerzbar wäre, wenn er einmal herunterfallen oder gestohlen werden sollte.

Eines Tages – ich steckte gerade mitten in einem wichtigen Uni-Projekt – fing mein Laptop plötzlich an zu streiken. Irgendein Systemfehler hatte sich eingeschlichen und die Kiste blieb nur noch hängen und stürzte ab.
Nagut, kein Problem: Ich installierte das Betriebssystem und sämtliche Programme neu. Das kostete mich zwar den halben Tag, aber immerhin konnte ich hinterher wieder wie gewohnt mit meiner Arbeit weiter machen.
Zwei Wochen darauf passierte jedoch genau das gleiche mit meinem Tower-Computer. Und wieder musste ich eine komplette Neuinstallation durchführen, für die ein weiterer halber Tag drauf ging.

Warum mussten ausgerechnet so kurz hintereinander beide Computer anfangen zu spinnen?
Plötzlich traf mich eine Erkenntnis. Ich hatte das Problem doch eigentlich selbst zu verantworten. Warum zum Teufel brauchte ich unbedingt zwei Computer?
Nicht nur, dass ich ständig zwei Rechner verwalten und auf dem aktuellen Stand halten musste. Der Tower-PC war auch noch groß und schwer und bei jedem Umzug würde ich die Kiste mit mir herumschleppen müssen. Hätte ich nur einen Laptop, wäre ich von der zusätzlichen Arbeit und dem überflüssigen Ballast befreit.
Außerdem war mein PC auch noch einiges an Geld wert, das ich bei einem Verkauf einstreichen und in mein ETF-Portfolio investieren könnte.
Ich überlegte also ernsthaft, meinen Rechner zu verkaufen.

Unweigerlich meldete sich eine Stimme in meinem Kopf: Was ist, wenn ich ihn doch noch einmal brauche?
Vielleicht stand im nächsten Semester ein Uni-Projekt an, bei dem ich die Rechenleistung benötigte. Oder ich würde demnächst ein Spiel spielen wollen, dass auf meinem Laptop nicht lief.

Schade, dachte ich, dass es keine Möglichkeit gibt, den Computer zu verkaufen, ihn aber gleichzeitig irgendwie wieder zu bekommen, falls ich ihn doch noch einmal bräuchte. Wenn ich ihn doch nur irgendwie einlagern könnte…
Da  traf es mich wie ein Blitz. Natürlich konnte ich das!
Ich zerlegte den Rechner in seine Einzelteile und verkaufte diese auf eBay und in meinem Bekanntenkreis. Meine Überlegung: Würde ich doch noch einmal einen schnellen Computer benötigen, könnte ich mir auf umgekehrtem Weg einfach den gleichen oder einen ähnlichen Computer gebraucht kaufen. Ich lagerte meinen Rechner also gewissermaßen ein –  aber nicht in meinem Keller oder auf dem Dachboden – sondern in der Stuff-Cloud!

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Heißt Sparen verzichten? Günstige Hobbys, die mich nichts vermissen lassen

Rugeley Skatepark Quarterpipe

Es ist ein gängiges Vorurteil gegenüber dem frugalistischen Lebensstil, dass der Spaß und die sozialen Kontakte durch die niedrigen Ausgaben und die hohe Sparleistung auf der Strecke bleiben würden. Viele glauben, dass man nur mit 30 oder 40 finanziell unabhängig werden kann, wenn man auf die „schönen Dinge des Lebens“ verzichtet und dadurch sein Leben über ein zuträgliches Niveau hinaus beschneidet. Das kommt in Blogartikel und Kommentaren immer wieder zum Ausdruck, wie etwa in diesem Beispiel:

„Derart hohe Sparquoten verlangen einen frugalen, geradezu mönchischen Lebensstil ab. […] hier geht es um ein Maß, dass für die meisten Menschen die Lebensqualität doch deutlich reduzieren würde. Das geht nunmal zwangsläufig zu Lasten der Wohnqualität, von Reisen, von gesellschaftlicher Teilnahme, letztlich von Genuss. Viele dürften es bereuen, später auf einem Berg Geld zu sitzen, jedoch mit dem Gefühl, die Zwanziger- und Dreißiger Jahre nicht voll ausgekostet zu haben.“ (Quelle)

Hat der Verfasser damit Recht? Wohne ich als Frugalist qualitativ minderwertig? Sitze ich den ganzen Tag nur zu Hause und bin von der Gesellschaft ausgeschlossen? „Kastriere“ ich mein Leben auf Kosten der Gegenwart, um als alter Mann einmal nicht mehr arbeiten gehen zu müssen? Werde ich es in zehn Jahren bereuen, mein Leben nicht „voll ausgekostet“ zu haben?

Ich lebe zurzeit von rund 800 € im Monat, wovon einen großer Teil schon die Miete und mein Zugticket zur Arbeit ausmacht. Ein Blick auf meine weiteren Ausgaben verrät: Kino- und Restaurantbesuche, Wochenend-Wellness-Trips, Pay-TV-Abo, Konzerte, Skiurlaube oder Cocktailbars – all diese „Genüsse“ tauchen in meinen Ausgaben entweder gar nicht oder nur selten auf. Man könnte also tatsächlich meinen, ich würde den ganzen Tag lang alleine zu Hause hocken, nur um ja kein Geld ausgeben zu müssen.

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